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Arnold Böcklin: Kalbsbäckchen in Kräuteressenz oder die Toteninsel

Toteninsel Böcklin

Wer kennt sie nicht, die Toteninsel, das düstere, geheimnisvoll romantische Gemälde des Schweizer Malers Arnold Böcklin ? Eine einsame Felseninsel im Meer, bewachsen von steil aufragenden Zypressen, auf die ein Boot mit einer schlanken Gestalt und einem Sarg zusteuert. Der Tote soll wohl in einer Grabkammer begraben werden. Alles auf der Insel strebt zum Himmel und bleibt doch fest im Meer verankert. Ein Bild, das zum sinnieren über die Vergänglichkeit des Lebens und die heutigen, würdelosen Sterbeanstalten anregt. Böcklin malte zwischen 1880 und 1886 insgesamt fünf Versionen dieses Sujets. Die Urversion ist im Kunstmuseum Basel zu besichtigen.

Mein heutiger Sonntagsausflug gilt dieser Insel. Kürzlich waren wir bei Arno Sgier in der Traube Trimbach essen. Dort gabs u.a. geschmorte Kalbsbäggli in Kräuteressenz. Serviert wurde eine halbierte Kalbsbacke im sonst leeren Teller. Am Tisch aufgegossen mit Kräuteressenz. Die Insel in der Suppe hat mich sofort an die „Toteninsel“ erinnert. So sehr, dass ich den Teller zuhause nachgestellt habe. Eine gute Verwendung für übrig gebliebene Schmorbäckchen. Und nach langer Zeit wieder einmal ein Beitrag für meine Reihe „Kunst und Kochen„.

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Geschmackvolle Suppe in geschmackloser ungewohnter Präsentation


für 2 Personen:
ein übrig gebliebenes, geschmortes Kalbsbäckchen. Das Kalbsbäckchen kalt abspülen und in wenig Rinderbrühe in geschlossenem Topf aufwärmen.

etwa 8 dl Consommée double, möglichst konzentrierte Rinderbrühe. Meine habe ich, wie immer, aus ca. 1.5 Liter Rinderbrühe hergestellt. Diese kalt aufgesetzt mit einer Mischung aus 300 g Rinderwade gehackt, 100 g Wurzelgemüse, gemischte Kräuter und 2 Eiweissen (normal nimmt man 4, aber Eiweiss bindet auch Geschmack, deshalb probierte ich es mit weniger) und nach diesem Rezept geklärt.

Dem Arno Sgier seine Essenz war noch kräftiger als meine. Die kriegt man, wenn man bei der Herstellung der Rinderbrühe Knochen und Fleisch mit (vorhandener) Rinderbrühe statt mit Wasser auskocht.

Frau L. wollte sich aber weder mit ins schaukelnde Ruderboot setzen, noch Toteninseln besuchen. Sie kriegte die andere Hälfte des Bäggli kleingeschnitten.

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Für die wenigen, die meinen Sonntagausflug bis hieher verfolgt haben, gibts noch etwas Wunderschönes zu hören. Aus den Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128 die Nr. 3: „Toteninsel“ (1913)

Adolf Wölfli: Tomatensuppe mit Knusperspeck

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Die Zutaten

Tomatensuppe in Dosen scheint bei Künstlern ein beliebtes Motiv zu sein. 1929, lange vor Andy Warhol, beklebte Adolf Wölfli, der ehemalige Verdingbub und Knecht aus dem Kanton Bern, eine seiner vollgekritzelten Makulaturpapierseiten mit einer ausgeschnittenen Annonce. Adolf Wölfli, der von 1895 bis zu seinem Tod wegen Schizophrenie in der psychiatrischen Heilanstalt Waldau bei Bern interniert war, begann 1899 zu zeichnen und zu schreiben. Auf über 25’000 Seiten schuf er sich eine grossartige, imaginäre Welt: die „Sankt-Adolf-Riesen-Schöpfung“. Hier gehts zu der Stiftung im Kunstmuseum Bern, die seine Hinterlassenschaft verwaltet und mehr über ihn und seine Werke weiss.

Adolf Wölfli: Campbell’s Tomato Soup, 1929

Ob Campbell’s Dosensuppe mit meiner Suppe mithalten kann, bezweifle ich. Ich habe sie aus im Ofen confierten, voll gereiften Tomaten ohne Wasser hergestellt. Angelehnt an das Rezept von Meta Hildebrand. Und an die Paradeisersuppe der Turbohausfrau. Die Zapfenlocken aus Bauernspeck sind eine hommage an die kurzgelockte, schwarzhaarige und behütete Seefahrerin auf dem Bild. Die Aromabrösel (Idee aus dem letzten Manor-Food) brauchts nicht unbedingt, sie verzögerten immmerhin das rasche versinken der Zapfenlocken in der Suppe 🙂

