Tessiner Polenta

Tessiner Polenta

Tessiner Polenta 2016 05 03_1015

Die klassische Polenta hat nördlich des Polenta-Limes einen schweren Stand: „Fad“, „Schmeckt nach nichts“, „Ich esse alles, nur keine Polenta“, „Macht nichts her“. Muss sie denn überhaupt etwas „hermachen“? Warum? Wozu? Für wen?

Freunde, er ein gebürtiger Tessiner, haben uns aus Mendrisio das hauseigene Polentamehl des Grotto Bundi mitgebracht. Im Bundi machen sie daraus eine weitherum bekannte und beliebte Polenta: mit Wasser und Salz. Über offenem Holzfeuer. Ein Armeleutegericht, das nicht nur bei Armen beliebt ist. Grund genug, die Würzschubladen für einmal geschlossen zu halten und das Originalrezept des Grotto Bundi nachzukochen.
Dabei kommen mir Erinnerungen hoch an meine Jugendzeit: einmal die Woche wässrige Kinderheim-Polenta, mitten drauf ein Schöpfer Endiviensalat, einmal im Monat statt Salat einen Schöpfer Hackfleisch. Dazu jedesmal die Leier, wie gesund Polenta sei. Ist sie, denn ich habe sowohl Polenta wie Ermahnungen überlebt.
Als geradezu luxuriöse Ergänzung mache ich uns dazu noch einen puristischen Sugo in der Cooking Chef aus Hackfleisch von der Kalbsspinne. Ich will ja Frau L. nicht an meinen Erinnerungen darben lassen.

Zutaten
Hauptmahlzeit für 2 Personen
150 g Polentamehl Bundi, Maisgriess mit unbekanntem Zusatz an Buchweizenmehl, ich schätze mind. 30% Buchweizen
ca. 800 ml Wasser
Salz. Schwarzer Pfeffer. Im Grotto Bundì wird die Polenta über dem Holzfeuer gekocht, deshalb verwendete ich Maldon Rauchsalz

5 Portionen
500 g Kalbsspinne, gehackt 8mm
4 EL Olivenöl
Brunoise für das soffritto aus:
1 Schalotte, geschält, 1 Knoblauchzehe, geschält, 1 Stange Staudensellerie, entfädelt, 1 Karotte, geschält
30 g Tomatenpüree
2.5 dl Rotwein
2 dl Kalbsjus, dunkel
200 g Tomaten in Stücken (kleine Dose)
Prise Salz, schwarzer Pfeffer

Tessiner Polenta

Zubereitung
(1) Gemüsebrunoise in der Cooking Chef Rührschüssel in Olivenöl mit dem Flexihaken 10 Minuten bei 130°C dünsten. Tomatenpüree 2 Minuten mitdünsten. Portionsweise ablöschen mit Rotwein, jeweils stark einkochen. Kalbsjus, Tomaten und das rohe Kalbshack unterrühren und auf Intervall -3- (alle 30 Sekunden) 2 Stunden bei 80°C rühren lassen. Würzen mit Salz und Pfeffer. So wird das Hackfleisch saftiger, als wenn man es in der Pfanne zu bröselig-trockenem Leder röstet.
(2) Wasser in einem Topf mit dickem Boden und Deckel zum Kochen bringen. Vom Feuer ziehen. Salzen. Polentamehl unter Rühren mit einem Schneebesen einrieseln lassen und glatt rühren bis keine Klümpchen mehr vorhanden sind. Topf wieder auf den Herd zurückstellen, erhitzen, bis die Polenta aufkocht. Sobald sie zu blubbern beginnt, Temperatur auf niedrigste Stufe stellen und den Topf zudecken. Mindestens 45–60 Minuten oder länger bei kleiner Hitze garkochen. Zwischendurch mit einem Holzlöffel umrühren zur Kontrolle, dass nichts ansetzt. Falls die Polenta zu fest wird, mit kochendem Wasser verdünnen.
Dazu gabs geröstete Maisflocken, als Versuch zu einem kommenden Rezept (Polenta e riso come una pizza).

„Macht nichts her“  ?  Grummel.

30 Kommentare zu „Tessiner Polenta“

  1. Wenn Kinder sich dank Polenta SO entwickeln wie du, dann sollten ALLE Kinder regelmäßig Polenta serviert bekommen 🙂
    Natürlich – da sind wir uns einig – nur die Tessiner!
    Kinderheim?

    1. Vielleicht kam der Graus nicht von der Polenta, sondern von dem auf den gleichen Teller geschöpften Salat 😉 Ja, Kinderheim. Das war aber keine schlechte Zeit und ich habe dabei gelernt, alles zu essen.

  2. besser als Micha kann man heute nicht kommentieren! Ich schließe mich daher zu 100% an! 🙂
    (auch zum Kinderheim mit Fragezeichen)

    Schön, dass du mal wieder eine genaue Anleitung für die KCC schreibst….wir beide (meine KCC und ich) sind immer noch keine Freunde, die Kochfunktion kommt bei mir so gut wie nie zum Einsatz…leider. 😦

      1. und ich bräuchte deine Aufzeichnungen zu den verschiedenen Risottos (oder Risotti?? ) !

