Die gedeckten Passagen gehören seit 200 Jahren zum Stadtbild von Paris. Beim Flanieren übersieht man sie leicht. Deshalb empfiehlt sich ein Stadtplan oder google maps.
Wir fahren mit der M7 bis zur Station Le Peletier. In wenigen Schritten sind wir in der Rue du Faubourg du Montmartre. Hier fasziniert mich ein chinesischer Nudelmacher mit einer Technik, die den italienischen Pici nahe verwandt ist. Übrigens assen wir in dem Lokal zu Mittag. Gut. Günstig. Tadellos.
Die Nudeln erinnern mich an mein vor mehr als 12 Jahren abgegebenes Gelübde, mit der Bloggerei aufzuhören, sobald es mir gelänge, chinesische Nudeln selber zu drehen. Leider scheiterten all meine bisherigen (unzähligen) Versuche in Misserfolgen. Doch geb ich die Nudeln noch nicht auf. Neue Ideen beflügeln mich. Rein in die Passage Verdeau.
Passage Verdeau (6 rue de la Grange-Batelière /9. Arr.)
Die Passage Verdeau wurde 1846 zusammen mit der Passage Jouffroy errichtet. Sie ist nicht die Schönste, gehört aber zu den schöneren Galerien in Paris.
Die Verdeau beherbergt vorwiegend Läden für Sammler und Restaurants.
Über eine kleine Seitenstrasse fällt man gleich in die nächste Passage:
Die Youffroy ist eine der schönsten Galerien. Erbaut wurde sie 1846 und ist nach einem der Bauherren benannt. Die Passage liegt auf leicht fallendem Gelände, so dass in der Mitte ein paar Treppenstufen überwunden werden müssen.
Hier hats Cafés, Geschenkboutiquen, Vintage Poster, Postkarten, Bücher, ein Laden für Spazierstöcke und weitere Dinge, die niemand braucht. Ja sogar ein Hotel.
Das Tageslicht erreicht man auf dem Boulevard Montmartre. Die letzte Passage der Passagen-Trilogie findet sich wiederum gegenüber dem Ausgang:
Passage des Panoramas (11 Boulevard Montmartre /2. Arr.)
Sie wurde 1799 erbaut und gehört zu den Schönsten. Sie hat originelle Läden, teilweise mit alten Beschilderungen. Cafés, Restaurants und Kuriositäten, wie diese praktischen Elektroschalter.
Im Sommer stelle ich mir die Passagen angenehm frisch vor. Jetzt, Anfang März waren sie kalt und zugig. Beim Ausgang wählen wir die Rue Vivienne, sie führt uns nach etwa 500 Metern zur
Galerie Vivienne (4 Rue des Petits Champs /2. Arr.)
Die Galerie wurde 1823 erbaut, ist vielleicht die Schönste in Paris, schon wegen der erhaltenen Bodenmosaike.
Die Galerie Vivienne beherbergt Boutiquen bekannter Modeschöpfer, aber auch Läden für Dekoration, Restaurants und Cafés, Buchläden mit neuen und alten Büchern
Danch muss man sich um ein paar Blocks herum in die Rue Jean-Jacques Rousseau bewegen:
Galerie Véro-Dodat (19 Rue Jean-Jacques Rousseau /1. Arr.)
Die Galerie Véro-Dodat wurde 1826 erbaut. Auch sie trägt die Namen der Investoren und ist die eleganteste Passage von Paris. Alles sehr schick. Alles sehr teuer.
Am Eingang der Passage hat sich das Haus Louboutin etabliert. Leserinnen mögen wissen, um was es sich dabei handelt: Die grüne Farbe hätte Frau H. gefallen, doch die Stilettos sind nur zum Sitzen geeignet (Preis für die Sitzschuhe: 700€. Immerhin pro Paar).
200 Meter von der Passage entfernt, findet man sich auf der Rue de Saint-Honoré wieder. Das waren 5 von insgesamt etwa 20 mit Glas überdachten Passagen. Von der Station der M4 Château d’Eau aus lassen sich weitere Passagen besichtigen (Passage Brady, du Caire, du Cerf).
Nicht irgendwelche Gipfeli, sondern Schweizer Croissants au Beurre, nach einem Rezept der Basler Bäckerei Kult. Und die sind in Basel: Kult. Ich besuchte kürzlich den von der Bäckerei angebotenen Kurs „How to croissant“ und lernte an einem Nachmittag von 14h bis 20h Theorie und Grundlagen des Gipfelibackhandwerks und wie man das zuhause mit einem gewöhnlichen Backofen und ohne grossen Maschinenpark manuell umsetzt.
Zugegeben, es steckt viel Arbeit dahinter, die nicht jede/r aufbringen kann oder aufzubringen bereit ist. Wer jedoch einmal in ein solches, frisch gebackenes croissant beissen durfte, will keine anderen mehr. Selbst wenn meine ersten, nach dem Kurs zuhause nachgebackenen Gipfeli gegenüber dem Original noch Fertigungs-Mängel aufwiesen, Meister wird man erst durch Übung.
Croissants au Beurre
Zutaten
450 g Weissmehl 40 g Zucker (L.: 5 g weniger als das Original) 9 g Salz 10 g Frisch-Hefe 112 g Milch 112 g Wasser 1 Ei (45 g ohne Schale) 22 g weiche Vorzugsbutter
zusätzlich: 250 g Vorzugsbutter zum Tourieren
Zubereitung
Tag 1: Teig und Tourierbutter am Abend vorbereiten
(1) Zucker und Salz im Milchwasser auflösen, Hefe darin suspendieren. Ei darin verquirlen. Butter in feine Flocken verteilt unter das Mehl mischen, dann die Eiermilch kurz (1-2 Minuten) dazumischen. Mischen, nicht Kneten. Zu einer runden Platte formen und in einem Plastikbeutel einschlagen. Sofort kühl stellen (2-4°C).
