
Die „neue Genügsamkeit“ greift um sich. Am Essen soll gespart werden. Bitte sehr, nach Ihnen. Trotzdem können wir uns solchen Megatrends nicht ganz entziehen. Hier schon mal ein Vorschlag, wie mittellose Banker ihre Auslagen für Fleisch massiv nach unten korrigieren können: Wienerschnitzel aus dünnst (2-3 mm dick) geschnittenem Kalbfleisch, wie es jetzt in der Schweiz zur Weihnachtszeit überall in Aktionen für die Zubereitung von Fondue chinoise angeboten wird. Jede dritte Schweizer Familie isst Fondue chinoise zu Weihnachten, ein weiteres Fanal für den baldigen Untergang des kulinarischen Abendlandes. Das Fleisch wird vom Metzger in gefrorenem Zustand quer zur Faser (drum ist es zart) fein aufgeschnitten und gerollt. Nach dem Auftauen wird es normal paniert und ausgebacken. Zu den 2 mm Fleisch kommen dadurch beidseitig je 3 mm (oder mehr) Panüre hinzu. Resultat: ein 8 mm dickes Schnitzel, knusprig durch und durch, garantiert ein toller kalter snack für Silvester. Fleischliebhaber werden das saftige Innere eines echten Wienerschnitzels vermissen. Panürenliebhaber (wie wir) schätzen die in Fülle vorhandene Hülle. Und Silvestergästen sind solche Details eh wurst…solange es noch welche hat.
Zutaten
für 2 Personen, ich habe daraus eine Vollmahlzeit gemacht
200 g Kalbfleisch für Fondue chinoise, ca. 2-3 mm dick geschnitten
2 kleine Eier
Abrieb einer halben Biozitrone
doppelgriffiges Mehl
viel selbstgemachte Brotbrösel, kein Paniermehl
Pfeffer, Salz
Bratbutter
Zubereitung
(1) Fleischröllchen im Kühlschrank langsam auftauen, zwischen Küchenpapier trocknen, bemehlen, abklopfen und in der mit Zitronenabrieb und Pfeffer gewürzten, geschlagenen Eimasse wenden, abtropfen und in den Bröseln wenden. Brösel sanft andrücken.
(2) Sofort in reichlich heisser Bratbutter ausbacken. Jede Seite 1-2 Minuten, bis sie goldgelb-braune Bäcklein haben. Mit der Schaufel wenn nötig flachhalten. Bei Halbzeit wenden, nicht mit Butter übergiessen, die Panüre soll nicht soufflieren.
(3) Herausnehmen, auf Küchenpapier abtropfen, salzen und auf einem Kuchengitter erkalten lassen oder im auf 80°C vorgeheizten Ofen warmhalten. Die Schnitzel dürfen nicht aufeinanderliegen, sonst bleibt die Panüre nicht knusprig.

Dazu gab es jungen Mangold, geputzt, 3 Minuten blanchiert, ausgedrückt. In Olivenöl erst 2 feingeschnittene Knoblauchzehen hellbraun angebraten, dann den Mangold hinzugegeben und 3-5 Minuten mitgebraten. Salzen, Pfeffern.
Weitere Verballhornungen des Wienerschnitzels:
Zum Thema „fette Jahre“ hier der link zu einer lesenwerten Glosse von Claudio.
Manchmal ist die Verpackung (hier: Panade) halt die Hauptsache.
Wir haben sie immer so dünn geschnitten (aus der Kalbslende) im Gefrierschrank! Ein feines Essen! Wir lieben es!
Yummy! Das sieht toll aus!
Cheers,
Rosa
Lecker! Esse ich immer, wenn ich Frankreich gen Osten verlasse, zu Hause mache ich es selten….
Noch nie gemacht, denn Kalbfleisch ist hier äußerst schwierig zu bekommen und mit „dünn schneiden“ tun sich die Metzger (hier Schlachter genannt) in allem (auch mit Wurst) sehr schwer – leider, denn ich kenne es von früher auch anders = dünner, feiner! Mir hätte es bei euch daher sehr gut geschmeckt!
Jaja, genau richtig für die Banker – sehe ich doch kleine Edelsteine auf der Panier im ersten Bild 😉
Don’t call it Schnitzel :o)
Sieht sehr lecker aus!
so, und darüber breiten wir jetzt lieber den mantel des schweigens 😉
Und wie würde man die Fleischscheiben für Fondue verwenden, am Spieß in die Brühe halten??
