Pruntrut, eine Kleinstadt mitten in der Ajoie (frühere deutsche Bezeichnung: Elsgau), liegt im äussersten Zipfel der Nordwestschweiz. Die weite, fruchtbare Fläche wurde schon in gallo-römischer Zeit besiedelt. Das Gebiet war früher dünn besiedelt, kannte viele Besitzer, u.a. die Abtei von Moutier-Grandval und lokale Adelsfamilien. 999 schenkte Rudolf III. von Burgund (der Faule) Teile der geistlichen Besitztümer an den damaligen Erzbischof von Basel. 1150 gelangte Pruntrut in Besitz der benachbarten französischen Grafen von Montbéliard (deutsch: Mömpelgard), 1271 kam die Stadt ein erstesmal an das Fürstbistum Basel. Wenige Jahre später wurde Pruntrut von Renaud de Bourgogne, Comte de Montbéliard, besetzt. Diese nette Gebietsarrondierung liess sich König Rudolf I. von Habsburg nicht gefallen, mit militärischen Mitteln erzwang er die Rückgabe des Gebietes an das Fürstbistum Basel und erhob Pruntrut 1283 zur freien Reichsstadt. 1386 verkaufte der Fürstbischof von Basel aus Geldmangel die Ajoie und Pruntrut trotzdem an die Herren von Mömpelgard, die es dann 1461, ebenfalls aus Geldmangel, wieder an den Fürstbischof Johann von Venningen verscherbelten.
Aufgrund der Reformation in Basel verliess 1527 der damalige Fürstbischof die Stadt Basel und wählte das fürstbischöfliche Schloss in Porrentruy als neuen Sitz. Das Basler Domkapitel blieb noch bis zum Bildersturm 1529 in der Stadt und liess sich dann vorübergehend in Freiburg im Breisgau, später in Arlesheim nieder.
Unter dem mächtigen Fürstbischof Jakob Christoph Blarer von Wartensee, der 1575 bis 1608 regierte, erlebte Pruntrut Jahrzehnte der Prosperität. Das Schloss wurde renoviert und ausgebaut, die Stadt wurde mit Kirchen, Klöstern und Schulen ausgestattet. Die Herrlichkeit ging 1618 mit dem Ausbruch des dreissigjährigen Krieges zu Ende. Pruntrut wurde mehrfach belagert und geplündert, Kriegesabgaben machten dem Wohlstand ein Ende. Eine Schreckenszeit, von der sich die Stadt nur mehr langsam erholte.




Das imposante Schloss, das 1527–1792 Residenz der Basler Fürstbischöfe war, steht in erhöhter Lage über der Stadt, Der älteste Teil ist die Tour Réfous, ein runder Bergfried, der 1271 erbaut wurde. Die ganze Schlossanlage mit Gebäuden aus verschiedenen Bauepochen gruppiert sich um einen grossen Hof. Bemerkenswert die im 16. Jahrhundert zugefügte Résidence, die Chancellerie und die Tour du Coq (die das fürstbischöfliche Archiv enthielt). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Südfront mit einem Wohnpavillon ergänzt, zeitweiliger Aufenthaltsort von Prinzessin Maria Christina von Sachsen, Fürstäbtissin in Remiremont 1773 bis 1775.
1792 eroberten französische Truppen die Ajoie. Porrentruy wurde zunächst Hauptstadt der von Frankreich abhängigen Raurakischen Republik, 1793 vom Département du Mont Terrible. 1815 wurde Porrentruy und die Ajoie auf Beschluss des Wiener Kongresses dem Kanton Bern als Kompensation für die 1803 verlorenen Gebiete der Waadt zugesprochen. Heute ist es ein Bezirk des Kantons Jura. Allgegenwärtig noch das Wappen des Fürstbischofs: ein Bischofsstab, der auch die Wappen beider Basel und des Kantons Jura ziert.
Die Altstadt von Pruntrut ist hübsch, teilweise etwas vom Zahn der Zeit angefressen, touristisch aufgrund der peripheren Lage in der Schweiz wenig erschlossen, den meisten Schweizern unbekannt. Das gastronomische Angebot in der Stadt kaum eine Erwähnung wert. Von unserm Wochenendhaus aus sind wir in 15 Minuten da, u.a. wegen des Supermarktes, den es hier gibt 🙂
„Warum denn in die Ferne schweifen, sieh das Schöne liegt so nah!“
Dangge fir dä interessanti Bricht, wo mir e dytlige Fingerzeig sòll sii, wiider mee die wyteri Regio Basiliensis besser kenne z’lehre.