Tipp: Die Zutaten müssen gut gemischt sein, es darf sich aber nicht zuviel Gluten bilden, sonst wird der Teig bockig (zieht sich beim Ausrollen zusammen)
(2) Die Tourierbutter in einen 20×30 cm grossen Plastikbeutel geben, etwas weich werden lassen und mit dem Wallholz in eine flache Form, 20x20cm bringen. Die Butter muss gleichmässig dick sein. Die Butterplatte ebenfalls über Nacht in den Kühlschrank geben.
Tag 2: Tourierbutter einschlagen
(3) Teig aus dem Kühlschrank nehmen und mit wenig Mehl auf 30x30cm auswallen. Es sollte ein gleichmässig dickes, exaktes Quadrat entstehen. Falls die Ecken rund werden, den Teig an den Ecken mit gegengreifenden Fingern von der Mitte her leicht ausziehen. Butterplatte aus dem Kühlschrank nehmen und sie um 45° versetzt auf das Teigquadrat legen. Leicht andrücken. Die vorstehenden Teigdreiecke wie einen Briefumschlag über die Butterplatte zusammenlegen und die Butter im Teig einsiegeln. Mind. 30 Minuten -in Folie eingewickelt- kalt stellen.
Erste Tour
(4) Teig-Butterblock auswallen: Arbeitsfläche und Rollholz sparsam mit Mehl bestreuen. Das Rollholz in der Mitte des Teig/Butterblocks ansetzen und durch leichtes Klopfen nach hinten arbeiten. Dasselbe nach vorne. Den Teig (immer von der Mitte ausgehend) auf eine Fläche von 20x60cm auswallen. Er muss an allen Stellen gleich dick sein. Mehl wegpinseln und das Rechteck auf beiden Seiten in Drittel falten, so dass drei Lagen von 20×20 cm entstehen. Mind. 30 Minuten -in Folie eingewickelt- kalt stellen.
Tipps: Der Teig muss gekühlt sein. Ist er zu warm -oder wird durch allzu langes Ausrollen warm, schmilzt die Butter in die Mehlschicht und es resultiert ein Briocheteig, dem die blättrige Struktur des Croissant fehlt. Das Ausrollen auf einer kühlen Arbeitsplatte ist deshalb von Vorteil. Bei sommerlichen Temperaturen muss sehr rasch gearbeitet werden.
Der Teig soll gleichmässig dick ausgerollt sein. Dazu das Rollholz in der Mitte ansetzen und von sich wegrollen. Teigstück um 180° rotieren und das Ausrollen auf die andere Seite wiederholen. Zieht man das Rollholz gegen sich, wird meist weniger Druck ausgeübt und die Teigplatte wird uneben.
Die Kanten möglichst gerade formen und dem Teig vor allem Länge geben, statt ihn zu breit auszurollen.
Den Teig leicht bemehlen und immer wieder von der Unterlage lösen, damit er nicht klebt und seine Struktur zerrissen wird. Anhaftendes Mehl immer! sauber abpinseln.
Wenn der Teig durch langes Ausrollen bockig wird, besteht die Gefahr, dass man mit zuviel Druck die Schichten zerstört. Dann den Teig falten, wieder kühl stellen, entspannen lassen und das Ausrollen wiederholen.
Zweite Tour
(5) Teig herausnehmen und so vor sich hinlegen, dass man die eingefalteten Seiten wie ein Buch aufklappen könnte. Teig auf 20×60 cm auswallen und wie bei der ersten Tour in Drittel falten. Mind. 30 Minuten -in Folie eingewickelt- kalt stellen.
Dritte Tour
(6) Nochmals dasselbe wie in der Zweiten Tour. Am Ende hat man einen quadratischen Plunderteigblock mit 27 Butterschichten. Von weiteren Lagen sollte abgesehen werden.
Tipp: In diesem Zustand kann man den Teig bis zu 3 Tage gut eingepackt tiefkühlen. Nach dem Rausnehmen benötigt er 12 Stunden zum auftauen.
Letztes Ausrollen
(7) Auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche auf 20-25×110 cm ausrollen. Bei engen Platzverhältnissen auf ca. 60 cm Länge ausrollen, halbieren und beide Teilstücke auf ca 55cm ausrollen.
(8) Wenn der Teig seine endgültige Länge erreicht hat, den Teig vorsichtig von der Platte abheben und wieder hinlegen.
Tipp: 5 Minuten entspannen, bzw. schrumpfen lassen, damit sich die späteren Dreiecke nicht mehr zusammenziehen.
(9) Die obere Längskante des Teigbandes alle 12 cm mit einem Schnitt markieren. Dasselbe, um 6 cm versetzt, an der untern Kante. Von der obern Markierung ausgehend mit dem Messer einen kühnen Diagonalschnitt zur untern Markierung machen. Das gibt, mit Abschnitten, etwa 14-16 Dreiecke.
Croissants rollen
(10) Die Dreiecke so hinlegen, dass die Spitze nach hinten zeigt. An der kurzen Seite des Dreiecks jeweils 1.5 cm lang einschneiden. Leicht auseinander ziehen und mit beiden Händen zur Spitze hin aufrollen. Am Anfang mit leichtem Druck in die Breite stossend.
frisch gerollt
(11) Danach mit grosszügigen Abständen auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen, mit einer Plastikfolie abdecken und bei ca. 25°C auf das Doppelte aufgehen lassen (L.: bei Raumtemperatur im Backofen mit einer flachen Schale mit heissem Wasser ca. 2 Stunden bei 25-27 C gehen lassen)
Tipp: Vorsicht, dass die Temperatur nicht überschritten wird, sonst schmilzt die Butter weg. Zugluft vermeiden.
(12) Danach mit aufgeschlagenem Ei (mit je einer Prise Salz und Zucker versetzt) bestreichen.
Tipp: Pinsel von der Mitte weg nach Aussen bewegen, damit die Teigränder nicht verkleben.
