Schon blühen sie wieder, die Schneeglöckchen (botanisch: galanthus, gala = Milch, anthos = Blüte). Obwohl in unserer Gegend weit und breit kein Schnee liegt. Höchste Zeit für ein Milchblüteneis. Gelato Fior di latte. Das wird jedoch nicht aus Schneeglöckchen gekocht, auch nicht aus dem schneeweissen Mozzarellakäse gleichen Namens, sondern aus guter, bester Milch und Doppelrahm.
Uwe von highfoodality, ein bekennender Lieblings-Liebhaber der weissen, unschuldigen Eiscreme, hat dafür ein Rezept veröffentlicht. Daran habe ich mich in einem ersten Versuch exakt gehalten: Biomilch, frische Greyerzer Crème double, Eigelb von frischen Bioeiern, Zucker, Salz.
Das Eis ist perfekt gelungen, schmeckt gut… aber ich war doch nicht ganz zufrieden. Schmeckt wie eine Vanille-eiscreme ohne Vanille. Leichter Ei-geschmack, Farbe beige. Also hab ich mich im italienischen Internet umgeschaut. Ei wird dort selten verwendet, gilt doch ein Gelato fiordilatte sozusagen als Grundnahrungsmittel für Kleinkinder. Und da sind Eier unerwünscht. Manche parfumieren ihren Gelato mit Vanille. Das muss nicht sein. Und frieren die Milch-Rahm-Zucker-mischung in hausfraulicher Unbekümmertheit ein. Ich weiss nicht, ob man damit eine Eiscreme mit guten Eigenschaften hinkriegt. Wirkt doch das Eigelb als idealer Emulgator, um das Milchfett mit dem Wasser der Milch zu emulgieren und zu stabilisieren.
In solchen Fällen greife ich zu Sojalecithin: diesmal ein totaler Reinfall. Der Eigengeschmack von Sojalecithin überdeckte den Milchgeschmack derart penetrant, dass ich den ganzen Ansatz wegwerfen musste. Der nächste Versuch mit Pektin und Kalzium geriet noch schlimmer: Die Milch flockte aus. Umso schöner gelang der dritte Versuch mit Xanthan:
Strahlendes Milchweiss, absolut klarer, neutraler und, nach meiner Meinung, unverfälschter Geschmack nach Milch und Rahm. Allfälliges Gemecker von Eisdielenbesuchern: „das schmeckt ja nach nichts“ parieren wir mit einer hinreissenden Kombination:
Gelato fiordilatte mit Amaro Braulio. Der Alpenbitter gibt mit der milden Eiscreme einen wunderbaren Kontrast. Von milchig-zart bis würzig-bitter. So wird sie bei Passerini in Chiavenna serviert.
Aber auch mit flüssiger Schokolade zu einem affogato gemischt oder mit Früchten ist das eine elegante, anpassungsfähige Eiscreme. Und wer unbedingt Vanille mitkochen will, kriegt ein eifreies Vanille-eis.
Zutaten
250 ml Milch pasteurisiert
170 ml Crème Double de Gruyère pasteurisiert
30 g Zucker
70 g Invertzucker
1 Prise Salz
1 g Xanthan
Zubereitung
(1) Xanthan mit dem Kristallzucker im Mörser zerreiben. Unter rühren mit dem Stabmixer in 150 ml der kalten Milch rieseln lassen, auf 80°C erwärmen, 5 Minuten warm quellen lassen, dann nochmals mit dem Zauberstab zu einer homogenen Creme mixen. Prise Salz dazu, den Rest der kalten Milch, kalten Doppelrahm und Invertzucker untermixen und ca. 5 Stunden im Kühlschrank vorkühlen.
(2) Die Eismasse in einer Eismaschine zu einem crèmigen Eis verarbeiten und im Tiefkühler 1 Tag reifen lassen. Vor dem Gebrauch ca. 20 Minuten in den Kühlschrank stellen.
Anmerkung
Besorgte Mütter habe ich mit dem Zusatzstoff „Xanthan“ eh schon von meiner Seite vertrieben. Auch wer an schwarze Katzen, Horoskope und homöopathische Globuli glaubt, greife lieber zur Eis-Version mit Eigelb. Dennoch: Xanthan ist ein natürlich vorkommendes Polysaccharid, wird aber mit Hilfe von Blattflecken verursachenden Bakterien (bös) der Gattung Xanthomonas (noch böser) als Fermentationsprodukt (ganz schlimm) aus zuckerhaltigen Substraten (böser geht nicht mehr) gewonnen. Trotzdem wird sich damit bestimmt niemand vergiften. Wer „gesunde“ Milch und Doppelrahm direkt „ab Kuh“ verwendet, sollte die Eismasse aus hygienischen Gründen während ca. 5 Minuten auf 90°C (unter den Kochpunkt) bringen (keinesfalls kochen, sonst schmeckt das Eis nach gekochter Milch !). Dann rasch abkühlen.