Schweinescholle, oder die Rache des Verschmähten

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Frau L. sucht sich eine neue Verköstigungsstelle. Keine Kostenstelle, sondern ein Ort, an dem es sich besser essen lässt als bei mir. Nachdem sie mich rote Pici (welch Sakrileg !) machen sah, drohte sie mir an, künftig lieber bei Claudio von den Anonymen Köchen essen zu wollen. Verschmäht meine Küche, in der ich mich Tag für Tag abrackere !  Ich offeriere ihr, ein Stück Fleisch dazu zu braten, irgendetwas aus Claudios Repertoire. Claudios berühmte Schweinescholle. Von Schweinescholle habe ich ihr aber nichts gesagt. Schnell in das Warenhaus gehüpft, in welchem Claudio die Scholle entdeckt hat. Ein Stück Fleisch, das die bekennende Kalbsschnitzelesserin nie, niemals auch nur anschauen würde (Rache ist süss).

Zutaten
für 2 Personen

1 Schweinsstotzen, 500 g, mit dem werde ich allenfalls auch alleine fertig
Salz, Pfeffer
Butterschmalz
Weisswein
200 ml Saurer Halbrahm
70 ml Demiglace (mein konzentrierter Kalbsfond)
1 Elf. Senfkörner
1 Elf. Moutarde de Meaux (Körnersenf)
3 Knoblauchzehen
frische Majoranblättchen (oder viel Petersilie)

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Eine genügend grosse Pfanne gereicht zum Vorteil

Zubereitung
(1) Die Schwarte mehrfach einschneiden, damit das Fleisch beim anbraten flach auf dem Pfannenboden liegt.
(2) Den Boden einer gusseisernen, schweizerischen «von Roll» Pfanne  -Le Creuset geht zur Not 😉 auch-  salzen, das Fleisch salzen und in die kalte (!) Pfanne legen. Das Fleisch soll nun ganz langsam Hitze bekommen und im austretenden Fett der Schwarte brutzeln. Alle zwei Minuten wenden und geduldig warten bis erste Röstaromen aufkommen.
(3) Nach zwölf Minuten etwas Butterschmalz hinzufügen und das Fleisch Farbe nehmen lassen. Weiterhin auf sanfter Hitze brutzeln.

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(4) Nach zwanzig Minuten das Fett abgiessen, die weissen Senfkörner und die Knoblauchzehen zugeben und mitrösten. Danach mit einem guten Schuss trockenem Weisswein löschen und reduzieren. Nun so viel Rahm hinzugeben, bis das Fleisch beinahe bedeckt ist.  Senf, Demiglace und reichlich schwarzer Pfeffer aus der Mühle zugeben. Weitere 20 Minuten sanft köcheln. Immer wieder wenden.
(5) Wenn das Fleisch beim Andruck schön weich nachgibt und die Sauce eingedickt ist, kommen viel fein geschnittene Petersilie oder Majoranblättchen dazu und noch mehr Vorfreude, wenn ich in das Gesicht von Frau L. sehe, wie sie den ersten Bissen nimmt.

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Fertig, Köstlich

Anmerkung
Ich habe dazu den Stein des Anstosses, Pici montanara, Peperoni-Pici, serviert. Frau L. griff herzhaft und freudig zu, merkte natürlich gleich, dass es sich um Schweine- statt Kalbfleisch, aber um ein sehr gutes Gericht handelt, das sie an ihr Senfrahmgeschnetzeltes erinnere.  Der Claudio könne halt kochen. Wenn ich mich aber auf dessen Linie weiterentwickle, bleibe sie gerne. 😉 Fazit: Rache ist und bleibt ein schlechter Charakterzug, der uns im Leben keinen Schritt weiterbringt.

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41 Kommentare zu „Schweinescholle, oder die Rache des Verschmähten“

  1. Claudio habe ich schon das Original bewundert, aber der Nachbau steht dem nicht nach. Das Fleisch, die Sauce und auch die roten Pici sehen phantastisch aus. „Stotzen“ und „Scholle“ als Ausdrücke für ein Stück Fleisch klingen lustig. Ich frage mich, wie man die Stücke wohl bei uns nennen würde. Ein derartiges Stück aus der Schulter habe ich hier aber noch nicht gesehen.

