CH-5600 Lenzburg: Schloss

CH-5600 Lenzburg 0_2009 08 25_2255

Schloss Lenzburg, hoch über dem Städtchen Lenzburg gelegen, wurde 1036 erstmals als Stammsitz der Grafen von Lenzburg erwähnt, die damals bedeutende Lehen im schweizerischen Mittelland besassen. Der letzte Besitzer starb 1173 ohne Nachkommen; das Schloss vererbte er an Kaiser Barbarossa. Dieser vergab es wiederum als Lehen an die Kyburger, die das Schloss später käuflich erwarben. Um 1230 entstand unterhalb des Schlosses eine befestigte Marktsiedlung, das heutige Lenzburg. Nach dem Aussterben der Kyburger übernahmen die Habsburger im Jahr 1264 das Schloss und die Siedlung. 1306 wurde dem Ort durch Herzog Friedrich I. von Österreich das Stadtrecht zugesprochen.

Im April 1415 eroberten die Berner den westlichen Teil des Aargaus. Lenzburg wurde eine Untertanenstadt im Berner Aargau, durfte aber seine bisherigen Freiheiten weitgehend behalten. Bern kaufte 1433 das Schloss; von 1444 bis 1798 war das Schloss Landvogteisitz des Oberamts Lenzburg.

Nach dem Einmarsch der Franzosen im März 1798 wurde der Bernische Aargau von Bern abgetrennt und in den neuen Kanton Aargau integriert.

CH-5600 Lenzburg 1_2009 08 25_2253
steiler Aufstieg
CH-5600 Lenzburg 2_2009 08 25_2254
2 Zugbrücken: für dick und dünn

Der älteste Bau auf dem Schlossareal ist das Ritterhaus, mit dessen Bau Herzog Friedrich II. von Tirol-Österreich 1339 begann. Darin plante er die Hochzeit mit der Tochter des englischen Königs Eduard III. abzuhalten, war durch vorzeitiges Ableben aber daran verhindert.

CH-5600 Lenzburg 6_2009 08 25_2286
Ritterhaus
CH-5600 Lenzburg 5_2009 08 25_2259
Saal im Ritterhaus

Die Bastion am östlichen Rand des Innenhofs wurde von 1642 bis 1646 anstelle der Ringmauer mit Wehrgang erbaut, um eine bestehende Baulücke zwischen Palas und Landvogtei (Titelbild) zu schliessen und das Schloss vor Kanonenbeschuss vom gegenüberliegenden, etwa gleich hoch gelegenen Hügelzug aus zu schützen.

CH-5600 Lenzburg 4_2009 08 25_2256
Ostbastion mit Glockenturm
CH-5600 Lenzburg 3_2009 08 25_2260
ein Ritter von trauriger Gestalt

Das Schloss beherbergt in den Austellungsräumen in Turm und Palas, der Ostbastion und in der Landvogtei Dauer- und Wechselausstellungen und ist ein beliebter Ausflugsort für Schulklassen. Zu sehen sind:

  • Wohnkultur vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhundert
  • Strafuntersuchung und -vollzug im Mittelalter
  • historische Waffen und szenische Waffenschau
  • sakrale Kunst, Silber, Möbel und Kostüme aus den Sammlungen des Kantons Aargau
CH-5600 Lenzburg 7_2009 08 25_2265
Blick in die Küche
CH-5600 Lenzburg 8_2009 08 25_2267
Blick in die Schreibstube

1822 wurde das Schloss an ein Erziehungsheim verpachtet. Später an Private verkauft. 1872–1893 gehörte es Dr. Friedrich Wilhelm Wedekind, dem Vater des Schriftstellers Frank Wedekind, der in Lenzburg auch die Schulen durchlief. In jungen Jahren schuf der Schriftsteller als Werbetexter für Maggi so bedeutende Texte wie etwa diesen hier:

Vater, mein Vater !
Ich werde nie Soldat.
Dieweil man bei der Infanterie
Nicht Maggi-Suppe hat !
Söhnchen, mein Söhnchen !
Kommst Du erst zu den Truppen,
so isst man dort längst nur
Maggis Fleischkonservensuppen !

