Heusuppe

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Landfrauen wie Micha sind im Vorteil. Die wissen woher sie gutes Heu beziehen können. Heu vom zweiten Schnitt (Emd) muss es sein. Von einer ungedüngten, unbeweideten und deshalb artenreichen Bergwiese, abseits der Trampelpfade von Kampfwanderern und Hunden, abseits der Skipistentrassee, geschnitten mit der Sense, nicht mit dem Motormäher. Und wir Stadtmenschen ? Wo kriegen wir solches Heu her ? Vom aufschneiden alter Heumatratzen oder dem Kauf von Hamsterheu aus der Kleintierhandlung rate ich jedenfalls ab 😉

Wie ich zu meiner Handvoll Bergheu gekommen bin, ist eine andere Geschichte. Ich kenne jemanden, der kennt einen Koch, der hoch in den Schweizer Alpen ein Restaurant führt. Und der, den ich kenne, tauscht mit dem, den er kennt, Bärlauch im Frühjahr gegen Heu im Spätsommer.

Letzten August waren wir im Gasthof Rössli bei Stefan Wiesner essen und durften, zum ersten Mal, dessen köstliche Heusuppe geniessen. Endlich zu einer Handvoll Bergheu gekommen, habe ich sie, etwas verändert, nachgekocht.

Zutaten
verändertes Rezept teils nach der Sonntagszeitung und Wiesner für 4 Personen

70 g Peterliwurzeln, geschält, gewürfelt
1/2 weisse Zwiebel, gewürfelt
1 Tlf. Butter
1 Elf. Reis, in der Gewürzmühle fein geschrotet

400 ml Vollrahm (L.: 200 ml)
200 ml Geflügelfond (L.: 400 ml)
1 grosse Handvoll Emd (zweiter Schnitt)
150 ml Schaumwein (Prosecco)
Salz und weisser Pfeffer aus der Mühle

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während das Tellerarrangement auf die Suppe wartet, kann man schon mal den Prosecco öffnen.

Zubereitung
(1) Zwiebel und Wurzelpeterli in der Butter hell anschwitzen, mit dem Geflügelfond ablöschen und das Reispulver (bindet ohne Kartoffel- oder Mehlgeschmack) zugeben. 30 Minuten köcheln lassen. Dann mit dem Stabmixer fein pürieren.
(2) Den Rahm zufügen, aufkochen. Die Handvoll Heu zugeben und 2-4 Minuten ziehen lassen (laufend probieren, je nach den Kräutern im Heu kann die Suppe bei zu langer Ziehdauer bitter werden).

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(3) Durch ein feines Sieb (L.: mit Vliestuch belegt) passieren, nochmals aufkochen, mit Salz und Pfeffer würzen, den Schaumwein unterrühren, kurz aufmixen und sofort servieren.

Und so siehts bei Wiesner aus: der lebt natürlich mitten im Heu, während ich mit meiner Handvoll haushälterisch umgehen musste. Dazu war sein Schäumchen viel höher als meines. Aber dafür ist er ja schliesslich der Spitzenkoch und ich nur Nachkocher.

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Version Stefan Wiesner, gegessen im Rössli Escholzmatt

Geissenpeter, Heidi und Alpöhi im Quadrat. Ein unglaublich feines Süppchen, das jedes Stadt-Berglerherz vor Freude springen lässt. Frau L. wunderte sich, dass ich diese Suppe nicht mindestens einmal pro Woche zubereite. Apropos: im Frühjahr 2015 hätte ich frischen, jungen, Tiefland-Bärlauch gegen Berg-Heu (s.o.) einzutauschen.

31 Kommentare zu „Heusuppe“

  1. Oh toll! Heu ist einfach einer DER Gerüche! Ich bin mir sicher, dass ich mit Frau L. nach Verkostung dieser Suppe einer Meinung wäre. Allerdings tue ich mich etwas schwer zu glauben, dass dein Schaum weniger schäumend war. Der sprudelt doch nur so!!!

    1. eau de foin. Schade, dass es das nicht im Zerstäuberflakon gibt 😉 Das unterste Bild habe ich bei Wiesner aufgenommen. Der macht das bestimmt mit einem Milchschäumer direkt in der Suppentasse.

  2. Fantastich, würde ich gerne kosten. Als ich noch in der Schweiz wohnte, mähte ich die letzten paar Jahre meine magere Blumenwiese immer selbst, nach Bruch des Balkenmähers mit der Sense, ja, kann ich, trocknete den Schnitt zu duftendem Heu und hätte somit das Grundmaterial zum Süppchen gehabt. Bericht hier.

