Auch wenn das Thema Wein hier nur Einzelne interessieren wird, will ich auf eine wenig bekannte, autochthone Traubensorte aus dem Piemont aufmerksam machen: den Ruché di Castagnole Monferrato. (nein, ich verdiene an diesem Artikel keinen cent) Ausgesprochen wird der Name Ruché wie „Ruke“. Woher die Sorte stammt, weiss man nicht mehr genau. Früher vermutete man, dass sie vom Burgund ins Piemont gelangt sei. Savoyen-Piemont war zwischen 1796 und 1815 Teil Frankreichs. Ampelographische Untersuchungen zeigten zwar eine gewisse Verwandtschaft mit Pinot noir, bestätigten aber eine 100% autochthone Sorte.
Nachdem die rare Sorte nahezu verschwunden war, wurden in den 1970er Jahren mit Wiederanpflanzungen begonnen. Die Bemühungen führten zur Einführung einer kleinen DOC, später DOCG mit dem Namen Ruchè di Castagnole Monferrato. Anrecht auf die Herkunftsbezeichnung haben ausschliesslich Weine aus einer der sieben Gemeinden Castagnole Monferrato, Grana, Montemagno, Portacomaro, Refrancore, Scurzolengo und Viarigi.
Meine erste Bekanntschaft mit dem Wein machte ich den 80er Jahren, mit drei Flaschen des Produzenten Scarpa. Alle Versuche, Nachschub zu beschaffen, scheiterten, irgendwann verlor ich das Interesse. Verlor den Ruché während über 30 Jahren völlig aus Augen und Sinn. Mittlerweile sind im Monferrato (insgesamt!) wieder rund 100 Hektaren Land mit Ruché bestockt. Als Vergleich: die Winzer des Badischen Winzerkellers bewirtschaften 2`500 ha.
Einst war der Ruchè in der Region der Wein für besondere Gelegenheiten, im Gegensatz zum Alltagswein. Ruché ist ein Liebhaberwein. Wer ihn erstmals trinkt, wird davon irritiert sein. Jung ist er rubinrot, im Alter verfärbt er sich granatrot. Je nach Ausbau kann seine Aromatik umwerfend sein: ein intensives, anhaltend aromatisches Fruchtelixier mit einem süssen Duft nach Rosen, Veilchen, roten Früchten und Gewürzen. In der Regel ist er trocken ausgebaut, leicht tanninhaltig, manchmal leicht bitter. Einzelne Produzenten bauen ihren höherwertigen Wein auch in Holz aus, was jedoch dem Fruchtaroma wenig zuträglich ist.
Ruché passt nicht zu allen Speisen, geht jedoch gut zu pasta, risotti, Pizze, zu chinesischen Gerichten und verträgt sich ausgezeichnet mit Käse. Kaum ein anderer Rotwein bietet einem Blauschimmelkäse Paroli.
In der Schweiz und Deutschland gibt es den Ruché von ungefähr 10 verschiedenen Produzenten. Einfach danach suchen. Sogar der deutsche Billigdiscounter hat einen im Sortiment und nicht mal den Schlechtesten. Im Unterschied zu Barolo&Co. ist er wesentlich preisgünstiger. Meinen hat mir Lucas Rosenblatt verschafft.