Da gefällt mir diese Zubereitung besser…
Aaaaaalso – ich weiß jetzt gar nicht, ob ich überhaupt anfangen soll und das Wiener Schnitzel erklären soll. 😀
– Das Wiener Schnitzel vom Kalb wird aus der Schale, das ist der Schlögel geschnitten. Ob das Schnitzel ganz dünn geschnitten wird (= Bröselfetzen), oder etwas dicker ist Geschmackssache. 2mm sind auf jeden Fall für mich zu dünn. Hände weg von dem Fonduefleisch. Schon alleine weil die Form des Schnitzels aussieht, als wäre es aus der Zeitung geschnitten worden.
– Zitronenabrieb hat auf einem Wiener Schnitzel nichts verloren. Es ist üblich zum fertigen Schnitzel eine halbe Zitrone zu legen, weil einige den Saft darüber träufeln. Ich mag das nicht. Dafür darf man – muss man! das Schnitzel vorher salzen. Im Nachhinein wenn die Salzkörner auf der Panier liegen, heißt das einfach nichts, weil ja das Fleisch gschmackig sein soll, wenn man hineinbeißt und nicht die Salzkörner zuerst auf die Zunge fallen und dann erst der Schnitzelgenuss die Papillen rührt.
– In die Eimasse geben einige zwei Löffeln geschlagenes Schlagobers dazu, weil das die Panier noch leichter macht.
– Brösel dürfen NICHT angedrückt werden. Man darf das Schnitzel lediglich darin wenden und es nimmt so viel Brösel auf, wie bei der Aktion eben picken bleiben.
– Echte Schnitzel werden in Schweinsschmalz rausgebacken und in sonst gar nichts. Wer kein Schweinsschmalz zu Hause hat, oder Angst hat, sein Darm rebelliert, der nimmt geschmackloses Öl. Wo ich sonst der Butterschmalzverfechter bin, hat es bei Gebackenem nichts verloren. Man kann Butterschmalz nicht so hoch erhitzen.
Die Schnitzerl werden schwimmend herausgebacken, auf Küchenrolle gelegt und sofort serviert.
Schnitzel müssen à la minute paniert und herausgebacken werden. Wird nicht frisch paniert, wird die Panier letschert und löst sich vom Fleisch. Lediglich, so wie du schreibst einzeln ins Backrohr legen, um sie für kurze Zeit warm zu halten.
Und wie seinerzeit schon Qualtinger bei Travnicek sagte, zum Schnitzl gehört a „Erdapflsalat“. Und das wäre dann die nächste Wissenschaft, wie man einen österr. Erdäpfelsalat zubereitet. 🙂
So, jetzt ist mir leichter. :-DD
(Ich mach mich glaube ich unbeliebt. Aber was ein Wiener ist, ist ein Wiener – da lass ich nicht mit mir verhandeln.)
Witzig: Wir liebäugeln tatsächlich mit einem schlanken Heiligabendmenu, anstatt einer andächtigen Orgie. Geht es nach den Kindern, gibt es – Wiener Schnitzel! Zur Unkultur von Fondue Chinoise gab es kürzlich in der NZZaS einen schönen Artikel, hast du den gelesen?
Fröhliche Weihnacht allerseits!
Schon erstaunlich, was die „neue Genügsamkeit“ für Blüten treibt. Für mich wäre das trotzdem nichts. Dem Megatrend könnte ich mich leicht entziehen, da mich die Fleischscheiben optisch nicht ansprechen (sehen eher wie gepresster Schinken aus und wären mir, auch als Wenig-Fleischesser, zuuu dünn) und ich kein Liebhaber dicker Panade bin. Aber so ist es halt mit den Geschmäckern.
@entegutallesgut: danke für den ausführlichen Bericht, dem ich voll zustimme, auch wenn ich keine Wienerin bin. Ab und zu mache ich mir ein Wiener Schnitzel, wenn es beim Metzger Kalbfleisch aus der Oberschale gibt (relativ selten der Fall). Ich nehme es allerdings nur, wenn es mit der Maschine geschnitten wird; per Hand bekommen die Verkäuferinnen das nicht so gut hin und auf Bröselfetzen kann ich verzichten.
Als Liebhaber von leckeren Panaden schneide ich mir vom Metzgerschinken gerne 2-4 mm dicke Scheiben und brate sie paniert in Butterschmalz.
Dazu gehört dann aber frischer Spargel.
Ansonsten muß ich durch den Schinken hindurch sehen können, belege das Brot dann aber fünffach …
*freu* Danke für die Ehre, WIENER Schnitzerl… 🙂 ich ess zwar kein Kalbfleisch, krieg das aber mit Henderl bestimmt auch hin, nicht wahr? Und so wie du sagst, ich hab eh immer die Hülle am liebsten gehabt, immer schon… 🙂 Sehr, sehr lecker 🙂
unüblich spät komme ich zum Antworten: wir waren den ganzen Tag in der schönen Stadt Bern, Sonnenschein, haben uns wie Touristen in den Ferien herumtreiben lassen und ein Kilo Baslerbrot eingekauft.
