Ausreisen sind derzeit gestrichen. Keine Ausreise = Kein Reisebericht. Die Durchfahrt durch einen der hässlichsten Vororte der Schweiz kann man denn auch nicht als Ausreise benennen. Wenige Kilometer von Basel, Rheinaufwärts, liegt Schweizerhalle. Obwohl sich hier freiwillig kein Schweizer niederlassen würde. Schweizerhalle ist Standort der Schweizer Grosschemie, die sich heute aber teilweise in deutschem und amerikanischem Besitz befindet. 1837 wurden hier Salzvorkommen entdeckt. Für die chemische Industrie ist Salz ein wichtiges Rohprodukt. Wir fahren hier oft durch, weil wir durch müssen. Mitten drin an der Durchgangsstrasse liegt ein Gasthof, Frau L. war durstig, ein Schattenplatz fürs Auto war vorhanden. Also Rast. Überraschung: hinter dem Haus erwartete uns ein zauberhafter, halbschattiger Garten mit Blick auf den Rhein.
Der Garten befindet sich direkt an der Schiffanlegestelle Basel-Rheinfelden. Die in den Garten integrierten Tonamphoren stammen nicht aus römischer Zeit, sondern sind banale, ausgemusterte Steinzeug-Tourils, in denen die Säurefabrik früher Salzsäure aufkonzentrierte. Im Hintergrund sichtbar ist die Christoph Merian, das Linienschiff der Basler Personenschiffahrt beim Anlegen.
Hier haben wir im Pavillon des Sommerrestaurants gegessen, ganz ordentlich, freundliche Bedienung, Ruhe, erholsam. Der Wanderweg verläuft hier direkt am Rheinufer, nicht immer ganz idyllisch und jetzt ohnehin viel zu heiss.
Wenige Schritte rheinaufwärts ereicht man die Villa von Glenck. Carl Christian Friedrich Glenck (1779 -1845) aus Schwäbisch Hall, war ein deutscher Salinist und Bohrtechniker, der in der Schweiz ab 1821 aufgrund von Hinweisen des Basler Geologieprofessors Peter Merian intensiv nach Salzlagerstätten bohrte. Nach mehreren Jahren und insgesamt 17 ergebnislosen Bohrversuchen war er beinahe pleite, als er einen letzten Versuch in der Nähe Basels unternahm. Am 18. Mai 1836 stiessen er und seine Mitarbeiter in 107 Meter Tiefe auf ein Salzlager. Ein Jahr danach, wurde die erste Saline, bestehend aus drei Siedhäusern, einer Schmiede und dem Pumpenhaus, feierlich eingeweiht. Sie erhielt den Namen Schweizer-hall – die zur Schweiz gehörende «Hall», das keltische Wort für Salz und Saline. Weitere durch Glenck vorgenommene Salinengründungen in Deutschland waren Ernsthall, Louisenhall und Heinrichshall.

Der Fund zog weitere Konkurrenten, die chemische Industrie, die hier einen Industriekomplex errichtete, sowie Badebetriebe an. Aus vier sich konkurrenzierenden privaten Salinen entstand 1909 ein einziges Unternehmen, das heute in Schweizerhalle BL und Riburg AG insgesamt pro Jahr 400’000 – 500’000 Tonnen Salz gewinnt. Die Schweizer Rheinsalinen sind heute im Besitz der Mehrzahl der Schweizer Kantone, des Fürstentums Liechtenstein und der Südsalz GmbH Heilbronn, Deutschland. Der Fund beendete die jahrhundertelange Abhängigkeit von ausländischen Salzlieferungen aus Österreich, Deutschland und vor allem Frankreich.
Im Industriegebiet gibts übrigens einen Fabrikladen, der Salz von hier und aus aller Welt führt, auf dass ein jeder sein Spaghettiwasser mit teurem Himalayasalz kochen darf. Meine Meinung hiezu habe ich unter Fleur de Sel, Badesalz für Gewürzesoteriker, bereits kundgetan.
Und es war wirklich keine Ausreise. Ich wollte nur schnell ein paar Flaschen Weisswein aus dem externen Keller holen.
danke für den artikel! ich hab‘ mich oft beim dran-vorbeifahren gefragt, wie diese nicht unbedingt idyllische gegend in baselland zu ihrem gründerzeit-patriotisch angehauchten namen gekommen sein mag … es ist schon bemerkenswert, wie du sogar nicht wirklich ästhetisch-perfekten dingen reizvolles entlocken kannst!
schönen sonntag noch euch!
Nice countrysi8de!
Grüsse,
Rosa
da sieht man mal wieder: es lohnt sich dahinter zu schauen! 🙂
Danke fürs Mitnehmen auf diese Fast-Ausreise! – Habt einen schönen Sonntag.
Sehr schön – naja das erste Bild ist nicht so einladend, aber … hoffe nur, dass im Solbad nicht die Abwässer von oberhalb durch rinnen zur Salzgewinnung 😉
Bestimmt nicht weniger interessant als die „Ausreisen“ – Gewürzesoteriker gefällt mir 😉 – auch hier wieder dazugelernt. Schönen Sonntag, Robert!
