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Berlingots mit Ziege und Zitrone

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Berlingots sind definitiv keine Salzwasserschnecken, wie ich es in meiner naiven, unwissenden Art erst vermutet hatte. Im Original aus Carpentras sind es zahnmörderische Bonbons aus kandierten Früchten und Zuckersirup. Bei deren Herstellung wird die gekochte, heiss formbare Zuckermasse geknetet, zu einem runden Stab gezogen und in kleine Tetraeder geschnitten.

Der Erinnerung an süsse Jugenderlebnisse ist es wohl zuzuschreiben, dass Anne-Sophie Pic die Form und den Namen der Zuckerbonbons in letzter Zeit als Vorlage für ihre Ravioli verwendet.

Tetraedrisch geformte Ravioli sind zwar nichts Neues. Ich habe mich auch schon daran versucht. Allerdings unter Zuhilfenahme von Goniometer, Trigonometrie, Massstab und aufwendiger Technik ;-). Kompliziert, wie es eben nur ein Mann zustande bringt. Umso erstaunter war ich, als ich die Pic’sche Technik ausprobierte: So einfache Ravioli habe ich noch nie hergestellt: schnell, problemlos, ohne Lufteinschlüsse, hübsche Form, dicht. Form und Technik sind von A-S. Pic, Pastateig, die Füllung und Sauce stammen von mir.

Berlingots mit Ziege und Zitrone

Zutaten
für ca. 40 Stück (als Vorspeise: ca. 8 Stück p.P.)
für den Teig:
(benötigt wird weniger als die Hälfte davon, Rest: Lasagneplatten):
170 g Weissmehl
40 g Hartweizendunst
1 Ei
4 Eigelb und wenig Eiweiss
1 Elf. Olivenöl
1 Tlf. Salz

für die Füllung:
300 g Ricotta (nach dem Abtrocknen verblieben noch ca. 200 g)
100 g halbrezenter Ziegenkäse vom Markt (von Etienne Fernex, Chèvrerie de la Grange, Biederthal)
30 ml Zitronensaft
Abrieb einer Zitrone
Kräuter, fein gehackt: Salbei, Thymian
Salz, weisser Pfeffer

für die Sauce:
Saft einer mittleren Orange
100 g Kalbsfond
40 g Butter
Salz, weisser Pfeffer,
Thymian

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Zubereitung
für den pastateig:
(1) nach diesem Rezept (Ravioliteig, hier eine etwas andere Zusammensetzung). 1 h, in Folie eingewickelt, kühl stellen.

für die Füllung:
(2) Ricotta am Vortag in Vlies und Küchenpapier eingewickelt krümeltrocken antrocknen. Das Küchenpapier häufig wechseln.
(3) Ricotta und den Ziegenkäse mit Zitronensaft cuttern, würzen mit Zironenabrieb, den fein gehackten Kräutern sowie Salz und Pfeffer.
(4) Ravioliteig auf feinste Stufe ausrollen. Bänder in ca. 8 cm breite , ca. 30 cm lange Stücke schneiden.
(5) Die Füllung mit dem Spritzsack im Abstand von ca. 4-5 cm direkt an die eine Längskante spritzen (Bild). Die andere Längskante mit wenig Wasser (oder Eiweiss) bepinseln. Das Band von der Füllung her zu einem Zylinder aufrollen. Längsnaht gut andrücken.

(6) Mit dem Messerrücken vorsichtig den ersten Füllpunkt ertasten, Füllung mit der Messerfläche schräg andrücken, so dass eine Seite einer Pyramide entsteht, dann mit dem Messerrücken satt an der Füllung eine Naht drücken und ausserhalb der Naht abschneiden.
(7) Die Rolle um 1/4 (90°) drehen (die eben gefertigte Naht steht nun senkrecht) und den Vorgang unter Punkt (6) auf der andern Seite des Ravioli wiederholen. Darauf achten, dass die Füllung mit der Messerfläche schräg angedrückt wird, dadurch wird die letzte Seite der Pyramide geformt.
(8) Ravioli auf eine mit Hartweizengriess bestreute Platte legen. Häufig wenden, damit der Teig wegen der feuchten Fülle nicht anklebt.

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für den finish:
Saft der Orange mit dem Kalbsfond und ein paar Zweiglein Thymian stark einreduzieren, absieben und mit der Butter aufmixen. Würzen und warm halten.
Ravioli in heissem, aber nicht siedendem Salzwasser gar kochen, 2-3 Minuten. Mit der Siebkelle abschöpfen, in vorgewärmten Tellern mit etwas Sauce servieren.

Wieder was gelernt bei Madame ASP. Übernommen habe ich die Technik der Herstellung aus dem Büchlein „Best of Anne-Sophie Pic„. Künftig gibts bei mir nur noch Berlingots.

40 Kommentare zu „Berlingots mit Ziege und Zitrone“

  1. Kunstwerke, das sind reine Kunstwerke, die ich nur bewundern kann. Danke, das Ganze ist sehr informativ, vor allem der Teil mit dem Naschwerk, an das ich mich auch zurückerinnern mag.

  2. Ob das meine chronische Grobmotorik schafft? Ich warte noch auf das patentierte Gadget, das mir die Berlingots formt 😉

    1. Das Gadget ist in der Milchwirtschaft bereits patentiert: Tetra-Pak füllte früher Milch und Sahne in Kartonschläuche ab und verschweisste die Nähte abwechselnd im 90° Winkel zueinander.

  3. Ich schließe mich den Vorrednern an. Reine Kunstwerke sind das mal wieder…..meine würden wohl etwas…..individueller aussehen 😉

    1. meine ersten 5 Stück sahen auch „individuell“ aus. Wchtig ist einfach, dass man sie voll befüllt. Nur so machen kleinen Pyramiden nicht schlapp.