Backen
20 Minuten bei 180°C UL mit Schwaden.
Tipp: die Croissants gegen Ende auf Sicht backen, sie werden schnell dunkel. Bei zwei Blechen gegen Ende die Bleche vertauschen. Türe vorher nicht öffnen.
Im Kurs benutzten wir den Profi-Ofen. Darin werden die Gipfeli einige Minuten bei 85°C beschwadet, anschliessend der Dampf automatisch reduziert und die Gipfeli bei 180°C fertig gebacken. Ich versuchte das zuhause zu imitieren: gut 5 Minuten bei 85°C mit einer heissen, flachen Schale mit 50 ml kochendem Wasser. Danach den Ofen auf 180°C aufheizen und nach Erreichen der Temperatur ca. 15 Minuten fertig backen. Gegen Ende Türe kurz öffnen um den Dampf zu entfernen.
Der Profi-Ofen heizt nach dem Beschwaden automatisch auf
In Paris nahmen wir das tägliche Frühstück in nahegelegenen Boulangerien ein. Meine, nach dem Rezept der Basler Bäckerei Kult, schmeckten mindestens so gut. Eher besser.
Zwischen Rigoletto, Gipfelibacken, Sommernachtstraum, Zahnarzt, Blog und Siegfried lag eine Woche ohne Pflichten. Eine Woche ohne Streiks. Frau H. bestellte kurz entschlossen 2 Bahntickets nach Paris. Ich die Unterkunft in einem hübschen airbnb. Nous allions à Paris. Unvorbereitet. Einfach mal ein bisschen durch die Stadt flanieren. Ohne Zweck und Ziel. Ohne Reiseführer. Ich nenne das auch assoziatives Besichtigen. Schauen, was sich in Paris in den letzten 30 Jahren getan hat. Und das in nur 3 Stunden Fahrzeit ab Basel.
Da unser airbnb in 5 Minuten Gehdistanz zum grössten Friedhof von Paris lag, nutzten wir die ruhige Nachbarschaft, das Grab von Maria Callas aufzusuchen.
In 69’000 Grabstätten liegen hier rund eine Million Menschen begraben. Auf dem bewaldeten Hügel ausserhalb der Stadt liess Napoleon 1803 den Friedhof anlegen. Inzwischen wurde er mehrfach erweitert. Die Behausungen drängen sich dicht an dicht.
Teils wird die Grabesruhe von offenherzigen oder gepanzerten Amazonen bewacht.
Mit einem Dach über dem Kopf wartet es sich leichter auf die Auferstehung.
Nach einer Weile erfolglosen Planlesens und suchenden Umherirrens erbarmte sich Frau H. meiner Fehlsichtigkeit, suchte und fand im Internet eine App., mit der sich die ungefähre Lage des Grabes verorten liess. Ein Urnennischengrab im Columbarium. Nr. 16258. Doch unser Suchlauf rund um den Hof endete bei Nr. 15’000. Erst Fledermäuse (oder waren es Tauben?) brachten uns auf die Spur: Tote mit Nummern zwischen 15000 und 50000 liegen 1-2 Etagen tiefer.
Am 20. September 1977 wurde Maria Callas im Krematorium auf dem Friedhof Père-Lachaise eingeäschert. Ihre Asche wurde 1980 im Ägäischen Meer vor der Insel Skorpios verstreut. Ihre Grabnische im Kolumbarium ist leer, doch wird die Grabplatte noch täglich von Fans besucht.
Auf dem Rückweg besuchten wir das Grab aus dem Jahre 1835 von Vinzenzo Bellini, ich meine den Begründer der romantischen, italienischen Oper, nicht den Cocktail. Die Beisetzung des Komponisten erfolgte 1835 auf dem Friedhof Père-Lachaise. 1876 wurde Bellinis einbalsamierter Leichnam in seine sizilianische Heimat Catania überführt.
Was bleibt sind nicht Tafeln und Denkmäler. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine wunderbare Stimme und einen wunderbaren Komponisten. Und all das, was sie uns zurückgelassen haben. Tonaufnahme 1958 eines Konzertes im Palais Garnier.
Schlicht ergreifend. Wer sich davon nicht ergriffen fühlt, kann sich ja ein anderes Grab im Père Lachaise aussuchen, zB das von Jim Morrison oder der Edith Piaf.
Ein Coq au Vin mit Huhn statt Hahn. Da die heutigen Rassen auf das Eierlegen hin gezüchtet wurden, stehen die Hähne dem modernen Rentabilitätsdenken im Wege und werden als Küken, kaum geschlüpft, wieder ins Vogelparadies zurück spediert. Wobei „spedieren“ eine reichlich euphemistische Umschreibung des tatsächlichen Geschehens ist.
Frau H. entdeckte vor Jahren in den Tiefen des Internet ein alltagstaugliches Rezept, das sie wieder einmal herself kochen wollte: Ein klassisches Schmorhuhn mit Marroni. Mit viel Sauce und Gemüsen und wenig Huhn. Da wir im Jura keinen Marronibrater kennen, mit TK-Marroni. Ein Kompromiss kommt selten allein.
Mit all den Geflügelknochen im Gericht kein „Fine Dining“. Doch so hat man schon zu Zeiten des französischen Königs Henri IV (1553-1610) das Geflügel gegessen. Und für die Knochen gibts ja Schälchen.
