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Emmentaler Bretzeli, auf offenem Feuer gebacken

Die angedrohte Strommangellage lässt uns kalt bzw. warm. Soll sich Finsternis über das Land senken, die Gefriertruhen auftauen und das Internet für Wochen in einem schwarzen Loch versinken: wir drehen dem Kremlherrscher eine lange Nase, lassen das elektrische, mit Teflon beschichtete Bretzeleisen im Schrank und nutzen das zu Heizzwecken ohnehin lodernde Holzfeuer zum Backen und Kochen. Im Küchenfundes der Frau H. fand sich ein altes Berner Bretzeleisen aus dem 19. Jahrhundert samt zugehörigem Drehsockel mit  Herdlochabdeckung.

Das Rezept ist klassisch einfach und stammt aus dem alten Berner Kochbuch. Im Unterschied zu den feineren und dünneren Bricelets sind die Emmentaler Bretzeli dicker, rustikaler. Für die zum Backen verwendete Fettabtropfunterlage wäre allenfalls die „Berner Zeitung“ dem „Le Quotidien Jurassien“ vorzuziehen, die Zeitung ist jedoch für den Geschmack der Bretzeli von untergeordneter Bedeutung.

Emmentaler Bretzeli

Zutaten und Zubereitung

125 g frische Butter
125 g Zucker
2 Eier
250 g Weissmehl
Zitronenabrieb einer halben Zitrone
Prise Salz

(1)  weiche Butter mit dem Zucker schaumig rühren. Eier einzeln zugeben und zu einer glatten Masse rühren. Mehl und restliche Zutaten unterziehen. Teig zwischen Backpapier zu einer 3 cm dicken Rolle rollen und mind. 3 Stunden kalt stellen.
(2) Kräftiges Feuer entfachen, Drehsockel und  Herdlochabdeckung aufsetzen.


(3) Bretzeleisen beidseitig gut vorheizen, die Relief-Felder mit neutralem Öl einfetten.
(4) Fortlaufend nach Bedarf 10 g schwere Rädchen von der Rolle schneiden (Teig muss kalt bleiben), mittig auf die 10 cm grossen Relief-Felder legen, Eisen sofort zusammenklappen und hell bis goldbraun backen. Je nach Hitze 10-20 Sekunden pro Seite, dann drehen.
(5) Mit einem Spachtel vom heissen Eisen lösen und auf einem Gitter erkalten lassen. Nach vollständigem Auskühlen in einer gut schliessenden Dose aufbewahren.

Die patriotischen Bilder auf den 8 Relief-Feldern des Eisens (u.a. Wilhelm Tell, Helvetia, Schweizer Kreuz, Edelweiss und Storch) untermalen den Ernst der Mangellage. Während im Osten die Kanonen  donnern, freuen wir uns ob der warmen Küche und den gelungenen Guetzli. Freuen wir uns am Leben, trotz aller Unzulänglichkeiten. Darin liegt unsere Hoffnung.

Kartoffelbretzeli. Die Pommes-Chips der Alpen

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Auch wenn meine süssen Bretzeli samt zugehörigem Karamel-Eis noch problemlos Abnehmer finden, muss ich mir doch rechtzeitig Gedanken machen, der zunehmenden Zucker-Eutrophierung entgegenzuwirken. Zumal erste Weihnachtsguetzli bereits gebacken sind. Food-Blogger denken eben gerne über die eigene Nasenspitze hinaus. Eine Eigenschaft, die sie z.B. von Politikern unterscheidet. Bei denen entscheidet einzig das Spesenkonto darüber, was am nächsten Tag gegessen wird. Das verdirbt mit der Zeit jeden Charakter.
Es empfiehlt sich, die Kartoffelbricelets im höchstgelegenen Schrank, kleinen Frauenspersonen ohne Haushaltleiter nicht erreichbar, aufzubewahren. Sonst sind sie im Nu weg. In jedem Fall sind sie eine Verlockung, die gewisse Gefahren für den Charakter in sich birgt

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Zutaten
125 g weiche Butter
1 dl Milch (1 dl=100 ml, seit 1794 unveränderter Sachverhalt)
1 dl Weisswein
1 dl Olivenöl
1 Tlf. Salz
Muskatnuss gerieben (von mir gespendet)
300 g rohe, feinst geriebene Kartoffeln, samt Saft (Vitelotte, auf der feinsten Microplane gerieben)
350 g Weissmehl
Das Rezept stammt aus dem Büchlein Das Kambly Bretzeli, Ursula Kambly-Kallen, ISBN 978-3-7272-1334-2

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Zubereitung
alle Zutaten zu einem homogenen Teig verarbeiten. 4 Tlf, der Masse auf die heisse Bretzelbackform verteilen und backen, bis die Bricelets goldbraun sind.

