An dieser Stelle müsste eigentlich das Bild einer Garküche in Manila stehen. Denn just in diesen Tagen hätte ich die Philippinen bereisen sollen. Auf Einladung des Philippine Department of Tourism und Vermittlung einer Schweizer Werbeagentur. 8 Tage lang. Wie kommen die nur auf mich ? Ich hab mich artig bedankt und… abgesagt. Einerseits weiss ich nicht, wo die Philippinen liegen und wie man da hin kommt, Mäxle kann weder schwimmen noch fliegen. Andererseits kann ich Frau L. nicht so lange alleine lassen. Sie ist sich gewohnt, dass ich sie bekoche und würde mir während einer so langen Abwesenheit glatt verhungern. Unsere Schokoriegel- und Erdnussvorräte reichen höchstens für 3 Tage.
Meinerseits wäre ich in Manila als Allesesser bestimmt nicht verhungert, Milkfish statt Forelle, Lapu Lapu statt Rösti mit Bratwurst. Nudelsuppe statt Tomatenspaghetti und bei Magenverstimmungen Arroz caldo.
Nun darf halt ein anderer food-Blogger mit. Ich freue mich für sie/ihn, wenngleich ich ein Tränchen Fernwehmut verdrücken musste. Fernweh bekämpft man am besten mit einer Fernreise. Nach Ferrette ins nahe Frankreich. 28 km von Basel entfernt. Keine Garküchen, keine Nachtmärkte, dafür ein Käseladen.

Die Stadt Pfirt (Ferrette) liegt am Fuss zweier Burgruinen (Hohenpfirt), die seit dem 12. Jahrhundert belegt sind und im 16. Jahrhundert mit Befestigungen, Umfassungsmauern und Toren vereint wurden. Auf der Burg residierten die Grafen von Pfirt, die über einigen Besitz im Oberelsass verfügte. 1271 verkaufte der regierende Graf fast die gesamte Herrschaft an den Fürstbischof von Basel (Berthold von Pfirt, sein Bruder, war kurz zuvor Basler Fürstbischof) und erhielt sie, wie das noch heute bei Firmenpleiten üblich ist, von diesem als Lehen zurück. 1288 unterwarfen sich die Grafen von Pfirt nach militärischen Niederlagen Rudolf I. von Habsburg. 1318 erreichte der letzte männliche Vertreter des Geschlechts beim Bischof von Basel für seine Töchter die Lehenserbfolge und starb 1324. Die Erbin Johanna von Pfirt verheiratete sich mit Albrecht II., Herzog von Österreich und ermöglichte damit den Habsburgern die Ausweitung ihres Besitzes in Vorderösterreich.
Nach weiteren Besitzerwechseln, 1504 an Reich von Reichenstein, 1510-1567 an die augsburgischen Fugger, wurde die Grafschaft Pfirt durch den Westfälischen Frieden 1648 als Comté de Ferrette zum Königreich Frankreich geschlagen und von Kardinal Mazarin sogleich in Eigenbesitz genommen. Bis zur französischen Revolution verblieb die Grafschaft im Besitz der Familie Mazarin. Alle Bemühungen der Bischöfe von Basel, ihr Lehen zurückzuerhalten, blieben erfolglos.
1633 wurde die Burg von den Schweden zerstört. Die Stadt ist seit 1790 Hauptort des Kantons Ferrette und heute ein kleines Zentrum im oberen Sundgau. Die 1892 vom deutschen Reich erbaute Eisenbahnverbindung Mülhausen-Pfirt wurde 1953 wieder aufgehoben.

Gleich neben Ferrette liegt die Ortschaft Vieux-Ferrette, ein Ort der jünger aussieht, aber älter als Ferrette ist. Darin der Käskaller (Kaller mit a) des Monsieur Antony. Neben Androuët in Paris der bekannteste Käseaffineur Frankreichs. Der freundliche Monsieur Antony senior, Käsepapst und Käsegott in einer Person, empfahl uns verschiedene Käse und wir kauften, was er uns empfahl. Und fuhren sehr gut dabei. Mehr über Bernard Antony hier und hier. Bamberger Hörnle geschwellt mit Comté, Bleu de Savoie, Chèvre, Saint-Félicien, Époisses und Salzbutter aus Noirmoutier liessen zuhause jede Nudelsuppe vergessen machen.

Auf der Heimfahrt passierten wir Oltingue, um uns die spätgotische Kirche Saint-Martin des Champs anzusehen.

Saint-Martin des Champs liegt, das sagt der Name, draussen im Feld, rund 500 Meter vom Dorfzentrum Oltingue entfernt. Bei dem spätgotischen Gotteshaus handelt es sich um die aus merowingischer oder frühkarolingischer Zeit stammende Mutterkirche der umliegenden Orte.

Bei Grabungen hat man 1989 unter dem Fußboden der Kirche Gräber und Sarkophage aus dem 7. bis 8. Jahrhundert entdeckt und offengelegt.

Unter dem Verputz der Mauern im Chor stiess man auf Spuren alter Fresken aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die aber nur noch zum Teil erkennbar sind. Adam und Eva sollen beispielsweise zu entdecken sein und der heilige Georg im Kampf mit dem Drachen. Da muss man schon genau hinschauen. Die barockene Frau Maria ist besser erhalten, ist ja auch jünger. Ein wenig bleich ist sie, aber was wären Kirchen ohne Kitsch.

