Auch das eine Remineszenz an unsere Herbstferien im Engadin. Die schöne Wanderung im Nationalpark. Von der Ofenpasshöhe aus um den Il Jalet, via Fop da Buffalora südlich am Munt Chavagl und Munt la Schera vorbei mit dem berühmten Ausblick auf den Lago di Livigno und durch Arvenwälder zum Parkplatz Il Fuorn. Happige Wanderung. Am Anfang Nebel. Die Sonne hinter dem Piz Daint versteckt. 0 Grad.
Nach einem Kilometer Ratlosigkeit. Links oder rechts am Il Jalet vorbei? Linksherum grässliche Abgründe. Entlang aufsteigender Felswände. Nichts für mich Schwindelhaften. Also rechts herum. Kräftiger Anstieg. Alles gefroren.
Nach Anstieg im kalten Schatten des Il Jalet stehen wir plötzlich über dem Nebel. Wunderschön. Wenn nicht der exponierte, steile Abstieg gewesen wäre. Frau H. voraus. Ich mit zittrigen Knien mehr oder minder mutig (nur nie nach unten schauen) hintendrein.
Und es ging. Wieder auf sicherem Weg hinunter zur Schlucht im Val Murtaröl.
Il Jalet, 2389 m ü.M. rechts der Bildmitte. Mitten durch schröckliche Felszacken und Geröllhalden führte der Trampelweg in die Tiefe. Im Vordergrund die Alpe Buffalora.
Auf den Munt La Schera mochten die Beine nicht mehr. Der Ausblick ist aber auch von der Direttissima schön.
Die Schrecknisse der wilden Berge waren bei einem guten Abendessen im Restaurant Stüva Colani unter Chef Paolo Casanova rasch vergessen. Hier nur ein Beispiel aus dem Menu. Der Chef kann seine Weiterbildung bei Massimo Bottura nicht verleugnen:
Salmerino
Seesaibling auf Tannennadeln gegart, Stangenpfeffer, Chimichurri der Lärche, Haselnüsse, „Guter Heinrich“ Spinatspitzen, fermentierte Himbeeren, violette Kartoffeln aus Madulain und fermentierter Bio Radieschen Salat.
8 Jahre ist mein letzter Beitrag unter dem Schlagwort „Grenzland“ her. Seither hat sich so vieles geändert. Doch meine Sehnsucht nach Ferien im Engadin hat sich unverändert gehalten. Heuer war es wieder soweit: 5 Tage in einem guten Hotel: In Lain. Mit Frau H.. Das tat gut. Sehr gut. Liegt aber bereits wieder 3 Monate zurück.
Ich plante eine leichte Bergwanderung in eines der schönsten Alpentäler der Schweiz, einem Seitental des Puschlav auf der Südseite des Berninapasses, das auf drei Seiten von Italien umgeben ist.
In Sfazù, 1623 m ü.M., wollte ich den kleinen Postbus besteigen, der uns auf 2065 m ü.M. hätte bringen sollen. Doch ohne Platzreservierung ging bei schönem Herbstwetter nichts. Wir waren etwas spät dran, ich fuhr im Stil von Michael Schuhmacher mit Mäxle III über die Bernina, doch war nichts mehr zu machen. Postbüsli „completo“. 2 Stunden zusätzlicher Fussmarsch, bergauf. Wohlan, mit den auf dem Geröll der Calanques trainierten Beinmuskeln ist das machbar. Nach steilem Anstieg öffnet sich der wundervolle Ausblick auf Biancograt, Piz Palü, Bellavista und den einzigen 4000er der Ostalpen: Piz Bernina.
Friedliche Eselweide. Nur Fressen, nicht Laufen.
Auf 1943 m ü. M. der erste der Val da Campo Seen.
Der noch junge Fluss Poschiavino bei Poz da Rugial.
Lärchenhain bei Saoseo.
Und endlich, der schönste der Val da Camp-Seen: Lagh da Saoseo, 2029 m ü.M.
Baum Friedhof im Saoseo-See.
Unweit davon der kleine Lagh da Scispadus.
Am Rücken eines starken Partners lässt sichs gut anlehnen.
Lagh da Val Viola. 2160 m ü.M. Meine Begleiterin gönnt sich den Blick auf die Alpen durch den Feldstecher.
während ich als Gipfelstürmi (nicht zu verwechseln mit Gipfelstürmer) den letzten Meter, notabene 2162 m ü.M., erklimme.