  3. Sooooo gut! Und für das Regenwetter gerade genau das Richtige!! Liebe Grüße aus Wien!

  4. Seelefuetter vom Feinschte ! Das chunt bi mir – eifach ohni Diirggekòòrnflogge – genau gliich uf dr Täller. E Vollträffer !
    P.S. Hesch du e Versuech mit panierte „Kalbsspinneplätzli“ gmacht ?

  5. Bei uns kommt etwa alle 2 Wochen Polenta auf den Tisch. In jeglichen (Würz)Varianten, aber nur noch aus dem Ofen. Im kleinen Düpfi von Cousances 5 Minuten ankochen, Deckel drauf und bei 120 Grad ausquellen lassen. Ergibt immer perfekte Polenta. Die Methode habe ich damals von dir übernommen. Merci vielmool dafür. 🙂

    1. Polenta mach ich nach wie vor so. Nur hier wollte ich mich an die Anleitung des Grotto Bundi halten. Aber die haben ein Kupferkessi auf offenem Feuer.

  6. Herr H. und ich sind inzwischen große Polenta-Fans. Die anfängliche Skepsis lag wohl an der Instant-Variante. 😉

    1. Der übliche Unterschied zwischen convenience und selber gemacht. Da sind keine Welten dazwischen, man kann beide essen, ich rede da aus Erfahrung, aber im direkten Vergleich merkt man schon den Unterschied.

  7. Das ist ein richtige Trostteller für mich, nach diesen scheusslich kalten Tagen, da habe ich nur einen Wunsch “ zusitzen“. Meine Erinnerungen an Mamas Polenta ist entsetzlich, weit und breit keine Sauce nur Salat und danach irgendeinen Kompott aus dem Vorratsglas dazu, würg, schlimm.
    Aber da bin ich jetzt drüber hinweg.Mit meinem Dampfgarer wird die Bramatapolenta sensationell, finden meine Gäste und ich.
    Das hoffe ich auch für Sie, dass Sie mit all Ihrer Sorgfalt, Ihrer Neugier und Interesse an der perfekten Küche Ihre schwere Zeit mit Freude und vielen Glücksmomenten im Leben und in der Küche zupappen konnten.
    Ich freue mich immer schon im voraus auf Ihre interessanten Rezepte und Berichte, vielen Dank dafür. Millie20

    1. Nix schwere Zeit. Ich hatte eine gute Jugend unter vielen andern Kindern, Spielsachen genug, ein Bächlein, im Sommer ein Planschbecken. Was will man mehr?

    1. Nun muss ich doch noch die story erzählen, die uns im Kinderheim zu Polenta aufgetischt wurde. Die Rede war von einer Witwe, die 3 Kinder zu ernähren hatte, kein Geld, so gabs halt täglich Polenta. Anlässlich eines Arztbesuches fragte der Arzt die Mutter, was sie denn ihren Kindern zu essen gäbe. Die Mutter erschrak, schämte sich und lispelte kleinlaut „Polenta“. Zu mehr reiche es nicht. Da beglückwünscht der Arzt die Mutter mit den Worten: „Deshalb sind ihre Kinder so gesund!“.

      Aber wie oben schon erwähnt, es war nicht die Polenta sondern der Salat auf der Polenta.

  8. Du erinnerst mich wieder an das Grotto Bundi, weil du mir mal erzähltest, dass es dort die angeblich beste Polenta geben soll… und ich war noch immer nicht dort…

      1. Danke für das Rezept!! Anbei ein Tipp, unweit von Mendrisio liegt das Örtchen Tremona. In Tremona wiederum ist das Grotto Grassi. Ein wunderbarer Ort und auch tolle Polenta und feiner Käse und gute Musik und einfach schön!
        Danke für das Tessin-Gefühl!

  9. Italienische Polentaköche lassen Polenta unbedingt ansetzen 🙂 Interessanterweise scheiden sich die Geister gerade bei Polenta sehr. Es gibt das Lager der absoluten Liebhaber und das Lager der Polentahasser. Bei Freunden gabe es in der Familie den Spruch wenn es Polenta gab: Heute gibt es wieder einmal die gelbe Sau! Keiner der drei Jungs wird sich im späterten Leben je Polenta gekocht haben. Norbert und ich lieben Polenta, unsere Kinder nicht.

  10. Ich lese diese Beiträge zu gerne. Keinesfalls will ich hier besserwisserisch auftreten, weiss ich doch, dass der alles durchprobierende lacucinamia-Chef immer seine Gerichte genauestens durchtestet, aber seit ich die Polenta im Backofen vor sich hin ziehen lasse, ist sie einfach köstlich und ausserdem so bequem. Wer hat schon den grossen Kessel, in dem ständig gerührt werden muss? http://irmgardb.jimdo.com/coups-de-coeur/: Creme-Polenta

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