Wenn der befreundete Blog genussmousse zu einer Sommerbuchrallye einlädt, kann ich nicht abseits stehen. Dabei wird sich der kulturbeflissene Leser jedoch mit einer einzigen Empfehlung abfinden müssen, dazu noch eine aus einem längst vergangenen Jahrhundert.
Gottfried Kellers „Züricher Novellen“ sind ein Novellenzyklus, das erste Werk, mit dem Keller als freier Schriftsteller 1876/77 an die Öffentlichkeit trat. Empfehlen möchte ich daraus die Novelle „Das Fähnlein der sieben Aufrechten“, welche im Jahr 1849, dem Jahr nach der Gründung des schweizerischen Bundesstaates spielt. Die „Aufrechten“, ein Freundesbund von sieben Zürcher Handwerkern und einem Gastwirt, alles altgediente, liberal denkende Freiheitskämpfer, beschliessen am Eidgenössischen Freischiessen in Aarau unter eigener Fahne mitzufeiern. Die beiden Wortführer des Vereins, der reiche Zimmermeister Frymann und der arme Schneider Hediger schieben sich die Aufgabe zu, eine Ansprache an die tausendköpfige Versammlung zu halten. Das Los fällt auf Frymann, doch dem fallen hiezu keine Worte ein. In letzter Minute rettet sie Karl, jüngster Sohn des Schneiders, mit einer schwungvoll-heiteren Rede, die im Nu die Herzen der Menge gewinnt. Ihn treibt dazu seine Liebe zu Hermine, einziger Tochter des Zimmermanns. Die beiden möchten gerne heiraten, aber ihre Väter sind dagegen, der reiche aus Geschäftsinteresse, der arme aus Stolz. Als sich Karl, angefeuert von Hermine, im Laufe des Festes weitere Lorbeeren erwirbt, schwindet der Widerstand der Alten und die Geschichte endet mit einer Verlobung. Den vollen Text der Novelle kann man hier nachlesen.
Ein gute, heitere Geschichte inspiriert immer auch zum Kochen, ein kleiner Auszug aus der Novelle belegt dies:
Frau Hediger, die Büchsenschmiedin, kochte nämlich einen Kaffee, so gut sie ihn je gekocht; auch nahm sie eine tüchtige Handvoll Salbeiblätter, tauchte sie in einen Eierteig und buk sie in heisser Butter zu sogenannten Mäuschen, da die Stiele der Blätter wie Mausschwänze aussahen. Sie gingen prächtig auf, dass es eine getürmte Schüssel voll gab, deren Duft mit demjenigen des reinen Kaffees zum Meister emporstieg.
Zutaten
Vollmahlzeit für 2 Personen
2 Eier
2.5 dl Noilly Prat, notfalls weisser Wermuth. Die Frau Büchsenschmiedin wird Weisswein genommen haben.
1 Schuss Weissweinessig
1 Tlf. Salz
100 g Mehl (+ 5 weitere Elf., der Originalteig war zu dünn)
Reichlich Olivenöl zum Fritieren, 2-3 dl
40 Größere Salbeiblätter
Zubereitung
(1) Ei mit Vermouth, Essig und Salz verquirlen, Mehl zugeben, verrühren und ca. 30 min. ausquellen lassen.
(2) Salbeiblätter trockentupfen, durch den Teig ziehen und in Öl schwimmend ausbacken. Auf Papier abtropfen lassen und sofort servieren. Am besten schmecken sie gleich aus der Pfanne.
Das Rezept stammt von Franz von einfachkoestlich und der hats aus dem Büchlein La nonna La cucina La Vita.
That dish is interesting! Surely deliciously fragrant!
Cheers,
Rosa
das Buch ist dann mehr etwas für Schweizer oder solche, die nach Zürich ziehen wollen…..
Salbei wächst hier zwar wie wild, wird aber nie verarbeitet….