Zurück rechts des Bächleins auf die Alpe Campo, wo wir mit müden Knochen den letzten freien Sitzplatz im Postbüsli ergatterten.
In zahllosen Windungen fällt die Pass-Strasse vom Berninapass nach Poschiavo hinunter. Angelangt, umfängt einen das Licht des Südens. Häuser haben und machen Gesichter. Sie sind älter als ihre Bewohner, sind dadurch Zeugen von Weisheit oder Torheit der Menschen. Aus manchem Hause scheint die Laune der Bewohner zu strahlen. So ganz anders als in unsern Städten, wo die Architekten ihre anonymen Betonburgen mit Menschen auf- und zufüllen. Mit Menschen, die ihren Häusern ewig fremd bleiben.
Etwas südlich von Poschiavo liegt Le Prese, am Rand des Lago di Poschiavo. Ein paar Jahre ist es her, dass wir hier unsern letzten Tee schlürfen durften. Danach war Schluss, das Hotel wurde geschlossen und an einen Mailänder Immobilienhändler verkauft, der es vergammeln liess.
Dank der Initiative einer betuchten Baslerin konnte das Haus zurückgekauft werden, es befindet sich nun wieder in festen Händen, wurde total renoviert und strahlt in hellem Glanze. Wir haben hier bei schönster Aussicht u.a. gute, hausgemachte Capunet gegessen.
Ristorante La Perla im Hotel Le Prese
Da das Wetter mitspielte, gabs noch eine kleine Wanderung nach Miralago, entlang der bequemen Seeseite. Das Herz mag keinen Sport mehr. Die an einem Leitungsmast der Berninabahn kunstvoll angebrachten drei Besen haben übrigens eine spezielle Funktion. Welche wohl ?
Einmal mehr unerreichbar für uns, da nur nach längerem Fussmarsch erreichbar: San Romerio, auf 1800 m.ü.M, hoch über dem See, angeblich einer der schönsten Orte der Schweiz.
San Romerio, das Unerreichbare
Einheimische wollen wissen, dass, wer einmal vollständig um das Kirchlein San Romerio gelaufen sei, niemals mehr krank werde. Schlaumeier. Das im 11. Jahrhundert erbaute Kirchlein liegt unmittelbar an der Felskante, die steil in die Tiefe abfällt. Umrundung unmöglich, dabei hätten wir uns so gerne ewige Gesundheit eingetauscht.
Es gibt grössere Alpabtriebe, reichhaltiger geschmücktere Kühe, Abtriebe, bei denen die Sennen sich in Tracht statt in Bluejeans werfen. Es gibt aber auch Alpabfahrten, bei denen die Kühe auf den umliegenden Dorfweiden zusammengetrieben und hinter dem Schulhaus geschmückt werden, um dann vor dem Schulhaus den wartenden Touristen auf der Dorfstrasse vorgeführt zu werden. Und es gibt Alpabfahrten, die sich zu florierenden Chilbi-Märkten aufgeplustert haben, mit all dem Angebot an Nippes, Selbstgetöpfertem, Konfitüren, altem Handwerk und reisenden Feuerschluckern.
Der Alpabtrieb in Müstair gehört nicht zu diesen. Einfach, bescheiden: gelebte und lebendig gebliebene Tradition. In der Morgenfrühe brechen die Kühe mit ihrer Begleitung von der Alpe Mora (Nähe Ofenpass) auf, um in mehrstündigem Abstieg bei Santa Maria die Talebene zu erreichen. Eine Alpabfahrt kann bis zu sechs, acht Stunden dauern und bedeutet für die Tiere wie die Helfer eine grosse Anstrengung. Am Zielort ein bescheidenes Fest, von Dorfvereinen organisiert. Ein einziges Tischlein mit Alpkäseverkauf.
Stolz tragen die Kühe ihren Kopfschmuck. Eine Alpabfahrt muss ruhig angegangen werden. Die Tiere spüren de Veränderung und sind nervös. Sie müssen beruhigt und gebremst werden, denn wenn sie zu schnell losrennen, werden sie zu rasch müde und könnten in steilem Terrain an den Vorderbeinen einknicken.
