Wurst ist in aller Munde. Wenigstens hierzulande. Aus meinem kulinarischem Blickwinkel hat eine Wurst einen viel höheren Stellenwert als beispielsweise Edelstücke wie Entrecôtes oder Filets. So wie der Dialekt der lokale, sprachliche Ausdruck einer Kultur ist, sind es auch die lokale Küche und die lokalen Lebensmittel, die mit allen andern Lebensgewohnheiten Identität schaffen. Entrecôtes sind im Vergleich zur Wurst reines Fast-food. Wie sich mit der Zeit Hund und Besitzer derart angleichen, dass man im Hund seinen Besitzer wiedererkennt, erkennt man in der Wurst den Menschen, der zu ihr passt. Sage mir, welche Wurst Du isst, und ich sage Dir, wer Du bist. Das meine ich natürlich nicht wörtlich.
Aus einfachen Fleischteilen eine gute Wurst herzustellen verlangt das Können des Metzgers, Erfahrung. In Poschiavo haben wir in einem einfachen Restaurant eine wohlschmeckende Mortadella gegessen, die vor zwei Jahren von slow-food Schweiz als beste Wurst der Schweiz (klick) auserwählt wurde. Diese Wahl habe ich gänzlich verschlafen. 30 Meter vom Restaurant entfernt liegt die Metzgerei Zanetti. Hinein. Die Puschlaver Mortadella unterscheidet sich optisch von der dicken, italienischen Mortadella di Bologna mit ihren Fettwürfeln. Sie ist viel kleiner, besteht aus Schweinefleischabschnitten, Speck und Fett, die traditionell gehackt und nicht industriell zu Brät gewolft werden. Hinzu kommen noch die Leber, Wein, Knoblauch, Gewürze wie Pfeffer, Nelken, Zimt und Muskatnuss. Es gibt sie roh zum selberkochen oder bereits gekocht. Wer sie will, muss weit reisen, mit der Berninabahn ins Puschlav nach Poschiavo zu Metzger Zanetti oder mindestens bis Chur, wo Zanetti eine Filiale betreibt.
Ich habe eine Rohwurst gekauft, diese 1 Stunde bei 72 Grad, in heissem Wasser ziehen gelassen und kalt , so wird es empfohlen, zu einem Linsensalat serviert. Der Senftouch der Sauce an den Linsen passte sehr gut zur Wurst.
Zutaten
Hauptgericht für 2 Personen
für die Linsen:
220 g Belugalinsen
600 ml Gemüsebrühe (aus Pulver)
1 Karotte zu feiner Brunoise geschnitten
1 Stange Staudensellerie zu feiner Brunoise geschnitten
10 g Butter
1 Tlf. Salz
für die Sauce:
1-2 Elf. Dijon-Senf
2 Elf. Obstessig
2 Elf. Estragon-Essig
1 dl bestes Olivenöl
40 ml Noilly-Prat
1 mittlere Schalotte
wenig abgeriebene Bio-Orangenschale
Salz, Pfeffer
Zubereitung
(1) Die Gemüsebrunoise in der Butter kurz andünsten, mit leicht gesalzener Gemüsebrühe ablöschen, die Linsen zugeben und die Linsen al dente kochen (15 Minuten genügen dafür).
(2) Sauce aus den angegebenen Zutaten anrühren und mischen mit den fein geschnittenen Schalottenstreifen.
(3) Bissfeste Linsen abgiessen, noch warm mit der Sauce verrühren und mindestens 4 h darin marinieren.
He nu so denn. Guet isch Chur grad um en‘ Egge …
In dr Zwyschezyt kann‘ i jo dr Linsesalat zieh lo 🙂
Und ich hatte noch halb verschlafen poschierte Mortadella gelesen und mich gewundert 😉
Die Schwierigkeit besteht in Punkte Wurst nur darin, eine wirklich gute Metzgerei zu finden, heute wo viele nur noch beim Discounter (auf jeden Fall in D.) Wurst & Käse einkaufen, kämpft so mancher ums überleben.
Die Mortadella sieht schon sehr ansprechend aus, trotzdem würde ich den Linsensalat auch ohne nehmen. 😉
Von der Berninabahn habe ich das erste Mal im Zusammenhang mit Horst Lichter gehört, der mit dieser durch die schneebedeckten Berge gefahren ist. *auch will* Ich fürchte nur, daß ich nicht auch in die Küche des kochenden Jägers hineinschauen dürfte, den er in diesem Zug getroffen hat.