    Ich denke, Du kannst auf eine Bergwanderung gehen, Kräuter und Blüten abzupfen, zuhause trocknen, und dann hast Du eine noch bessere Grundlage für ein Heu- oder Bergkräuter-Süppchen.

    1. Danke für die Erinnerung an deinen lesenswerten Artikel über das Heuen. So wie Du es vorschlägst, werde ich es wohl machen müssen um an Heu zu gelangen. Nur das Bergwandern muss ich durch das Auto ersetzen.

  3. Wenn die Suppe so schmeckt wie sich dein Rezept liesst, na dann…Nachmachen! Nur, wo kriege ich solchen Heu her? Wir wohnen ja auch etwas ländlich, aber da sind definitiv zu viele Kühe, „Hündeler“ (unser Wald ist Naturschutzgebiet, da kommen sie mit ihren Hunden aus allen Himmelsrichtungen) und Schafe gibt es auch jede Menge… Wird eine Herausforderung. Liebe Grüsse. Rocío.

  4. Tolle Idee und sicherlich kein leichtes Unterfangen, diese Heusuppe nachzukochen. Stefan Wiesner, der Hexer aus dem Entlebuch… ich finde, Wiesner verdient viel mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Es ist ja nicht nur Heu, u.a. auch Schnee und Holzkohle finden in seiner Küche Verwendung. Der unmittelbare Bezug zu seiner natürlichen Umgebung spiegelt sich immer auf einzigartige Weise in seiner Küche wieder. Im Schweizer Fernsehen lief vor ein paar Jahren eine sehr gut gemachte Doku über Stefan Wiesner und sein Schaffen. Ein kurzes Portrait über ihn hatte ich bei YouTube gefunden:

    Hattest du das Bergheu also tatsächlich von erster Hand bezogen?

    1. Den Film hatte ich damals auch gesehen. Genial ist auch die Zubereitung seiner geräuchten Schneesuppe. Mit einigen, allzu esoterischen Gerichten, kann ich zwar nicht viel anfangen, aber man darf einem „Spinner“ das spinnen nicht untersagen. Das Heu könnte man auch bei Wiesner kaufen. Allerdings zu Apothekerpreisen.

  5. Ich würde ja nur zu gerne in dieses Tauschgeschäft einsteigen, aber ich habe nicht mal eine alte Heumatratze 😉
    Dein Süppchen sieht wunderbar aus und ich habe schon einen Duft in der Nase …
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  6. Dein erstes Heusuppenbild ist ein Traum! Bist halt ein Künstler…..am Herd und hinter der Kamera 🙂

    1. Bärlauch will niemand, den hat jeder. Gutes Heu wäre eine Marktlücke: Das Gläschen Wiesner Heu (20 g) kostet SFr. 8.50.

  7. Guten Tag! Als neuer Abonnent bin ich gern eifriger Student und wage ein kleines Rezept beizusteuern: Sommertag, Erdbeerzeit, Leckerei zum Nachtisch im Schatten der Pinien.

    Habe irgendwo gegessen, war hin und habe das Rezept(immer wieder haben wir neben uns Leute, die nicht abschreiben lassen) „nachempfunden“ Wir finden es einfach geil. Man kann es sicher auf lamiacucina-Art verfeinern.

    Gruß von einem eifrigen Amateur mit dem einen oder anderen Blick in Kurse bei Sterneköchen.

    [Anmerkung Lamiacucina: Adressangaben zu Ihrer Sicherheit entfernt]

  8. … ich bin platt, lieber Robert! Wie gut ich mir das vorstellen kann… und wie sehr da gerade wieder Gelüste geweckt werden, die für einen Stadtmenschen nicht zu bedienen sind 😦
    Übrigens sorgte vor ca. 30 Jahren einmal ein in Wiesenheu gedämpftes Rinderfilet bei einem Besuch eines hohen Politikertieres in der Kleinstadt meiner Geburt für Furore auf allen Ebenen… auch das kann man sich geschmacklich wirklich gut vorstellen!

  9. Ich habe die Heusuppe vom WIesner auch schon genossen. Habe auch noch ein Gläschen Heu zuhause stehen – das lässt sich beim Wiesner ja käuflich erwerben – wobei man selbst beim Emden mithelfen könnte. Dann könnte man die Qualität des Heus gleich beurteilen. Auf jeden Fall war die Suppe superb – sie roch herrlich nach Wiese.

    1. der typische Wiesengeschmack und -geruch ist einfach toll. Vermutlich spielt auch eine kurze Trocknung an der Sonne eine Rolle. Ein wenig Gärung, aber nicht zuviel. Allzulange sollte man es nicht herumstehen lassen. Es verliert an Aroma.

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