  2. Wie gemein. Deine Frau droht dir, dich mit einem Foodblogger zu betrügen. Armer Robert!
    Und du belohnst sie mit so einem feinen Essen…das ist wahre Liebe *schwärm*

  3. Bei den Zutaten wird Schwein natürlich zur Delikatesse. Mit Sahne und Senf und Kräutern klappt das immer.

    Begriffe wie Schweinescholle oder Schweinsstotzen höre ich zum ersten Mal. Wird hier ein Hinterschinken quer geschnitten oder ist es etwa eine Scheibe „Schäufele“?

  4. psychologische kriegsführung? liebe grüße an frau l. und guten appetit euch beiden – weiterhin.

  5. Köstlich sieht das wirklich aus. Bei uns wird das ganz profan als „Beinscheibe“ verkauft. Mit Schwarte hab ich’s allerdings noch nicht gesehen. Die Pici in rot nähme ich übrigens auch. 😉

  6. Oh, das kenne ich auch. Da tut und macht man, um dem Liebsten/der Liebsten ein leckeres Essen auf den Tisch zu bringen und mit viel Glück heißt es dann: „Das kannst Du mal wieder machen“. Aber ich bin sicher, dass Frau L. Deine Kochkunst sehr wohl schätzt.

  7. Bin auf das Gesicht meines Metzgers gespannt, wenn ich nach Schweinsstotzen frage… Schon allein deswegen, muss ich das auch mal in die Pfanne hauen. Yum.

  8. Grüße an Frau L.: sie tut dir Unrecht!! 🙂 – Aber ich glaube dir die Geschichte eh nicht….:-)))
    Und für mich auch nur die Pici – du weißt ja, Fleisch+ Schwarte+Knochen..schon optisch nichts für mich, dann auch lieber ein Kalbsschnitzel!

  9. „Le Creuset“ geht auch? Zum Glück…. Peter, wenn Du so ein Stück Fleisch suchst, das findest Du in Bad Rodach bei der Metzgerei Zimmer. Musst nach Sus Agnatum und „Hinterschinkenscheibe“ fragen. Mit 6,80 CHF wirst Du da aber nicht hinkommen.

  10. Oooohhhh, so tempting! I am a big fan of pork and that dish looks extremely lecker!

    Grüsse,

    Rosa

  11. Obwohl ich kein Schweinefleisch esse, finde ich es gebraten und fertig angerichtet sehr, sehr appetitlich und könnte mir sogar vorstellen, es zu probieren – wie gut, dass auch Frau L. bleibt! 🙂

  12. *grusel* 🙂 Das Fleisch hätte ich auch nicht zu meinen carnivoren Zeiten gegessen. Die Pici dagegen sind ausgesprochen hübsch.

  13. Oooch – was für eine hübsche Geschichte und ein so schönes Fazit von Dir ❗
    Nur hätte ich bei „Scholle“ als Nordlicht weder Kalb noch Schwein vermutet. Meines Wissens hat die Scholle Gräten und keinesfalls eine Schwarte 😉
    Als bekennende Nicht-Fisch-Mögerin hätte ich mich sicherlich sehr verdutzt über solch eine Scholle gefreut und die Pici sowieso.
    Ich finde – der beste Dank ist ein freudiger Esser. Das hat Dir Deine Frau L. ja nun gezeigt. 😀

  14. also, meine mutter, die ein riesenfan dieses blogs ist und nachkocht wie verrückt, rief mich gerade an, ich solle ihr das bild ausdrucken, damit sie es mitnehmen kann zum schlachter, weil der nicht wisse, was für ein stück die scholle sei.
    ich dachte, ich frage lieber einfach mal nach: wie mag dieses schweineteil auf norddeutsch heißen?
    ich sah weiter oben „beinscheibe“….das kennt man hier doch aber nur vom rind…oder?

  15. Die Stelze – traditionelles Schweizerhausgericht – mag ich wegen dem Schwartl nicht so gerne. Egal ob knusprig (Schweizerhaus, weil gebraten), oder letschert, weil gedünstet bei dir – ich mag’s nicht. Schon gar nicht die dicke Fettschicht, die darunter liegt.
    Aber statt dem „Stotzen“ (kenne nur Stutzen und das sind Kniestrümpfe), könnte man auch „Plätzli“ – Schnitzel für dieses Gericht einsetzen. Die Chillipici find ich hingegen sehr schön.

    /Finde die sprachliche Bereicherung in diesem Blog sehr interessant und lehrreich/

  16. Diese roten Pici, die wie krumme Karotten aussehen, die sind ja wirklich eine Aufforderung zum virtuellen Fremdgehen 😉
    Ansonst hat mir das üppige Rahmschweindl schon bei Claudio sehr gefallen. Gerade weil es so ganz anders ist als unsere regionalen Schweinereien, die alle ohne Rahm und Senfkörner auskommen müssen.

