Mitten im Emmental, in Affoltern (nicht zu verwechseln mit jenem am Albis) steht seit 25 Jahren eine der bekanntesten Schaukäsereien des Landes. Hier kann die Herstellung von Emmentaler von einer Galerie aus hautnah verfolgt werden. Wenn wir zur Beschaffung von Mehl oder Geranien durch, bzw. über die Emmentaler Hubel fahren, machen wir hier gerne Rast. Obwohl sowohl das Ausstellungs- wie das Schaukonzept etwas in die Jahre gekommen sind. Die Beliebtheit des Emmentalers nimmt stetig ab.  Frau L. versteht das nicht, Emmentaler ist ihr Lieblingskäse. Ich stehe eher auf Gruyère, was uns zuhause immerhin eine permanente Auswahl an zwei Hartkäsen beschert. Aber eben, die Preise für Milch und Emmentalerkäse sind im Keller. Mit Jass-, Örgeli-, Tanznachmittagen und andern ländlichen Lustbarkeiten versucht man wenigstens die ältere Generation anzulocken. So wundert es mich nicht, dass die Schaukäserei letztes Jahr in die roten Zahlen abgerutscht ist.  Gelingt es nicht, einen finanzkräftigen Investor zu finden, wird hier bald ausgeschaut sein. Also, gucken wir nochmals vorbei:


Neben der modernen Käserei steht ein altes, renoviertes Stöckli (Küherstock), ein kleines Häuschen aus dem Jahre 1741, das früher als Käserei, Wohn- und Schlafstock für den Käser und andere Angestellte (Diensten) benutzt wurde. Drin eine kleine Käseküche, ein dunkles Stübchen und Schlafstätten im Gaden.

Im Betriebsgebäude wird die Milch erwärmt, eingelabt, dickgelegt, dann die Masse mit der Harfe zerschnitten und daraus die Käsekörner, der Käsebruch, hergestellt.
Vorgänge, die nebenan im Stöckli  auf dem Holzfeuer von Hand vorgenommen werden müssen.
Im Betriebsgebäude werden die Kennzeichnungs-Folien in die Pressen gelegt. Danach wird der Käsebruch in die Pressform gepumpt, die vier ca. 100 kg schweren Käselaibe gepresst und mehrfach gewendet. Seit Ende 2012 wird auch im modernen Betriebsgebäude ein von Hand gemachter Käse produziert. Der Eidgenoss, der für das bevorstehene Schwingerfest in Burgdorf produziert wird. (die Mi.gros verkauft ihn). Dafür wird die eingedickte Milch von Hand mit der Harfe zerschnitten, in einem Leinentuch aus dem kleinen, offenen Kupferkessel gezogen und mit der Handpresse durch Festzurren gepresst. Anschliessend reift der Laib acht Monate im Feuchtlager, wo er täglich von Hand mit Salzwasser gepflegt wird und seinen Geschmack erhält.
Nebenan im Küherstöckli sind die Formen bedeutend kleiner. Hier ist alles zu 100% Handarbeit. Auf Anmeldung kann man unter Anleitung eines Käsers sogar seinen eigenen Käse herstellen.
Das Käselager der Schaukäserei. Hier reifen die Käselaibe mehrere Monate bei 22°C.
Trotz aller Aktivitäten an der Besucherfront scheint es hier an einer ordnenden Hand zu fehlen. Nach 15 Minuten Wartens in der Beiz sind wir wieder gegangen, ohne dass sich eine der Bedienungen um uns gekümmert hätte. Der Eidgenoss, im Hause produzierter, handgemachter Emmentaler, war im Laden auch aus. Kaufen wir ihn halt in der Mi.gros.
Aufnahmen vom letzten Herbst und diesem Winter.