Herde von vorne
und von hinten
Indes bereiten die Treichler die wartenden Zuschauer am Zielort Müstair in langsamem, rythmischem Gleichschritt mit ihrem urtümlichem Klang auf den Einzug der Kühe vor. Treicheln sind im Unterschied zu gegossenen Glocken aus gehämmertem Blech gefertigt. Sie sind leichter als Glocken gleicher Tonhöhe und dennoch bis zu 20 kg schwer. Dafür klingen sie tief dumpf-dröhnend.
Auf der Wiese vor dem mittelalterlichen Kloster Müstair ist das Ziel erreicht. Einen Einblick in die Kirche gibt ein früherer Beitrag von mir.
Die Ofenpass-strasse ist gesperrt. Tische und Bänke laden zu Käse und Wein (und Wurst) ein. Derweil bereiten die In der Schweiz unverzichtbaren Alphornbläser und Fahnenschwinger ihren Auftritt vor.
Weitgehend unbeachtet von den durstigen Hauptpersonen des Alpabzuges.
Durch die Sperrung der Pass-strasse konnte man sich das hübsche Dorf Müstair einmal ganz ohne Auto- und Motorradverkehr ansehen. Bis die Umfahrungsstrasse kommt, wird es leider noch einige Zeit dauern.
Heimkehr von der Alp Mora durch die Strasse von St. Maria im Val Müstair
Wer jedes Jahr am selben Ort im Oberengadin Ferien macht, lebt nach dem Motto „home away from home“. Die jährliche Rückkehr an meinen Ferienort gibt mir jedesmal den Eindruck, lediglich für ein paar Tage weg geblieben zu sein. Alles ist wohl bekannt, alles ist vertraut, wenig hat sich verändert: die Wege, die Sehenswürdigkeiten, die Angebote der Spass- und Erlebnisgesellschaft, mit etwas Glück dieselben Züge wie vor 80 Jahren, die immergleichen Speisekarten der Gaststätten (derzeit Wild, wen wunderts). Einzig das Wetter war in den vergangenen 2 Wochen kalt, bis minus 2°C, viel Regen, wenig Sonne.
Bernina-Krokodil aus dem Jahr 1928
Trübe Wetteraussichten
Schöne Wetteraussichten
Neues gibt es wenig zu berichten, ich habe kaum gekocht, Wir haben meist fremd gegessen, da und dort altes, aber auch neues aufgegabelt: in der Stüvetta von Dario Cadonau in Brail, bei Anna Bertola in Bianzone im Veltlin, bei Passerini in Chiavenna, im renovierten, wieder eröffneten La Perla in La Prese, im Südtirol bei Anna Matscher, kombiniert mit einem Blitzbesuch im Laden der Bloggerfreundin Magdi Kochfelder.
Spinat-Ricotta Ravioli im Passerini
Aber auch in bescheidenen Gaststätten wie jener in Promontogno. Leider sind hier die Enten im Weiher vor dem Hotel verschwunden. Einfach weggeflogen. Wer weiss wohin. Und wenn es gar garstig vom Himmel herunter goss, gönnten wir uns eine kleine Süssigkeit von Kochendörfer.
Wettertrosttörtchen
Langweilig ? Ansichtssache. Erholsam dann, wenn man die elektronischen Kommunikationsmittel unbenutzt in den Taschen lässt. Meinen Blog habe ich für einmal einfach ruhen gelassen, um selber zur Ruhe zu finden. Nur der gelangweilte, moderne Mensch glaubt, selbst im Urlaub seine innere Leere durch hyperaktive Betätigungen kaschieren zu müssen. Während ich mir morgens um 8 Uhr in der Dorfbäckerei Gipfel zum gemütlichen Zmorge hole, stehen grimmig dreinschauende, rotbesockte, nordicwalkingstock bewehrte Bergwanderer eingehüllt in Regenpelerinen an der Busstation zum Gipfelsturm bereit. Hektik, Drängeln, Erfolgsstreben, Effizienz und Zack auch hier. Dasselbe wie im Wahnsinn der Sozialen Medien.
wer hat die längsten Hörner ?
Einige freundliche Leserinnen und Leser zeigten sich besorgt über mein Verschwinden aus dem Blogalltag. Danke für die lieben Nachfragen und die rührende Anhänglichkeit. Das Netz vergisst zwar nichts, aber wer im Netz mit Schreiben aufhört, ist in der Regel doch schnell vergessen. Mein Lieblingsengel hatte jedenfalls mit mir ein Einsehen und streute seine Blumen in fremde Gräber.