Mmmm fein! Das tuni sicher nakoche.
ich bleib in Paris, bei Vérot…..
Aber die Wurst schaut sehr gut aus, schade, dass Du kein Photo von der ganzen Wurst gemacht hast!
Leider gibt es hier ja keine anstaendige Wurst. Das ist schon sehr schade.
Der Linsensalat schmeckt aber sich auch alleine.
Hab das an dieser Stelle schon öfter gesagt, alles was aus dem Puschlav kommt, scheint unglaublich lecker zu sein. Wenn ich Glück habe, erreicht mich gelegentlich ein Schinken aus Poschiavo. – Einen besseren kenne ich gar nicht!
Ansonsten teile ich Deine Wertschätzung für gut gemachte frische Wurst. Das muss man immer wieder mal sagen, damit es sich auch herumspricht. – Danke!
Lieber Lamiacucina
als Wurstliebhaber triffst Du damit gerade alle meine Sinne. Leider. Denn jetzt quälen mich nicht nur Wurstgelüste, sondern auch die Tatsache, dass ich für diese Wurst wirklich sehr weit reisen müsste und sie daher für mich erstmal unerreicht bleibt.
Hach.
Die Wurst als Kulturbotschafter! Ja, das ist absolut richtig!
That combination is mouthwatering! I adore Mortadella and lentils.
Grüsse,
Rosa
Ich komm‘ morgen wieder 😉
ich ess´ gar keinen Wurst! Wer bin ich?
Das ist die schönste Liebeserklärung für Wurst, die ich je gelesen habe! Bin noch ganz gerührt. Und eifersüchtig wie ich bin, könnte ich mir vorstellen, gleich am Wochenende einen Abstecher ins Puschlav zu machen …
@Basler Dybli: Hin und wieder soll der Zanetti sogar im Züri HB einen Stand aufschlagen. Das liegt aber schon gar nicht um die Ecke.
@Tina: wir haben sie zum Garen tatsächlich pochiert. Die Anzahl Metzgereien geht hier auch laufend zurück. Leider.
@Hesting: die Linsen kannst Du auch mit Wienerwürstchen essen. Ich sehe nicht mehr fern, deshalb muss ich passen. Jäger fahren kaum mit der Berninabahn, die nehmen das eigene Geländefahrzeug.
@chriesi: Du bündnerst aber nicht schlecht 🙂
@Bolliskitchen: den Vérot will ich Dir auch nicht abspenstig machen. Den musst Du pflegen.
@My kitchen: diesen Zustand erleben wir hoffentlich nicht.
@nata: aus Euroschweinen lässt sich keine gute Wurst machen. Richtig. Die Puschlaver gelten zwar als Schlitzohren, aber nur bei den adeligen Nordbündnern, die neidvoll an ihrem Trockenfleisch nagen.
@wortteufel: zum Trost, auch ich muss wieder ein ganzes Jahr auf die nächste warten.
@Peter: mit grösserer Wirkung als jeder normaler Botschafter des aussenpolitischen Departements.
@Rosa: Wurstliebhaberin. Hätte ich nicht gedacht.
@sammelhamster: Morgen gibts Maggi oder Knorr. Ultimo beim kochtopfevent.
@Arthurs Tochter: eine Wurstverächterin oder eine Wurstzurückgehlasserin !!
@hanswurst: da musst Du Dich beeilen, noch ist die Bernina nicht schneebedeckt.
Interessant! ob wir auch mal unsere Ferientage da verbringen sollen? Wohl dann eher nicht wegen der Wurst. Zumindest nicht für mich. Wir hatten einen tollen Metzger an der Grenze zum Bernbiet der noch selber wurstete, jedoch hat er nun altershalber zugemacht und die feinen Würste (Spezialität Trockenwürste) sind Vergangenheit.
Grüsse aus dem solothurnischen
Irene
Okay, ertappt … das erwähnte Treffen war (vermutlich) gestellt, der besagte Jäger hat aber auch einen Gasthof auf irgendeinem der schneebedeckten Berge.
Ja, ich rede gerade in Rätseln.
