
Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass es unter dem Thema Pizza noch etwas gibt, das ich nicht kenne. Salzkuchen, eine traditionelle Spezialität aus dem bäuerlichen Leben des Seelandes, dem flachen Gebiet zwischen Murtensee, dem Neuenburger- und Bielersee. Ein-, zweimal im Monat wurden hier früher die Backhäuschen eingefeuert. Bis die Brote an der Wärme aufgegangen waren, wurden Salzkuchen gebacken. Aus Brotteig, bestrichen mit geschlagenem Rahm und bestreut mit Speckwürfeln, Kümmel und wenig grobem Salz. Die Salzkuchen sind entfernt verwandt mit dem Elsässer Flammkuchen oder dem Schwäbischen Salzkuchen und doch eigenständig. An Dorffesten im Seeland oder bei Bauernfamilien werden die Salzkuchen heute noch und vermehrt wieder aufgetischt. Das Rezept habe ich letztes Jahr aus der Bäckereifachschule Richemont mitgebracht, seit daher lag es abgeheftet und von mir weitgehend unbeachtet im Ordner. Nicht mehr. Gehört ab sofort hinter Pizza Margherita und Pizza Pugliese zu meinen Lieblings-Pizze.

Den Teig mache ich in teilweiser Anlehnung an das bewährte Rezept des Amtsblatts der Europäischen Union original neapolitanischer Pizzateig. Damit bin ich meiner häuslichen Pizzabackpflicht, was doch Männer für häusliche Pflichten haben, wieder einmal nachgekommen.
Zutaten
für 2 Salzkuchen:
200-210 ml Wasser (Evian still)
300 g Halbweissmehl Typ 700
60 g Weichweizendunst
10 g Meersalz
0.8 g Backhefe
für den Belag beider Kuchen:
1.5 dl Vollrahm leicht angeschlagen oder Crème fraiche
80 g in feine Streifen geschnittene, dünne Specktranchen
2 Tlf. Kümmel
wenig grobes Meersalz oder fleur de sel nach Bedarf
Zubereitung
(1) Hefe in der Knetschüssel in lauwarmem Wasser lösen und 10% Mehl hinzufügen. Die Knetmaschine starten und langsam das restliche Mehl, mit dem Salz vermischt, zugeben bis zum Erreichen der gewünschten Konsistenz. Der Vorgang muss sich über 10 Minuten erstrecken. Danach die Knetmaschine weitere 20 Minuten mit geringer Geschwindigkeit arbeiten lassen, bis man eine kompakte Masse erhält, die nicht klebt und sich weich und elastisch anfühlt.
(2) Teig auf eine Arbeitsfläche geben, mit einem feuchten Tuch abdecken und 2 Stunden bei Raumtemperatur (24°C in meiner Küche) gehen lassen.
(3) Nach 2 Stunden formt man von Hand kleine Teigkugeln à ca. 280g, die man in Plasticdosen mit feuchtem Tuch bedeckt, bei Raumtemperatur weitere 4-6 Stunden gehen läßt. Bei mir über Nacht in einem ungeheizten Zimmer bei etwa 19°C. Dann sind die einzelnen Teigkugeln fertig und können für die nächsten 6 Stunden für die Zubereitung des Salzkuchens oder der Pizza benutzt werden.
(4) Danach die Teigkugel auf dem bemehlten Arbeitstisch von Hand (nicht mit dem Wallholz) ausformen und belegen.
(5) ca. 12 Minuten bei 260°C auf Pizzasteinen ausbacken. Salz nach Bedarf, der Speck bringt schon viel mit.
Anmerkung
Der Teig war leicht trockener als das originale EU-Rezept mit 00-Mehl. Ich hab ihn drum mit nassen Händen noch etwas nachgeknetet. Aber so entspannt und willig ist mir noch keiner aufs Pizzabrett gekommen.
Ich wusste gar nicht, dass schwäbischen Salzkuchen, geschweige denn Seeländer Salzkuchen gibt. Wenn das eines Deiner Lieblings-Pizzaartigen-Rezepte ist, muss es so gut sein, wie es aussieht.
Ich bin im „Salzkuchenland“ aufgewachsen und stopfte 1 x pro Monat meinen Bauch voll damit. Als ich dann einige Jahre später in einen anderen Teil der Schweiz auswanderte, vermisste ich „meinen“ Salzkuchen sehr, auch heute noch. Zum Glück haben wir alle 5 Jahre Klassenzusammenkunft im Seeland. Zum Apéro gibt’s traditionell Salzkuchen frisch aus dem Offenhaus zu essen. Ich glaube es ist diese köstliche Speise, welche fast alle unsere Klassenkameraden anreisen lässt, teilweise sogar aus dem Ausland. Jetzt versuche ich in der Ostschweiz einen Bäcker mit Holzofen zu finden, der den Salzkuchen herstellen kann. Ich bin überzeugt, dass er auch in diesen Gefilden ein Hit werden wird. Also packen wir’s an.