Zutaten
für 2 Personen
1 kg reife Tomaten mit dem Grün
50 ml Olivenöl extra
1 Elf. Meersalz
2 Knoblauchzehen
1 Handvoll frische Kräuter (Rosmarin, Basilikum, Oregano, alles frisch)
Piment d’Espelette

für die Aromabrösel:
2 Elf. Pinienkerne
1 Elf. Sesamkerne
Abrieb einer halben Biozitrone
1/2 Tlf. Fenchelsamen
1 Tlf. getrockneter Oregano

6-8 magere Speckscheiben

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ohne Haut und Kerne

Zubereitung
für die Suppe:
(1) Die Tomaten an den Rispen lassen, mit einem Messer einritzen und in eine tiefe, hitzebeständige Form legen. Mit Olivenöl beträufeln. Mit Meersalz und den Kräutern bestreuen. Die ganzen Knoblauchzehen zwischen den Tomaten verteilen. Form in den Ofen schieben und die Tomaten bei 200°C während ca. 30 Minuten backen, bis sie weich und an der Oberseite leicht bräunlich angeschmurgelt sind. Anschliessend mit einem Stabmixer kurz mixen und durch ein Sieb drücken.
(2) Mit Salz, Pfeffer und Piment d’Espelette abschmecken und warm halten.

für die Aromabrösel:
(3) Pinien- und Sesamkerne ohne Fett anrösten, mit Fenchel, Zitronenabrieb und Oregano in einem Blitzhacker zerkleinern.

für die Speckscheiben:
(4) Speckscheiben spiralförmig um eine Holzkelle wickeln und ca. 8 Minuten im noch heissen Backofen bei 200°C kross backen.

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Notwasserung eines Speckflüglers in Tomatensuppe ?

Die Speckspiralen, obwohl anfänglich nur als Alibispeck geplant, haben sehr gut zu dieser Suppe gepasst. Auch wenn sie, im chichi-Glas aufgestellt, hübscher aussehen. Mein Beitrag zum Event, betreut von Alex von Chef Hansen

Blog-Event LXX - Ran an den Speck (Einsendeschluss 15. August 2011)

Felix Valloton: Entrecôte. Mit Schalotten-Portwein-Reduktion

Félix Valloton: Une entrecote sur un papier jaune (Privatbesitz)

Félix Vallotton (1865 in Lausanne geboren, 1925 in Paris gestorben) war ein Schweizer Maler, Grafiker, Holzstecher und Theaterautor. Anfänglich wurde er durch seine scharf geschnittenen Holzschnitte bekannt, die mit ihren harten Schwarz-Weiss-Kontrasten für Aufsehen sorgten. In seiner Malerei orientierte er sich an Courbet und Manet, gab seinen Bildern aber geschlossene Oberflächen und und hob die Motive durch besondere Plastizität hervor. Vallottons Bilder irritieren den Blick durch ihre Künstlichkeit: Stillleben aus intensiven Farbfeldern, leere Landschaften mit starken Kontrasten, Portraits von eigenwilliger Härte, Aktdarstellungen in unterkühlter, modern anmutender Erotik. Hier finden sich einige Bilder unter dem Menu Galerie.

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Nachgestellt: lamiacucina, mit Côte de boeuf

Das Nachstellen eines fleischlichen Stillebens ist gar nicht so einfach. Besonders wenn man als Beinahe-Vegetarier erst ein Entrecôte kauft und zuhause feststellt, dass das Entrecôte nicht zum Bild passt. Dann halt alles nochmals, mit einer Côte de boeuf, doppelt so schwer.

Aber hier gehts gottseidank mehr ums Kochen als um Kunst oder wie der Schweizer Künstler Daniel Spoerry einmal sagte: Wenn alle künste untergehn, die edle kochkunst bleibt bestehn. Edel oder nicht. Uns hats geschmeckt. Die Côte de boeuf war aber für uns eindeutig zuviel Fleisch.

Zutaten
wahlweise für 2 Wenig- oder Viel-Fleischesser

ca. 300-400 g Entrecôte, bzw. 700 g Côte de boeuf
Salz, Pfeffer
Olivenöl
zum Arrosieren:
Thymianblättchen, frische Butter, Salz

für die Schalotten-Portwein-Reduktion:
wenig Puderzucker
ca. 60 g Schalotten, fein gehackt
50 ml Portwein
120 ml Rotwein
80 ml Kalbsfond von hier
1 Elf. Thymianblättchen frisch
Salz, Pfeffer
1 Schuss Balsamicoessig vom Teuren
ggf. Maizena rapid braun

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Zubereitung
(1) Ofen mit einem runden Kuchenblech, auf das ein Kuchengitter gesetzt ist, auf 100°C vorheizen.
(2) Das zimmerwarme Entrecote in einer schweren Pfanne in Olivenöl beidseitig je 2 Minute kräftig anbraten, auf das Kuchengitter im Ofen setzen, pfeffern und je nach Grösse [300 g: ca. 40 Minuten, 700 g: ca. 70 Minuten] nachgaren. Das Öl aus der Pfanne giessen. Mit Küchenpapier trockentupfen. Den Fond mit dem Portwein und dem Rotwein aufkratzen und auf die Häfte einkochen. Beiseitestellen.