Scheinbar bin ich auch in die Jahre gekommen, denn ich würde gerne beim Käsen zusehen. Allerdings ohne Tanznachmittag 😉
Wenn man einen Bio-Käse haben möchte, ohne die Aufschrift Bio, dann kann man einfach zum Emmentaler greifen. Emmentaler reift nur dann richtig, wenn die Kühe nur mit Heu gefüttert wurden. Daher gibt es so Schutzzonen für den Emmentaler. Dort darf kein Silofutter, Kraftmittel etc. gefüttert werden. Ich wohne in so einer Zone und hab daher die Biomilch, Butter etc. gleich vor der Türe. Unsere Molkerei weiß, dass sie das teurer als Bioprodukte verkaufen können. Die könnten also weniger Emmentaler und dafür viele andere Bio-Produkte erzeugen, und wären gerettet. Liebe Grüße Anna
@magentratzerl: sonst sind es doch eher die Männer, die sch vor Tanznachmittagen zieren 😉
@Anna Purna: Emmentaler lässt sich mit Silofutter nicht herstellen. Das Biolabel verspricht aber mehr. m.W. garantiert es, dass der Betrieb in Abständen kontrolliert wird, ob Bio drin ist oder nicht. Auch hier versucht man mit der Produktion von Spezialitäten dem Preisdruck auszuweichen.
Es scheint das Los mancher Traditionen zu sein, dass man sie mit einem musealen Charme umhüllt, statt sie lebendig zu halten. Unternehmergeist denkt von einer Generation zur nächsten, Marketing nur an eine.
ich liiebe Emmentaler und genauso liiiebe ich Greyerzer, am besten vereinigt als Fondue. Das müßte ich überhaupt mal wieder machen. Schönen Rest-Sonntag
Thanks for sharing! Dairies are such interesting places.
Grüsse,
Rosa
Danke für diesen interessanten Bericht! Lebensmittelherstellung ist so interessant! Als Stadtkind habe ich das alles nicht als Kind gelernt. Der Käse lag halt schon fix und fertig im Geschäft.
Das hört sich traurig an. Resigniert fast. Und das an einem obendrein so trüben Tag, an dem es hier mal wieder herumgeschneit hat! Es lebe der Emmentaler! Aufmunternde Grüße in die Schweiz… 🙂
Ich bin auch mehr der Gryerzer-Typ. Gimme 5! 😉
Oh das wäre was für mich, ich als Käsefanatikerin :). Würde aber auch eher zu Gruyère greifen, lecker….. 🙂
Ich bin eher bei Frau L. und somit Team Emmentaler, ich muss aber auch gestehen, dass ich allzu würzige Käse (leider!!) nicht so sehr mag und eher mild-nussig bevorzuge.
Den Schweizer Emmentale hab ich schon als Kind sehr geliebt 🙂
Ich mag Emmentaler… und Gruyere… und Appenzeller… und Nusschäs… und alle übrigen Schweizer Käse wahnsinnig gerne. Ich sollte besser direkt in einem guten Käsegeschäft leben – wie ich es in 5 Minuten Fussweg Entfernung habe. Ein Einkauf dort ist ein teures Vergnügen, weil meine beiden Männer meine Vorliebe teilen, aber eben ein Vergnügen!!!. Wenn der Käse mit den Salzkristallen aufgegessen ist und nicht am gleichen Tag Nachschub kommt, dann… muss Mama sich eine gute Ausrede überlegen. ICH – NEIN: WIR LIEBEN SCHWEIZER KÄSE! ALLE SORTEN! Und ein Besuch in einer Käserei: hochinteressant, habe ich schon mal im Bregenzer Wald gemacht. Und sollte ich mal nach Affoltern kommen, würde ich mir diese auch anschauen, trotz Deiner Kritik. Die Herstellung von hochwertigen Lebensmitteln ohne Chemie etc.ist für mich immer faszinierend.
Danke für Deinen Bericht und einen schönen Restsonntag
Monika
PS: Ich habe Belper Knollen gefunden – hurra!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! In einem tollen Käsegeschäft in Freiburg, für Nachschub kann dann meine Tochter sorgen. Jetzt kann ich Deine Rezepte mit Belper Knolle ausprobieren!
Danke für den Bericht, denn mein Lieblingskäse ist auch der Emmentaler.