  4. Ich komme leider bei der Machart nicht draus, obwohl ich mir 3D-Vorstellungsvermögen zuschreibe und hier am Haus das meiste selber flicke. Vielleicht helfen Fotos weiter, sehe nur das wunderschöne Resultat im Teller und die Teigbahn mit den Tupfen. Bei letzterem frage ich mich allerdings, wie bei 4-5 cm Abstand die Bahn nur 8 cm breit sein kann, oder umgekehrt.
    Sehr hübsch ist es anyway, und ich sagte mir einmal oder mehrmals, ich würde keine Ravioli mehr machen 🙂

    1. ich werde nächstens nochmals welche machen. Gefüllt mit Ochsenschwanz. So nach dem Motto „kommst im Tomatenmeer daher“. Dann werde ich die Sache Schritt für Schritt fotografieren.

      1. Jetzt mit allen Fotos komme auch ich nach.
        Es war etwas mit wordpress hier in dieser Weltgegend, die links zu den Sites mit Fotos wurden nicht gefunden, auch bei anderen, wie Eva und Marco zB. Deine Fotos von flickr sah ich. alles OK.
        Aber Ochsenschwanz-Berlingots schaue ich mir gerne an, ich liebe Ochsenschwanz.

  5. hoffentlich sieht niemand, wie ich hier wieder mit (wahrscheinlich) offenem Mund staunend vor dem Monitor sitze = ich bin sprachlos begeistert.
    Muss aber sagen, dass ich es noch nicht richtig ‚gerafft‘ habe wie das mit Punkt 5-7 genau geht. Ob ich das hinbekommen würde???

    (hast du bei Punkt 1 den Link vergessen?)

  6. Du bisch mi Daig-Boopscht oder halt mi Daig-Kinschtler ! Bi soo häärzige und bestimmt feine Dingerli cha sälbscht ich emol uf‘ s Flaisch verzichte. Bigòscht e reizvolle Zytvertriib bi däm kurioose Wätter.

    1. Unsere bis Ende September geplanten Ferien haben wir orzeitig beendet und warten auf stabileres Wetter. Kochen wir halt anstelle von Ferien.

  7. Von der Herstellung her erinnert mich das fast ein bisschen an Maultaschen. Sehr hübsch sind die geworden – auch wenn ich mir das Aufrollen mit der weichen Füllung ein bisschen schwierig vorstelle 😉 Andererseits finde ich es sehr sympatisch, dass man bei dieser Methode den Teig komplett verwendet, sonst bleiben immer diese blöden Reste vom Ausstechen, die man ja auch nicht unbegrenzt neu verkneten kann.

    1. Hier gibts auch Teigabfall, denn man muss das einzelne Berlingot knapp an der Füllung vorbei abschneiden, damit es prall gefüllt ist. Das brauct etwas Platz zwischen den Füllpunkten.

  8. Wie hübsch diese kleinen Spitzmützen sind! Ich bin wohl trotzdem zu grobmotorisch für solche Basteleien. Lieber Gott, schenk mir Geduld, aber sofort!

  9. Ich werde die kunstvolle Form der Röslein für meine Kräuterbutter beachten, falls ich sie wirklich mal mache… 😉

    1. Das sind keine Rosen, sondern etwas bauchige Tetraeder. Mit Butter kriegst Du die perfekte, geometrische Form problemlos hin. Eine Rolle drehen und Stücke 90° versetzt abschneiden. Aber wem sag ich das ?

  10. Mir ist die Schneidetechnik auch nicht ganz klar geworden. Ich lese mir das lieber nach dem Frühstück noch einmal genauer durch – es wohnt nämlich noch ein Ziegen-Ricotta im Kühlschrank. 😉

    1. siehe bei Houdini. Vielleicht hilft das Original der Frau Pic weiter: „sur la pate étalée, deposez un point de farce tous les 4 cm. environ. Fermez en realisant un cylindre, Fermez le premier côté à l’aide du dos de votre couteau. Faites faire une rotation de 1/4 de tour à votre petit cylindre, puis fermez l’autre côté avec le dos de votre couteau“. Einfach, nicht ?

  11. ha, ha, ha, bei dieser Technik wüsste ich wo meine Füllung hinrutschen würde 😉 sehen aber wirklich sehr hübsch aus, vor allem so nett klein und mundgerecht 🙂

  12. Dochdoch, die Technik hätte ich in der Theorie schon begriffen … aber ob das für die praktische Umsetzung genügt, bleibt abzuwarten 😉
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    1. Super.Danke für das Video, das ich nicht kannte. S. Décotterd gibt sich darin keine grosse Mühe, die Füllung zusammen (und die Luft heraus) zu drücken. Dann werden sie beim Kochen halt etwas deformiert oder schwimmen obenauf.

  13. G-E-N-I-A-L – diese Technik – und die Füllung mit Ziegenkäse – mmmmh – werde ich ausprobieren!
    Liebe Grüße
    Birgit

  14. Kaum schlägt bei uns der Blitz des nächtens die I-net-Verbindung kaputt, engeht mir eine solche kunsthandwerkliche (doch, auch wenn du oben abwinkst) Pasta!

    Wenn ich das mit dem Formen verinnerlicht verstanden haben, ziehe ich nach!

    1. und einen Tag später schon repariert ? La grande nation macht Fortschritte ! Guck Dir das Video in den Kommentaren an. Nur sollte man die Füllung besser andrücken, die Dinger müssen prall gefüllt sein, damit sie nicht obenaufschwimmen beim garen und dann zusammensacken.

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