
Partyfilet. Mein Beitrag zum Kochtopfevent „Sentimental yourney – Essen angestaubt, diesmal von Jutta betreut. Schweinsfiletmedaillons mit einer Ketchup-Schlagrahmsauce und viel Staub drauf. Ein Schweizer Klassiker aus den siebziger Jahren. Erfunden von Brigitte-Betty-Bossy (BB)
Die fiktive Dame BB (Betty Bossy), nicht zu verwechseln mit der realen Dame BB (Brigitte Bardot), wurde in den fünfziger Jahren als Werbevehikel für einen Speisefetthersteller kreiert. 1956 erschien ihr Ratgeber erstmals, vierteljährlich, zwei Seiten, zunehmend gewichtiger, dann ergänzt um eine Kochbuchreihe. Ende 80er Jahre waren Kochzeitschrift und Bücher endgültig etabliert. Zeitschrift und Bücher mit einer Auflage von je 1 Mio. jährlich. Die Rezepte nach einfachem Schnittmuster, unkompliziert, wenig Zutaten, gelingssicher, mehrheitsfähig. Hinzu kamen eine Kochschule und ein Küchengeräteversand für nütze und mehrheitlich unnütze Küchengadgets. Eine oder zwei Generationen Schweizerinnen haben mit BB kochen gelernt. Eine oder zwei Generationen Schweizer hätten lieber bei der andern BB kochen gelernt. Daran vermochte auch das unlängst nachgeschobene Männer(koch)magazin „Bossy“ nichts zu ändern. Eingestellt. Aus.

Das Rezept, 1977 erstmals veröffentlicht, verbreitete sich damals pandemisch über die Schweiz. Auch die lamiacucina GmbH war zeitweilig vom Virus befallen. Metzger waren an Wochenenden in Schweinefilet meist ausverkauft. Gäste konnten sich das Ergriffensein nicht verkneifen, wenn ihnen an jeder Einladung, toll !… nein…. nicht schon wieder… Partyfilet vorgesetzt wurde. Das Büchlein mit dem legendären Partyfilet ist längst vergriffen, doch wurde das Rezept 2006 in die Jubiläumsausgabe der erfolgreichsten Rezepte übernommen. Die 2006-Ausgabe verschweigt aber die im Original vorgeschriebene Streuwürze. Habs schon gemerkt. Nicht mit mir. Bei BB will ich das Original.
Seit das Unternehmen Betty-Bossy in einem joint-venture zwischen einem mächtigen Verlagshaus und einem mächtigen Detailhandelsriesen aufging, haben Inhalt und Qualität der Kochzeitschrift stark nachgelassen. Dem Versuch des Detailhandelsriesen, mit einer convenience-version an den Erfolg des Partyfilets anzuknüpfen, war vermutlich kein grosser Erfolg beschieden. Das Produkt ist wieder aus den Gestellen verschwunden. Staub auf Gerichten lässt sich nicht so einfach wegblasen.
Zutaten
für 4 Personen, keine üppige Party, ich weiss, wir besitzen nur 4 Stühle und ich hab sowieso nur die Hälfte gemacht
ca. 500-600 g Schweinsfilet in 12 gleichmässige Medaillons geschnitten
1/2 Tlf. Paprika
1/2 Tlf. Streuwürze (Salz), wenig Pfeffer
12 Tranchen Frühstücksspeck
für die Sauce:
2 dl Rahm (Sahne) steif geschlagen
1-2 Elf. Ketchup
1 Elf. Cognac
wenig Pfeffer
Zubereitung
(1) Die Medaillons beidseitig mit Paprika, Streuwürze und Pfeffer würzen, mit je einer Tranche Frühstücksspeck umwickeln und die Medaillons nebeneinander in eine gefettete, ofenfeste Form von ca. 2 Litern Inhalt stellen.
(2) Im auf 220°C gut vorgeheizten Ofen (Rille 2, Ober-/Unterhitze) etwa 25 Minuten anbraten lassen. (Anmerkung lamiacucina: Auf diese Weise kann man natürlich kein Fleisch anbraten, das Fleisch zieht schnell Saft und dünstet darin, egal, ich halte mich stur an das Rezept)
(3) Die Zutaten für die Ketchup-Chantilly verrühren und beim Anrichten auf das Fleisch verteilen.
Servieren mit Trockenreis. Und weil das Partyfilet dem Gastgeber viel freie Zeit lässt, aber keine Gäste da waren, habe ich dazu noch ein paar kleine Tomätchen serviert, Deckel aufgeschlitzt, etwas HdP (meine erbe mediterranee) und Salz rein und in einer mit Olivenöl gefetteten Porzellanform 10 Minuten im Ofen beim Fleisch mitgaren lassen. Ferner noch etwas nacktes Fenchelsauerkraut nach dem Rezept von Tanja Grandits, gesehen in tomatenverhüllter Form bei chili und ciabatta:
Nacktes Fenchelsauerkraut
Zutaten
Mengen für 4 Personen als Beilage
2 Fenchelknollen, geputzt, Strunk herausgeschnitten
2 Essl. Olivenöl
1 kleine Zwiebel
1 Knoblauchzehe
Koriander; frisch gemahlen
Kreuzkümmel; frisch gemahlen
1 Lorbeerblatt
2 Wacholderbeeren
4 Essl. Zitronensaft (40 ml)
150 ml Gemüsefond
von mir: zusätzlich wenig Zitronenabrieb
Zubereitung
Fenchel halbieren und 2 mm fein hobeln. Das Olivenöl in einem weiten Topf erhitzen, den Fenchel mit Zwiebel, Knoblauch und den Gewürzen dazugeben und kurz andünsten. Mit dem Zitronensaft und dem Gemüsefond ablöschen und rund 20 Minuten weich köcheln. Abschmecken.
Anmerkung
Ich hab schon schlechter gegessen. Das Fenchelsauerkraut schmeckt auch unverhüllt unverschämt gut. Speziell zu dem Schweinefleisch. Die Tomätchen sehr gut. Das Fleisch erwartungsgemäss trocken, schade darum. Die Ketchup-Chantilly kühl und tödlich langweilig.
Gäste sind des SchafesSchweines Tod. Arabisches Sprichwort.