Mein erstes sous-vide gegartes Fleisch. Sous-vide Garen ist eine Methode, die sehr sauberes Arbeiten voraussetzt. Das Garen bei tiefen Temperaturen ab 55°C pasteurisiert zwar vorhandene Keime, macht das Gargut aber nicht völlig keimfrei. Jene, die es wissen müssen, reden gerne von „kontrollierter Verwesung“. Verwesungsgeruch ist nun aber das Letzte, was ich in meinem Haushalt dulden kann. Wenn Frau L. ihre Nase in den geöffneten Beutel steckte und dessen Inhalt nach Tierleichen röche, wäre hier sofort Schluss mit sous-vide.
Also greife ich zu Plastikhandschuhen und bade das Fleisch erst in einer Salzlösung, die wirkt äusserlich doch antibakteriell und desinfizierend ? Nützt es nichts, schadet es nicht. Jedenfalls nicht viel. Nach 2 Stunden Sous-Vide Garen bei 55°C entströmte dem Beutel ein köstlicher Duft. Keine Verwesung, keine Leichen und schon gar kein Blut. Frau L. war zufrieden. Das nächste Fleisch, eine Kalbshaxe, darf dann länger im Bad verweilen.
Zutaten
1 Stück Kalbsfilet vom Mittelteil, 400 g
1 Elf. gefrorene Butter
1 Tlf. Zitronenabrieb
1 Tlf. Thymianblättchen
10%-ige Salzlösung
für die Sauce:
1 Schalotte
wenig Butter
50 ml Rotwein
50 ml Madeira
1 Rosmarinzweig, Blätter fein gehackt
2 dl Kalbsfond dunkel
Salz, Pfeffer
Maizena express braun oder Pfeilwurzelmehl
für den finish:
Olivenöl
1 Rosmarinzweig
Salz, Pfeffer
Rotwein
für den Gummelistunggis:
siehe Rezept hier
Zubereitung
(1) Als Erstes einen grossen Topf (8 L ) samt eingelegtem Lochblech aus dem Druckgarer mit heissem Boilerwasser befüllen. Auf die kleinste Stufe der Herdplatte stellen und ab und zu die Temperatur kontrollieren und mit heissem/kaltem Wasser korrigieren. Ist die korrekte Einstellung einmal gefunden, bleibt die Temperatur konstant bei 55°C ± 1°C.
(2) Das kalt abgespülte Filet für 10 Minuten in die kalte Salzlake legen. Dann mit Küchenpapier trocken tupfen und mit der gefrorenen Butter, Zitronenabrieb und Thymianblättchen im Beutel vakuumieren. Rasches Arbeiten ist erforderlich, damit kein Fleischsaft in die Schweissnaht der Strukturbeutel gesogen wird.
(3) Den Beutel in den Topf geben und während 2 Stunden „garen“. Die Temperatur im Topf in regelmässigen Abständen kontrollieren und ggf. adjustieren.
für die Sauce:
(4) In der Zwischenzeit die Schalotte in wenig Butter farblos anschwitzen. Wein und Madeira portionsweise angiessen und jeweils stark einkochen lassen. Den Kalbsfond und den gehackten Rosmarin zugeben, mit Pfeffer würzen, etwas einkochen, dann durch ein Sieb filtrieren. Zum Schluss salzen und mit wenig Pfeilwurzelmehl oder Maizena express binden. Warm halten.
für den finish:
(5) Teller und Keramikplatte zum Fleischschneiden im Ofen auf 80°C vorwärmen.
(6) Fleisch aus dem Beutel nehmen: duftet fein nach Zitrone und Thymian. Von Verwesung keine Spur. Mit Küchenpapier gut trocknen, salzen und in einer heissen Bratpfanne in Olivenöl mit einem Zweiglein Rosmarin allseitig scharf anbraten. Ca. 4 Minuten. Mit dem heissen Olivenöl laufend übergiessen.
(7) Auf die warme Keramikplatte legen, kurz im warmen Ofen abstehen lassen, derweil die Pfanne trockentupfen, den Bratfond mit wenig Wein auflösen, einkochen und zur Sauce filtrieren. Dann das Filet aufschneiden, mit Fleur de sel nachsalzen und mit Gummelistunggis und der Sauce servieren.
Frau L. war, wie ich, davon angetan. Aussen mit leichter Kruste, fest, innen butterzart. Und ich hab freie Bahn um weiter mit sous-vide zu experimentieren. Das musste mit einem guten Bordeaux gefeiert werden.
