CH-3672 Oberdiessbach: Neues Schloss

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Eines der vornehmsten Wohnschlösser der französischen Spätrenaissance im Bernbiet steht in Oberdiessbach, am südlichen Eingang des Emmentals.

Im frühen Mittelalter unterstand der Landstrich den Herzögen von Zähringen, später den Grafen von Kyburg. 1406 gelangte die Herrschaft endgültig unter die Oberhoheit der Berner. Die Freiherren von Diessbach residierten in einem Schloss am östlichen Dorfrand und hatten die hohe Gerichtsbarkeit über Oberdiessbach und das nahe Umland inne. Die Herrschaft wechselte mehrfach den Besitzer. 1647 verkaufte Magdalena Diesbach das alte Schloss ihrem Tochtermanne Sigismund von Wattenwyl, der den Besitz nach kurzer Zeit seinem Bruder, Abrecht von Wattenwyl, überliess. Albrecht, von seiner Dienstzeit als Oberst in französischen Diensten her mit Stil und Kunst des französischen Hofes vertraut geworden, liess in zweijähriger Bauzeit 1666-68 ein zweigeschossiges Patrizierschlösschen neben das alte Schloss derer zu Diesbach erstellen. 3 Jahre später ereilte den lediggebliebenen der Tod

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Die Auffahrt zum Schloss
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Alte Befestigungsanlage

Die von Wattenwyls gehören zu den sechs adeligen Patriziergeschlechtern Berns mit dem Prädikat «Wohledelfesten». Adeliger als die «Edelfesten» und weit über den drittadeligsten, den «Festen» stehend. Das Wappen, das den von Wattenwyls 1453 von Kaiser Friedrich III. gegeben wurde, enthält drei silberne Engelsflügel auf rotem Grund, sie versinnbildlichen das Motto der Familie: Unter dem Schatten deiner Flügel beschütze uns Herr.

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Das Wappen der de Watteville
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Dachvasen

1798 wurde der damalige Schlossherr von den Franzosen als Geisel für die Erpessung der Kontributionszahlungen ins Elsass abgeführt. Der heutige Schlossherr, Sigmund von Wattenwyl besitzt das Anwesen in der 11. Generation. Neben seinem Broterwerb, dem Ackerbau, hat er nach umfangreichen Renovationen das Neue Schloss 1997 seinem ursprünglichen Verwendungszweck wieder zurückgeführt, die Repräsentation: Führungen und Anlässe sind auf Anfrage für grössere Gruppen möglich.  Inzwischen wurde auch der Barockgarten und die südliche Baumallee wieder in den Zustand von 1668 zurückversetzt. Sigmund von Wattenwyl wohnt nebenan im alten Schloss.

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Blick auf den Barockgarten
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das etwas armseligere Entenhaus

 

2010 ist das Schloss vorübergehend geschlossen. Hier noch ein kurzes Video:

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19 Kommentare zu „CH-3672 Oberdiessbach: Neues Schloss“

  1. In so einem Schlösschen möchte ich einige Zeit wohnen, am liebsten im Grünen gelegen, in einem schönen Park und rundum Wald.
    Du kennst die schönsten Orte, hast fast immer Sonne und machst stimmige Fotos. Ob mir meine neue Kamera helfen wird? Ich zweifle.

  2. Der Frühaufsteher nimmt seine Chance war und äussert sich über die negative Seite, wie er sie sieht: Klar, es war ein Geschäft wie ein anderes, aber der alte Wattenwil verdiente wohl das Geld für sein Schlösschen aus der Differenz zwischen dem, was Louis XIV ihm gab und dem, was er seinen angeheuerten schweizerischen Söldnern zahlte. Hinter grossen Vermögen liegt oft ein Verbrechen oder die schamlose Ausnützung einer Situation, wie früher durch Hochadel, Grossgrundbesitzer, Kriegsdienst-Manipulanten, oder heute durch Abzocker-CEOs.

  3. Na, das Schlösschen wär mir recht – nicht zu groß, noch einigermaßen zu heizen, ein Gärtchen ums Eck … würde ich nehmen.

