Warum grünes Gemüse grau wird

Grüne ArtischockenKeine erfahrene Köchin, kein Koch, würden grünes Gemüse mit Säuren (zB. Zitronensaft oder Essig) zusammen kochen. Das schöne Grün würde sich rasch olive-grau verfärben. Der Grund: Das Grün von Gemüsen beruht auf dem für die Photosynthese zuständigen Chlorophyll. Im Zentrum dieses Moleküls sitzt ein Magnesiumion. Gibt man Säure hinzu, wird das Magnesiumion verdrängt und die grüne Farbe verfärbt sich. Viele Gemüse beinhalten Spuren natürlicher Säuren, die von alleine dafür sorgen, dass Grau das Grün verdrängt. Zumal wenn die Kochzeit lang ist. Abhilfe schafft ein uralter Grossmuttertrick:
Die Säure wird mit wenig Natron (Natriumbikarbonat, Backpulver) neutralisiert, dann bleibt das Grün besser erhalten. Man darf nur nicht zuviel Natron reinschütten, sonst schmeckt das Ganze seifig. Der Blog eriks-food-ucation zeigt Bilder, wie Gemüse nach dem Garen mit Säure und mit Natronzusatz aussehen. Den Effekt kann man noch besser im Blanchierwasser beobachten. Da der Abbau von Chlorophyll, wie alle chemischen Reaktionen, Zeit benötigt, begünstigen kurze Gar- oder Blanchierzeiten den Erhalt der Farbe. Rasches Abkühlen nach dem Blanchieren ist ebenso wichtig, nicht nur um den Garprozess, sondern auch um den Abbau des Chlorophylls zu stoppen.

In meinem Beitrag zum Blogevent XXIII hat aber die Chemie nicht geholfen. Artischocken oxidieren rasch, werden an den Schnittflächen schwarz. Gute Köche vermeiden das durch schnelles Arbeiten. Da ich langsam bin, verwende ich als Abhilfe Reduktionsmittel wie Zitronensaft (dank dem darin enthaltenen Vitamin C), oder besser gleich die reine Ascorbinsäure. Kocht man die derart vor Oxidation geschützten Artischocken, so werden sie aber olive-grau. Sehen aus wie gekochte Artischocken auf den Fotos in Kochbüchern. Stumpft man dagegen die Säure mit wenig Natron ab, behalten die Artischocken ihre Farbe, verblassen aber stark, weil ein grosser Teil des Chlorophylls ins Blanchierwasser abgeht. Unkooperativ, diese Artischocken.

Zur Strafe habe ich sie im Bild oben mit Hilfe des Irfan-view-Softwarefilters mal so richtig gift-grün eingefärbt. Die sollen sich auch mal grün ärgern.

Zum Thema Grün siehe auch: So grün war mein Teig.

10 Kommentare zu „Warum grünes Gemüse grau wird“

  1. ja ja…..Pfusch am Werk! Und ich fragte mich schon, verdammt, wieso sind diese Artischocken so schön giftgrün…Neue Sorte?…..

    [lamiacucina]: die Artischocken sind unschuldig.

  2. Viele Köche (und ich auch) blanchieren Gemüse in stark gesalzenem Wasser: etwa 20 g Salz pro Liter. Das belässt und verstärkt den Eigengeschmack, weil das Gemüse später nicht mehr lange mitkochen muß. Und das überflüssige, anhaftende Salz wird beim kalt Abduschen ja abgewaschen. Hat denn das Salz eigentlich auch eine stabilisierende Wirkung auf den Farbstoff? Du scheinst ja „chemisch gebildet“ zu sein und kannst die Frage vielleicht beantworten.
    Zum Thema Natron kursiert immer wieder das Gerücht, dessen Beigabe zum Essen verringere sexuelles Interesse und Vermögen, gerade bei männlichen Konsumenten – ob das wohl stimmt?
    Nachdenkliche Grüße
    Franz

    http://www.einfachkoestlich-online.de

  3. Gerade gestern, beim Suppe kochen hab ich an die Erbsen und grünen Spargeln eine Messerspitze Natron zugefügt, um die schöne grüne Farbe zu behalten. Man braucht wirklich nur minimal davon, aber es funktioniert tatsächlich gut!

  4. @franz
    Dass man das Gemüse mit einer kräftigen Salzzugabe (NaCl) blanchiert ist richtig, hat aber keinen Einfluss auf das Chlorophyllmolekül. Es reduziert die Löslichkeit von Chlorophyll (das an sich eher schlecht wasserlöslich ist), damit bleibt mehr davon im Gemüse statt im Kochwasser. Das ist auch der Grund, warum meine im Dampf gegarten, notgedrungen ungesalzenen Artischocken so stark „ausgeblutet“ sind. Wichtig ist noch festzuhalten, dass wenn Gemüse gekocht wird, das bitte ohne Deckel stattfinden soll, damit die beim Kochen entstehenden, Säuren via Wasserdampf entweichen können.
    Für die andern Fragen bin ich als Chemiker nicht kompetent, das gehört in die Kompetenz der Mediziner.
    liebe Grüsse

  5. So jetzt weiß ich endlich einmal warum man Natrun beim Blanchieren zugibt. Dass es dadurch appetittliche grüner bleibt, das weiß ich ja. Eine Prise bicarbonate of soda ist bei mir immer mit im Spiel bei grünem Gemüse.

  6. Das ist dann bestimmt auch der Grund dafür, warum man die Kräuter immer erst ganz zum Schluß dazu tut! Oder irre ich mich da?

    [lamiacucina]: natürlich bleiben sie schöner grün, zumal die Kräuter ja meist in fertig gegarte Gerichte kommen, die oft einen gewissen Säuregehalt haben. Dann aber sind Kräuter auch aromatischer, wenn man sie erst zum Schluss zugibt. Die ätherischen Öle verdunsten in kochenden Gerichten sehr rasch. Was man vermeiden sollte, ist das gleichzeitige mitkochen und am Schluss erst noch drüberstreuen. Dann hat man dasselbe Kraut einmal gekocht und einmal frisch grün, was eher unappetitlich aussieht.
    liebe Grüsse

  7. noch ein tipp zum artischockenkochen:

    im (kalten) kochwasser eine hand voll mehl einrühren, dazu natürlich die üblichen verdächtigen, wie zitrone, lorbeer, etc. wenn man in diesem sud (obacht! kocht leicht über!) artischocken kocht, bleiben sie sehr hell und verfärben nicht so. selbiges macht man ja auch beim kalbskopf…

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