Poulet au vin aux marrons
Zutaten
1.2 kg Schweizer Bio-Poulet (ganz, ausgenommen, nicht aus der TK-truhe, in unserm ländlichen COOP gibts keine Bressehühner) Dijonsenf Salz Pfeffer 100 gSpeck (gewürfelt) 3 EL Rapsöl 20 Perlzwiebeln aus dem Glas 150 g Rüebliwürfel, 2cm 150 g Selleriewürfel, 2 cm 2 Knoblauchzehen (gepresst) 1 EL Tomatenpüree 2 frische Lorbeerblätter 3 Zweige Thymian 1 Flasche (7.5 dl) Merlot oder Côte du Rhône 1 dl von meinem Gemüsejus 400 g Bio-Kastanien (geschält, tiefgekühlt)
Zubereitung
(1) Huhn in zwölf (nicht 11, nicht 13) Stücke teilen. Hühnerhaut abziehen (wir haben dafür Abnehmer. Oder im Ofen knusprig braten). Abspülen, abtrocknen, Senf sparsam einmassieren. Mit Salz und Pfeffer würzen. In einem Bräter in 2 Portionen bei mittlerer Hitze in Rapsöl anbraten. Herausnehmen und beiseite stellen. Überschüssiges Öl mit Küchenpapier entfernen. (2) Speckwürfel im Bräter 1-2 Minuten anbraten, Gemüse, Knoblauch, Perlzwiebeln und Kastanien zugeben und mitgehen lassen. Tomatenpüree unterrühren und kurz anrösten. Mit dem Rotwein und dem Gemüsejus auffüllen und auf max. 1/3 einreduzieren. (3) Pouletteile und Kräuter dazugeben. Zugedeckt 20 Minuten leicht simmernd köcheln. Abschmecken mit Salz und Pfeffer.
Während des Schmorens durfte ich die Beilage (hier Kartoffelpüree) zubereiten.
Uns hats geschmeckt, gab uns 3 Mahlzeiten, was will man mehr?
An den Abschlussprüfungen junger Bäcker-Konditoren im Kanton Jura erzielte die damals 18-jährige Amandine Freudiger 2021 den besten Noten-Durchschnitt aller Prüflinge. Damit durfte sie im Finale des interkantonalen Wettbewerbs zwischen den besten Lehrabgängern aller französischsprachigen Kantone und dem Tessin teilnehmen, den sie… wiederum gewann. Seit 2022 präsentiert die junge Konditorin, die in der modernen Bäckerei-Konditorei Parrat in Saignelegier arbeitet, in der sonst eher geschwätzigen Vorabendserie „Amuse-gueule“ des welschen Fernsehens (RTS) einmal pro Woche süsse Gourmandisen.
Schokoladeliebhaberin Frau H. stiess auf die Sendung und bat mich, ihr die choux nachzubacken, was ich mir unter der sympathischen Anleitung durch Amandine durchaus zutraute.
Quelle: Choux au Chocolat (im Video 21:52 anklicken), Deutsche Übersetzung: lamiacucina
Choux craquelin au chocolat
Chouxteig: 55 g Wasser 55 g Milch 1 TL Puderzucker 50 g Butter 50 g Mehl 1 Prise Salz 120 g Vollei 10 g Kakaopulver
Craquelin (Knusperkruste/Crumble): 55 g Butter 70 g Rohrzucker 50 g Mehl 15 g Kakao
Ganache (Crème Chantilly chocolat): 300 g Vollrahm 100 g Couverture 70%
(1) Wasser, Milch, Butter und Zucker aufkochen. Inzwischen die trockenen Bestandteile mischen und im Sturz in die heisse Flüssigkeit rühren und solange kräftig abrühren, bis die Masse eindickt und vom Löffel fällt. (2) Die Masse in die Küchenmaschine geben, die Eier einzeln zugeben und mit dem K-Haken zu einer glänzenden Masse rühren. (3) Masse in einen Spritzbeutel mit grosser Tülle füllen und etwa 3-4 cm grosse choux auf ein mit Backpapier belegtes Bleck spritzen.
Während die Masse unter Punkt (2) gerührt wird, den Craquelin zubereiten: (4) Trockene Zutaten mischen und die weiche Butter homogen unterrühren. Die Masse zwischen Backpapier 3 mm dünn auswallen und während ein paar Minuten im Tiefkühler fest werden lassen. (5) Rondellen in der Grösse der choux ausstechen und die choux-masse damit belegen. (6) im vorgeheizten Ofen während 20-25 Minuten bei 180°C UL [ergänzt] backen.
Während die choux au craquelin backen, die Füllung zubereiten:
(7) Die Hälfte des Rahms aufkochen und nacheinander in drei Teilen auf die Schokolade giessen. Dabei jedesmal rühren, bis die Schokolade völlig emulgiert ist. Danach den restlichen Rahm unterrühren und die Füllung während mind. 3 Stunden im Kühlschrank kalt stellen. (8) anschliessend mit dem Schwingbesen der Küchenmaschine zu einer dicken Creme aufschlagen.
Finish: (9) die choux aufschneiden und die Höhlung mit der Ganache ausspritzen. Deckel schräg aufsetzen.
Da ich die 18 choux nicht aufs Mal wegputzen konnte, füllte ich nur die Hälfte der choux (halbe Menge Ganache). Die andere Hälfte der gebackenen choux nahm ich gut verschlossen und gekühlt mit in den Jura. Nach 2 Tagen im Kühlschrank waren sie jedoch nicht mehr knusprig. Nochmals ab in den Backofen, bis sie wieder knusprig waren, nach Abkühlen aufgeschnitten und mit frisch zubereiteter Ganache gefüllt.
Bewegt man sich vom Freiburger Städtchen Greyerz in Richtung des Berner Oberländer Nobelorts Gstaad, fährt man erst durch das Intyamon-Tal mit lieblichen Talebenen und Waldgebieten. Dann schraubt sich die Strasse höher auf rund 1000m ins waadtländische Pays d’Enhaut, eine charakteristische Voralpen-Landschaft mit Alpweiden, Schluchten, Felswänden und Geröllhalden. [Headerbild: Kirche (11. Jhdt.) und Schloss von Rougemont (1572), ehemaliger Sitz der Berner Landvögte]
Das Grand Chalet in Rossinières, 1756 für einen Käsebaron erbaut. Grösstes Holzhaus der Schweiz.Das Grand Chalet heute, bis 2001 Wohnsitz des Malers Balthus.