Eine Schaukäserei ganz anderen Ausmaßes durfte ich einmal im Rahmen eines Kongressevents erleben:
http://www.sennerei-zillertal.at/index.php?id=26
Es braucht anscheinend die dortigen Dimensionen, dass solch eine Einrichtung heute überleben kann.
@bee: so langsam dämmert das auch hier. Das zeigt das Beispiel des handgemachten Emmentalers. In der modernen Käsereianlage wird täglich ein Emmentaler von Hand hergestellt. Das teure Equipment darf untätig zugucken.
@Buchfink: wir haben uns auf moitié-moitié geeinigt.
@Rosa Mayland: bin auch immer wieder gerne da.
@Jules Gartenküche: heutige Stadtkinder wissen kaum mehr, woher die Milch kommt.
@Sugarprincess: Frau L. isst täglich Aemmitaler, und ich zuweilen auch. An uns kanns nicht liegen.
@zorra: Gerne, klatsch-5.
@lamiatrattoria: es gibt noch mehrere Schaukäsereien in der Schweiz.
@Britta: guter Emmentaler hat aber auch ein einzigartiges Nussaroma.
@mini-ffm: siehst Du, wie die ersten Menschen muss man sich auf die Jagd nach den guten Dingen. Auch wenn man nicht jedesmal auf ein Mammutsteak stösst.
@mlocuc: ich glaube nicht, dass es an den Dimensionen liegt. Für viele, die das einmal gesehen haben, ist der Reiz des Neuen vorbei. Dann kommen sie nie mehr.
Die legen die Dart-Scheiben waagrecht hin, statt aufhängen? mal was neues 🙂
Da“oben“ ist es wirklich spannend, wir waren mit einer Schar Kindern frischkäse herstellen. Von da ist auch mein Nachschub an Belperknolle, sofern mein Mann da oben am arbeiten ist 😉 ich bevorzuge seit klein auf den Gruyère 🙂
Liebs Grüessli
Irene
Der Prozess der Käseherstellung ist für mich reine Magie. Ein unglaubliches Lebensmittel. In England, wo es angeblich mehr Käsesorten gibt als in Frankreich (behaupten die Engländer, natürlich!), setzt man sehr stark auf kleine, regionale Käsereien. Deren Käse werden teilweise nur in der jeweiligen Stadt oder den umliegenden Dörfern verkauft. In den internationalen Export kommt außer Cheddar oder Stilton kaum etwas. Aber statt regionaler Lebensmittel will die Mehrheit ja im Supermarkt lieber die 5 angestammten Sorten in immer gleichbleibenden Qualität rund ums Jahr und das möglichst billig. Und wehe, er stinkt!
Ich bin mit «Schuld» daran, dass die Schaukäsi ein finanzielles Problem hat. Ich kaufe/esse nämlich keinen Emmentaler. Greyerzer ist mein Lieblingskäse, in Greyerz gibt es auch eine Schaukäsi… 😉
@the rufus: Flach liegende Zielscheiben sind schwieriger zu treffen. Deshalb gibt es hier soviele gute Schützen.
@Irene: Ein Frischkäse aus der Dorfchäsi ist besser geeignet für Kinder als ein Hartkäse aus dem Stöckli, den man erst Monate später erhält.
@Julia: der Trend zu Spezialitäten aus kleinen Käsereien ist überall zu beobachten. Auch Supermärkte bieten diese mittlerweile an. Ob das Angebot angenommen wird, muss sich zeigen. Ein Aktionskleber „50%Rabatt“ ist auch hier noch das beste Verkaufsargument.
@Wilde Henne: das liegt eher am hiesigen starren Planwirtschafts-System der Zuteilungen, wer welchen Käse machen darf. Wäre das System flexibler würde man produzieren, was der Markt verlangt. In die Schaukäsi in Greyerz hat es mir noch nie gereicht, obwohl wir dor auch immer Halt machen.
Schön zu sehen, dass solche Betriebe auch funktionieren. Sieht sehr persönlich aus und gerne würde ich auch mal selbst einen Rundgang machen. Vielleicht klappt es ja eines Tages 🙂