Champagne gegen Champagne: Dramolett in 3 Akten, einem Prolog und einem Epilog

Ort der Handlung

Champagne, ein kleines Dorf am westlichen Ufer des Neuenburgersees. Nähe Grandson. Nahe am Schlachtfeld, bei dem 1476 die Eidgenossen Karl dem Kühnen das erstemal eine Schlacht geliefert und gewonnen haben.

Die Personen der Handlung

Kläger: Das allmächtige Syndicat Général des Vignerons de la Champagne (F), vertreten durch a) Rechtsanwalt Nicolas Sarkozy, derzeit Staatspräsident, b) den hohen Gerichtshof der Europäische Union.

Beklagte: 40 kleine Weinbauern im oben erwähnten Schweizer Dorf Champagne.

Souffleur: Karl der Kühne, Herzog von Burgund, 1433-1477, begraben zu Brügge.

Prolog: Das Verbrechen

Weinbau wird im Schweizer Dörfchen Champagne seit dem Jahre 889 betrieben. Also längst bevor der französische Champagner im 17. Jhdt. zum ersten Male gekeltert wurde. Dieses stille, und nebenbei gesagt, qualitativ ordentliche, aber bescheidene Chasselas-Weinchen aus dem Schweizer Dörfchen Champagne hat den Zorn des allgewaltigen Syndicats hervorgerufen. Der Name Champagne auf einem stillen Weisswein der Schweiz. Non messieurs, das geht nicht. Das Champagnersyndikat setzt massiven Druck auf den französischen Staatspräsidenten auf. Dieser auf die EU-Kommission, diese auf den schweizerischen Bundesrat, der 1999 vor dem Abschluss eines Verhandlungspaketes mit der Europäischen Union steht.

1. Akt: Der Sündenfall

Das Landwirschaftsabkommen wird 1999 unterzeichnet. Der Schweizerische Bundesrat gibt nach. Unterschreibt eine Klausel, in welcher dem Dörfchen die Führung des Jahrhundertealten Dorfnamens Champagne auf dessen Weinetiketten untersagt wird. Die untergeordneten Interessen des Dörfchens werden auf dem Altar des Staates höheren Handelsinteressen der Schweiz geopfert.

2. Akt: Aufstand der Bauern

Die Weinbauern von Champagne erheben 2002 Nichtigkeitsklage am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg. Die Vertragsklausel verletze ihr Recht auf Eigentum, Wirtschaftfreiheit und das Verhältnismässigkeits-prinzip.

3. Akt: Finale

Das Gericht erachtet die Rechtslage als so offensichtlich, dass die Klage 2007 mit einem einfachen Beschluss vom Tisch gefegt wird. Der Souffleur reibt sich die Hände und dreht sich wohlig im Grabe. Späte Rache für die Niederlagen gegen die Eidgenossen.

Epilog

Seit 2004 tragen die Etiketten der Weinbauern das Etikett Bonvillars und Libre-Champs. Der Wein verkaufe sich schlecht. Geld für eine Fortsetzung des Prozesses ist keines mehr vorhanden.

Ich will hier nicht zu einem Champagnerboykott aufrufen. Als Weinliebhaber weiss ich, dass die Spitzenprodukte der französischen Champagner durch keine andern Schaumweine der Welt ersetzt werden können. Ich will mich ja nicht selbst bestrafen. Das gilt aber nur für die Spitzenprodukte. Nicht für die restlichen 80-90% der Produktion.

Ich geh jetzt in den Keller, hole mir einen guten Winzersekt aus der Schweiz, gekeltert aus Pinot noir Trauben und freue mich, wie gut mir der schmecken wird. Und wenn ich wieder mal nach Bern komme, schaue ich mir im Historischen Museum mit Vergnügen die Ausstellung der von Karl dem Kühnen erbeuteten Bildteppiche und Antependien an. Bis auf Weiteres hängen diese noch in Bern. Noch. Solange das Champagnersyndikat davon nichts mitkriegt. Die Champagne gehörte damals zum Herzogtum Burgund.

Meinem Dramolett zugrunde liegt eine juristische Beurteilung des Falles durch die NZZ, verfasst von Frau Dr. Christa Tobler, Professorin für Europarecht an den Europainstituten Basel und Leiden.

Die Aufführungsrechte für mein Dramolett liegen bei lamiacucina. Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen Personen sind alles andere als zufällig.

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2 Kommentare zu „Champagne gegen Champagne: Dramolett in 3 Akten, einem Prolog und einem Epilog“

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