In dieser Gegend werden traditionsreiche Käsesorten hergestellt: Im freiburgischen sind es Greyerzerkäse und Vacherin fribourgois, im waadtländischen Pays d’Enhaut der geschmackvolle, noch über Holzfeuer hergestellte Étivazkäse. Dennoch befinden sich die alten Traditionen auf dem Rückzug. Wintersport und Tourismus haben übernommen. Das Geschäft der Real Estate Agenturen ist einträglicher als die Herstellung von Käse.
Real Estate Agencies offer a wide selection of beautiful Chalets (Cow included on demand) Kirche St. Nicolas in Rougemont mit Holzschindeln gedeckt (11. Jhdt.)
Uns interessierten aber weder Käse und Kirchen noch Wintersport und Luxuschalets, sondern die Scherenschnittkunst. Kunst? Volkskunst? Kunsthandwerk? Papierkunst? Definitiv Kunst! Filigrane Papierwelten! Die ursprünglich aus dem Orient stammenden Scherenschnitte sind im alpinen Pays d’Enhaut seit etwa 300 Jahren verwurzelt. Moderne Schnitte (papier découpés, paper cuts) werden im Unterschied zu klassischen Scherenschnitten mit feinsten Messern ausgeschnitten und erlauben daher auch asymmetrisch aufgebaute Bilder.
Das mit einem Neubau erweiterte Heimatkundemuseum in Château-d’Œx dokumentiert in seiner permanenten Ausstellung anhand gesammelter, historischer Gerätschaften und Einrichtungen das Leben von Bauern, Handwerkern und Käsebaronen. Daneben werden einige Papierschnitte gezeigt (das Museum hortet davon Hunderte), die das tägliche Leben in den Bergdörfern zum Thema haben. Scherenschnitte und Ausstellungsobjekte erzählen von einem Alltag in den Bergen, der heute endgültig vorbei ist. In der aktuellen Sonderausstellung von Scherenschnitt Schweiz (die zuvor im Verkehrshaus Luzern gezeigt wurde), werden ausgewählte, zeitgenössische Werke gegenübergestellt, die von Künstlern aus der ganzen Schweiz geschnitten wurden. Hier nur fünf Beispiele (die uns besonders beeindruckten) aus über 70 Werken:
Die sehenswerte Ausstellung in Château-d’Œx ist noch bis 27.02.2023 geöffnet. Die Werke sind urheberrechtlich geschützt. Unten verlinke ich auf die homepages der oben erwähnten Künstler. Da gibt es für Interessierte noch mehr Schnitte zu entdecken.
Es wollte sich einfach nicht mehr ergeben. 3 oder 4 Jahre mag es her sein, dass hier eine richtige Pizza gebacken wurde. Frau H. mag den Boden dünn und knusprig, voll belegt. Ich mag ihn dick, Stichwort Pizzakuchen, jedenfalls mit hohem Rand (alto cornicione) und wenig Belag. Da kann die handwerkliche Übung schon mal verloren gehen. Trotzdem nutze ich die Gelegenheit, einen für uns neuen Belag auszuprobieren. Im Wesentlichen halte ich mich an mein altes Rezept, ergänzt mit etwas Sauerteig, damit der auch wieder mal etwas zu tun kriegt.
3B steht für den Belag: Birne, Balsamicoreduktion und Baumnüsse. Dazu Gorgonzola und Mascarpone. Als Gegenpol zur inhärenten Süsse die leichte Bitterkeit von Radicchiostreifen. Keine Tomatensauce. Kein Mozzarella. Für die Balsamicoreduktion halte ich mich an das bewährte Rezept von Micha (grain de sel) aus dem Jahre 2013.
Pinsa 3B
Teig: Teig (etwa 850g) reicht für 3 Pinse 50 g Weizensauerteig (mein Ferdinand lebt immer noch -seit 2 Jahren) 375 g Weissmehl 75 g Reismehl 25 g Kichererbsenmehl 3 g Frischhefe 3-3.5 dl Wasser 7 g Salz 5 g Olivenöl
Belag: für eine Pinsa 1/3 kleiner Kopf Radicchio rosso, in feine Streifen geschnitten, kurz vor Verwendung mit normalem Aceto balsamico beträufeln und mischen 1/2 feste Birne in Spalten oder Würfel geschnitten einige Baumnusshälften 2-3 EL Gorgonzola dolce, zerbröckelt 2 EL Mascarpone
Balsamicoreduktion: (halbe Mengen angesetzt) 300 ml Aceto Balsamico vom nicht so teuern 250 ml frisch gepresster Orangensaft 50 ml Portwein 2 Zweige Rosmarin 2 Scheiben Ingwer 2 EL kristallisierter Honig
(1) Mehle mischen. Anstellgut zugeben. Hefe im Wasser suspendieren. (2) Hefesuspension zum Mehl geben und sofort etwa 5 Minuten zu einem weichen Teig verkneten. (3) Olivenöl und bei Bedarf weiteres Wasser zugeben. Insgesamt 15 Minuten auf Stufe 1 kneten. 5 Minuten vor Ende das Salz zugeben. Der Teig darf weicher sein als ein üblicher Pizzateig. (4) 30 Minuten ruhen lassen. Alle 10 Minuten den Knetarm für 3-5 Umdrehungen laufen lassen. (5) In eine verschliessbare Plastikdose abfüllen und mind. 24 Stunden im Kühlschrank bei ca. 6°C reifen lassen. (6) 3 h vor dem Backen die Dose auf Raumtemperatur temperieren. Zweimal manuelles stretch und fold, dann den Teig dreiteilen und ovale Kugeln formen. Nochmals 1 Stunde gehen lassen. Auf Weizendunst von Hand oval ausziehen und mit den Birnenwürfeln belegen. (7) Bei 260°C auf vorgeheizten Pizzasteinen ca. 6 Minuten vorbacken. Pinsa auf den Schieber herausziehen und mit Gorgonzola, Mascarpone und Nüssen belegen. Weitere 5 Minuten backen. Vor dem Servieren mit dem mit normalem Aceto Balsamico parfumierten Radicchio bestreuen und mit Balsamico-Reduktion beträufeln.