Und gerade kam im ZDF, daß ab der Einnahme von 10 Salbeiblättern unerwünschte Nebenwirkungen auftreten …
Ich habe das auch schon mal probiert, schmeckt wirklich lecker, hatte aber das Problem, dass der Teig nicht richtig an den Salbeiblätter haften blieb. Ich versuch es mit Deinem Teig bestimmt nochmals! Viele Grüsse Andrea
Sieh mal an: Robert hat frittiert! 😉 Und dann auch noch kleine Mäuslein….:-)
Niedlich, die frittierten Mäuslein… Und so habe ich auch noch von der Sommerbuchrallye gehört. Vielleicht mach ich da ja auch noch mit.
Jetzt bin ich fast geneigt, Keller mal zu lesen. Der zählt ja zu jenen unglücklichen AutorInnen, die das Pech hatten, Pflichtlektüre in der Schule zu sein, was sie einem für den Rest des Lebens vermieste. 🙂
Das trifft sich ausgezeichnet !!!!!
meine 2 Salbeibüsche im Garten gedeihen in diesem Jahr super und ich komme schon nicht mehr dagegen an:-))
Mir geht es genau wie Hedonistin. Als 14-jährige wurde ich in der Schule mit dem „Fähnlein“ gequält. Aber vielleicht sollte ich mich ihm doch noch mal nähern und dann vielleicht mit einem Mäuschen dabei zum Naschen.
@Rosa: daran kann man sich sattessen
@Bolli’s Kitchen: gestern hattest Du Salbei im Kalbsschnitzel 🙂
@Nathalie: Gottfried Keller hats überlebt und wir eben auch. Salz und Zucker sind ebenso gefährlich. Mehr als 15 g pro Tag isst keiner. http://www.dr-gumpert.de/html/salbei.html
@Andrea: die Blätter müssen trocken sein und der Teig ausreichend dick, damit etwas haften bleibt.
@Eva: halbschwimmend !
@Isi: bis zum 10. Juli ist noch Zeit.
@Hedonistin: Die Schullektüre trifft die Opfer mindestens 5 Jahre zu früh, in einem unreifen Alter. Ich lese seit geraumer Zeit nur noch alte Schwarten, mit Genuss.
@Karin: wenn er mal ein gewisses Alter hat, ist Salbei nicht mehr zu stoppen. Ein idealer Bodendecker.
@Buchfink: mit Hadlaub, einer andern Novelle aus diesem Buche, kann ich auch nichts anfangen, aber den Landvogt von Greifensee habe ich gerne gelesen.
Für die Mäuschen ist mein Salbeistöckchen leider noch zu mickrig, also muß eine andere Knabberei zur Lektüre von Gottfried Keller herhalten. Danke für die Erinnerung daran.
Die Novellen (noch vom Großvater) und 2 weitere Bücher stehen im Bücherschrank 🙂 und warten schon lange darauf, wieder gelesen zu werden.
@lamiacucina: gerade habe ich entdeckt, daß mein Buch (Gottfried Keller, Novellen) sich hinsichtlich der Auswahl der Erzählungen doch von der Neuauflage unterscheidet. Das Fähnlein ist zumindest dabei und wird bald einmal wieder gelesen.
Ich liebe diese Salbeimäuschen, bevorzuge dazu jedoch Weisswein anstatt Frau Hedigers Kaffee …
In Österreich versteht man unter gebackenen Mäusen was ganz anderes: schmalzgebackenen Germteig mit Rosinen, eine schöne Kindheitserinnerung.
Ui, habe gerade so schöne große Basilikumblätter! Das wird morgen gleich ausprobiert.
@Charlotte: Du musst Dich bei den Knabbereien keineswegs um historische Glaubwürdigkeit bemühen 🙂 In meiner Ausgabe (1949) sind drin: Hadlaub, Narr auf Manegg, Landvogt, Fähnlein und Ursula.
@Eline: ich habe mich auch nicht an den Serviervorschlag von Keller gehalten, sondern an eine Flasche Pinot grigio Puiten von Schreckbichl.
@Ulla: SALBEI, kein BASILIKUM !!! Hoffentlich kommst Du nochmals vorbei und liest das, und sonst schmeckt wenigstens der Teig gut.
