Gut 20 Jahre her mag unser letzter Ausflug ins Elsass zurückliegen. Auch wenn das Gedächtnis löcherig geworden ist, an eines erinnere ich mich noch genau: an die Elsässer Fleischpasteten, die in jeder Wynstub, Boucherie oder bei jedem Traiteur entlang der route de vin zu haben waren. Schweinchenrosa. Mit handgeschnittenem, statt gehacktem Fleisch. So kurz nach Weihnachten bin ich noch in Übung mit dem Pastetenbacken. Wie wäre es denn mit einer Winzerpastete? Nur so eine ganz kleine. Die wird wohl noch drinliegen, bevor die Fastenzeit beginnt. Die Winzertorte besteht aus Kalb- und Schweinefleisch, mariniert in Elsässer Weisswein und Schalotten. Meist einfach gewürzt: Salz, Pfeffer, Petersilie. Eingebacken in Mürbeteig oder in Blätterteig, oder gleich in beidem. Auch das Münstertal hat seine Fleischtorte: dort wird jedoch das Fleisch nicht in Wein mariniert. Ich hab ein paar Rezepte französischer Internetseiten angesehen, und daraus mein eigenes Rezept gebastelt:
Zutaten
für eine hohes Kuchenblech von 20 cm Durchmesser
für den Boden der Pastete:
200 g Weizenmehl (405)
100 g Butter
1 kleines Ei
Salz (Teig würde für eine 22-er Form reichen)
für den Deckel der Pastete:
1 runde Platte Fertig-Butter-Blätterteig, Durchmesser ca. 24 cm
für die Fleischfülle:
250 g Kalbfleisch (Schulter)
270 g Schweinefleisch (Hals)
70 g grüner Speck (Halsspeck)
80 ml Weisswein (Sylvaner, L.: Chablis)
1 dl Hühnerfond
15 g Butter
40 g Schalotten, geschält und fein geschnitten
Pökelsalz (oder normales Salz, siehe Bemerkung)
1 Elf. Doppelrahm oder Crème fraiche
1 Scheibe Toastbrot (das Weisse, gewürfelt)
1 Eigelb mit wenig Rahm verdünnt, zum bestreichen

für das Gewürz:
1 Lorbeerblatt
10 Pimentkörner
4 Stück Macisblüte
1 Tlf. Majoran getrocknet
1 Tlf. Thymian getrocknet
5 Wacholderbeeren
1 Tlf. Sarawakpfeffer
1 Tlf. weisser Pfeffer
20 Korianderkörner
alles in der Gewürzmühle vermahlen
Zubereitung
(1) Kalb- und Schweinefleisch in feine Würfel (ca. 7 mm) schneiden. Schalotten in der Butter glasig andünsten. Zum Fleisch geben. Den Geflügelfond stark einkochen (auf 1/3) und zusammen mit dem Weisswein das Fleisch übergiessen und mit 2 Tlf. Würzmischung und einer Prise Pökelsalz mischen. Über Nacht bedeckt kühl stellen.
anderntags:
(2) den Mürbeteig zubereiten. Mind. eine Stunde kalt stellen.
(3) Den grünen Speck in kleine Würfel schneiden und zusammen mit 2-3 Elf. der marinierten Fleischfülle, 1 Elf. Doppelrahm und den Weissbrotwürfeln sowie einem halben Tlf. Pökelsalz zu einer homogenen, dicken Farce cuttern.
(4) Farce und die Hauptmenge der marinierten Fleischwürfel gut mischen. Nachwürzen mit Gewürz und normalem Salz. Petersilie unterziehen.
(5) Den Teig ausrollen auf einen Kreis von ca. 32 cm. Ränder überstehen lassen. In die gebutterte, mit Bröseln ausgestreute Form geben. Die Fleischfülle dicht darauf packen.

Dann den Blätterteigdeckel drauf legen und den überstehenden Rand des Blätterteigs zwischen Fleisch und Mürbeteigboden hinunterdrücken.
(6) Den Blätterteigdeckel mit Eigelb bepinseln.
(7) Den überstehenden Rand des Mürbeteigs etwas einkürzen und auf den Blätterteigdeckel klappen und ankleben. Aus dem vorigem Blätterteig Blümchen ausstechen und verzieren. In der Mitte einen Kamin abringen.