Balsamicoreduktion: (8) Alle Zutaten in einen Topf geben und bei kleiner Hitze auf etwa ein Drittel zu einer sirupösen Konsistenz reduzieren. (Gelierprobe machen!) In eine saubere, verschliessbare Flasche füllen.
Mit einem Glas meines besten Barolo eine vollwertige Mahlzeit.
Guckt man sich mitten im Winter im Supermarkt um: prallvolle Regale mit Sommergemüsen wie Tomaten, Zucchini, Auberginen, Fenchel, Paprika, Radieschen, Pflück- und Blattsalate, Erbsen, Kefen und Bohnen.
Jurassischer Weiler in Schnee und Nebel
Gucke ich in unsere Gemüsevorräte, sehe ich im Moment nur: Kartoffeln (eigene), Lauch und Karotten. Das wars schon. Rutabaga und Wirsing sind bereits gegessen.
Da unsere Kartoffeln schon zu keimen beginnen, bestimmt die Lagerverwaltung das Menu: Ein Kartoffel-Lauch-Karotten-Curry. Teilweise inspiriert durch ein Curry von Sandro Zinggeler in der aktuellen Schweizer Landliebe.
Winterwonnenwende-Curry
Zutaten und Zubereitung
Hauptmahlzeit für 2 Personen
500 g Kartoffeln (mehlig kochend, L.: Röseler) 1/2 rote Zwiebel (L.: Manchon) 1 Stange Lauch (ca. 150 g) 1 Karotte (ca. 100 g) 1 Knoblauchzehe, fein gehackt 250 ml Kokosmilch 1 Stengel Zitronengras, gequetscht 1 TL Ingwer, geschält, gehackt 1 kleine Chilischote, entkernt 2 Kaffirlimettenblätter 1 TL Curry Anapurna 1 TL Curry Madras 1/2 TL Korianderkörner, zerstossen ca. 3 dl Gemüsebrühe 50 ml Gemüsejus (siehe hier) Salz zum Abschmecken bzw. Garnieren: ca. 1 EL Limettensaft, 1/2 Limettenabrieb, Korianderblätter
(1) Kartoffeln schälen, in 2 cm Stücke schneiden, in Wasser legen, bis alles bereit ist. Zwiebel in Brunoise schneiden. Lauch längs halbieren, waschen und in Weiss und Grün trennen. Lauchweiss in 1 cm Streifen schneiden. Lauchgrün in sehr feine Julienne schneiden. Karotte schälen und in 5 mm Rädchen schneiden (2) Zwiebel, Lauchweiss, Kartoffeln und Karotten in einem grossen Topf in etwas Olivenöl andünsten. Restliche Zutaten der Reihe nach bis und mit Salz zugeben, verrühren und auf kleiner Hitze ca. 20-25 Minuten köcheln. (3) Am Schluss die 2/3 des feinen Lauchgrün untermischen, mit Limettenabrieb und -saft abschmecken, Korianderblättchen und das restliche Lauchgrün aufstreuen.
Mein Gemüsejus färbt das Curry ziemlich dunkel. Vielleicht sinnbildlich für den tiefen Geschmack. Zitronengras, Limetten, Kaffirlimettenblätter und die Korianderblätter wachsen nicht im winterlichen Jura. Die holte ich mir im oben geschmähten, sommerlich bestückten Supermarkt in der Stadt.
Anstelle der bei mir für Curry notorischen, trockenen Rieslinge oder Sauvignon blanc habe ich dazu einen Chardonnay (2019 Réserve) vom deutschen Weingut Knewitz aus dem Welzbachtal geöffnet. Das liegt gemäss google irgendwo in Rheinhessen. Für mich eine Entdeckung: ein grossartiger Chardonnay, der es mit Premier Crus aus Meursault, die das Doppelte oder Dreifache kosten, locker aufnimmt. Frische Fruchtaromatik, cremiger Schmelz, mineralisch, nussig mit gut eingebundener Röstaromatik von den Barriques, langanhaltend. Wobei…. spottbillig ist er ja auch nicht, kann ein Wein dieser Güte nicht sein. Aber seinen Preis wert.
Das Angebot war verlockend: Individuelle Beratung und Probewohnen in einer Seniorenresidenz (woher kennen die mein Alter?) mit professioneller Betreuung und Pflege, massgeschneiderten Dienstleistungen und täglichem 4-Gang Gourmet-Menu. Salatbuffet, Suppe, Hauptgericht und Dessert. Inbegriffen die Weinberatung und freier Zugang zu der Residenz-eigenen Lounge im Fussballstadion des FC Basel. Schade, dass mich Fussball nicht interessiert. Stünde die Lounge im Opernhaus, wäre ich vielleicht schwach geworden. Weinberatung benötige ich keine und eine Gourmetwürdige, tägliche Hauptmahlzeit bringe ich vorderhand noch ohne fremde Hilfe auf den Tisch. Wenn das eines Tages nicht mehr gehen wird, lasse ich mich über ein Probewohnen mit Salatbuffet und integrierter Weinberatung ansprechen. Heftiger Einspruch von Frau H..
Für das heutige Rezept wurde ich von einer Idee von Gino Miodragovic (gefunden in Gault Millau CH) inspiriert. Ein hoch talentierter, junger Koch der u.a. im Schloss bei Andreas Caminada, im Igniv in St. Moritz, bei Sergio Herman in Holland und bei Nenad Mlinarevic arbeitete. Aus den im Originalrezept verwendeten Cashewkernen machte ich kurzerhand Erdnüsse, die wachsen zwar auch nicht in der Region, aber davon hatte ich an Weihnachten versehentlich zuviel eingekauft und wer ausser Erdnussmotten und Fern-Sehern ist nach Weihnachten noch an Erdnüssen interessiert? Die Mengenangaben sind unserem Appetit angepasst.
