Das Zisterzienserkloster St. Urban wurde 1194 von Mönchen der Abtei Lützel (Abbaye de Lucelle) im Elsass mit Unterstützung oberaargauischer Freiherrengeschlechter gegründet. Das Kloster entwickelte sich im Verlaufe seines Bestehens zum religiösen und geistigen, herrschaftlichen und wirtschaftlichen Zentrum des Grenzraumes der Kantone Bern, Solothurn, Aargau und Luzern.
1195-1259 wurde der romanisch-gotische Vorgängerbau errichtet. Im 13. Jahrhundert erweiterte St. Urban seinen Besitz durch Schenkungen von Adligen der Umgebung und schuf sich durch Kauf und Tausch allmählich ein erhebliches, grundherrschaftliches Besitztum.

Ab Mitte des 13. Jahrhunderts verband sich das Kloster mit Solothurn, Bern und Luzern durch Burgrechte und erbaute in Städten der Umgebung Stadthöfe zur Verwaltung seiner Güter sowie Lagerhäuser für die Zehnten.

Mönche und Laienbrüder verwalteten und bewirtschafteten in der nahen und weiteren Umgebung die klostereigenen Höfe mit Wiesen- und Ackerbau. Daneben betrieb das Kloster auch Ziegelbauhütten. Ausser Ziegelsteinen und Bodenplatten wurden hier kunstvoll verzierte (Relief)-Backsteine hergestellt, die weit herum nachgefragt waren. Zudem wurde eine bedeutende Klosterbibliothek aufgebaut.

Misswirtschaft und die Verwüstungen durch den Einfall der Gugler 1374/75 (ein Heer von rund 22’000 durch Mitteleuropa marodierender, englischer und französischer Söldner), markierten das Ende der mittelalterlichen Blütezeit. 1407 übernahm die Stadt Luzern mit der habsburgisch-österreichische Grafschaft Willisau die Kastvogtei (Schirmherrschaft gegen Geld) über das Kloster.

Nach der Reformationszeit, 1537, erhielt der Abt bischöfliche Rechte. Der kirchliche und kulturelle Aufschwung setzte erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts wieder ein und fand ihren Höhepunkt in der Barockkultur. Im 18. Jahrhundert versuchte das Kloster, eine fürstbischöfliche Territorialherrschaft aufzubauen. Das Eingreifen der eidgenössischen Orte setzten diesen Plänen jedoch ein Ende.

Da die mittelalterliche Klosteranlage mit der Zeit trotz mehrfachen Umbauten und Erweiterungen den Ansprüchen der Mönche nicht mehr genügte, wurde 1711 ein Vorarlberger Baumeister mit dem umfassenden Neubau von Kirche und Konventgebäuden im Barockstil beauftragt.

Das Kloster St. Urban ist heute eines der eindrücklichsten Beispiele barocker und zisterziensischer Baukunst und Kultur in der Schweiz.

