Enttäuscht und Getröstet

Palline di carne 0_2009 02 01_8130
Bei meinen Schweizer Wurstweggen war noch etwas Fleischmasse übrig, daraus habe ich ein paar kleine Fleischbällchen (palline di carne) geformt, in feinen Brotbröseln gedreht und in Olivenöl rundum langsam angebraten. Köstlich. Wie gute Fleischbällchen halt so schmecken. Dazu habe ich das hier schon als Rotkraut aller Rotkraute apostrophierte Rezept der Schweizer Spitzenköchin Vreni Giger nachgekocht. Die Zutaten, Rotwein, Balsamicoessig, Orangensaft, Gewürze und als Clou: Wacholderlatwerge liessen mein Herz im Voraus kräftig jubeln. Vor dem Marinieren sah alles wundervoll aus.

Rotkraut Vreni Giger 0_ 2009 01 31_8119
Während des Kochens kippte dann die erwartungsfrohe Aufregung in Ratlosigkeit. Geschmacklich wars nicht schlecht, aber die Reiszugabe machte aus dem sonst so fruchtigen Rotkrautsaft einen klebrigen, pappigen Kleister. Fast ungeniessbar.

Frau L. was not amused und ihr Gemahl musste ihr Recht geben. Ich habs gekocht, ich habs (in mehreren Anläufen) fast alleine gegessen. Hätte ich dem Rezept ansehen müssen. Rezept: COOP-Zeitung 3/2009. Wieviel Vreni Giger und wieviel COOP kann ich nicht beurteilen. Zum Trost hat mir Frau L. 3 der ihr 5 zugedachten Fleischbällchen abgetreten. Sowas von Trost.

Zutaten
500 g Rotkraut
2.5 dl Rotwein
1 dl Aceto Balsamico
2.5 dl Orangensaft
1/2 Zwiebel
1 Apfel
1 Tlf. Pfefferkörner
1 Tlf. Wacholderbeeren
1/2 Sternanis
2 cm Zimtstengel
1 Lorbeerblatt
50 g Preiselbeermarmelade
30 g Wacholderlatwerge
40 g Vialonereis

Zubereitung
(1) Rotkraut fein hobeln, dann Zwiebel und Apfel in feine Streifen schneiden und zu dem Rotkraut geben.
(2) Die Gewürze in ein Stück Tuch legen, zubinden, mit einer Pfanne die Gewürze plattdrücken und das Säcklein zum Rotkraut geben.
(3) restliche Zutaten zum Rotkraut beimengen und alles gut durchkneten, mit Klarsichfolie abdecken und an der Kühle, aber nicht im Kühlschrank für 24 h marinieren lassen.
(4) In einem grossen Topf aufkochen und bei kleiner Hitze für ca. 2.5 Stunden (ich 1 Stunde, ich mag kein zerkochtes Rotkraut) zugedeckt leise köcheln lassen. Am Schluss mit Salz und Pfeffer nachwürzen.

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31 Kommentare zu „Enttäuscht und Getröstet“

  1. Beobachtungen:
    1. Das Foto ist toll.
    2. Die Fleischbällchen sehen extrem köstlich aus, und ich höre eine leise Stimme „ess uns“ 😉
    3. Das Rotkrautrezept sieht für mich so aus, als ob ich es mal nachkochen würde, wäre da nicht der Reis, der in solch einem Rezept nichts verloren hat.

    Analyse:
    Lass das nächste Mal den Reis einfach weg, und Du hast ein köstliches Gericht.

    Auf jeden Fall danke für die Anregungen.

  2. Inspektor duni hat einen schlimmen Verdacht: Wahrscheinlich kocht der Reis mit, damit sich das ansonst dekorenitente Blaukraut schön in Metallringe spachteln läßt und solange auf dem Teller zylindrisch bleibt, bis der food-Photograph sein schändliches Tun beendet hat und der Teller fürs Coop-Magazin abgelichtet ist.