Wenn das der dritte im Bunde deiner Lieblingspizzen wird, dann muss es nachgebacken werden! Muss ich nur noch herausfinden, was Halbweissmehl 700 und Weichweizendunst in Deutschland entspricht….?! – Du hast mein vollstes Mitleid: „was doch Männer für häusliche Pflichten haben“ 🙂
Wie Mipi auch noch nie was von Salzkuchen gehört. Wird aber sicher mal ausprobiert.
„… entspannt und willig …“ so, so … 😉
Lecker! I love such scrumptious specialities!
Cheers,
Rosa
Ops. Tatsächlich etwas das ich auch nicht kannte. Hop Schwitz für deine Vielfalt. Das muss ich mal probieren.
in anderen Regionen nennt man das Flammküchle…..
Endlich wieder Pizza ähh Salzkuchen im Hause L.!
Fast hätten Carepakete losgeschickt werden müssen 😀 .
Als ich aus dem Augenwinkel den Titel sah, dachte ich schon oh weh – hatte etwas von Seezunge, brrr.
Ob sich da nicht auch noch etwas Appenzeller drauf verirren könnte …
Warum nimmst du Wasser aus der Flasche? Ist denn bei euch das Wasser aus der Leitung nicht gut?
Das sieht sehr gut aus. Ein bisschen nach Flämmkuchen, oder wie der heißt, wo sie den Sturm dazu trinken, wo mir jetzt der deutsche Name dazu entfallen ist – irgendwas mit Kreide, aaah, Federweißer.
Da lacht mein Herz !
“ Aber so entspannt und willig ist mir noch keiner aufs Pizzabrett gekommen. “
…..und da auch ! 😉
Es ist klar, dass ein zart gekneteter Teig entspannt und willig ist. Zumindest, wenn die feuchten Knethände warmfeucht und nicht kaltfeucht sind.
Die Verwandtschaft zum Flammkuchen ist unübersehbar, allerdings fehlen hier die Zwiebeln, weswegen sich ein ganz anderer Geschmack ergeben dürfte. Spannend, obwohl doch so simpel. Blechkuchen dieser Art, die in der Resthitze der Dorfbacköfen gebacken wurden, findet man wohl überall auf der Welt, wo es Dorfbacköfen oder Brotbacköfen gibt/gab.
@entegutallesgut In der Freiburger (Deutschland) Gegend heißt junger Federweißer „Sauser“ („Krätzer“, wenn die Kohlensäure so richtig in der Kehle kratzt), daran musste ich denken bei „Sturm dazu trinken“. 😀
Der Salzkuchen (auch für mich völlig neu und ließ mich an Flammkuchen denken) sieht ja wunderschön aus und wird nachgebacken werden. Schön, daß ich wieder etwas dazu lernen konnte.
Das Weizenmehl Type 700 gibt es bei uns nicht zu kaufen, evtl. aber über einen Mühlenverkauf (Internet). Ich würde die Typen 550 und 1050 mischen und als Weizendunst Wiener Griessler nehmen – sollte klappen.
Für Brotteige (und meine Sauerteige) nehme ich seit Jahren ebenfalls Mineralwasser, allerdings das „selbst gemachte“ Wasser (SodaClub Cool). Sowohl die Sauerteigen als auch Brotteige scheinen sich damit wohlzufühlen -:).
es ist eine art gesetz (nein, nicht murphys), dass mir deine tägliche kreation dann besonders zusagen würde, wenn ich noch nichts gefrühstückt habe. so wie heute.
gut, dass du das thema „so wenig hefe“ ansprichst. das ist mir auch bei deinen pizzateigen aufgefallen und ich hab‘ immer wieder vergessen nachzufragen: was ist das genau für eine hefe? welche konsistenz hat die und wo kaufst du die? mit normaler hefe aus dem supermarkt kann ich mir unmöglich vorstellen, dass diese winzmenge reicht. ein würferl hat 42 gramm und – je nach rezept – nimmt man mindestens einen halben würfel (also ca. 20 gramm) auf 500 g mehl…
abgesehen davon, hätte ich keine waage, die in 0,1-gramm-schritten messen kann.
@mipi: in dieser Gegend hätte es noch einige Schätze zu heben.