@mipi: Davon leben ganze Marketingabteilungen.
@Nathalie: Ihr esst eben gerne gut 🙂
@Rosa: wie Schnitzel halt so aussehen.
@Bolli: kann ich jeden Tag essen.
@Eva: ich höre die Klagen oft von dort oben, verstehe sie aber immer noch nicht.
@the rufus: in Mailand habe ich schon schwarzen Reis blattvergoldet gegessen, hier bei uns gibts sowas nur mit Industriediamanten.
@steph: ich habe da keine Hemmungen 🙂
@katha: der „Mantel des Schweigens“ genau richtig, schweigen und geniessen, und wenn es zieht, Mantel überziehen.
@sammelhamster: Fondue chinoise wird mit der Fonduegabel gegessen, und danach in eines von 15-25 gekauften Fertigsösschen gedippt.
@entegut: Respekt, Dein Kommentar könnte aus einem Antrag an die Europäische Union zur Unterschutzstellung des echten Wienerschnitzels unter die AOC-Normen entnommen sein 🙂
mein Beitrag war deklariert „Wiener Schnitzel als Knuspergebäck“. Damit handelte ich mir die Narrenfreiheit ein, das Schnitzel etwas zu verändern. Etwa wie der Wiener Schauspieler Hans Moser, der in einem seiner Filme als weisser Schwan in Tschaikowskis Ballet auftritt.
Was das Wienerschnitzel betrifft, magst Du in allem Recht haben. Müsste ich ein Kochbuch schreiben, wäre trotzdem mein verballhorntes Schnitzel drin, vielleicht mit Anführungszeichen, hauchdünn, aus dem runden faux-filet, mit Zitronenabrieb, in Butterschmalz gebraten, Panüre angedrückt, nicht souffliert, nachträglich gesalzen. Wir Schweizer sind ein stures Volk und ich noch sturer als der Durchschnitt. Jawoll. Und ich garantiere: meine Schnitzelchen auf einem Silvesterbuffet sind als erste weg, von Hand gegessen.
@Claudio: ja, drum hab ich das Fleisch verschnitzelt.
@Charlotte: ich verstehe Dich voll. Wiener Schnitzel ist Wiener Schnitzel.
@Christel: das machen wir mit geräuchtem Schinkenscheiben auch so gerne.
@Elisabeth: Mit Hendln kenne ich mich zuwenig aus, kriegt man die denn so feingeschnitten hin ??
bääääh :-DD
Aber nicht, wenn Ente mit einem Konkurrenzschnitzel am Silvester auftritt und ich kein Redeverbot habe. Ich bin nämlich auch stur! 🙂
Rötötötöööö, rollen wir den Bröselteppich in der EU auf!
Uh, was muß ich da erblicken. Bröselteppiche aus Chinoiseplätzchen? Da würde sich mein Lehrherr im Grabe umdrehen. Nun, er hat mir damals schon von Paniertem in Sauce liegend erzählt und dabei fürchterliche Grimassen geschnitten. Die sind ihm geblieben.
Ich werde es mal ausprobieren und dir dann berichten, ja? *knusper*
Köstlich – die Diskussion. Die chinesischen Fondueschnitzel? Weiß ich nicht. Mein Bröselgatte würde sie mögen, der hätte am liebsten Panade pur. Mir wäre da wohl auch zu wenig Fleischliches. Aber am Buffet, das gebe ich gerne zu, würde ich mir gleich zwei ins Handtäschchen schieben, weil sie so lecker aussehen. Und so handlich sind. Und überhaupt: gut ist, was schmeckt. Das darf jeder selbst bestimmen. 🙂
panade liebe ich auch… aber ich weiß grad nicht, ob ich diese narrenfreiheit gutheißen soll 😉 also fingerfood für ne party sicherlich der hit!!!
Net schlecht, aber die müssen erst mal meine Lieblingsschnitzel schlagen –> Schnitzelrezept
Grüße Mario
@Mario: das wollen sie gar nicht, ein Wienerschnitzel ist etwas ganz anderes 🙂
danke @entegutallesgut ! Schuster bleib bei deinen Leisten kann ich da nur sagen 🙂 Schweizer sollten ihr Käsefondue machen wie immer sie wollen, aber unser Wiener Schnitzel ist nicht umsonst in der österreichischen Küche ein Renner. Schaut mal in Wien in die Gasthäuser und Beisln! Nicht nur die Wiener, sondern alle Fremden futtern das mit Begeisterung. Da ist sicher keines dabei das in schweizer Manier vergewaltigt worden ist gg!
@sesamrllchen: was alle mit Begeisterung essen, kann nur das Mass aller Dinge sein.