Rosenkohl mit Erdnusscreme und Zwiebelvinaigrette
Hauptmahlzeit für 2 Personen
Zutaten
Rosenkohl: 250 g Rosenkohl , geputzt und halbiert 25 g Oliven , entsteint, halbiert 2 g Salz schwarzer Pfeffer
Erdnuss-Creme: 150 g Erdnüsse, geschält ca. 100 ml Wasser 1 kleine Knoblauchzehe 4 g Salz 10-15 g Apfel-Balsam-Essig
Zwiebel-Vinaigrette: 100 g rote Zwiebeln (L.: Manchon) in Brunoise gewürfelt 30 g Wasser 20 g normaler Apfelessig 1 g Salz 2 g Zucker Prise Bio-Gemüseextrakt 3 EL Olivenöl
Meerrettich, frisch gerieben ein paar Erdnüsschen
Zubereitung
(1) Erdnusskerne mit Wasser, Knoblauch, Salz und Apfelbalsam zu einer feinen Crème mixen. (2) Zwiebeln in Wasser, Apfelessig, Salz, Zucker und Gemüseextrakt aufkochen, vom Feuer ziehen und ca. 10 Minuten stehen lassen. Sobald die Zwiebel-Vinaigrette lauwarm abgekühlt ist, das Olivenöl untermischen. (3) Rosenkohl mit den Oliven mischen und mit Salz und Pfeffer würzen. Im auf 220°C vorgeheizten Ofen (UL) für 6-8 Minuten anrösten. Der Rosenkohl wird und muss noch leicht knackig sein.
Anrichten: Die Erdnusscreme auf die Teller streichen, Rosenkohl darauf legen, die Zwiebelvinaigrette darüber geben. Frischen Meerrettich über das Gericht reiben. Dazu ein par Erdnüsschen.
Ein Rezept, das von mir den Bistro-Status kriegt. Ob es uns schmeckte, kann im Eingangsbild abgelesen werden. Beim nächsten Mal würde ich jedoch etwas weniger Erdnusscreme unterlegen.
Mit meinem Teller in Gelb rufe ich als Erster, knapp vor Monatsende, den Yellow January aus. Im Unterschied zu den sattsam propagierten Red January, Dry January, Veganuary und Januhairy wo es hauptsächlich um Verzicht, Genussverhinderung, Kasteiung oder Weglassen geht, wird bei @yellowjanuary nichts verhindert. Alles ist erlaubt, wenn es nur gelb aussieht. Bei mir gelbe Wintergemüse, gelber Jurawein und gelber Safran. Eine Beilage ohne chichi, an der man sich (jedenfalls wir uns) notfalls sattessen kann. Noch besser, wenn ich uns dazu ein golden gebratenes Stück Fleisch gegönnt hätte. Leider keins im Haus. Ausdauer ist gefragt. Ich arbeite daran.
1 Pfälzerrübe 1 gelbe Navet Boule d’or 1 gelbe Rande 20 g Butter 2 EL Olivenöl 1.5 dl Jurawein (Savagnin, Vin jaune) ca. 12 Safranfäden Fleur de Sel, weisser Pfeffer wenig Zitronensaft wenig Orangensaft
(1) Gemüse (total etwa 250 g) rüsten und in Rauten schneiden, die Rande etwas kleiner, da sie eine längere Garzeit hat. (2) Gemüse in Butter anziehen, Olivenöl und wenig heisses Wasser zugeben und bissfest dünsten. Würzen. (3) Jurawein und Safranfäden zugeben und etwas einkochen, bis die Glaçage bindet. (4) mit wenig Zitronensaft, etwas Orangensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.
Danach ein paar Schritte im frisch gefallenen Juraschnee. Selbstverständlich in passenden Schuhen. Gelb verbreitet eine positive Stimmung, macht fröhlich und beschwingt, wenn nicht gar übermütig. Oder bewirkt noch Schlimmeres. m.a.W.: Der Hausumbau ist abgeschlossen. Ich habe endlich wieder mehr Zeit zum Kochen und Anderes.
Castelmagno, einer der bekanntesten Käse im Piemont. Seit dem 13. Jahrhundert hergestellt. Castelmagno war im 19. Jahrhundert unbestrittener König der italienischen Käsesorten; die Nachfrage war in ganz Europa gross. Durch die beiden Weltkriege geriet er jedoch beinahe in Vergessenheit. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde er wiederbelebt. Seit 1992 besitzt er DOC-Status, seit 1996 das DOP-Siegel.
Da hier nur schwer erhältlich, konnte ich ihn bislang noch nie probieren. In Alba kauften wir uns je ein Stück jungen (ca. 5 Monate) sowie gereiften Käse aus dem Vorjahr. Beides Alpkäse „alpeggio“ der ausschliesslich im Sommer hergestellt wird. Zu einer Zeit, in der die Kühe Kräuter und Blumen der Alpwiesen fressen. Der in den Sommermonaten hergestellte „alpeggio“ ist teurer als der gewöhnliche Bergkäse, der eigentlich ein Talkäse ist, weil er zwischen Oktober und Mai im Tal hergestellt wird. Er ist zylindrisch, hat ein Gewicht von 2-7 kg, der Teig ist hellgelb, die Rinde hellbraun bis grau, rau, von Edelschimmel überzogen. Auffallend ist seine eigenartige Konsistenz: der junge Käse war extrem bröselig und liess sich von Hand zerbröseln. Ich vermute, dass das mit der besonderen Reifung zusammenhängt: der Käsebruch wird nach dem Pressen und Abtropfen nicht direkt verformt, sondern reift für 4 Tage In der Molke, um danach nochmals gebrochen und erst dann geformt zu werden. Jung schmeckt er nach Quark, nach Reifung herzhaft würzig. Unser alter Castelmagno war steinhart und eignet sich eher als Reibkäse.