  17. Vom Wetter her gesehen, würde das Gericht passen, aber der Herr des Hauses hätte dann die gleichen Ideen wie Frau L. 🙂

  18. Hi hi, so langsam müsste sich die Frau L. mal hier im Blog äussern. Nicht dass hier ein Charaktermord verübt wird 😉

    Schönes Stück Fleisch, ist das Schweinchens Antwort auf osso buco?

  19. @My kitchen: oder Kampf um die Vorrherrschaft in der Küche 😉

    @Hesting: solange ich bloggen werde, wird es am Tisch solche Gespräche geben.

    @nata: das gute Stück stammt auch nicht aus der Schulter, sondern ist eine Hinterschinkenscheibe.

    @SchnickSchnackSchnuck: für Frau L. habe ich die Schwarte weggeschnitten, das macht die Angelegenheit um einiges leichter.

    @Suse: zur Versöhnung habe ich ihr heute die geliebten Tomatenspaghetti gemacht.

    @Peter: „Schweinescholle“ ist ein neu geprägter Begriff von Claudio, der mir ausserordentlich gefällt. Schweinsstotzen ist ein Schweizer Begriff, der hier erklärt wird:
    http://www.suttero.ch/deu/Schwein_wissen.shtml

    @katha: der tägliche Grabenkampf um die Bloggerei 😉

    @Evi: es ist eine Beinscheibe vom Hinterschinken.

    @Bolliskitchen: nicht jeder hat einen Gilles Vérot.

    @Magdi: ich esse das üblicherweise auch nicht und Frau L. schon gar nicht.

    @Linda im Grunde genommen schon, braucht sie sich doch nicht um Kochen und Abwasch zu kümmern.

    @Sandra: Lies vielleicht vorher noch das hier unter Nr. 3
    http://www.suttero.ch/deu/Schwein_wissen.shtml

    @Eva: die Geschichte stimmt schon, ich habe sie aber ausgarniert 😉

    @DerSilberneLöffel: von Roll Haushalt-Gusswaren gibts leider nicht mehr. Die Beinscheiben gibts noch, und le Creuset auch.

    @Rosa: „extremely lecker“. Das gefällt mir, muss ich mir merken, so geschrieben sträuben sich meine Haare nicht gegen „lecker“.

    @Elisabeth: ich freu mich ja auch, dass sie heute meine Tomatenspaghetti genüsslich verzehrt hat. Aber jeden Tag Tomatenspaghetti geht einfach nicht, wenn man einen Blog betreibt. Wie kann ich ihr das nur klarmachen ?

    @Mestolo: hier gibts weniger Fleisch als bei Dir Fussball 😉 Aber in 3 Wochen ist alles vorbei.

    @Sivie: siehe bei Eva.

    @Heidi, die II.: wie oben schon erklärt, Schweinescholle ist eine Worterfindung von Claudio, die ich abgekupfert habe.

    @Ursula: selbstgemacht ja, aber sie sehen aus wie fette Regenwürmer, so kann ich das Rezept nicht bringen.

    @yael: um Gottes Willen keine Scholle verlangen 🙂 und Stotzen wird der arme Metzger auch nicht verstehen. Ein Hinterschinken (3) muss es sein:
    http://www.suttero.ch/deu/Schwein_wissen.shtml
    Das wird aber nicht jeder norddeutsche Metzger so aufschneiden wollen.

    @entegut: Stelze heisst das also in Wien. Die Kniestrümpfe würde ich als Stulpensocken bezeichnen. Mit Schweinsplätzli gäbe es weniger Abfall, wir haben die Schwarte dann doch weggeschnitten.

    @Eline: ich habe mir vorgenommen, daran noch etwas zu arbeiten, lachsrot sehen sie wirklich aus wie Regenwürmer.

    @Karin: das Wetter wird von Tag zu Tag kühler und trüber, da verträgt man schon was warmes, fettes 🙂

    @aftenstjerne: Frau L. wird hier weder lesen noch schreiben. Sie hat zur Kenntnis genommen, dass sie als Frau L. gelegentlich genannt wird, obwohl sie lieber darauf verzichten würde. Aber sie ist nun mal ein Teil meines Lebens und meines täglichen Tagebuches hier. Aus dem entsprechenden Kalbsstotzenfleisch macht man immerhin die Wiener Schnitzel.

