Fleischkurs (4) Glacieren: Ganze Kalbshaxe an Weissweinjus

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Fertig

Wenn hintereinander acht Fleischgerichte serviert werden, gibts nicht zu jedem Gericht eine Beilage. Was einem an einer hübschen Beilage fehlt, merkt man erst, wenn man nacktes Fleisch fotografieren muss 🙂
Doch zurück zu dem bei Lucas Rosenblatt besuchten Fleischkurs. Er unterscheidet bei den feuchten Garmethoden von Fleisch zwischen:

Sieden
Dünsten
Pochieren
Glacieren und
Schmoren

Unter Pochieren versteht man das garziehen in Flüssigkeit bei niedrigen Temperaturen. Meist im Wasserbad.
Direktes pochieren bedeutet, das Gargut direkt in der Flüssigkeit bei ca. 80° C zu garen. Indirektes pochieren heisst, dass das Gargut in einer Hülle, meist in Folie eingesiegelt, in der Flüssigkeit gart. Im Kurs haben wir dafür kein Beispiel gekocht.

Glacieren ist eine kombinierte Methode, die vor allem bei hellem Fleisch wie Kalb, Gitzi, Kaninchen oder Schwein angewandt wird. Dabei wird das Fleisch in Fett angebraten, bis es Farbe angenommen hat. Danach wird mit Flüssigkeit abgelöscht und das Fleisch durch fleissiges Übergiessen mit der Sauce (Glace) überzogen, überglänzt, kurz: glaciert. Das Glacieren bewahrt das Gargut vor dem Austrocknen. Grundlage jeder Glace ist die stark eingekochte, sirupartige Garflüssigkeit.

Zutaten
1 ganze Kalbshaxe vom Stotzen, ca. 1.2 kg
3 Zweige Rosmarin
3 Zweige Thymian
1 Tlf. Meersalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
4 kleine, geschnittene Tomaten
2 geschälte Karotten
50 g Sellerie
8 Stück geschälte Schalotten
2 dl Weisswein
4 geschälte, angequetschte Knoblauchzehen
3 dl klarer Kalbs- oder Geflügelfond
fein geriebene Zitronenschale von 1+1/4 Frucht
1 Tlf. getrockneter Majoran
1 Bund gehackte Petersilie

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gespickt, ungebraten

Zubereitung
(1) Die Kalbshaxe mit dem Thymian und Rosmarin spicken. Am Besten geht das, wenn man mit einer Spicknadel nahe der Fleischoberfläche vom Haxen durchsticht, das Loch mit der Nadel etwas ausweitet und die Kräuter durchzieht. Danach mit Salz und Pfeffer einreiben.
(2) Tomaten, Karotten und Sellerie in gleichgrosse, 5 mm grosse Würfel schneiden, die Schalotten halbieren.
(3) Einen Bräter mit wenig Olivenöl erwärmen und die Haxe rundherum anbraten. Die Tomaten zugeben und zusammen mit der Haxe schmoren, bis die Flüssigkeit der Tomaten verdampft ist. Das restliche Gemüse zugeben und 10 Minuten mitrösten.
(4) Mit Weisswein und Bratenjus den Fond ablöschen. Die Haxe bei 180°C ca. 1.5 Stunden schmoren. Während dieser Zeit die Haxe etwa alle 5 Minuten (so hab ichs gemacht, bin halt ein Fleissiger) mit dem Bratenjus begiessen.
(5) Die weichgeschmorte Haxe aus dem Bratenfond heben und in einer Gratinplatte im ausgeschalteten Ofen warm stellen. Den Bratenjus in eine Saucenpfanne umschütten und zur gewünschten Konsisten einkochen. Den Bratenjus vor dem Servieren durch ein feines Sieb passieren und mit gehackter Zitronenschale und den gehackten Kräutern vermischen.

Bislang habe ich meine Kalbshaxen immer geschmort.

Stinco di vitello al Barolo

Osso buco milanese all’autunno

Kalbshaxenscheiben an Orangensauce mit Chermoula

Glacieren ist eine gute Alternative dazu.

21 Kommentare zu „Fleischkurs (4) Glacieren: Ganze Kalbshaxe an Weissweinjus“

  1. Es scheint mir, es sei „nur“ eine gute alternative, als habe es dich nicht restlos überzeugt? Was ist denn der unterschied beim endprodukt? Ist es mürber, zarter, saftiger als beim schmoren?

  2. Ich stelle mir gerade vor, wie ich die örtlichen Metzgereien in Aufruhr versetze, weil ich ne ganze Kalbshaxe haben will. Kalbfleisch ist ohnehin nicht ganz einfach zu bekommen. Aber die Haxen werden grundsätzlich in Scheiben angeboten, weil doch offensichtlich eine ganze Menge Leute Osso Buco kochen.