(8) Die Pastete im vorgeheizten Ofen bei 230°C 15 Minuten anbacken (U-/O-hitze Schiene 1). Danach Hitze auf 180°C reduzieren und während ca. 30-40 Minuten fertigbacken.
(9) Pastete herausnehmen, etwas abkühlen lassen, dann aus der Form nehmen und auf einem Gitter auskühlen lassen. Über Nacht mit einem Tuch bedeckt im Kühlschrank lagern.

Ich verzichtete auf das bei der Tourte vigneronne übliche Ausgiessen der Schwundräume mit einem Rahm-Eierguss und nachbacken. Das stabilisiert die Pastete für den Transport. Bei der Münstertaler Fleischtorte macht man das auch nicht und das Münstertal liegt auch im Elsass.

Anmerkung
Erstmals benutzte ich in einem Rezept Pökelsalz. Weil mich der Umröteeffekt interessiert hat. Bei kräftig gebackenen Fleischpasteten verblasst die natürliche, rote Fleischfarbe, um manchmal einem unansehnlichem Graubraun Platz zu machen. Das im Pökelsalz enthaltene Nitrit verbindet sich mit dem Muskelfarbstoff Myoglobin zu einer hitzestabilen Substanz, die rot gefärbt ist. Jeder, der Wurstwaren isst, kennt das Problem: Bio = grau, gepökelt = rot. Gemäss der deutschen Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel sollen 97% der täglichen Nitritaufnahme aus gedüngtem Gemüse (Wintersalaten) oder von Stoffwechselvorgängen her stammen. Der Umröteeffekt hat funktioniert, die Pastete war rosa wie in der Erinnerung, und ich werde künftig die Finger wieder davon lassen. Es reicht an den Risikofaktoren, die man nicht beeinflussen kann.
Ja, der letzte Elsass-Besuch ist bei mir bestimmt genau so lange her – als ich noch in Baden-Baden lebte, waren wir oft mal dort – war immer schön!
Deine Winzerpastete sieht wieder mal phantastisch aus, aber das weißt du selbst! 😉
nächstens haben wir uns einen Elsassbesuch vorgenommen !
schön, das freut mich! Wird euch gut tun!
Delyzioos !
Je e Stugg vo dère Pastete und vo dr „tarte aux myrtilles“, zämme mit em entsprächende Wyy an Ort gnosse isch (bishär) dr Himmel uf Ärde. Danggerscheen fir das feine Rezäpt.
Heidelbeertarte gibts noch keine auf meinem Blog. Aber zur Heidelbeerzeit könnte ich ja mal eine machen 🙂
Sehr gärn !
Èb „tarte ou tartelettes“, Typ „alsacienne ou vosgienne“ iiberloss i dir. I bi fir alles z‘ ha 😉
20 Jahre Elsass-Abstinenz ist definitiv zu lang, vor allem für jemanden, der so schöne Tourte backen kann! Wunderbares Rezept, ich finde es total clever, für unten Mürbeteig zu nehmen und für oben Blätterteig. Beide haben die jeweils geforderten Eigenschaften, die man mit einer Sorte Teig nicht erreichen kann. Wieso nimmst du keinen Elsässer Wein, sondern Chablis? Hat der Elsässer zu viel Säure oder war einfach keiner da 😉 ?
Liebe Grüße
Cheriechen
zwei Teige sind passend für diese Pastete. Ich will aber zugeben, dass ich sie erst nur mit Blätterteig machen wollte. Da der Blätterteig nicht gereicht hat, das merkte ich erst beim Ausrollen ;-), musste ich noch schnell etwas Pastetenteig nachmachen. Mein Kochwein ist ein Chablis von Fèvre. Elsässer habe ich derzeit keinen mehr im Keller. Darauf kommts aber auch nicht an.
Immer wieder eine Freude. Vor allem der Kamin und die Verzierungen. Kann man die Bio-Wurst nicht auch mit roter Bete oder Ähnlichem färben?
könnte man wahrscheinlich schon, aber zum Geschmack dieser Pastete gehört das leichte „pökeln“ im Hintergrund.
Die reizt zum Nachmachen, unbedingt. Die Würzmischung- speziell nur für diese Pastete, oder geht die allgemein als „Pastetengewürz“ durch?