  20. Das passt mir !!! – mit und/oder ohni (versteggti) Racheglüscht.

    I wird mi drumm möglischt bald für e sone Schwiins-Stotze-Stügg uf d‘ Suechi in dr „Rhybrugg“ mache. Und das alles ganz für mi elai 🙂

  21. Auch wenn es kühler wird, so wirklich kann ich mich für Schweinefleisch derzeit nicht begeistern – ich bin ganz auf Pesti, Artischocken … fixiert.
    Nach unserem Hamburg-Sylt-Urlaub werde ich das gestrige Rezept nachkochen, freue mich schon sehr darauf.

  22. Woher weiß Frau L. überhaupt von Claudio? Liest sie heimlich doch oder hast Du ihn vielleicht etwas zu sehr gelobt? Dann hättest Du Dir die Unbill natürlich auch selbst zuzuschreiben.
    Immerhin hast Du ja nicht Claudios Hühnertajine gekocht – wäre vielleicht eine Möglichkeit, wenn die Sache eskaliert.

  23. Also mir gefällt’s. Genau so. Leider dürfte es ein sehr spezielles Augenklimpern beim Metzger benötigen, um diesen Schnitt zu bekommen.

    Das Schmoren in Rahm erinnert mich aber an ein ungarisches Rezept, was wir vor Urzeiten (wir waren noch Studenten… ;-)) mal öfter mit Schweinskotelett gemacht haben. Da kamen noch saure Gurkenstreifchen in die Sauce…

  24. Köstlich erzählt, Robert! Auch wenn es eine zweifelhafte Ehre ist, als Alibi in einem Rachekomplott zu fungieren, bin ich doch sehr angetan davon, die Vergeltung zumindest ansatzweise vereitelt zu haben.

    Und wenn wir schon am Devoilieren von Damenintrigen sind: Die Frau des anonymen Kochs schwärmt sehr von diesem Blog. Ich konnte allerdings bis jetzt nicht genau dechiffrieren, welche geheime Botschaft dahintersteckt.

    Vielleicht treffen wir uns mal zu einem konspirativen Kaffeekränzchen?

    Beste Grüsse auch an Frau L.

  25. Also, wenn Frau L. nicht mehr bei Dir essen mag, dann würde ich mich anbieten. ich räume auch nachher die Küche auf.
    Doch falls Frau L. den Claudio getestet hat und mit ihm zufrieden ist, dann würde ich über einen evtl. zeitweisen Wechsel nachdenken. 🙂
    Denn Frau L. scheint einen guten Geschmack bei Köchen zu besitz.

  26. @Basler Dybli: sie liegen rechts an der Metzgertheke in Selbstbedienung.

    @Christine: bei uns regnet es ohne Unterlass oder ist grau wie im November. Pasta mit Pesto geht ja immer.

    @ulla: Internet ist nichts für Frau L.. Ich hab schon mehrere Gerichte von Claudio nachgekocht unter Nennung des Rezeptautoren. Sie weiss von daher (und von mir) wie und was er kocht.

    @Cascabel: eine Art Schweine-Stroganov 🙂 Die Metzger versteh ich schon, wer kauft ihnen den Rest des zerschnittenen Schinkens ab.

    @Claudio: oh gerne, ich werde mich per e-mail melden.

    @nina: das Gesicht deines Herrn L. möchte ich sehen, wenn Herr L… ach Gott ist das alles kompliziert, ich habe den Überblick verloren !

    @Claus: ich bin unschuldig daran, dass wir/bzw. die gewonnen haben. Ich freue mich allenfalls auf den Final D : CH 😉

    @Toni: Heute gabs Tomatenspaghetti, ihre Lieblingsspeise. Die kommen aber erst nächste Woche, bin ständig im Verzug.

  27. Uiuiui – seit kurzem läuft hier das Steirische-Kunden-Bindungs-Programm. Ich glaube, Dir ist aufgefallen, dass ich beim Fisch nur vorbeigeschaut habe und nicht herein.

  28. Hach, sogar der unnötige Rosmarinzweig (Serviervorschlag!) ist dabei. 😉

  29. @the rufus: nach jedem zehnten Kommentar darfst Du hier einen elften kostenfrei hin schreiben.

    @Frau Schäufele: teuer war er, das stimmt, jetzt sollte er nur noch machen, was ich von ihm möchte.

    @Hilke: der klemmte zwischen Fleisch und Schrumpffolie, war aber etwas altersmüde.

  30. Ha! Solange Rache so aussieht, darf man sich jeden Tag an mir rächen 🙂

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