Wer nach dem Urlaub als beste Beute den Spruch heimbringt: „Gottlob, dass ich wieder heim bin!“ (Jeremias Gotthelf hat das gesagt), der lebt noch.
Nur, dass nach der Heimkehr bekanntlich das Angekommensein beginnt. Kühlschrank leer. In einer Ecke steht noch das Glas strattu. Im Tiefkühler liegen noch Kalbsplätzli. Tomatenpassata ist immer da. Das reicht für Scaloppine alla pizzaiola. Mehr brauchts nicht für ein frugales, aber gutes Mahl.
Ach, ich weiss. Bei ernsthaften Köchen müssen Tomaten heute in mehreren Aggregatszuständen auf demselben Teller liegen: als Schaum, als farblose Essenz, als Creme, confiert, in Form gedörrter Knusperkrümel und als Eis. Das sind zwar mehr als die drei klassischen Aggregatzustände, aber die neue Kochkunst kennt keine physikalischen Grenzen. Deshalb handelt es sich wohl um Kunst.
Doch bedeutet Kochkunst nicht auch die Reduktion auf möglichst wenige Zutaten ? Die Italiener verstehen das meisterhaft und das Ergebnis gibt ihnen recht. Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl andünsten, mit der Passata (oder guten Tomaten) ablöschen, Mit strattù, der kondensierten Tomatenseele, aufdonnern. Mit Salz, Pfeffer und Origano abschmecken. Kalbsplätzli ganz kurz scharf anbraten und ein paar Minuten in der heissen, nicht mehr kochenden Sauce ziehen lassen. Mehr Tomate geht nicht in einer einzigen Aggregatsform. Mit dem strattù besser als alles, was ich früher unter gleichem Namen in Rom gegessen hatte.
Wenn schon Engadin, dann gleich auch noch ins Veltlin. Auch hier Wiederholungen von bereits Bekanntem, Mittagessen bei Anna Bertola. Bresaolaeinkauf in der Macelleria Poretti in Tirano. Käseeinkauf bei den Fratelli Ciapponi in Morbegno. In Morbegno, der Stadt des Bitto-Käse, wurden wir von einem Erzengel herzlich begrüsst.
Gruss aus Morbegno, von der Kirchturm-Uhr herunter
Jede Alp hat ihren eigenen Käse
Eingekauft habe ich Casera und Bitto verschiedener Altersstufen. Nicht allzuviel, Frau L. liebt ihren Emmentaler über alles.
Brunnen auf dem Waltherplatz, Walther von der Vogelweide ohne Kopf
Diesmal haben wir wieder bei Herbert Hintner in der Rose in Eppan gegessen. Herbert Hintner steht seit Jahren unangefochten an der Spitze der Südtiroler Köche. Seine Küche ist modern, bezieht ihre Kraft aus perfekter Technik, kulinarischer Intelligenz und regionaler Identität. Die saisonale Speisekarte enthielt auch heuer die seit Jahren etablierten Klassiker, die aber immer wieder behutsam mit neuen Gerichten ergänzt werden.
Ravioli, gefüllt mit Kartoffelpüree, aromatisiert mit Sommertrüffeln
Auf dem Heimweg, wie jedes Jahr, Zwischenhalt im Zwergenstädtchen Glurns. Mittelalter, Kopfeinziehen ratsam.
Laubengänge in Glurns
Altstadthäuser in Glurns im Abendlicht
Und wenn auch die Lichter des irrlichternden Berlusconi bald verlöschen werden, die Sonne bleibt dem Land erhalten.
Per la Gloria d'Italia in Chiavenna
Was kümmern ihn die Finanzprobleme der Welt ?
Einmal sind alle Ferien zu Ende. Der Schnitt ist abrupt. Rechtzeitiges Bremsen angesagt. Ab sofort geht die Fahrt wieder auf holperigem Schotter weiter. Und ich werde mich beim Kochen von den Ferien erholen.
Pontresina, Blick auf die Engadiner Alpen (rechts oben)
Das kommt davon, wenn man der Ruhe pflegt (Zitat in Anlehnung an Albert Lortzing). Nach ein paar Tagen Leben auf dem Lande war ich das Landleben ohne PC satt. Altersbedingte Rastlosigkeit überfiel mich. Dieweil Frau L. mit Wehmut der dieses Jahr unbesucht gelassenen Enten im Park von Promontogno gedachte. Kurz: Die Koffer waren schnell gepackt und wir nach 5 Stunden Reise im oberen Engadin. Regelmässige Leser kennen meine säuberlich geordneten Reiseberichte aus dieser Gegend. Zu berichten gibt es diesmal kaum Neues. Die Aussicht auf die hehre Bergwelt ist nach wie vor unverändert, wie das Titelbild belegt.