@Eva: Danke fürs Mitleid, ein 700er Mehl wirds auch bei Euch geben und Dunst ist einfach etwas gröber gemahlener Weichweizen, etwas feiner als Griess.
@Nathalie: so man sich eben einen guten Hefeteig vorstellt 🙂
@Rosa: Leckerst.
@Dandu: Speck und Kümmel machens aus.
@Bolli: dann aber ohne Zwiebeln.
@sammelhamster: die ich natürlich nicht abgelehnt hätte.
@the rufus: in den 3 Seen schwimmen Felchen, keine Seezungen. Den Appenzell lieber woanders drauf. Multikulti mag ich nicht auf meinen Kuchen 🙂
@entegut: so wenig Hefe, die man für den Teig verwendet, muss sich vermehren können und Hefezellen mögen das Chlor nicht. Im Winter ist das Wasser oft stärker gechlort, wegen der Jauche, die die Bauern auf den Schnee schütten und welche dann direkt ins Trinwasserreservoir läuft. Gilt natürlich nur für ländliche Gegenden.
@ultraistgut: honi soit qui mal y pense 🙂
@Martina: warum die einen sich sperren und die andern nicht, ist mir nie so richtig klar, aber mit der Zeit kriegen wir das auch noch hin. Danke für Deine Bemerkung zu dieser Art Kuchen.
@Charlotte: Deine Mehlmischung ist dafür schon gut, die Wasseraufnahme wird unterschiedlich sein, aber anpassen kann man ja in beiden Richtungen. Der Flammkuchenteig ist (auch bei menien Flammkuchen) wesentlich dünner.
@katha: im Pizzakurs habe ich gelernt: „Hefe frisst Geschmack“. Die langsame, durch Zellteilung stattfindende Hefevermehrung im Teig (nicht durch Zucker und Wärme beschleunigt) ergibt wirklich geschmackvollere Teige. Statt Stärke aufzuschliessen machen sich die Viecher über den Zucker her. Die „schnellen“ Pizzateige sind zwar schnell zusammengeknetet, schmecken aber auch nach nichts, sind halt zuweilen praktisch. Hier habe ich ganz normale Backhefe vom 42 g Würfel entnommen, früher auch schon Bierhefe, brauchts aber nicht.
Den Salzkuchen kannte ich noch nicht, dagegen habe ich den dickeren Gâteau du Vully bei einer Hochzeit vor Ort (Montet-Cudrefin) in süßer und salziger Variante probieren dürfen.
@katha: auch Brotbacken mit sehr wenig Hefe ist möglich, ich verweise da auf das von mir gebackene Gunnison River Bread mit knapp 3 g Hefe für 1160 g Mehl http://peho.typepad.com/chili_und_ciabatta/2008/11/gunnison-river-bread.html
Ich bin ja in der Pizza-Bäckerei nicht so bewandert: warum darf man denn kein Nudelholz zum Walzen nehmen?
klar den elsässer kannte ich, die variante nicht. musste ja auch gleich mal googlen wo denn der murtensee liegt. interessanter teig und gefällt mir!!! bin so frei und nehm mir da ein stückchen!!!
Ob das auch mit Binnensalz funktioniert?
wunderbar die definition : die pizza ist eine kreisrunde backware …., bei der eu-verordnung. ob das wohl stoiber weiß? wie lang saßen da wohl experten dran bei der formulierung? nun ja einer arbeitet und fünf geben acht ob`s richtig ist
@Cascabel: Gateau de Vully werde ich probieren, wenn ich wieder in der Gegend bin, dann erst kann ich mich daran versuchen.
@Marcie: das drückt den Teig zusammen und er geht dann schlechter auf.
@nysa: nimm nur.
@kulinaria: mit Binnensalz schlägt er niedrigere Wellen
@Richard: das waren nicht die EU-Beamten, sondern die vereinigten neapolitanischen Pizzabäcker, die diesen Text zum Schutze ihrer Pizza vorgelegt haben
Sieht gut aus. Mein problem…. Was ist Weichweizendunst auf english und wo bekomme ich das in USA? 🙂
Dunst (dusty middlings ?) bezeichnet den Zerkleinerungsgrad: zwischen semolina und feinem Mehl. Weichweizen ist der normale wheat, im Unterschied zu Durum wheat. Schau mal im Angebot von Mühlen nach, ich kenn mich nicht aus in den USA.
Toll man lernt nie aus. Danke für die vielen wertvollen Informationen und dieses Rezept. Gruß Greta
Der Seeländer- Salzkuchen wird mit Brotteig, nicht mit Pizzateig gemacht. Das macht ihn weich, luftig und saftig. Frisch aus dem Holzofen ist es eine Wahnsinnsdelikatesse. Mhhh!