Auf der Nachhausefahrt von einer Trauerfeier wollten wir noch eine kurze, besinnliche Pause einlegen. Am Nordhang des Pilatus ob Luzern, in einer Waldlichtung, liegt die Einsiedelei des Kartäusers Hans Wagner. Einem Schwaben aus Riedlingen, der sich 1489 hier in der Wildnis, von der Kartause Warth her kommend, als Eremit niedergelassen hatte.
Ein knorriger Geselle, Nr. 51 🙂 , lädt zu feinem (ich brings kaum über die Lippen: leckerem) Essen ein. Den lassen wir aber vorerst links liegen. Von der Einsiedelei ist nichts mehr zu sehen. Daraus ist erst eine Kapelle, durch spätere An- und Ausbauten 1651-62 die heutige Wallfahrtskirche entstanden. Im Innern ein Nachbau der Loretokapelle, der berühmten Santa Casa in Loreto, Marche, samt schwarzer Madonna.
Der Grundriss in Form eines griechischen Kreuzes spiegelt sich in der gewölbten Holzdecke, die das ganze Kircheninnere überspannt. Decke und Empore sind mit insgesamt 324 hohen, rechteckigen Bildertafeln (1.5x1m) verziert. Die Verteilung der Tafeln ist nicht zufällig, sondern folgt mystischen Regeln, Quersummen und Primzahlen. Ein bunter Bilderhimmel voller Symbole und Sprüche. Der Zyklus von Bildtafeln, ein riesiges Andachtsbuch, beinhaltet in jeder Tafel die Lobpreisung der Himmelskönigin, dazu werden Ameisen, Elefanten, ein Einhorn, feuerspeiende Drachen, Pflanzen und alltägliche Gegenstände, wie Lupen und Fernrohre aufgeboten. Die Bildtafeln wurden durch den Luzerner Maler Kaspar Meglinger 1654 geschaffen, er orientierte sich an der in der Barockzeit beliebten Sinnbildkunst (Emblematik), einer Mischform aus einem symbolischen Bild und aus einem möglichst kurzen, lateinischen Spruch, dem Motto. Erst im Zusammenspiel erschliesst sich der Sinn des Ganzen.
In meiner Jugend hätte mir die Entschlüsselung dieses phantastischen Bilderrätseltheaters geholfen, langweilige Messen zu überstehen. Einzige Zerstreuung waren für mich damals, farbige Zellophanstreifen (gelb, rot, grün) vor die Heiligenbilder zu halten oder auf die Mädchenseite hinüberzuschielen.
Hinter dem Hauptaltar die Loretokapelle. Das dauernde Hochrecken des Kopfes macht Durst. Wenig empfehlenswert zum Durstlöschen ist das Weihwasser, trotz schöner Flasche und handgeklebter Etikette. Besser schmeckt das im neben dem Gotteshaus gelegenen, ehemaligen Kurhaus ausgeschenkte, etwa gleichteure Bier. Womit ich die kulinarische Kurve knapp gekriegt habe. Goethe war nicht da, hingegen Queen Victoria, die schon einen Blick in die curious church tat.
Erinnert mich an Shrek. Woran das wohl liegen mag?
Dieser Bilderhimmel ist ja interessant!
Und den Gruselkoch können wir gerade mal so durchgehen lassen. 😉
In Hergiswiel (ums Eck südl. von Luzern) haben wir zu Studentenzeiten mal ein paar Tage in einem Berggasthof verbracht und unglaublich gut gegessen.
Das einzige – dann doch überwindbare – Hindernis, um in einem Doppelzimmer übernachten zu können, war der fehlende Trauschein.
What an interesting place! So quaint and pretty!
Cheers,
Rosa
Interessanter Bericht, würde aber auf jeden Fall das gleichteure Bier vorziehen 🙂
( Nur so nebenbei: Riedlingen …Geburtsort meiner Mutter und daher oft da gewesen 😉 )
Was du über die Ablenkung während der sonntäglichen Messe schreibst, kann ich so gut erinnern und nachempfinden…man wurde erfinderisch! 🙂
Das Einlegen eurer Pause hat sich von für das Foto vom Bilderhimmel gelohnt!
noch vergessen: vielen Dank für deinen Hinweis bei mir; hattest recht – ich war abgelenkt gewesen; war natürlich falsch, was da stand! 😦
Da hat Goethe doch etwas Gutes verpasst: diesen unglaublich tollen Bilderhimmel und das Bier 😉
Ich liebe deine Ausflüge und die Berichte davon. Danke!
Überhaupt bei so vielen Bilder wie kann man eine Predigt folgen !
Als Zeugen der vergangenen Zeit taugen die Kirchen, interessante Bildertafeln
Mit welchem Kosten ist denn bei Mitnahme eines Liters zu rechnen? 😀
Ich habe ja gewusst, dass weitere folgen werden und sag‘ bitte ja nie mehr lecker … das überlassen wir den anderen 😉
@kitchenroach: Du schaust zuviel Gruselfilme.
@Barbara: Mit einem Spiegel bequemer zu betrachten.
@Nathalie: findige Leute überwinden alle Hindernisse 🙂
@Rosa: sometimes there are chamber concerts over here.
@Johannes: Eichhof Klosterbräu.
@Eva: meine Mutter stammt auch aus diesem Landkreis.
@april: er wird sich anderswo gütlich getan haben.
@Petra: und wir reisen gerne, nicht weit, aber das reicht uns.
@Vanille: wer hören will, hört.
@Erich: sonst geh ich nie rein, wenn Barock zu vermuten ist.
@kulinaria: Aus dem Fässchen mit Zapfhahn ist es gratis. Aus geeichten, etikettierten Flaschen Fr. 3.- die Flasche. Die Abfüllanlage mus amortisiert werden.
@the rufus: Ihr leckert nicht in Oesterreich ? das bindet uns enger zusammen.
Habe Shrek nie mit Gruselfilm in Verbindung gebracht. Da kommt die Frage auf, ob Du Kirche mit Grusel in Verbindung bringst.
Aber sicher nicht, obwohl die kleinen Gnome das aus den deutschen Programmen bereits über SAT eingetrichtert bekommen. Deswegen werde ich mich auch weiterhin dagegen wehren …
@kitchenroach: Heisst das Kirche = Shrek? 😉
Ha – doch wieder ein Gruselkabinett 😉 – und was für einer!!!
hab mich etwas verlustiert im link zu hergiswald.der bilderzyklus und die dafür im netz aufbereiteten infos einfach wahnsinnig interessant.bloglesen bildet vor allem von solchen blogs die den einstieg über spaghetti zu unbekannter kultur (für mich) leisten.
Steinbrück sollte dorthin zur abbitte wandern. seine bilderzyklen (sprachlich) könnten hiervon lernen.