Es war einmal eine berühmte Schweizer Fluggesellschaft. Die wollte nicht nur hoch fliegen, sondern auch die Bordküche mit Höhenflügen revolutionieren. Für dieses Unterfangen wurden Schweizer Spitzenköche bemüht und letztlich ist daraus ein nettes Kochbuch entstanden. Dabei ging es der Fluggesellschaft wie Ikarus, sie stürzte ab. Die Swissair gibt es seit 2002 nicht mehr. Aus deren Konkursmasse habe ich vor ein paar Monaten das besagte Kochbuch auf einem Wühltischangebot zu Schleuderpreisen entdeckt. Darin fand sich ein von mir im Internet lange vergeblich gesuchtes Rezept, auf meisterliche Weise gekocht. Tournedos Helder, ein alter Klassiker, der um die 1900-er Jahrhunderwende in hohen und höchsten Kreisen in Mode war. Buch gekauft und beiseitegelegt. Kürzlich endlich nachgekocht, nahezu nach Rezept. Das Buch vermittelt Bodenhaftung für die Mägen jener, die öfters in die Luft gehen. Schöne Rezepte von Spitzenköchen, adaptiert für das Catering einer Fluggesellschaft. Mein Beitrag für den laufenden DkduW-event.
Wer das Gericht erfunden hat, steht nicht im Buch, im Internet findet sich lediglich der Hinweis auf die holländische Stadt Den Helder, eine Hafenstadt in Nordholland, den Holländern bekannt durch ihren Seesieg über die Engländer im Jahre 1673. Vielleicht hilft mir jemand, der/die historische Kochbücher sammelt, weiter.
Das Rezept entstammt der Interpretation von Wolfgang Kuchler, dem anerkannt besten Alleinkoch der Schweiz und Saucenkönig. Gebürtiger Deutscher, Nähe Stuttgart geboren, Kochlehre im Hotel Graf Zeppelin in Stuttgart. Nach Lern- und Wanderjahren führt er seit 1983 (!) seine Taverne zum Schäfli. 18 GM, 1 Michelin Stern.
Zutaten
für die Parisiennes-Kartoffeln:
250 g festkochende, grössere Kaliber
Bratbutter, Salz, Pfeffer
für das Fleisch:
2 Rindstournedos, je ca. 150-200 g, gut abgehangen
1 Elf. eingesottene Butter
Salz, Pfeffer aus der Mühle
für das Salzbett:
Nach dem Anbraten habe ich das Fleisch auf ein Salzbett im Ofen gelegt zum nachgaren und entspannen. Wolfgang Kuchler brät direkt an, bis das Fleisch den gewünschten Garzustand aufweist.
1 kg Salz
2 Rosmarinzweige
2 Zweige Thymian
je 20 Wacholderbeeren und rote Pfefferkörner
für die Sauce Béarnaise:
75 g Butter
Je 2 Elf. Weisswein und Estragonessig
1 kleine Schalotte gehackt
5 Pfefferkörner, zerdrückt
2 kleine Eigelb
1 Elf. frischer Estragon und Kerbel, fein gehackt
für den Bratjus:
75 ml Madère
75 ml Kalbsfond, dunkel konzentriert
Salz, Pfeffer
für die Garnitur:
2 Elf. Tomatenwürfelchen (aus enthäuteten, entkernten Tomaten geschnitten)
wenig Olivenöl
1 Prise Zucker
Zubereitung
für die Kartoffeln:
(1) Aus den Kartoffeln mit einem kleinen Pariserlöffel Kugeln ausstechen, wässern, kurz in kochendem Salzwasser blanchieren. Abtropfen und beiseitestellen. 15 Minuten vor Gebrauch würzen und in Butter anbraten.
für die Salzplatte:
(2) Meersalz mit der Häfte der Kräuter, dem Wacholder und dem rosa Pfeffer mischen und auf einem alten Kuchenblech (Alu) zu einer ca. 2-3 cm dicken Schicht verteilen und glätten.
(3) Kuchenblech im Ofen (U-/O-hitze, unterste Schiene) auf 120°C vorheizen. Nochmals 20 Minuten warten, bis das Salz die Hitze angenommen hat.