Ich weiss nicht, was mein Interesse mehr weckt, dieses Kalbsfilet mit dem Kartoffelstock, den ich doch schon längst mal ausprobieren wollte oder dieser Margaux – dein Weinkeller scheint ein wahres Schatzkästlein zu sein, wunderschöööön.
als Teilvegetarier würde ich sagen: der Margaux 😉
sieht köstlich aus, dein Kalbsfilet! Bei solchen Fleischstücken bin ich dann auch Fleischliebhaber. 🙂
Wahrscheinlich eine doofe Frage, aber ich stelle sie trotzdem: warum hast du das Fleisch nicht in der Cooking Chef gemacht, wo die doch die Temperatur so gut halten kann?
Deine Frage ist überhaupt nicht doof. Für das kleine Filetstück wäre das sogar ideal gewesen. Hab bloss nicht dran gedacht, weil ich derzeit auch mit Spargel sous-vide experimentiere, und für Spargeln ist der Kenwoodtopf zu klein. Du solltest übrigens deine link-Adresse von typepad auf deinen aktuellen Blog ändern 🙂 Vermutlich hat sich wp die alte Adresse gemerkt. Ich werds hier ändern.
Das Fleisch sieht wunderbar saftig aus und dann dieser Schatz aus dem Keller … seufz 🙂
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
PS. Meine sous-vide Spargeln kommen auch bald!
mein bester 2000er.
Seufz…
Sous-vide wird wohl erstmal außerhalb meiner Möglichkeiten bleiben und so ein schöner Margaux wohl auch.
Ich übe derweil, einer Sauce einen so herrlichen Glanz zu verleihen!
mit einem hohen Spargelkochtopf, einem Thermometer und einem klenen Haushaltvakuumierer bist Du dabei.
Kündigst die Kalbshaxe halt rechtzeitig an – ich komme dann avec tempo 😀
24 h soll sie garen. Reicht das ?
ein wenig aufwaendig, so mit einem topf und dann manuell regeln. besser gleich mit einem richtigen thermalizer… eine investition die sich mehr als lohnt
kalbshaxen uebrigens sous vide 24 stunden bei 65 grad, fantastisch!
Ein 10 Liter Topf hat viel träge Masse und mir macht es Spass, auch für bescheidenere Budgets oder beengte Platzverhältnisse zu kochen.
Das liist sich spannend und als absolut machbar.
„Riisbedingt“ muess das Rezäpt èglai in dr Warteposition scharre … 😉
hier hats den halben Tag geregnet, Dieses Wissen lässt Dich den vielen Reis besser ertragen -)
Seit gestern schleiche ich ja um Deinen Post bzw. um Dein Sous-Vide-Kalb rum… Ich weiss nicht, warum ich mich damit so verflucht schwer tue. Weil ich so ein blöder Traditionalist bin? Irgendwann versuche ich mich auch noch daran. Aber ich brauch noch eine Weile. Muss mich innerlich darauf einstellen.
Das eilt ja nicht damit. Vielleicht ist in 3 Jahren etwas ganz anderes in Mode.
Nutze die träge Masse von Wasser aus, indem ich den Topf mit dem (vortemperierten) Wasser und dem vakuumierten Fleisch in den Ofen bei 70°C stelle. Mein Ofen hat auch die Möglichkeit einen Fleischthermometer anzuschliessen, den ich aber ins Wasserbad hänge, so misst der Ofen grad mit und piepst, falls es zu warm wird (hab allerdings noch nie kontrolliert, wie genau der Ofen-Thermometer eigentlich misst – wäre mal fällig – jedenfalls funktioniert das so sehr gut)
Gute Idee, daran habe ich noch nie gedacht, weil meine grossen Töpfe etwas zu hoch für den Ofen sind.
Hallöchen,
Muss doch mal wegen der Salzlake nachfragen…
Machste das nur zum „desinfizieren“ oder auch zum würzen?
Bisher habe ich alles ungesalzen in den Thermalierer geschmissen und erst vor dem anbraten grobes Meersalz verwendet ….
Dachte das Salz Wasser aus dem Fleisch zieht.
Freue mich über Antwort.
Iris
PS : Kalbsbraten wird gerade bei 55grad/3h gegart
zum desinfizieren, weiss aber nicht, wie gross der Effekt ist. Die bei SV verwendeten, tiefen Temperaturen und langen Garzeiten sind schon ein gewisser Nährboden für Keime. Wenn man das Fleisch in der Metzgerei kauft, wo abwechselnd Fleisch und Geld angelangt wird, hats Keime auf der Oberfläche. Konzentrierte Salzlösung zieht Wasser aus dem Fleisch, da ich aber nur rel. kurz bade, sollte das nicht so arg sein. Beim Fisch macht man das ja gerne, um das Fleisch zu verfestigen.