Das wärs für heute. Vielleicht entdeckt Schweiz Tourismus nun meinen Blog und lädt mich ans nächste Schwingerfest in Zäziwil ein, oder an den Chästeilet im Gurnigelbad. Da könnte ich wenigstens Frau L. mitnehmen.
Quellen:
Deutsche Biographie: Pfirt
wiki: Grafschaft Pfirt
Mythische Orte am Oberrhein. St. Martin-des-Champs



Eine wunderschöne Beschreibung. Chapeau. Ich war vor vielen Jahren mal bei Antonyund er hat uns bestens beraten. Eingekauft haben wir, als würde es bald verboten. Leider kann ich nicht mehr dorthin fahren und Käse kaufen. Lebe in Thailand und das würde dann eine sehr teure Angelegenheit werden.
„eingekauft, als ob das einkaufen bald verboten würde“. Das kenne ich auch 😉
Das Wetter scheint alle Versuche unternommen zu haben, ebenfalls Fernweh vergessen zu machen! Und deine Bilder sprechen von einem schönen Ausflug!
Aber zugegebenermaßen waren die Philippinen echt ein Highlight unter meinen Reisen – wenn auch nicht kulinarisch ;). Aber ich will gleichfalls nicht, dass Frau L. ohne dich sein muss… Schönes Wochenende euch beiden!
Das Wetter gibt sich derzeit viel Mühe, uns aus der Winterstarre zu lösen und an die Wärme zu locken. Wer so verwöhnt ist, wie ihr, kann nur noch zuhause essen.
Mit eme digge Schmunzle und Hochgnuss han‘ i di hytige Post gläse. Di spezielle Tipp mit em Kääslade han‘ i mir digg hinter d‘ Lèffel gschriibe und wird bestimmt emol e Abstächer nach Ferette mache. Är sell jo au am Frytigmorge in Hyynige uf em Märt si. E Chatzesprung !
Im Lädeli ist es vermutlich ruhige als auf einem belebten Markt. Nun weiss ich immerhin, dass es in Hüningen einen Markt gibt 🙂
Schön, dass ihr wieder auf Ausflugsmodus geschaltet habt 🙂 Und von Besuchen bei Maître Antony habe ich schon andere schwärmen gehört.
Trotzdem, ich wäre gerne als Dein Stellvertreter wieder einmal nach Manila gereist 🙂 . DbEva und ich haben tolle Erinnerungen von unserer Philipinenreise nach Hause gebracht.
Einen schönen Sonntag,
Andy
Das liest sich ja, als ob ihr jedes Jahr auf den Philippinen weilen würdet.
Einmal 4 Wochen 1992 – es wäre also höchste Zeit nachzuschauen, was sich verändert hat 😉
das gute liegt so nah-
danke für den reisebericht, so liebevoll, schön fotografiert + so informativ
+ beim käse lese ich lieber gar nicht weiter, mir rinnt so schon das wasser im mund zusammen
unser gegenstück wäre das trentino, fällt mir grad ein….
Südtirol hat doch ausser Graukäse bestimmt noch viele andere Spezialitäten. Und sonst ists bis Trento mit seinen guten Lokalen nicht weit.
Das ist eben Liebe. Und das ist es, was wirklich zählt. Das Fernweh verstehe ich nur zu gut – komme ja selber kaum hier weg. Deine Fotos – wie eine Meditation. Danke für den schönen Sonntagmorgen-Post und viele herzliche Grüße an euch beide!
Yushka
Liebe, gepaart mit Bequemlichkeit. Mich wundert nicht, das Du nicht wegkommst, wenn ich deine vielen Aktivitäten verfolge 😉
Ein schönes und gemütliches Dorf!
Grüsse,
Rosa
und ruhiger als Veyrier nach dem Sprengstoffanschlag.
Ich würde einen Ausflug nach Ferrette den Philippinen jederzeit vorziehen. 🙂
Jemand muss ja auch noch zu Hause bleiben und die guten Sachen konsumieren, die hier produziert werden.
Sehr schöner Bericht, wieder von einem mir unbekannten Ort. Die Philippinen liegen mir näher und sind mir bekannter. Kulinarisch hätte ich Dir dort ein gesottenes Balut empfohlen, nicht weil es sehr lecker wäre, sondern wegen seiner Eigenart. Ich konnte es essen, hat mir mit Salz sogar geschmeckt. Wie ich sehe, wirst Du in Thailand fleissig gelesen.
Gruss aus Chiang Mai, Erich
Bestimmt hast Du keine Probleme, 3 Jasspartner in der immer grösser werdenden Schweizer Kolonie zu finden. Das Leben hier ist halt schon teuer geworden. Letzten Freitag waren wir nochmals in Ferrette, weil der eingekaufte Käse schon weggegessen war. Mitgebracht habe ich nun u.a ein Art Munsterkäse. Mal sehen, ob ich den essen kann.
Du hast richtig entschieden: erstens zugunsten von Madame L. und zweitens ist ein Besuch bei Maître Antony durch nichts aufzuwiegen. Comté ist einer meiner Lieblingskäse, wie phantastisch muss er vom Maître schmecken. Und erst Saint Félicien – auch einer meiner Lieblingskäse….
schmachtende Sonntagsgrüsse an dich und Frau L.
ein guter Schweizer Gruyère war für mich immer der höchste Genuss, der Comté von Antony schmeckt mir jedoch noch besser.
Ich kenne die Philippinen ja nicht und vermutlich hättest Du auch schöne Bilder mitgebracht, aber wie hätte ich so Antony kennengelernt? 😉
Du hättest an den schönen Bildern der Filipinas bestimmt deine Freude gehabt 😉
Super Reisebeschreibung. Werden wir bei unserer nächsten Reise in den Süden unbedingt anschauen.