Die Enten in Promontogno waren vollzählig anwesend, zu einem Gespräch kam es nicht, die Gesellschaft pflegte gerade ihre Siesta im Schatten des Schlauchwagens der Feuerwehr.
Enten in Promontogno
Das Essen im Hotel Restaurant Bregaglia war wiederum gut, viel besser, als das gelbe Würzset es vermuten lässt.
Spaghetti Promontogno, mit leicht behinderter Sicht darauf
Einmal mehr haben wir uns in dem alten Kasten Zimmer zeigen lassen, mit fliessendem Wasser und Holzriemenböden. Der Hotelbau stammt aus der Pionierzeit des Sommertourismus 1875/6 und ist seither kaum verändert worden. Eine Bar sucht man vergeblich. Spa oder Wellnessbereich, Telefon- oder Internetanschluss, goldbetresste Hotelportiers gibt es nicht. Alles hier ist Museum. Widerstand gegen moderne Zeiten, aus Geldmangel.
das schönste Zimmer, Nr. 12
Das Haus von aussen
Bei der Wanderung durchs Bergell haben wir wiederum Wildhopfen gefunden. Während andere sich an Pils laben, erfreuen wir uns am bitteren Hopfentee.
Bergeller Hopfen
Um der zunehmenden Verarmung der heimischen Bergflora entgegenzuwirken, haben die Gemeindegärtner von Pontresina heuer Kunstblumen auf Bergwiesen gepflanzt. Holzstäbchen mit Glitzerfolie. Sieht hübsch aus, wie das wohl aussehen wird, wenn hier der erste Schnee gefallen ist ?
3000 Kunstblumen in der Bergwiese
Blumenpracht auf Bergwiesen in Pontresina
Ähnliche Versuche macht man derzeit auf kahlen, baumfreien Berghöhen. Die Form der gepflanzten Tannen, bzw. Föhren, bzw. Zirbelkiefern ist jedoch noch stark verbesserungsbedürftig. Hätte man sie umgekehrt gepflanzt, würden sie vielleicht Wurzeln treiben und somit besser anwachsen.
Wald in Sicht
Ich bin gewiss nicht der Typ, der über Leichen schreitet, beim Anblick des ausgegrabenen Skeletts musste ich aber doch einen Schritt Richtung Grube tun bzw. genauer hinsehen. Auffallend das viele Gold an den Knochen, was eine Verwandtschaft mit dem armen Schlucker aus dem Ötztal mit Sicherheit ausschliessen lässt. „Unser Ötzi“ war und ist bestimmt Schweizer.
Unser Ötzi
Nachtrag: einzelne Bilder (Alpen, Kunstblumen, Skelett) habe ich entlang der Hauptstrasse in Pontresina geknipst . Es sind Kunstobjekte der Ausstellung Kunstwege 2011 in Pontresina.
Dafür, das wir in den Herbstferien nur einen kleinen Ausflug ins Unterengadin unternommen haben, ist der Anspruch des Titels viel zu weit gefasst. Fährt man von Zernez nach Schuls, passiert man halbwegs Ardez, das auf der linken Talseite über dem Inn liegt. Von weit her ist die Ruine der Burg Steinsberg sichtbar. 1209 kaufte der Churer Bischof den Herren von Ardez die Burg ab, die danach den bischöflichen Herrschaftsmittelpunkt im Unterengadin bildete. Sie wurde 1499 durch die Oesterreicher im Schwabenkrieg zusammen mit dem Dorf zerstört. Später wieder aufgebaut. 1622 wurde der inzwischen protestantische Ort durch den katholisch-österreichischen Feldherr Alois Baldiron wiederum dem Erdboden gleichgemacht. 1652 kauften sich die Ardezer von Österreich los.
Auffallend in Ardez sind die vielen, schönen Engadinerhäuser.
Ardez, Hauptstrasse
Ardez, Engadinerhaus
Vorläufer der heutigen Graffiti
Ardez, Erker
Seit dem Wiederaufbau nach 1622 hat sich das innere Dorfbild beinahe unverändert erhalten.