ich habe kein festes Pastetengewürz, sondern lasse mich immer wieder von Neuem von meinen Gewürz-Fläschchen und -Dosen leiten. Mit dieser Version habe ich aber eine gute Wahl getroffen, die ich in mehr oder weniger ähnlicher Form schon ein paarmal benutzt habe.
Marvelous! This pie is perfect.
Grüsse,
Rosa
perfekt ist sie nicht, der Schwund gefällt mir nicht. Muss erst ins Elsass, um an einem guten Ort eine zu probieren.
Mürbeteig (Butter, Ei) UND Blätterteig UND Schweinefleisch UND Speck UND nochmals Butter UND Doppelrahm UND nochmals Ei sind vielleicht die wichtigeren Risikofaktoren als die Prise Pökelsalz für die schöne Rotfärbung… schön sieht sie aber aus, diese Pastete.
Mit Tofu und Margarine mag ich nicht kochen 😉
Meine Wortmeldung war/ist kein Plädoyer für Tofu und Margarine, sondern ich wollte nur auf die Verhältnismässigkeit re: Risikofaktoren hinweisen… ich mag ‚Ersatz-Zutaten‘ auch nicht, gar nicht.
Butter, Rahm und Ei in Bio-Qualität werden nicht hinterfragt. Pökelsalz zählt halt hingegen in der heutigen Zeit zur bösen Chemie.
Wie üblich…ein Gedicht…aber besonders gut gefällt mir das Foto der ungebackenen Pastete mit dem schicken Kaminchen.
Ich wünsche Euch viel Spaß im Elsaß. Als wir noch in Stuttgart gewohnt haben, sind wir gerne mal einfach über’s Wochenende hingefahren…das fehlt mir.
München liegt aber auch gar weit hinten, von uns aus gesehen 😉
Achja… gut, dass du mich erinnerst. Eine Solche oder andere Pastete wollte ich schon ewig mal machen. Ich werde wohl aber Blätterteig für Boden und Deckel benutzen.;-)
7mm Würfel? Hast du das Fleisch vorher leicht angefroren?
Nein, nur ein scharfes Messer und nicht mal einen Messstab 😉
Bei mir ist es auch schon lange her, daß ich eine Reise ins Elsass unternahm. Das letztemal wanderte ich zu Fuß in sieben Tagen von Straßburg nach Colmar. Da waren solche herrlich kräftigen Gerichte wie diese Tourte vigneronne oder Baeckoffe gerade recht, um neue Kräfte zu sammeln. Diese Fleischtorte werde ich demnächst nachkochen und in Erinnerungen schwelgen 😉
In 7 Tagen nur ? Ich glaube, dafür hätte ich Wochen gebraucht.
Ja, so eine Pastete wäre jetzt genau richtig.
Pasteten können leider nicht fliegen
Lieber Robert, da hatten wir – nicht weit voneinander entfernt – wohl fast den gleichen Gedanken 😉
Ich habe eine Tourte à la viande auf Badisch gebacken – mit einem Quark-Öl-Teig und Schweinehackfleisch, das von unserem Lieblingsmetzger wie immer vor meinen Augen frisch durch den Fleischwolf gedreht wurde. (Naja, von Hand drehen muss der nicht, er hat natürlich sein professionelles Gerät…)
Deine Variante macht mich auch sehr an – vor allem wegen des Weines…
http://markgraeflerin.wordpress.com/2014/02/18/badische-fleischpastete-oder-elsassische-tourte-a-la-viande/
Lieber Gruss
Karin
Deine, wie immer so schön fotografierte Fleischpastete hat mich schon früh am Morgen angelacht. Hab erst auch an Hackfleisch gedacht aber mich dann doch für eine rustikalere Version entschieden.
Da ist sie ja, die Angekündigte! 😉
Chapeau, sie ist dir wunderbar gelungen. Für euren Ausflug ins Elsass empfehle ich, die Tourte in einer Ferme Auberge zu kosten, denn dort sind sie noch am ehesten selbstgemacht. Wobei es sicherlich schwer wird, an deine Vorlage heranzukommen.
mal sehen, in welches Lokal ich Frau L. bringe 😉
Ich bin schon ganz erschrocken und hatte um den Winzer Angst:)
nur keine Angst: Die Vigneronne ist eine Winzerin
Also „grüner Speck“ habe ich noch nie gehört…
Tourte Vigneronne
Schlicht und einfach ein Gedicht!