(4) Indessen eine Teeinfusion zubereiten aus der andern Hälfte derselben Gewürzkräuter. Diese mit kochendem Wasser angiessen, 30 Minuten stehen lassen, durch ein feines Sieb abfiltern und in eine Blumenspritze (die ich sonst zum Bedampfen des Ofens beim Brotbacken benutze) abfüllen.
(5) Salzschicht damit einsprayen. 10 Minuten warten, bis das Salz wieder trocken ist und eine kompakte Schicht bildet.
für das Fleisch:
(6) Tournedos rechtzeitig zum anwärmen aus dem Kühlschrank nehmen, mit Pfeffer würzen und in der Butter auf jeder Seite 2 Minuten kräftig anbraten. Anschliessend Fett abtupfen und die Tournedos auf das Salzbett legen, mit Vorteil wird ein hoher Metalldeckel drübergestülpt. Total 15 Minuten garen. Nach Halbzeit Deckel heben, Fleisch wenden und die Salzplatte mit etwas Kräuterinfusion leicht besprühen.
(7) Das Fett in der Bratpfanne mit Küchenpapier austupfen, Bratensatz mit Madère versetzen und diesen fast vollständig einkochen, den Kalbsfond zugeben und warm stellen.
für die Sauce Béarnaise:
(8) Die Butter warm stellen. Den mit dem Estragonessig gemischten Weisswein mit der Schalotte und den Pfefferkörnern aufkochen, auf die Hälfte einreduzieren, erkalten lassen, dann in den Einsatz eines bain-marie absieben. Die Eigelbe zufügen und über einem Wasserbad von ca. 90°C schaumig aufschlagen, bis eine dickliche Masse entsteht. Vom Wasserbad nehmen und bei mässiger Hitze die Butter langsam unter die Eimischung schlagen. Mit wenig Salz, Cayenne und Zitronensaft abschmecken, dann die frischen Kräuter unterziehen.
(9) für die Garnitur die Tomatenwürfel mit einer Prise Zucker und wenig Olivenöl kurz andünsten.
für den finish:
Auf vorgewärmten Tellern den Tellerand mit den Kartöffelchen auslegen. In die Tellermitte einen Elf. Sauce Béarnaise geben, darauf das Tournedos setzen und mit der warmen Madère-sauce überziehen. Die Tomatenwürfel auf das Fleisch legen.
Anmerkung
wunderbar gelungen und köstlich, das Fleisch perfekt à point, die Béarnaise beinahe (nur beinahe) geronnen, weil mir der Schwingbesen mit Sauce dran zu Boden fiel und ich mittendrin erst den empfindlichen Holzboden putzen musste. Dass Frau L. auch unbedingt einen Holzboden in der Küche haben musste.
Weitere Rezepte auf der Salzplatte:
Mit diesem köstlichen Essen sind Swissair die Catering-Kosten vermutlich aus dem Ruder gelaufen. Was soll’s, sie Passagiere durften sich – zumindest eine Zeit lang – freuen.
… so, so … und jetzt ist wieder der Frau schuld, wenns nicht wirklich 100% perfekt ist …. tststs … kopfschüttel … 😉
DIE Frau natürlich
Mmmhhh, that looks so good! That meat is cooked to perfection!
Grüsse,
Rosa
Perfekte Vorbereitung = perfektes Ergebnis 🙂
Hmmmmm – duftet bis hierher. Den Holzboden hättest Du nicht gleich putzen sollen, dann wird er immer weniger wichtig 😉
Wow nette Geschichte und ein feines Rezept das es bei mir demnächst wohl auch mal geben wird. 🙂
Salzplatte, Teeinfusion und Bernaise, da muss ich noch etwas ueben bis ich so etwas probiere.
Wieder Küche vom Feinsten bei Robert = Sterneküche!
Holzfußböden sind schön, warm und wohnlich – ich bin einer Meinung mit Frau L. 🙂
holzböden soll man eh von zeit zu zeit einlassen. aber dafür hätte deine béarnaise vermutlich nicht ausgereicht. mir wäre das parisienne-ausstechen ja schon zu blöd. obwohl das gericht köstlich klingt (und aussieht). sag mal, verwendest du auch eine greenpan? bist zufrieden? und: so einer ordentlichen mise en place gehört mal ein eigener beitrag gewidmet!