  3. Die Kalbshaxen sind bei uns längs halbiert, sprich der Knochen der Länge nach durchgesägt. Mir wäre Oso bucco auch lieber, würde aber Dein Gericht nicht von der Tellerkante schubsen! 😉

  4. Wie ich zu allem mit Knochen steh‘, ist ja bekannt und bisher hab ich mich konstant geweigert eine Haxe zuzubereiten…..aber deine sieht gar nicht so schlimm aus; mal gucken, ob ich irgendwo eine Kalbshaxe ergattern kann…damit könnte ich jemanden sehr erfreuen und ich kann mich ja dann an die Beilagen halten! 😉

  5. Wenn ich das so lese merke ich, dass ich schon mehr glaciert habe, als mir bewusst war. 🙂

    Was bedeutet „vom Stotzen“?
    Bei uns ist Kalbshaxe kein Problem in der Beschaffung. Meistens kommt sie am Stück, kleine Metzgerfilialen haben oft keine Säge und können sie dann nicht schneiden. So bin schon öfters ungeplant zu einer ganzen Haxe gekommen.
    Gespickt sieht sie wunderschön aus!

  6. Mir geht´s wie Arthurs Tochter, ich hab´ schon oft glaciert ohne es zu wissen. Wer oder was ist „Gitzi“?

  7. @Sivie: das Foto war schöner, aber geschmacklich war an dieser Kalbshaxe nichts auszusetzen.

    @gourmeur: bei fleissigem Übergiessen sind Unterschiede im Geschmack nicht auszumachen. Sofern man das bei unterschiedlichen Stücken, zu unterschiedlichen Daten zubereitet, überhaupt unterscheiden kann.

    @Rosa: weich und zart war es.

    @barcalex: wenn ich mal Zeit habe, will ich das zu Hause nochmals machen, mit Beilage.

    @Freundin: „fare venire l’acquolina in bocca a qcn.“ Wieder ein neues Wort gelernt 🙂

    @nata: wenn die Metzgereien eine Kalbshaxe in Scheiben schneiden können, könnten sie sie doch auch gleich in 30 cm Stücke sägen. Ach diese Unbeweglichkeit. Können wir nicht, haben wir nicht, kennen wir nicht.

    @Peter: längs halbiert trifft man sie bei uns eher in Restaurants an.

    @Hunk: mit einem schmalen, langen Konfitüren- Löffel (wir nennen ihn den langen Lulatsch)

    @Eva: kein Edelstück ist so saftig wie die Kalshaxe !!

    @Arthurs Tochter: Stotzen sind die Hinterbeine. Vom obern Teil wird das Eckstück und die Hinterspälte geschnitten, bzw. vom Oberschenkel die Haxe.

    @Elisabeth: Morgen gibts wieder Gemüse 🙂

    @Claus: junge Geiss. Ein Gitzibart ist hingegen ein männlicher Bart wie ihn die Ziegen tragen.

  8. Ich war viel zu lange nicht mehr hier. In Sachen Fleisch muss ich noch so einiges lernen. Und hier bin ich genau richtig 🙂

  9. Vor einem halben Jahr habe ich nach einem Poletto-Rezept eine Kalbshaxe zubereitet und war anschließend ganz unglücklich (zuviel Zitrone). Sobald sich die Familie wieder ankündigt, wird nun geschmort und glaciert.

  10. Mir ist noch nie eine Kalbshaxe so gelungen, dass ich mit dem Ergebnis richtig zufrieden war. Ob gebraten, geschmort oder glaciert. Meist war sowohl Konsistenz als auch Fleischgeschmack (trotz Bio) nicht so, wie ich wollte. Mein bisher unerreichtes Vorbild: eine bayrische Kalbshaxe in einem Biergarten in der Münchner Umgebung.

  11. Uf d‘ Idee vom Spigge von‘ ere ganze Haxe wär‘ i jetzt no nie ko. Scho wiider ebbis derzue glehrt. Dangge !
    „Kalbs“-Guet seht si us. Mit eme Stiggli Brot und ei, zwai Glas Roote derzue isch dr Chessel gfliggt.

  12. @Alex: ob Du bei mir richtig bist ? ich esse gerne Fleisch, aber nicht so häufig, und meist dasselbe.

    @Susa: nur nicht aufgeben wegen zuviel Zitrone, das kann man beheben 😉

    @Eline: vielleicht haben wir unterschiedliche Ansprüche und Messlatten, ich bin mit meinen Versuchen bislang meist zufrieden gewesen. Kalbshaxe ist ein köstliches Stück Fleisch.

    @Basler Dybli: eigentlich hast Du recht. Wozu braucht das eine Beilage ?

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