Ardez, Häusergruppe
Kurz vor Schuls grüsst auf der rechten Talseite das markante Wahrzeichen des Unterengadins, das auf einem Hügel gelegene Schloss Tarasp. Das Schloss war in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts Wohnsitz der Herren von Tarasp, die aus der Gegend des Comersees ins Engadin gezogen waren. Im Jahre 1239 gelangte die Festung an die Grafen von Tirol. Da das Unterengadin zum Bistum Chur gehörte, folgten heftige Auseinandersetzungen zwischen den Tiroler Grafen, den Bündnern und den Bischöfen von Chur um die Vormacht im Unterengadin. Ab 1464 war Tarasp eine österreichische Grafschaft. 1803 wurde Tarasp von Napoleon der helvetischen Republik zugeschlagen.
In der Folge wurde das Schloss vom Kanton für umgerechnet etwa 300 € verkauft, danach komplett leer geplündert, bis es 1900 in den Besitz des Dresdner Industriellen und Odol-Mundwasser-Fabrikanten Karl August Lingner überging.
Schloss Tarasp und Tarasper See
Lingner steckte viel Geld in die Renovation, konnte das Schloss selber aber nicht mehr bewohnen. Er starb 1916 unerwartet. Das Erbe fiel an einen Freund von Lingner, Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen. Das Schloss befindet sich heute noch im Besitz der Familie von Hessen. Indessen wurde jedoch ein Kaufrechtsvertrag zwischen der Gemeinde Tarasp und der Familie von Hessen abgeschlossen. Die Gemeinde leistet an den Unterhalt eine Defizitgarantie.
Schloss Tarasp
Nach Tarasp haben wir in Scuol zu Mittag gegessen. Recht. Nichts denkwürdiges. Über den Ort habe ich letztes Jahr schon berichtet. Ein paar Schritte ins Unterdorf. Dort, in „Scuol Sot” stehen schöne alte Engadinerhäuser, ein malerischer Dorfplatz mit einem grossen Brunnen.
Scuol Sot
Scuol Sot
Damit ist Schluss mit Ferienbildern. Der Winter hat uns fest im Griff. Keine Ausreisen mehr.
Chiavenna war von der ausgehenden Spätantike bis 1194 der Sitz von Grafen, die das Tal beherrschten. Die Grafschaft entstand vermutlich im 10. Jhdt., zu Beginn der Herrschaft Ottos I., der 960 das Bergell von Villa di Chiavenna an aufwärts dem Bistum Chur zuteilte und damit die noch heute gültige Grenzlinie zwischen Italien und der Schweiz zog. 1030 erhielt Chiavenna vom Bistum Como das Stadtrecht und wurde 1194 an die Bischöfe von Chur übergeben; in der Stauferzeit war Chiavenna sogar ein Teil des Herzogtums Schwaben. 1335 kauften die Mailänder Visconti dem Churer Bischof Stadt und Umland Chiavenna ab.
In den Mailänderkriegen gelang 1512 den Drei Bünden die Eroberung von Chiavenna zusammen mit Bormio und dem Veltlin als gemeinsames Untertanengebiet, wobei das Schloss Chiavenna zerstört wurde. Mit dieser Gebietsausdehnung gelang es den Bündnern, eine direkte Verbindung zum verbündeten Venedig herzustellen. Diese Talschaften gingen 1797 wieder verloren, wurden Teil der Cisalpinischen Republik und teilten hinfort das Schicksal der Lombardei bis zum heutigen Regime des flotten Herrn Berlusconi.
Chiavenna, Piazza Crollalanza
Entlang der Hauptstrassen der historischen Altstadt fallen die zahlreichen herrschaftlichen Palazzi mit ihren schönen Portalen aus Speckstein sowie versteckten Gärten auf. Zeugnisse des Wohlstandes, den sich Handelshäuser und Fuhrunternehmer an der Verzweigung so wichtiger Alpenpässe erwerben konnten. 1835 waren in Chiavenna zehn Speditionshäuser ansässig, die pro Jahr 4’000 t Waren, meist über den Splügen, transportierten.
