Da steht sie in alter Schönheit seit einem halben Jahr: eine der ehemaligen Perronhallen des ersten, im Jahre 1860 erbauten Basler Bahnhofs der Centralbahn. Die Schweizer Centralbahn, SCB, war mit einer Streckenlänge von 332 Kilometern eine der fünf grossen privaten Eisenbahngesellschaften der Schweiz. 1902 wurde die SCB in die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) integriert. Der alte Basler Bahnhof musste den heutigen, grösseren Gebäuden und Hallen weichen. Dazu wurde die Halle abgebaut und für die nächsten 110 Jahre in Olten als Schreinerei und Lagerschuppen im Industriewerk der Schweizerischen Bundesbahn wieder aufgestellt.
Zehn Jahre war der Dampfbahn-Verein Zürcher Oberland DVZO auf der Suche nach einem Unterstand für den historischen Wagen- und Lokomotivenbestand des Vereins. 2005 wurde er zufällig bei der SBB in Olten fündig: ein alter Schuppen, der exakt auf das zur Verfügung stehende Gelände beim Bahnhof Bauma passte. Kurz danach wurde die historische Bedeutung des alten Schuppens erkannt und der alte Basler Centralbahnhof konnte aus seinem Schattendasein erlöst werden. Die Halle ist ein wichtiger Zeitzeuge aus den Anfängen der Eisenbahnindustrie und steht heute unter Denkmalschutz.
Erbaut wurde sie damals im Schweizer Laubsägeli-stil des ausgehenden Biedermeiers, sie ist 101 Meter lang, rund 20 Meter breit, zehn Meter hoch und überdacht zwei Bahnhofgeleise und einen Mittelperron.
Säulen und Giebeldach sind aus Holz, die verzierten Winkelelemente aus Gusseisen, das Giebeldreieck beim Portal besteht aus drei im Laubsägestil verzierten, hölzernen Rhomben. Diese waren nicht mehr vorhanden und mussten nach alten Plänen, die im Basler Staatsarchiv schlummerten, nachgebaut werden.
Nach der Demontage der Halle zeigte sich, dass der Zustand der Gusseisenträger durch Haarrisse schlechter war, als erwartet. Die Halle hatte sich in den Jahrzehnten zudem verzogen und die Statik musste verstärkt werden. Die Kosten für die Rekonstruktion der Bahnhofhalle betrugen beinahe 6 Millionen Franken, die durch Spenden, den Verein und einem substantiellen Beitrag des Kantons ZH aufgebracht wurden. Sogar Basel beteiligte sich mit 50’000.-.
Fotografierbar war nur die „moderne“ Elektrolok Be 4/4 15 , Baujahr 1931 der Bodensee-Toggenburg-Bahn BT 15. Die Dampfloks waren tief im Dunkel der Halle oder anderweitig untergebracht.
Quelle:
NZZ
Zanoni Architekten
Ich staune immer wieder, was Du so alles findest (auf Euren Sonntagsausflügen). Geniesst den Heutigen 🙂
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Lieber Andy, wir sind durch den Kanton Züri gefahren! Dort findet man immer wieder Erstaunliches 😉
Das ist ein Leckerbissen für Freunde alter Bastelkunst, z.B. für mich. Diese zieselierten Laubsägeli-Bögen! Wie schön, dass man diese Schätze wiedergefunden hat .Einem Eisenbahnland wie der Schweiz kann man nur dankbar sein für die Erhaltung alten Kulturguts.
Die Laubsägeliarbeit musste natürlich aufgrund alter Baupläne rekonstruiert werden, das das alte Holz verfault war.
Damals konnten sie noch Bahnhöfe bauen, ohne einstürzende Neubauten und verbuddelte Kathedralen.
Die Inschenieure hatten es auch leichter, sie vertrieben die Kühe von einer Wiese, und stellten einen Bahnhof ins Grüne.
Schöne Halle, mir gefallen die Schmuckbretter bei der Einfahrt am Giebel.
Mir ja auch, man sieht sowas nur noch an alten Chalets.
Raucher im Abteil 3. Klasse, naja meine Stimme hättest, aber ob das allgemeiner Konsens würde… 😉
Die Cigarrenabteilung war der ersten Klasse vorbehalten.
Man mag mir nostalgische Neigungen unterstellen, aber sie haben früher schönere Architektur hinbekommen…
Unfähige Baumeister gabs zu allen Zeiten. Doch habe auch ich den Eindruck, dass sie sich heute massiv vermehrt haben. Vielleicht denken andere Generationen später anders. Schrottarchitektur verschwindet nach ein paar Jahrzehnten eher als die gute Architektur.
Schoen, dass solches Kulturgut trotz der hohen Kosten erhalten wird. Hier in Thailand ist der Laubsaegeli-Stil noch verbreitet bei Holzteilen, zur Abgrenzung von Oeffnungen wie bei der Perronhalle, fuer Treppengelaender, usw. Standard-Teile in verschiedenen Groessen sind im Sortiment von Baumaerkten. Gesaegte und dann geschnitzte Elemente aus Teak sind populaer als Wandverzierung, etwas teurer.
Vermutlich ist der thailändische Laubsägeli-stil älter als der schweizerische.
Was waren das doch für herrliche Zeiten, als Bahnhöfe nicht nur funktionell gebaut wurden.
Wie doch das Wandbild mit den beiden Mythen im neuen Basler SBB Bahnhof (1905) zum Reisen einlädt. Dagegen sind neue Bahnhöfe Unorte.

1854 wurde der erste provisorische Bahnhof der SCB bei der Ecke Engelgasse-Lange Gasse gebaut (leider ist kein Bild vom ihm erhalten, nur ein Grundriss-Plan), die Bahnlinie verlief der Engelgasse entlang zwischen Hardstr. und Luftmatt (damals Landwirtschaftszone) Richtung Liestal: https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Basel_SBB#Provisorischer_Bahnhof_der_Schweizerischen_Centralbahn_von_1854