Ganz im Sinne von Olaf S. verarbeite ich meinen jungen Castelmagno mit einem „Doppelwumms“ zu einem einzigen Gericht. Gefüllte Zwiebeln mit einer Fonduta aus Castelmagno. Weil der Mensch von Zwiebeln allein nicht leben kann, gibts dazu einen Kürbis-Risotto mit, wen wunderts… ja Castelmagno Reibkäse.
Kürbis-Risotto 200 g Kürbis (Bleu de Hongrie), grob gewürfelt 50 g Kürbis, fein gewürfelt 1 kleine Zwiebel gehackt 20 g Butter 150 g Carnarolireis 50 ml Weisswein 5 dl heisse Gemüsebrühe (aus Biowürfel) 1 TL Jamaikapfeffer, gemörsert Meersalz 25 g Castelmagno, jung, fein gerieben 15 g Butter
Zubereitung
Text ging verloren, wurde nachgereicht am 20.01.2023. Entschuldigung und Danke für die Meldungen.
(1) Käse reiben. Über Nacht im Kühlschrank in der Milch einlegen. (2) Zwiebeln gewaschen und geschält im Dampfgarer mit den Lorbeerblättern 3-5 Minuten bei 100°C angaren. Das Innere muss nicht gar sein. Die Aussenwand, die zuerst gar wird, sollte noch fest und stabil sein. (3) Abkühlen lassen, im obern Drittel einen Deckel abschneiden und mit einer spitzen Gabel, Pinzette und spitzem Messer die innern Zwiebel-Schichten vorsichtig herauslösen oder -schneiden. Der Boden darf aber nicht angeschnitten sein. Die Höhlung würzen. (4) Die Hälfte der ausgehöhltem Zwiebelmasse fein hacken und würzen. Je nach Garungszustand muss die Masse in einem Pfännchen noch kurz nachgegart werden.
(5) Die Zwiebelfonduta in einem bain-marie (etwa 70°C) zubereiten: Käse in der Milch mit dem Rahm unter Rühren mit einem Holzlöffel langsam, langsam zum Schmelzen bringen. Stärke, Knoblauch und Gewürze beifügen. Temperatur auf etwa 90°C bringen. (6) Unter Rühren das Eigelb zugeben, die Masse soll andicken, dann abschmecken. (7) die Zwiebelmasse in die Fonduta einrühren. (8) Die ausgehöhlten Zwiebeln in eine feuerfeste Form geben, mit der Zwiebelfonduta füllen, der verbliebene Rest an Zwiebelschichten dazulegen und im auf 220°C vorgeheizten Ofen 10 Minuten überbacken und auf dem Risotto servieren.
Der Kürbisrisotto versteht sich von selbst, Nach klassischem Rezept.
Damit es wieder einmal gesagt ist: Das ist keine Werbung. Ich zahle meine Einkäufe von meiner Altersrente. Ich kriege für meine Blogbeiträge nichts, zahle sogar dafür, dass keine Reklame aufpoppt, will auch nichts, will mit niemandem Kooperationen eingehen, diesbezügliche Anfragen beantworte ich schon seit Jahren nicht mehr.
Die angedrohte Strommangellage lässt uns kalt bzw. warm. Soll sich Finsternis über das Land senken, die Gefriertruhen auftauen und das Internet für Wochen in einem schwarzen Loch versinken: wir drehen dem Kremlherrscher eine lange Nase, lassen das elektrische, mit Teflon beschichtete Bretzeleisen im Schrank und nutzen das zu Heizzwecken ohnehin lodernde Holzfeuer zum Backen und Kochen. Im Küchenfundes der Frau H. fand sich ein altes Berner Bretzeleisen aus dem 19. Jahrhundert samt zugehörigem Drehsockel mit Herdlochabdeckung.
Das Rezept ist klassisch einfach und stammt aus dem alten Berner Kochbuch. Im Unterschied zu den feineren und dünneren Bricelets sind die Emmentaler Bretzeli dicker, rustikaler. Für die zum Backen verwendete Fettabtropfunterlage wäre allenfalls die „Berner Zeitung“ dem „Le Quotidien Jurassien“ vorzuziehen, die Zeitung ist jedoch für den Geschmack der Bretzeli von untergeordneter Bedeutung.
Emmentaler Bretzeli
Zutaten und Zubereitung
125 g frische Butter 125 g Zucker 2 Eier 250 g Weissmehl Zitronenabrieb einer halben Zitrone Prise Salz
(1) weiche Butter mit dem Zucker schaumig rühren. Eier einzeln zugeben und zu einer glatten Masse rühren. Mehl und restliche Zutaten unterziehen. Teig zwischen Backpapier zu einer 3 cm dicken Rolle rollen und mind. 3 Stunden kalt stellen. (2) Kräftiges Feuer entfachen, Drehsockel und Herdlochabdeckung aufsetzen.
(3) Bretzeleisen beidseitig gut vorheizen, die Relief-Felder mit neutralem Öl einfetten. (4) Fortlaufend nach Bedarf 10 g schwere Rädchen von der Rolle schneiden (Teig muss kalt bleiben), mittig auf die 10 cm grossen Relief-Felder legen, Eisen sofort zusammenklappen und hell bis goldbraun backen. Je nach Hitze 10-20 Sekunden pro Seite, dann drehen. (5) Mit einem Spachtel vom heissen Eisen lösen und auf einem Gitter erkalten lassen. Nach vollständigem Auskühlen in einer gut schliessenden Dose aufbewahren.
Die patriotischen Bilder auf den 8 Relief-Feldern des Eisens (u.a. Wilhelm Tell, Helvetia, Schweizer Kreuz, Edelweiss und Storch) untermalen den Ernst der Mangellage. Während im Osten die Kanonen donnern, freuen wir uns ob der warmen Küche und den gelungenen Guetzli. Freuen wir uns am Leben, trotz aller Unzulänglichkeiten. Darin liegt unsere Hoffnung.
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