1893 erwarb der Amerikaner Augustus E. Jessup das Schloss und stellte den Zustand des 17. Jh. mit aufwendigen Restaurationen wieder her. 1911-1956 gehörte das Schloss zum Besitz der Familie des amerikanischen Polarforschers Lincoln Ellsworth, deren Badezimmer Frau L. bei jedem Besuch leicht neidisch werden lässt. 1956 verkaufte sie das Schloss für 500’000 Franken dem Kanton Aargau.

CH-5600 Lenzburg 9_2009 08 25_2270
Toilette der Mrs Ellsworth
CH-5600 Lenzburg 10_2009 08 25_2271
Gold ? Katzengold !

 

AddThis Social Bookmark Button

16 Kommentare zu „CH-5600 Lenzburg: Schloss“

  1. Dr Huet vo dr Frau L. sofort wieder erkennt. 🙂

    P.S. Danggscheen fir dä interessanti Usflug.

  2. Was für eine wunderschöne Anlage – sowohl von außen als auch von innen – ein Traum für mich als Schlösser- und Burgenliebhaberin. Auch ich habe Frau L. sofort entdeckt und dann auch noch Herrn L. als Ritter von der traurigen Gestalt (ganz schön unbequem, die Bekleidung). Wo ist das Pferdchen denn geblieben? 🙂
    Danke für den interessanten Ausflug.

  3. Thanks for the interesting informationa and wonderful virtual visit! What a beautiful castle!

    Grüsse,

    Rosa

  4. Danke für den abermals schönen Sonntagsbericht, auf den ich mich immer freue! – Klar habe auch ich Frau L. und dich in Ritterrüstung erkannt! 🙂

  5. Immerhin, eine geräumige Küche und eine ruhige Kanzlei – auch auf Schloss Lenzburg hatte man offenbar schon an alles gedacht, was es fürs Kochbloggen braucht 😉

  6. @Nathalie:
    @Basler Dybli:
    ooh, und das frühmorgens !

    @Charlotte: Schweizer Ritter gehen zu Fuss oder mit dem Tram !

    @TheoH: na, soweit in der Ferne ist das nicht.

    @Rosa: quite comfortable.

    @Eva: das war ja leicht 🙂

    @bee: nur den PC muss man selbst mitbringen.

  7. Ich glaube, lieber L, mit dem Friedrich Nummero zwo hast du dich geirrt. Der ist nämlich schon vorher gestorben, als man noch einen Stein von der Burg in die Hand nahm. (trau wikipedia nicht blindlings)
    Ich weiß jetzt zwar nicht, welcher Friedrich passen könnte, aber es freut mich, dass die Österreicher ihre Finger im Spiel gehabt haben.

  8. So etwas schönes für nur 500.000 Franken verkauft! Da hättest Du den Käsehobel unterbringen können.

  9. @nina: ich sagte ja, Schulkinder werden klassenweise durchgelotst.

    @the rufus: mein Los, mich erkennt keiner.

    @Buntköchin: sie wars jedenfalls.

    @entegut: Gemeint ist nicht Friedrich II, der Streitbare, sondern der Sohn Otto des Fröhlichen, der aus der leopoldischen Linie (die für die habsburgischen Vorlande zuständig waren) abstammt und als Friedrich II. 1327–1344 lebte. Die Geschichte mit der Plantagenet scheint mir jedoch eher unwahrscheinlich, da Eduards Töchter erst ab 1344 geboren wurden.

    @Poulette: für dieses Geld hätt ich es gerne gekauft.

  10. Ich war eine Woche unterwegs und nur immer kurz mit langsamer Geschwindigkeit online – aber das Nachlesen macht genauso viel Spass, die Beiträge werden ja nicht alt. Den Hut habe ich auch sofort erkannt und beim Ritter musste ich so laut schmunzeln, dass der Kater neben mir irritiert geschaut hat.

    Auch wenn ich mich wiederhole, die Schweiz ist wirklich ein wunderbares, interessantes Land, in das auch wir sehr gerne, wenn auch selten reisen. Deine fundierten Berichte mit den schönen Fotos gefallen mir immer wieder.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.