Oh, das wird nachgemacht, schon Keller zu Ehren und Spiegel, dem Kätzchen, und dem grünen Heinrich sowieso. Dass Salbei schaden kann, habe ich noch nie gehört, aber von Rosmarin kann ich bezeugen, dass mehr als ein kleines Zweiglein wirklich Bauchweh macht.
Viele Grüße
P.
Salbei gehört nicht zu meinen Freunden, obwohl das Foto eigentlich viel Spass bei der Zubereitung verspricht. Ich habe einen asistischen Basilikumstrauch geschenkt bekommen und weiß nicht, was ich damit machen soll. Das könnte vielleicht etwas dafür sein.
Ich greife bei diesen Mäuslein sofort zu, egal ob ich dazu Kaffee oder Wein bekomme 🙂
Diese Mäuschen sind allerliebst – wollten wir eigentlich auch schon immer mal ausprobieren.
Das Buch klingt natürlich auch gut – hm… Da wäre eine Bildungslücke zu schließen.
oh, wie fein, ein klassiker. und noch dazu einer, der unserem faible für die schweiz entgegen kommt. danke für den tipp! ein, zwei, drei, viele von Deinen salbei-mäuslein hätten wir übrigens gerne nebenher, zum naschen…
@Poliander: Der Seldwyler Kater Spiegel hätte gewiss seine Freude an den Mäuschen, solange sie nicht im eigenen Schmer gebraten werden.
Rosmarin? Den esse ich gerne in Unmengen. So verschieden sind die Leut‘.
@Buntköchin: Basilikum ist dafür nicht geeignet. Ich kenne zwar den asiatischen nicht, weil ich nicht asiatisch koche.
@Petra: also auch Wein 🙂
@Barbara: Meine Bildungslücke liegt bei den modernen Autoren.
@reibeisen: das gibt aber Fettflecken ins Buch !
Diese Salbeiblätter habe ich zum ersten Mal auf der Hochzeit meiner Freundin Marina gegessen und fand sie köstlich. Dort gab sie auch in der gefüllten Version: Zwischen zwei Salbeiblättern noch etwas Sardellenpaste.
Das muss ich auch mal testen, sieht bestimmt auch so gut aus als Beilage.
@lamiacucina: nur zur Info – meine Ausgabe (1936) ist doch recht unterschiedlich: Kleider machen Leute; Romeo und Julia auf dem Dorfe; Die drei gerechten Kammacher; der Landvogt von Greifensee und das Fähnlich. Die Leute von Seldwyla (war meine 1. Keller-Novelle) und der grüne Heinrich sind die beiden anderen Bücher.
Da fällt mir ja ein Stein vom Herzen, daß ich zum Lesen auch andere Knabbereien genießen kann 🙂
hach, die wollte ich schon lange mal ausprobieren. Danke fürs Rezept!!!!
LG, Thea
@Alex: lustig, wie verbreitet die seit alters her sind, sogar in einer italienischen Version.
@gourmet: ich hab sie schon als amuse-gueule erhalten.
@Charlotte: Kammacher, Romeo und Kleider machen Leute sind ursprünglich Bestandteil der beiden Seldwyla-Novellenbände.
@Thea: da hab ich demnach gut gewählt 🙂
Womit mal wieder bewiesen ist, dass Essen und Lesen und Mäuse zusammengehören.
Lesen vereint sogar Katzen und Mäuse unter der Leseleuchte.
Sehr süß und doch nicht süß! Als mir meine Schwester aus Züri erstmals Müüsli mitgebracht hab, dachte ich an ganz gesunde Süßigkeiten! 😉
Tolle Mäuse und schöner Bericht. Das will ich schon die ganze Zeit ausprobieren. Hab das Gefühl, dass es dieses Jahr groß in Mode ist, viele machen es. Hab Ananassalbei auf dem Balkon, aber kaufe wohl besser anderen.
@Elisabeth: und waren sie denn ungesund ?
@Poulette: grosse Blätter sind von Vorteil.
2 Eier 160g Mehl 1dl Bier Schuss Weissweinessig
+tabasco, paprikapulver, salz, pfeffer und Muskat
1h ruhen lassen
mmmmh auch sehr lecker