  3. Wer nichts ausprobiert, der kann auch nichts Neues kennenlernen (weder im Positiven noch im Negativen) und bei dir hat ja bisher wohl immer das Positive überwogen!

    Gut, dass du uns vor einer schlechten Erfahrung bewahrst.

    Und dass Frau L. dich so lieb trösten würde, war mir klar…:-))

  4. Du Armer, du derbarmst mir richtig.
    Ich sehe dich richtig, wie brav du mit einer Todesverachtung dein Rotkraut aufgegessen hast. Aber ehrlich, Reis und Rotkraut klingt ein wenig grauslich.

  5. @Rosa: wenn der reis nicht gewesen wäre.

    @Mipi: in ältern Rezepten habe ich hin und wieder schon Reis im Rotkraut gesehen, drum habe ich es vertrauensvoll nachgekocht.

    @Nathalie: nicht nur bei Hobbyköchen, ich habe in Restaurants schon schlechteres Rotkraut gegessen 🙂

    @sammelhamster: was ist denn Morgen ?

    @Bolli: nachher ist nicht vorher.

    @Duni: gut kombiniert, Nicky Knatterton 🙂

    @Eva: das Schlechte wird meist nicht verbloggt 🙂

    @entegut: und das Schlimmste der Kommentar der Gefährtin: „selbst schuld, wenn Dir mein gutes Rotkraut nicht mehr passt“.

  6. Das Los der Foodblogger – immer auf zu neuen Ufern und Genüssen – manchmal erleidet man Schiffbruch und dann besinnt man sich gerne wieder auf gute bekannte Gerichte (wünsch dir doch ein Rotkraut von Frau L. als Beilage demnächst) und trotzdem bricht man immer wieder auf. Ich wünsche dir viele Höhen und gute Landungen und von den hoffentlich wenigen schlechten darfst du gerne auch berichten, denn dann können wir aus deinem großen Erfahrungsschatz lernen und manche schlechte Erfahrung bleibt anderen/uns dann hoffentlich erspart.
    Tröstende Grüße

  7. Kann mich den Vorrednern nur anschließen, so das Rezept für den Rotkohl liest sich ansprechend, aber den Reis fände ich sehr irritierend … Gibt es eigentlich Rotkohl-Risotto? Aber Rotkohl so könnte ich auch mal wieder kochen 🙂

  8. Sieht zwar toll aus…
    Allerdings könntest Du bei Appetit auf Extra-Fleischbällchen die verhunzte Rotkrautbeilage mal wieder als Joker einsetzen… ;o)

  9. Wie wäre es, wenn man den Reis zum Schluss extra kocht und ihn dann körnig vor dem servieren über das Rotkraut steut. So als optischen Aufheller; müsste doch schick aussehen.
    Als Variante den Reis mit Safran gelb färben: Auch hübsch.

  10. Ohje, das mit dem Rotkohl ist aber schade. Da tut der Kohl erst so scheinheilig, läßt solch tolles Foto von sich machen und dann das. Für Ihre Großzügigkeit hat Frau L. morgen wirklich eine Aufmerksamkeit verdient. Wie wäre es mit einem Mobilee aus Rotkohlblätterherzen?

  11. Oh, was Misslungenes? Und das bei dir? Ich habe auch schon mal was Neues ausprobiert und mir nachher gesagt: Eigentlich hättest du’s am Rezept sehen müssen.

    Aber bei so vielen Köstlichkeiten, die du kochst, ist es sicher nicht schlimm, wenn EINMAL etwas nicht wunschgemäß ausfällt.

  12. @sammelhamster: Danke, ohne event verpasse ich diesen Anlass regelmässig. 🙂

    @Petra: Nur mit grosser Schlauheit und vielen Rankünen gelingt es mir, Frau L. mit neuen Gerichten zu überlisten 🙂 Ginge es nach ihr, könnten wir von unseren konventionellen Gerichten für den Rest unseres Lebens überleben.