  4. Die Dachvase ist prächtig (ist das reine Zierte oder liegt denen auch eine Symbolik zugrunde?)das Wappen gefällt mir: unter dem „Flügelschatten des Herrn“ zu sitzen hört sich, egal ob religiös oder nicht, gemütlich (paradiesisch lass ich jetzt mal außen vor) an. (nur bei Friedrich III war ich etwas irritiert, aber diese Kaisernamen/-zählungen bringe ich sowieso immer durcheinander). Gibt es auch Bilder vom Schlossinnern? Du siehst, Robert, ich kann von Deinen Berichten nicht genug bekommen!

  5. Schön!
    Auf deinen Fotos gibt es keine Menschen, nicht einmal Enten im Haus. Ob ich mich da einmieten könnte? Ist ja nur zum Schlafen. Den Schabernack mache ich untertags im Springbrunnen. Dann täten vielleicht auch mehr Besucher da sein?

  6. Wie schon jemand vor mir geschrieben hat: das Schlösschen hat die richtige Größe 😉

  7. @Erich: Du kannst Dich nicht über deine neue Kamera beklagen, deine Fotos von der Südostasienreise sind Fotobuchwürdig. So war es mit den alten Söldnerführern. Das waren Unternehmer im heutigen Sinne, auf jeden Vorteil bedacht, egal wieviele Leben es gekostet hat. Von den Krüppeln nicht zu reden. Wenigstens haben die Herren der Nachwelt schöne Bauten hinterlassen. Was wird einmal vom Imperium des Herrn Kamprad bleiben ?? Grasüberwachsene Parkplätze und hässliche Gewerbebauten.

    @the rufus: schnell gemerkt.

    @Nathalie: ich melde mich zum heizen.

    @Christine: ich weiss nicht, wie es drinnen aussieht. Zu zweit ist man keine Gruppe. Dachvasen sind auf bernischen Landschlössern sehr beliebter Zierat ohne weitere Bedeutung.

    @entegut: zwei Enten sitzen neben dem Haus und schauen gelangweilt den dicken Forellen im Teich zu, an einem Spätsommertag ist es draussen wärmer als in der ungeheizten Hütte. Schabernack ? Doch nicht ein Ententanz 🙂

    @Rosa: meine Vorfahren haben mir keins vererbt 😦

    @April: unterschätze die Unterhaltskosten nicht !

  8. Was für ein prächtiges Schloss… in Gedanken wandle ich durch die Allee…
    …und freue mich grad nur, dass endlich mein ganz eigener Blog online ist! 🙂
    Liebe Nikologrüße, Elisabeth

  9. Wieder ein schöner, interessanter Bericht. Schloß und Lage gefallen mir sehr gut, zum Wohnen wäre das zu geräumig für mich, vom Unterhalt ganz zu schweigen. Aber das Entenhaus wäre mir doch zu klein und schäbig :-).
    Durchs Emmental bin ich schon einmal gefahren, habe dort sogar übernachtet, das Schloß aber leider nicht gesehen. Ich freue mich immer wieder, wenn ich durch Deine Berichte meine Erinnerungen an die Schweizfahrten auffrischen kann – danke!

  10. @Robert: Wie recht du hast, auch mit dem Kamprad! Aber nicht mit allem, sage ich jetzt mal rechthaberisch. Ich freue mich an vielen meiner Fotos, auch ab und zu an Sachen, die ich koche, aber es gibt noch erhebliches Verbesserungspotential in beiden Gebieten. Dir geht es ja nicht anders, Du gehst zum Rosenblatt, um besser zu werden. Deine Food-Fotos, die der Buntköchin und die vom Chriesi, nebst ein paar anderen, sind einfach Spitze, das ist nun mal so.

    1. Hast Du schon mal bei Alex (cuoche dell’altro mondo) reingeschaut ? Ihr Bericht über einen Besuch in Schweizer Städten von Heute ? Dann weisst Du, warum ich mit meinen Fotokünsten unzufrieden bin 🙂

  11. Ja, so ging es mir auch, ich hatte dort reingeschaut kurz bevor ich Dein Lob sah, das mich wieder ein bisschen aufstellte.

  12. Die Besichtigung des Gewölbekellers ist gratis, aber vermutlich auch nur als Gruppe. Ich finde es faszinierend, dass der private Kram in solchen bewohnten Schlösser tatsächlich für Feierlichkeiten ausgeräumt wird. Die Schloßbesitzer nächtigen dann woanders und dann wird alles wieder eingeräumt.

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