Äsche iiber mi Giibel … 😉
Warum heißt eigentlich der Tour du Coq Tour du Coq?
Danke fürs Mitnehmen, da werden Erinnerungen an eine Studienreise wach, die wir als Schulkasse vor 23 Jahren nach Prrentruy gemacht haben.
Kleiner Typo in „Porrentruy: La Tour Réfus“ – müsste das nicht Rufus heißen? das passiert, wenn man am angeblich blogfreien Sonntag was raus lässt …;)
Eindrucksvolle Bilder,großes Kompliment
Danke fürs Mitnehmen – du weißt, wie ich diese Ausflüge schätze!
Schönen Sonntag für euch (und hoffentlich weniger verregnet wie hier!)
Thanks for sharing these beautiful pictures with us! Porrentruy is an interesting place…
Grüsse,
Rosa
Danke fürs Mitnehmen auf diesen schönen Sonntagsausflug!
@Basler Dybli: finde ich auch, drum komm ich kaum mehr über die Landesgrenze.
@Nathalie: tour du coq, weil der Turm mit einem grossen Doppelwappen ausgestattet ist, das neben dem roten Bischofsstab einen roten Hahn, das Wappen des Erbauers Fürstbischof Blarer von Wartensee aufweist. Siehe Titelbild dicker Turm rechts.
@zorra: Studienreise tönt gut, wir sagten dem Schulreisli 🙂
@the rufus: der Name kommt von Ryffhus. Haus auf einem Fels. Ich würde soo gerne das einmal angekündigte, freie Wochenende in die Tat umsetzen, aber ich habe zuviel Material angehäuft. Die einen löschen ihre Entwürfe, die andern geben sie am Sonntag heraus 🙂
@Johannes: bei Sonnenschein wären die Fotos schöner, aber gegen das Februar-trüb-wetter komm ich nicht an.
@Eva: für wen mach ich mir denn die Mühe, wenn nicht für euch treuen Sonntagsleser 🙂 Hier ist entgegen der Prognose schönes Wetter und ich muss Ravioli machen 😦
@Rosa: hab ich auch erst wieder entdeckt.
@Barbara: wieder zurück und schon wieder reiselustig ?
Und dann noch die Kommunikation – ich lösche sie nächsten Sonntag 😆
Ich sollte gleich löschen Kommunikation statt Kombination … 😉
Mehr über Bischof Blarer von Wartensee – das ist der mit dem Güggel sprich Hahn im Wappen – gibt es hier:
http://wandererarlesheim.twoday.net/stories/4390719/
Bischof Blarer von Wartensee läutete von Arlesheim aus die Gegenreformation im Birseck ein.
Freundlich grüsst
Der Wanderer von Arlesheim
Ich liebe Fußball!
@Wanderer: Danke für den link, da liegt es ja nahe, dass ich einmal einen Besuch in Arlesheim abstatte 🙂
@Schnuppschnüss: Vorsicht bei Hühneraugen, der Ball ist aus schwerem Gold.
Versteht man gar nicht, warum es kein nettes kleines Restaurant gibt. Ist doch so schön dort.
Hey, den Ort kenne ich, Robert. Da war ich in den 80ern auch, als Student, der das französich-schweizer Grenzgebiet erkundete.
Könnte sein, dass mir damals zorra als Schülerin über den Weg lief 😉
Frühbloggertreffen 🙂 die Welt ist klein.
Ich lernte in den Sommerferien 1955 Pruntrut und seine Umgebung kennen. Damals vertrug ich Brot von der Boulangerie Farine. Eines Morgens um 6.00 Uhr übefuhr ich auf dem Botengang mit dem Velo die Stop-Strasse. Dies bemerkte ein Kantonspolizist der damaligen Berner Polizei. Er holte mich mit seinm Motorrad ein und brummte mir eine Busse von Fr.20.00 auf. Ich sagte, in meinem Heimatdorf gäbe es keine Stop-Strassen, ich kenne das nicht und übrigens verdiene ich kaum 20 Franken im Monat. Dann solle ich zum Gerichtspräsidenten gehen und über die Busse diskutieren, meinte der Polizist.
Den Präsidenten traf ich nach einer Verhandlung im Gerichtssaal. Er meinte:“ Nichtwissen entschuldigt nicht“. Er erliess mir dann aber doch 10 Franken. Das übrige bezahlte Bäckermeister Farine. Ihm sei Dank übers Grab hinaus.
Danke für die schöne Geschichte ! Seit die Berner Polizei im Jura nicht mehr aktiv ist, sind Bussen selten geworden.