Die Niederlage der katholischen Orte im Sonderbundskrieg 1847 und die allgemeine Klosterfeindlichkeit führten 1848 zur Aufhebung des Klosters und zum Verkauf der Klostergüter zur Tilgung von Kriegsschulden. Verramscht wurde auch das wertvolle Chorgestühl, das erst im 20. Jahrhundert wieder zurückgekauft und erneut aufgestellt wurde. Die Abteikirche ist seither die Pfarrkirche von St. Urban. 1873 eröffnete der Kanton Luzern in den zurückgekauften Klosterräumlichkeiten eine Kantonale „Irrenanstalt“. Inzwischen wird aber der grösste Teil der barocken Klosteranlage für kulturelle Zwecke genutzt.
Quellen:
Historisches Lexikon der Schweiz
Wiederum ein sehr interessanter Bericht und schöne Bilder. Wunderlich, dass das Chorgestühl immer noch irgendwo gelagert oder vielleicht eingebaut war. Weiss man, wo es die Hundert oder so Jahre war?
„Das wenige Jahre nach der Aufhebung des Klosters verkaufte Chorgestühl befand sich während knapp 60 Jahren auf den Britischen Inseln. 1911 konnte es durch die Gottfried-Keller-Stiftung zurückgekauft werden. Seither steht es als Leihgabe der Eidgenossenschaft wieder an seinem ursprünglichen Ort.“
Danke. Interessant.
Die Christbäume sehen zauberhaft im hellen Kirchenraum aus. Ich glaube, die Katholische Kirche läßt sie bis Maria Lichtmeß am 2. Februar stehen. Also hinkst du nicht allzusehr hinterher. Vielen Dank für die Bilder!
Das war leider unser letzter Ausflug für mehrere Wochen. Dafür bin ich ab sofort wieder aktuell 😉
Gegen die Fürsten der EU abgeschottet? 😉
Da war doch irgendetwas in den letzten Wochen ?
Schon klar. 😉
Einfall der Gugler? Vorfahren der heutigen Googler? 😉
Mag sein. Wie jene aus der Neuzeit sprachen auch diese englisch und hinterliessen Chaos und Zerstörung.
Danke mal wieder fürs Mitnehmen auf euren ‚Sonntagsausflug‘ und für die gelungenen Fotos.
Herzliche sonnige Grüsse an dich und Frau L.
Danke, wir neiden Dir dafür den Löwenzahnsalat 😉
Ich erinnere mich, einige schöne Aufnahmen mit frühbarocker Musik von der Bossard-Orgel gehört zu haben. Leider fand ich auf die Schnelle nichts, ob es an der Kirche noch regelmäßig Konzerte gibt. Das Instrument lohnt es jedenfalls.
Kulturell läuft hier dauernd was: http://www.st-urban.ch/pages/index.cfm?dom=1&rub=1153 Mit und ohne Orgel.
Vielen Dank für einen weiteren wunderbaren Beitrag mit tollen Bildern!
Die Kirchen wirkt von außen recht streng und auf Fernwirkung bedacht und innen so zuckergussig barock, toller Gegensatz.
Es hat was mit der Fernwirkung. Je nach Strasse, auf welcher man gen St. Urban kommt, erstaunt der unterschiedliche Anblick und die Mächtigkeit der Anlage. Barock ist zwar nicht so meins, aber sehenswert in jedem Falle.
„… gegenüber den Fürsten der EU schon mal abgeschottet“ 🙂
Wunderbar formuliert – und traumhaft glungeni Helge. E Hochgnuss !
Wenn du Luscht hesch bring‘ i dir gärn emol kurz mi Wèlzer „Sankt Urban 1194-1994“ zem Läse verbi. Är isch sehr empfählenswärt.
Doch vorerscht wynsch‘ i dir/Eych scheeni Fasnachtsdääg wyt ab vom Rummel !
Danke. Erst müssen wir uns wieder erholen. Vorerst komm ich nicht zum Lesen von Wälzern, Frühlingsputz und die Steuern rufen. Dann ist die Schublade mit Besuchsberichten komplett leer geworden. Neue Ausreisen müssen her 😉 Du siehst, ein Blog macht Stress.
Schöne Fotos!
Grüsse,
Rosa
Danke.
Oh, da bin ich praktisch nebenan aufgewachsen, sprich auf der Berner Seite in Roggwil, Roggwil und St. Urban sind ja praktisch zusammengebaut. Neben der Klosterkirche stand (oder steht vielleicht immer noch) das grösste Rittiplampi der Region. Da drauf habe ich viele Stunden meiner Kindheit verbracht (mit dem Velo war ich in zwei Minuten von zuhause beim Kloster). Die Rittiplampi-Seile waren so lang, dass man jemanden haben musste, der einen angeschubst hat. Aber wenn man dann mal Schwung hatte, war das wie fliegen.
Eine Gireitle ist mir nicht aufgefallen, hab aber auch nicht danach gesucht. Bei der nächsten Durchfahrt will ich nachsehen und eine Runde schaukeln.