CH-7515 Sils Baselgia: Chasté, Kraftort

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Eine der schönsten Kleinwanderungen im Oberengadin führt entlang lauschiger Buchten um die Halbinsel Chasté bei Sils. Die Halbinsel war einst Lieblingsaufenthalt des Philosophen Friedrich Nietzsche, der während acht Sommern seit 1878 in Sils zu Gast war. Jeden Morgen, vor sechs Uhr, machte sich der Philosoph zu einem Spaziergang zum Silser See auf, dessen Anblick ihm ob so viel Schönheit „Thränen des Jauchzens“ in die Augen trieb. An der Spitze der Halbinsel haben ihm Bewunderer ein Denkmal gesetzt: Verse aus Zarathustra, in Fels gemeisselt.

Wir beginnen die Wanderung bei der Kirche St. Laurenz in Sils-Baselgia, trampeln die täglich von Hunderten von Besuchern begangenen Wege ab, freuen uns der schönen Aussichten, gucken nach vorhandenen Pflanzen und Beeren. Setzen uns auf einige der von Besuchern gestifteten Ruhebänke und tanken Kraft. 

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Sils-Baselgia: San Lurench
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Chasté Südseite
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Silberdistel
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Preiselbeeren

Die Blüten des Herbstes.

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Kraft soll es gemäss Fremdenverkehrswerbung an diesem Kraftort reichlich (und kostenlos) geben. An einem Orte, wo früher Hesse, Chagall, Marcuse, Musil, Neruda, Proust, Thomas Mann und Dürrenmatt Kraft geschöpft haben, wird wohl auch auf uns ein Quentchen inspirierende Kraft überspringen wollen. Zumal wir sie nötiger haben als jene.

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gekappte Kraft
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Ausblick

Die verräterische Lärche verhindert, dass ich das Bild als Mittelmeer ausgebe.

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22 Kommentare zu „CH-7515 Sils Baselgia: Chasté, Kraftort“

  1. Was für schöne Bilder am frühen Morgen! Da würde ich mich am liebsten direkt zur Wanderung aufmachen und auch an diesen schönen Plätzen Kraft schöpfen – danke, dass du uns das zeigst!

  2. Habe ich es nicht gesagt: Die Schweiz, wunderschön, da lohnt es sich, immer wieder Kraft zu tanken, um weiter zu marschieren, nicht dass man dann so endet wie die “ gekappte Kraft „.

    Kein Wunder, dass Nietzsche zum außerordentlichen Professor für klassische Philologie an die Universität Basel berufen wurde, wenn man an solchen schönen Orten Inspiration finden kann ! 8)

    1. 1869 wurde Nietzsche nach Basel berufen, 1881 entdeckte er die Halbinsel Chaste, also erst 12 Jahre später!!! Deine Verknüpfung stimmt also nicht!
      Ich empfehle Dir
      Friedrich Nietzsche, Chronik in Bildern und Texten, Stiftung Weimarer Klassik, 2000.
      Ein wunderbares Buch!

  3. Dazu empfehle ich das schöne Buch von Paul Raabe: Spaziergänge durch Nietzsches Sils-Maria, erschienen im Arche Verlag. ISBN 3-7160-2182-2

  4. @Eva: Kraft schöpfen lässt sich am besten auf Bänkchen sitzend.

    @Nathalie: nein, den Verkehrsverein mag ich nicht mitfinanzieren.

    @ultraistgut: mit dem Marschieren hab ich es, herzfehlerbedingt, nicht mehr so. Aber man kann ja auch ruhig ins Wasser oder in die Landschaft blicken. Der Nietzsche kanns mir nicht so.

    @Buchfink: aber nur, wenn der Nietzsche im Buch nicht allzuoft vorkommt.

    @April: gar nicht erstaunlich, wer das Licht liebt, kommt immer wieder hieher.

    @SchnickSchnackSchnuck: typisch Nietzsche halt.

    @Rosa: a splendid place, indeed.

    @the rufus: Nachtigallen hab ich keine gesehen…

  5. über diesen Aphorismus von Nietzsche lässt es sich philosophieren:

    „Wir sind so gern in der freien Natur,
    weil sie keine Meinung über uns hat.“

    Gibt viel Kraft, wenn man mal in sich ruhen kann und nicht immer in Frage gestellt wird – von einem selbst und von anderen.

    Schöne Bilder, Robert.

  6. @Elisabeth: besser als Dich an der Silberdistel gestochen 🙂 Es hatte viele Wacholderbeeren und Preiselbeeren, von denen ich 2 Schächtelchen gesammelt habe.

    @Christine: einfach so ins Wasser starren und zur Ruhe kommen ist schön. Schopenhauer spricht mit den Blumen: „Ich fand eine Feldblume, bewunderte ihre Schönheit, ihre Vollendung in allen Teilen und rief aus: „Aber alles dieses, in ihr und Tausenden ihresgleichen, prangt und verblüht, von niemandem beachtet, ja oft von keinem Auge nur gesehn.“ Sie aber antwortete: „Du Tor! Meinst du, ich blühe, um gesehen zu werden? Meiner und nicht der anderen wegen blühe ich, blühe, weil’s mir gefällt: darin, daß ich blühe und bin, besteht meine Freude und Lust.“

    1. Poetische Worte von Schopenhauer und hätte ich sie gekannt, hätte es zum Weiterdenken den Nietzsche gar nicht erst bedurft. So ist das doch mit der Dualität oder Robert: wenn dem Blümlein die Meinung anderer gleichgültig ist, dann hat es selbst über die anderen auch keine Meinung. (Das Paradies ist uns nahe!)

  7. Im Engadin war ich als Kind mal – den Himmel werde ich nie vergessen, ein solches Blau habe ich seither nie mehr gesehen. Wann war der Spaziergang denn? Bei uns ist schon alles winterlich grau und nass.

  8. Auf solche Landschaft freue ich mich, fürchte nur, dass es bald, wenn nicht bereits jetzt, zu spät ist für diese Stimmungen.
    Gruss aus Chiang Mai, werde ab morgen wieder die kalte und evtl neblige Schweiz „geniessen“, aber es gibt ja Holz und Feuer.
    Erich

  9. Kein Wunder, daß dieser Ort so beliebt war und ist. Die Gegend ist ja traumhaft schön und Deine Fotos zeigen dies wieder einmal eindrucksvoll. Ich verlasse die Trampelpfade und schlage mich in die Büsche zum Krafttanken – ohne störende Besucher :-). Ein einsames Plätzchen wird sich bestimmt für mich finden.

  10. @rike: ich zehre mit meinen sonntäglichen Beiträgen immer noch von den Herbstferien Mitte September 🙂

    @Erich: die nächsten Tage werden schön werden, im Bodenseegebiet mit dem üblichen Hochnebel. Welcher Kulturschock bei Deiner Heimkehr, aber die bist Du ja gewohnt.

    @Charlotte: die Nordseite der Insel ist weniger begangen, da gibts auch schöne Stellen und Ausblicke.

  11. Traumhaft! Selbstgepflückte Wacholderbeeren, die hat nicht jeder. Könnte stundenlang auf solchen Bänken sitzen und einfach nur schauen. Da möchte ich gerne auch mal hin. Hoffentlich scheint die Sonne dann auch so schön.

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