Man hat sie mir entrissen! Nicht Gilda aus der Oper Rigoletto von Giuseppe Verdi, sondern die von mir so gerne gekauften Naturaplan-Bio-Eier. Verschwunden aus dem Kühlregal. Verbannt in die Abwärme des Supermarkts. Platz frei gemacht für Joghurt, linksdrehenden, rechtsdrehenden, rundumdrehenden, Berg- und Taljoghurt, Fett- und Mager-Joghurt, während Slow-food-Joghurt noch etwas warten muss, bis vielleicht die Milch zum Kühlregal rausfliegen wird. Im folgenden Flugblatt erklärt uns COOP, warum er ab 2. 2007 die Eier aus dem Kühlschrank in tropische Ladengefilde verbannt hat. (Bei allen andern Grossverteilern stehen die Eier längst an der Wärme). Bild aus Max und Moritz.
Eier sind ein Wunder der Natur! Die Schale verfügt in den ersten 3 Wochen nach dem Legen dank Enzymen über einen natürlichen Schutz -allerdings nur bei konstanter Umgebungs-temperatur. Bei grössern Temperaturschwankungen kann sich Kondenswasser an der Oberfläche bilden, dadurch kann die Qualität der Eier beeinträchtigt werden.
Im normalen Einkaufsalltag sind Temperaturschwankungen vom Laden bis zum Haushaltkühlschrank aber unvermeidlich. Auf dem Nachhauseweg müssen oft noch Zwischenhalte eingelegt werden (lamiacucina: für das Bier in der Pinte?) oder der Einkauf ist temporärer Sonnenstrahlung ausgesetzt. Deshalb ist eine aktive Kühlung von Frischeiern erst nach dem Kauf zuhause sinnvoll.
Hühnereier können während der Erzeugung und Distribution mikrobiell kontaminiert werden. Salmonellen, die im Zuge der Eibildung über infizierte Legehennen in das Eiklar eingeschlossen wurden oder die über Beschädigungen der Eischale in das Eiklar gelangt sind, können sich dort im Laufe der Lagerung vermehren. Dadurch erhöht sich das Risiko einer Salmonelleninfektion für den Endverbraucher beträchtlich. Untersuchung zur Lagerung zeigen klar auf, dass die Vermehrungsrate bei höheren Temperatur rasch zunimmt. Bei einer Lagertemperatur bei 5°C ist das Risiko am Geringsten, aber auch Lagerung bei 10°C hemmt das Wachstum. Ab Raum-temperatur gehts dann schnell zum Schlechteren.
Der Standpunkt von Coop, dass der natürliche Schutz ausreiche, um die Eier während ca. 21 Tagen zu schützen, ist im Prinzip korrekt. Ebenso wie das Argument, dass sich bei im Laden gekühlten Eiern Feuchtigkeit an der Schale kondensieren kann. Kondensation wird dann zur Gefahr, wenn die Eischale Risse oder grössere Poren hat.
Warum ich ab 2.2007 trotzdem keine Eier bei COOP mehr kaufe (ebenso keine bei Migros und andern Grossverteilern) hat folgende Gründe:
1) Ich bin der Auffassung, dass ein Ei, das 21 Tage im warmen Laden herumgelegen hat, nicht mehr frisch ist. Das American Egg Board sagt dazu: „Eggs age more in one day at room temperature than in one week in the refrigerator“.
2) Wenn die Eier ungekühlt in den Laden gekarrt werden, und jeder kann sich vorstellen, wie heiss es im Laderaum eines Lastwagens im Sommer werden kann, so verstehe ich COOP nicht mehr. Ich fahre viel in der Schweiz herum, ich weiss, wielange die Chauffeure in den sogenannten Lastwagenkneipen Pause einlegen. Oder werden die Eier beim Transport im Sommer etwa doch gekühlt ? Unter Missachtung des eigenen Pamphlets ?
3) Hat jemand mal die Temperaturen auf der Eierauslage im Supermarkt während des Sommers gemessen ? Eier werbewirksam ausgeleuchtet von Spots und Tiefstrahlern ? Ich habe es getan, dazu braucht es nur einen kleinen, elektronischen Thermometer und 15 Minuten Geduld. Messt nach, Ihr werdet Euch wundern.
4) Wie COOP bei der Risikoabwägung zu ihrem Entscheid gekommen ist, verstehe ich nicht. Eine Kühlung auf 10°C ab Hersteller inklusive Transport wäre aureichend gewesen, den Frischezustand der Eier über längere Zeit beizubehalten. Diese gemässigte Lagertemperatur würde auch das Kondensationsrisiko vermindern. Dabei böte der Eierkarton einigen Schutz vor Kondensation.
Ich darf nicht annehmen, dass COOP auf den Pfad der Tugend zurückkehren wird, zu gross ist der Bedarf nach Kühlfläche für neue Joghurts. Nun laufe ich halt 4 km zum nächsten Bioladen, dort erhalte ich meine Eier gekühlt. Vorläufig. Um auf den Titel zurückzukommen, Gammel-Eier werden bei den Grossverteilern keine verkauft, aber frische Eier sind es nicht mehr, auch wenn das Legedatum dies vorgaukelt.
Quellen:
USDA Agricultural Research Service: Microbiology of Commercial Shell Eggs and Egg Products
European Food Safety Authority: Opinion of the BIOHAZ Panel related to the Microbiological risks on washing of Table Eggs
Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL): Einsatz der niederauflösenden 1H-NMR-Spektrometrie zur Untersuchung des Wachstums von Mikroorganismen in Hühnereiern
American Egg Board: Trivia
Hier in Andalusien werden die Eier immer ungekühlt verkauft, und du kannst dir vorstellen, wie heiss es hier im Sommer wird. Ich glaube das ist eine EU-Vorschrift. *3xaufHolzklopf*
Hier in Andalusien werden die Eier immer ungekühlt verkauft bzw. gelagert. Ich glaube das ist eine EU-Vorschrift.
ich glaube nicht dass die EU-Norm die Kühlung verbietet. Das ist nun aber wirklich keine Sonntags-Lektüre. Siehe: VERORDNUNG (EG) Nr. 2295/2003 DER KOMMISSION vom 23. Dezember 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier
Das ist mir auch am Montag zu viel Lektüre. 😉 Aber ich hab das sowieso mit dem Eier-EU-Code verwechselt.
Ja das muss man sich mal genau überlegen. Hier ist es nirgends anders. Muss mal bei Demeter schaun ob die Kühlen. Intressant. Schon deswegen da ich oft mit rohen Eiern hantiere, gerade wieder für das Lemon Curd. Hmmmmm