    @zorra: ich werde mich künftig auch mit den Nieten mehr befassen 🙂

    @Anikó: Rotkohl-Risotto kenne ich nicht, Du hattest die Idee, ich überlasse Dir es auszuprobieren 🙂

    @Sivie: Frau L. isst nicht viel. Ich übernehme meist ihren halben Teller.

    @multikulinaria: an Jokern ist kein Mangel 🙂

    @Elisabeth: das ist lieb von Dir, widerläuft aber meiner Schlankheitskur.

    @Soeren: gekochten Risottoreis müsstest Du mit der Pinzette Korn für Korn einzeln trennen. Ich bin ja sonst für jeden Unsinn zu haben, aber den lass ich lieber bleiben 🙂

    @Poulette: den Anlass haben wir noch nie gefeiert und werden es auch künftig nicht tun. Unser letztes Mobile haben wir vor 30 Jahren entsorgt 🙂

    @entegut: Danke, diese Aussage macht mich 30 Jahre jünger 🙂

    @april: hat Dir Dein Mann eben ein Kompliment gemacht ? Du wirkst heute auf dem Avatar 30 Jahre jünger als gestern ?

  13. Tja, dumm gelaufen! Sehr schade! Aber wer nichts riskiert…..
    Aber eigentlich sollte ich Dich ja gar nicht bedauern, denn Du hast ja als Trost Fast die Portion von Frau L. mitgefuttert. *tztztz*

  14. Hm, schade… einen eingefrorenen Marillenkrapfen hätte ich dir nun auch anbieten können… 🙂 Wir hatten nämlich heute einen Charity-Krapfen-Verkauf in der Wiener Innenstadt zugunsten ROTE NASEN Clowndoctors bei -2°…
    Alles Liebe von Elisabeth

  15. @Heidi: enntäuscht bin ich nur, wenn ich mehr erwartet habe.

    @Larissa: jetzt müsste ich nur noch besser kochen 🙂

    @Thea: ich nehm ihr auch sonst alles ab, was sie nicht mag, das gibt gewisse Rechte 🙂

    @Elisabeth: bei uns die Stiftung Theodora. Hier hätte es auch rote Nasen gegeben bei ähnlichen Temperaturen. Hoffentlich hattet ihr Erfolg. lg.

  16. Es stimmt, wenn man Risottoreis nimmt wird das nichts. Ich habe mich an das Foto angelehnt und fand den Kontrast schön. Möglicherweise ginge es ja auch mit einer körnigen, trokenen Reissorte besser.

    Bis denn dann
    sagt Soeren.

  17. die pampe kann ich mir vorstellen. schade… aber dafür hattest du mehr fleischbällchen. wie verhälst du dich denn mit in olivenöl anbraten??? weil, wenn es zu heiß wird, dann ist es doch krebserregend…

  18. Eine späte Anmerkung zu dem Reis im Kohl – das Problem könnte sein, dass Du das Rotkraut nur 1h gekocht hast statt 2.5h. Die Idee ist ja wohl, dass der Reis verkocht und eine Bindung des Saftes ermöglicht (à la mehliger Kartoffel in der Kürbissuppe o.ä.), und nicht die schöne Optik der weissen Reiskörner. Das findet sich z.B. auch hier http://www.chefkoch.de/rezepte/1018751207112432/Rotkohl-fuer-s-Fest.html

    Vielleicht ists einfach etwas viel Reis auf die Menge Kraut? Gemäss Rezept bei Chefkoch nehmen sie 60 gr (1 EL sind etwa 15 gr Reis) auf 1.5 kg Kohl – Du jedoch gemäss Vreni’s Rezept bereits 40 gr auf 500 gr Kohl – also etwa die doppelte Menge… Wenns zu saftig ist, sollte binden mit Maizena am Schluss des Kochens aber ja auch den gleichen Effekt haben, oder?

    Da es um die Bindung geht, einfach den Reis weglassen, wenns saftig (und fruchtig) sein soll. Pampig ist ja fern jeden Genuss!

    Besten Gruss
    Lalipuna

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