Perfekt für mich! Einfach nur köstlich…
hmm, superlecker, kein wunder ist die fluggesellschaft pleite gegangen.
Wie konnte swissair pleite gehen, für die Rezepte allein lohnte sich doch schon ein Flug – egal wohin! Aber die hatten natürlich nicht DICH an Bord, für die perfekte Umsetzung! Ich bin mir sicher – DARAN hat es gelegen ;))
@mipi: wie beim Catering wurde auch sonst gewirtschaftet.
@Nathalie: ich habe einen zu kleinen bain-marie-einsatz und einen zu grossen Schwingbesen verwendet. Ich nehme alle Schuld auf mich, umsomehr keine Fettflecken im Holz sichtbar sind.
@Rosa: das sieht man von aussen gar nicht.
@sammelhamster: bei aufwendigeren Gerichten muss ich ds, sonst komme ich ins schleudern.
@the rufus: aber das Donnerwetter !
@gourmet: mir ging es darum, etwas altmodisches zu kochen.
@kitchenroach: es geht auch ohne Salzplatte und Teeinfusion. Das Fleisch einfach direkt anbraten.
@Eva: wenn man barfüssig drauf herumläuft, stimmt das.
@katha: ausgestochene oder tournierte Kartoffelkugeln gehören zum Gericht, das musste sein. Wir haben zwei green-pans. Die eine ist nach einem halben Jahr schon kaputt. Wir stellen auf Stahlpfannen um.
@Isi: aufwendig, aber das macht man ja nicht jeden Tag.
@hanna: das ist das Rezept des Kochs. Obs dann beim Caterer so zubereitet wurde ?
Wow, sag mal wie viele Stunden verbringst denn du täglich in der Küche – jedes Gericht ist noch komplizierter und aufwendiger als das Nächste … mir solls recht sein 😉
Ach, gäbe es doch auch bei uns ein Chez Robert….
Gegen „altmodische“ Rezepte habe ich überhaupt nichts :-). Ich esse mich gleich einmal am tollen Foto satt, denn leider gibt es auch bei uns kein Chez Robert – da wäre ich Stammkundin.
Sehr köstlich! Gäbe es aber eine andere Kartoffelvariante, die Du empfehlen würdest? Gratin wäre zu mächtig, oder?
@barcalex: so aufwendig ist das gar nicht. Der Aufwand, das für einen Beitrag aufzuarbeiten, ist grösser.
@DerSilberne Loeffel: In und um Coburg kann man ganz gut essen, wie ich von euch weiss…
@Charlotte: keine Angst, auch ich mag lieber altmodisch, als mit Stickstoff gegart.
@Susa: Ja, zudem macht sich die Sahnesauce nicht gut mit dem Madèrejus. Warum nicht einfach gebratene Kartoffelwürfel.
Schade, dass ich nie mit Swiss Air geflogen bin, da habe ich ja wirklich etwas verpasst. Auf meinen Flügen gibt es meistens ein Sandwich-Dreieck in Plastikfolie ohne Geschmack und nicht zum Nachkochen geeignet.
Das Menü isch jetzt eifach dr Hammer! Bi dere perfäggte Vor- und Zuebereitig muess‘ es e absolute Gaumeschmauss gsi si.
I zieh voller Bewunderig dr Huet!
Das wird ganz bestimmt emol nochkocht, einzig s’Tüpfli uf em i mit dr Salzplatte und dr Tee-Infusion wird‘ i mir schängge. Danggscheen fir das feine Rezäpt!
Sieht super aus! Haben das Einsprühen und die Gewürze im Salz soviel gebracht, dass Du es wieder so machen würdest?
Die Bernaise ist der Brüller! Habe schwer gepunktet beim Herzbuben – tja, Liebe geht durch den Magen. Basler Dybli – danke für Deine Empfehlung! Hätte ich was übrig gehabt, hättest kosten dürfen!
Geschdert zoobe 1 : 1 (ohni Salzplatte) nochkocht. DAS Gedicht!
E glaine Troscht für mini verlorene Swissair-Aktie, an däm Feschtässe cha’s sinerzyt bestimmt nit gläge ha.
@Basler Dybli: vielleicht hats gerade an diesen Festessen gelegen. Nicht nur, aber auch.
die Bearner Soße auf dem Foto ist voll gestockt. Unfall.