Wir sind keine Wurst-Esser. Aber bei hausgemachter und dazu noch Mortadella, würde ich eine Ausnahme machen.
Ein schöner Eingangsessay und ein nachfolgendes Essen aus einer verschwundenen Welt. Gefällt mir sehr.
Wie gut!
Ich glaub´ dir machts Spaß, uns öfters mal Dinge zu zeigen die hier unerreichbar sind 😉
Puschlaver Gitzi hab ich in bester Erinnerung, da wird die Mortadella sicher auch so gut sein wie sie aussieht. Dein Gericht ist nah verwandt mit den umbrischen Linsen mit Zampone.
Allerdings würde ich meine Linsen schön weich kochen, ich mag sie keinesfalls al dente.
Oh, das arme Schwein… 😉 du hattest recht… und doch bin ich deinem Gesang gefolgt… 🙂
Da ich nicht weiß, wie die Puschlaver Mortadella schmeckt, wäre ich mit einer schönen frischen Schinkenwurst von meinem Lieblingsmetzger zu dem Linsensalat auch glücklich 😉
hoi robert
bei der metzgerei zanetti kannst Du Deine Wurst auch telefonisch bestellen und sie wird Dir mit der post und rechnung zugeschickt. auch die salametti (classico oder mit wild) finde ich himmlisch wohlschmeckend.
aber Du hast recht, wenn Du zeit hast ist eine fahrt in’s puschlav schöner als ein post-paket gegenzuzeichnen……
grüessli
chris
ps: danke für das rezept!
NACHTRAG:
im moment kannst Du auch frisches Wild bei ihm bestellen (in der wurst oder eben richtig frisch aus lokaler jagd).
NOCH ein NACHTRAG. versprochen, der letzte:
http://www.zanettispecialita.ch/
Wurst, wenn überhaupt, esse ich tatsächlich fast nur iVm Linsen. Das sind zwei Zutaten, die sich gegenseitig pushen! Auch optisch! 🙂
@Irene: das Puschlav bietet nicht nur Wurstessern ein Paradies !
@Hesting: beinahe jeder Bündner ist Jäger in der Freizeit. Ich kann nur rätseln, wer das sein könnte.
@Magdi: ich esse auch kein Meeresgetier, mache aber doch Ausnahmen.
@Buchfink: ich versuche nur, das festzuhalten, was noch nicht verschunden ist 🙂
@Claus: das mache ich höchst ungern, das kocht dann ja keiner nach 😉
@Eline: ein wenig Biss müssen die Linden bei uns schon haben, sonst lieber gleich Linsenmus. Im Puschlav hats viele Geissen.
@Elisabeth: andere sind einem Musiker mit Flöte gefolgt, in Bremen war das, glaube ich.
@Linda: gut so ! alles ist durch irgendetwas ersetzbar.
@Chris: Danke, ich habs auch gesehen. Vielleicht im tiefsten Winter, wenns kalt ist. Wild kann ich hier keines machen, dass isst Frau L. nicht. Deshalb gehe ich nächsten Samstag an einen Wildkurs 🙂
@Christine: da hab ich wieder mal Glück gehabt 😉
ja, der Horst Lichter hat diese Reise gemacht.
http://www.tvinfo.de/fernsehprogramm/sendung/99734875_lichters+reise+der+bernina-express
Leider nicht mehr in der Mediathek
heute linse ich lieber auf die hülsenfrüchte.
72 grad garen, wie schafft man das mit einem herkömmlichen herd?
@Wilisch: beim anklicken des links kommt die Botschaft „Fernsehen war gestern“. Das trifft für mich voll zu.
@entegut: Mit einem Thermometer und einem grossen, wassergefüllten Topf. Grosse Wassermengen sind träge und lassen sich auch bei schaltfaulen Herdmodellen gut einstellen. Und wenn die Temp. auf 85°C geht, ist das auch egal 🙂
Bin ein Mortadella Fan. Aber ein ganz grosser. Waere schoen zu erfahren, was sich hinter diesem Namen und Anblick fuer ein Geschmack versteckt. Ein bisschen erinnert es ja an das Neujahr’s Cotechino…so als Idee…
schmeckt wirklich wie eine gute Mortadella. Cotechino kriegen wir bei uns, habs aber noch nie gekauft.