für die Schalotten-Portwein-Reduktion:
(3) Indessen die fein gehackten Schalotten in wenig Butter langsam, ohne dass sie Farbe nehmen, andünsten.
(4) ein bis 2 Tlf. Puderzucker in einem Pfännchen schmelzen und karamellisieren, sobald der Zucker hellbraun ist, mit wenig Wasser ablöschen.
(5) Karamell und den Weinfond zu den gedünsteten Schalotten geben, den Kalbsfond zugeben und alles weiter einkochen bis ein konzentriertes Sösschen entstanden ist. Ggf. mit einem Tlf. Maizena rapid etwas verdicken.
(6) Gegen Ende die Thymianblättchen zugeben und würzen mit Salz und Pfeffer und dem Balsamico.

für den finish:
(7) Das Fleisch aus dem Ofen nehmen, kurz in gesalzener Butter mit Thymianblättchen arrosieren und zugedeckt an der Wärme etwas abstehen lassen. Dann auf die vorgewärmten Teller verteilen und mit der Sauce überziehen.
Mit Baguette essen.

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Ein Trumm

Edouard Manet: Asperges. Asparagi alla Milanese

Edouard Manet (1832-1883): La botte d'asperges mit Aufwärtsdrang

Die Idee, Kunstbetrachtungen über Stillleben von Nahrungsmitteln mit einem daraus gekochten Gericht zu verknüpfen, ist nicht neu. Mit diesem Thema befasst sich im fernen Australien ein eigens darin spezialisierter Blog und selbst die Schweizer CO.OP Zeitung hat sich zwei Male darin versucht. Von Kunstbetrachtungen verstehe ich nichts, dennoch gefallen mir manche Stillleben so gut, dass ich sie ab und zu als Ausgangspunkt nehmen will, ein Bild fotografisch nachzustellen und dazu ein mehr oder weniger passendes Gericht zuzubereiten.

Edouard Manet, französischer Maler, ist einer der Wegbereiter der modernen Malerei. Im Musée d’Orsay in Paris wird derzeit (bis 3. Juli) eine umfassende Werkschau des früher von Museen als Salonmaler abgestempelten Meisters gezeigt. Bei wiki gibts eine Zusammenfassung wichtiger Werke zu sehen.

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Nachgestellt mit Petersilie und Abwärtsneigung

Gemäss einer berühmten Anekdote soll der Auftraggeber des Spargelbildes Manet 200 Francs mehr bezahlt haben, als vorher ausgemacht war. Manet malte deshalb noch ein weiteres Bild mit nur einem einzigen Spargel und übergab das Bild mit den Worten: „In ihrem Bund fehlte noch eine Stange“. zum Bild: Une asperge seule.

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Asparagi alla Milanese

Asparagi alla Milanese

Zutaten
1 kg Spargeln (10 dicke Spargeln, die hab ich mich nicht getraut mit der Schlauchmethode zu garen !!!)
1 Tlf. Zucker
1 Tlf. Salz
1 Prise Muskatnuss
100 g Parmesan, teils frisch gerieben, teils in Spänen
50 g Butter
glatte Petersilie

bei uns mit weissem Spargel, in Mailand wird sowohl weisser wie grüner Spargel zu diesem Gericht verwendet, dazu Spiegeleier (ohne Rezept)

Zubereitung
(1) Spargeln schälen, Ende nach Erfordernis einkürzen. Aus dem Abfall mit 3 Liter Wasser während 15 Minuten einen schnellen Spargelfond kochen.
(2) Spargeln im schwach siedenden, gewürzten Spargelfond knapp aldente kochen (etwa 13-15 Minuten). Dabei die Stangen wenn möglich stehend in einem hohen Topf garen, dabei die Spitzen vom Wasser unbedeckt lassen. Nur soviel Wasser wie nötig verwenden.
(3) Spargeln herausheben, auf einem Tuch kurz abtropfen und etwas abkühlen lassen.
(4) zwei Gratinplatte ausbuttern, die Spargeln nebeneinader darin verteilen. Mit geriebenem Parmesan bestreuen. Die zerlassene Butter darübergiessen.
(5) Spargel im vorgeheizten Backofen bei 250°C knapp 10 Minuten gratinieren. Mit der Petersilie und Parmesanspänen bestreuen.
(6) In der Zwischenzeit Spiegeleier langsam anbraten und auf den Spargeln servieren. Das Eigelb soll beim Aufschneiden über die Spargeln laufen.

Im Übrigen gilt das Sprichwort: Kirschen rot, Spargel tot. Schluss mit Spargel hier.