Oh ja – schließe mich an: wieder etwas dazu gelernt. Auch die Weisheit, dass Schätze im Verborgenen liegen, scheint sich wieder einmal zu Bewahrheiten.
Ich habe auch den Artikel zum Fleur de Sel mit Interesse gelesen, da ich dieses noch nie verwendet habe (und es, wie Stein- und Meersalz schlicht für Mumpitz gehalten habe) – in Wasser macht es vielleicht Sinn, wenn man seine paar Spaghette (oder ähnliches) in mit bis zu 4 EL gesalzenen Wasser legt oder Soleier (wer kennt die überhaupt noch – ich mag sie nicht…) zubereiten möchte…
Und zu den Gewürzesotherikern 😆 – Glaube versetzt ja bekanntlich Berge….
Nun – und sollte ich mir doch einmal ein Päckchen „gönnen“, dann weiß ich jetzt wenigstens, wie das richtig zu verwenden wäre… ich bin nicht einmal esotherisch angehaucht… 😆
Ich habe die Menükarte vom Solbad angeschaut. Schöne Auswahl. An den Preisen merkt man die Nähe zur Saline.
Es kommt ja immer auf den Standpunkt an, was die Kehrseite der Medaille ist. Und die muss nicht unbedingt hässlich sein.
Gruß aus dem bei 32 Grad kühlen Norden 😉
@ellis.illus: Danke, vielleicht mein letzter Reisebeitrag für ein paar Wochen, wenn mir nicht noch was anderes einfällt 😉 bei der Hitze verkriechen wir uns nur noch im Haus, halten Mittagsschlaf und essen kalt.
@Rosa: nur, wenn man in die richtige Richtung blickt.
@Eva: Zufall, dasswir hier mal angehalten haben. Dir wünschen wir einen interessanten Ausflug in die nähere Umgebung.
@the rufus: und wenn schon, dasselbe passiert am Meer auch, in den Teichen, wo die Salzblüten geerntet werden.
@Christine: Lass Dirs wohl ergehen !
@Heidi: umgekehrt, wo die Salzkristalle sich nicht sofort auflösen, kann fleur de sel empfohlen werden. In Wasser gelöst, möchte ich den Gaumen kennen, der einen Unterschied zu Salinensalz merkt. Der Mensch bezaubert sich halt gerne selbst mit allerlei Zauber.
@Hunk: tatsächlich scheint das Restaurant eine gute Grundauslastung zu haben aus den Direktionsetagen der benachbarten Fabriken. Auf Geschäftsspesen, versteht sich.
@aftenstjerne: der Blickwinkel entscheidet über das, was man sieht. 32° ? Da kann ich gleich hier bleiben 🙂
@Robert: da habe ich mich ja wieder gekonnt unglücklich ausgedrückt – genau, wie Du es sagst, hatte ich das gemeint – es sei denn, man kippt Unmengen von dem guten Salz in das Kochwasser – ja und der Rest ist Mythos…. 😉
Selbstverständlich – nur trocken zum Würzen von Speisen… 😆
Externer Keller? Das hört sich gut an! (Unbegrenzte Lagerflächen?)
Selbst aus diesem Ausflug, der keiner sein soll, hast du einen interessanten Beitrag verfasst.
Da ich diese Gegend ausschließlich von der Durchfahrt kenne, freue ich mich über den Restaurant-Tipp. Ist vielleicht eine Alternative hierzu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Autobahnrastst%C3%A4tte_Pratteln
Vor ein paar Jahren haben wir mal ein paar Tage in Laufenburg verbracht, weil das Städtchen auf der Landkarte rot eingerahmt ist (also als hübsch deklariert) um von dort aus Basel zu erobern. Zu diesem Zweck fuhren wir dann bis Pratteln mit dem Auto, weil wir ab da die Bahnen nach Basel benutzen konnten (Basel-Ticket). Wir kennen also nur die Gegend um den Bahnhof herum, aber das war eigentlich ganz nett dort und wir konnten in aller Ruhe ohne Parkplatzschwierigkeiten die Stadt erobern mit allen Museen. Das ist eine sehr schöne Erinnerung.
@Nathalie: begrenzt, dafür klimatisiert. Etwa 10 m2.
@april: über das weisse Gold könnte man noch viel schreiben.
@nata: 🙂 Raststätten besuche ich nur in Italien, wegen dem espresso.
@Buchfink: Bahnhof Pratteln. Hmm. Ausser dass es dort Parkplätze gibt, wüsste ich von Pratteln nicht viel zu berichten 🙂 Nach Laufenburg, dem alten Habsburgerstädtchen, könnt ich auch mal. Liegt etwas abseits. Ist jedoch weniger hübsch als Rheinfelden.
Das hört sich vielleicht komisch an, aber ich mag Industrieanlagen und ihre Geschichte. Für mich gehören sie dazu.
solange nebenan ein ordentliches Restaurant steht, hab ich auch nichts dagegen.
Ich hab dir schon mal Laufenburg empfohlen, besonders die schweizerische Seite. Es liegt schon sehr putzig da am Rhein, Es gibt einen guten Bäcker dort und wunderschöne Keramik im Laden von Nika Schädel. Ein Restaurant habe ich dort nicht besucht. Viel Spaß!
Die Bäckerei Maier kennen wir 🙂