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Anmerkung
Mit den blauen Vitelotte-Kartoffeln hatte ich erst beabsichtigt, am Lila-Blog-Event Cookbook of Colors teilzunehmen. Das Violett wich jedoch beim Backen einem schönen Braunton und vereitelte damit meine Lila getönten Absichten. Der inzwischen eingetretene Herbst gibt dem missfarbenen Beitrag nun doch noch eine Chance.

HighFoodality Blog-Event Cookbook of Colors

Berner Bretzeli, Bricelets bernois

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Bretzelhaufen

Um Berner Bretzeli backen zu können, braucht es ein Bretzeli-Eisen. Eines mit Schweizerkreuzmuster drauf. Noch passender wäre eines mit Bärenrelief. Wobei die Art des Musters egal ist. Kurz: es braucht eine Art Waffeleisen. Im Unterschied zu belgischen Waffeleisen (Gaufrier) werden mit einem Schweizer Bretzeleisen die Waffeln viel dünner, sozusagen zu Wäffelchen. Seit vielen Jahren besitzen wir ein solches Eisen, ein wagenheberähnliches Monstrum vom Fuss des Solothurner Jura, mit zwei langen Hebelarmen, um die Heizbacken zusammenzuklemmen. Frau L. hat damit vor Jahren einen ersten und letzten Versuch gemacht, dabei ist ihr einer der Hebelarme mit voller Wucht auf ihre schwachen Händchen zugeklappt, die Folgen waren ein grosser Bluterguss, ein Arztbesuch und der Schwur, das Ding nie mehr zu benutzen. Weil ich zu meinem Caramel-Eis ein passendes Guetzli brauchte, hab ich den Wagenheber hervorgekramt und mache meine ersten Berner Bretzeli. Ohne Bluterguss. An mir ist halt doch ein Automechaniker verloren gegangen.

DKduWMein Beitrag für den DKduW-event von foodfreak. Die Rezeptur entnahm ich dem Büchlein: Das Kambly-Bretzeli, Stämpfli-Verlag AG, Bern, ISBN 978-3-7272-1334-2, in welchem Frau Ursula Kambly herself aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums 24 Rezepte zum Besten gibt. Wenig Rezepte und etwas Historie für etwas gar viel Geld, die Menschheit soll ja die Bretzeli bei der Firma kaufen und nicht zuhause selber machen. Aber ich wollte das Büchlein unbedingt haben, nun besitze ich es halt und mache mein Bretzeli selber.

Der älteste Hinweis auf die Berner Bretzelitradition findet sich in einer Handschrift aus dem Jahre 1373 aus Burgdorf. Aus einem Mandat der Berner Obrigkeit (Gesetzeserlass) um das Jahr 1500 herum, wird die Herstellung der Bretzeli nur zur Weihnachtszeit, vom Thomastag bis Dreikönigstag erlaubt. Getreide war damals eben kostbar.

Zutaten
100 g weiche, frische Butter
150 g Zucker
2 Eier
Zitronenabrieb einer ganzen Biozitrone
1 dl Rahm
250 g Mehl

Bratbutter zum Ausbacken

Zubereitung

(1) die weiche Butter mit dem Zucker schaumig rühren (etwa 15 Minuten in der Küchenmaschine). Eier, Zitronenabrieb und Rahm zugeben, kurz rühren, dann das Mehl unterziehen. Gibt etwa 50 Bretzeli.
(2) Die Masse 1 Stunde kühl stellen, dann Teelöffelweise auf das mit Bratbutter eingepinselte Bretzeleisen geben und ausbacken, bis sie goldgelb, oder noch etwas mehr als goldgelb ;-), sind.

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Berner Bretzeli auf Emmentaler Bauernteller