Piazza Pestalozzi
Piazza Pestalozzi
Piazza Pestalozzi
Hofidylle an der Via Dolzino
Gegessen haben wir einmal woanders, im Ristorante al Cenacolo, in der Altstadt. Den Michelin-Stern hat es zwar seit Jahren verloren. Ist vergleichsweise auch weniger elegant als das Passerini, die Speisen sehr traditionell ausgerichtet, aber qualitativ gut und wie mir ein Habitué sagte, auch sehr konstant. Sehr nett das amuse-geule, pro Person eine Salametti zum Brot. Wie fast überall im Veltlin, ein ausgezeichneter offener Hauswein, ein Grumello von Nino Negri. Reizvoll war insbesondere der Zwischengang Taroz. Ein Kartoffelpüree mit Bohnen. Köstlich. Muss ich unbedingt nachkochen.
Salametti
fior di zucca, mit Mozzarella gefüllt
Taroz
Brasato di manzo al Grumello
Nach dem Essen gehts über das Flüsschen Mera in den andern Stadteil. Die Brückenfigur des hl. Johannes von Nepomuk (der in Böhmen wirkende Geistliche wurde im Jahr 1729 heiliggesprochen) ist endlich wieder aus seinem durch Bauarbeiten bedingten Gitterkäfig entlassen worden. In diesem Stadtteil liegt der Laden von Francesco Bedognotti, hier waren wir Trüffel einkaufen. Leider habe ich es auch dieses Jahr nicht geschafft, im alten Handwerkerviertel die alte Museumsmühle (Bottonera Mühle) aus dem Jahre 1887, das Stammhaus der Pastafabrik Moro, zu besichtigen. Nächstes Jahr vielleicht.
Die Gemeindeteile Bondo, Soglio und Castasegna, die unterhalb der Talsperre von Promontogno liegen, werden zur „Sottoporta“ gezählt. Über Soglio habe ich 2007 bereits berichtet.
Bondo liegt etwas abseits der Hauptstrasse an der Mündung der Bondasca. Promontogno wie Bondo wurden im Jahre 1621 von der spanischen Soldateska niedergebrannt, später aber wieder neu aufgebaut.
Auffallend der Palazzo Salis, erbaut 1766–76 für den bündnerischen Gesandten Graf Hieronymus von Salis-Soglio und seine Gattin, Gräfin Mary Fane aus dem Hause der Earl of Westmoreland. Der Palazzo wird im Sommer noch heute von einem englischen Zweig der Familie von Salis bewohnt. Deshalb muss man sich am Gartentor die Nase plattdrücken. Der Garten ist ein schönes Beispiel der damaligen italienischen Gartenarchitektur.
Bondo, Palazzo Salis
Nase platt drücken
Inmitten des Dorfes Bondo finden wir den achteckigen Brunnen und unweit davon die romanische Kirche zu San Martino (1250 geweiht) mit ihrem „campanile romanico“ und den 1960 aufgefundenen Fresken.
Bondo Gassenbild
Bondo San Martino
Bei einer früheren Renovation (1960) wurden in Schiff und Chor Wandmalereien lombardischer Künstler im Stil der Frührenaissance aus der Zeit von 1485-1500 entdeckt und restauriert. Auf dem Abendmahl ist Jesus, und die Apostel Judas und Johannes zu erkennen. Auf der Tafel erkennt man Wein, Osterlamm, Fische, Krebse und Artischocken !
in ristauro seit 2010
man beachte die Reichhaltigkeit der Speisen auf der Tafel !
Am Weg von Bondo nach Promontogno trifft man auf die Crotti, die von hohen Kastanienbäumen beschattet sind. Hier wird an warmen Sommerabenden Boccia gespielt. Und vermutlich Wein dazu getrunken.
Das Bergell (italienisch Val Bregaglia, ursprünglich von Prae-Gallia, Vorgallien) ist eines der Bündner Südtäler, gelegen zwischen dem Malojapass (1815 m ü. M.) und Chiavenna (333 m.ü.M.). Der obere und grössere Teil des Tals gehört zum Kreis Bergell des Schweizer Kantons Graubünden, unterschieden in Sopraporta, oberhalb, und Sottoporta, unterhalb der mittelalterlichen Talsperre von Promontogno. Der unterste Teil (auch Val Chiavenna) gehört zur italienischen Provinz Sondrio.
In Vicosoprano, dem Hauptort des Bergells, beginnt unsere alljährliche Wanderung, hinunter nach Promontogno.
Vicosoprano, Rundturm 13. Jhdt Rathaus
Vicosoprano, Wohnhaustüre
Vicosoprano, Brücke über die Mera
Herr L., eine Hopfenelfe mimend
Coltura, Schloss Castelmur
Burg Castelmur bei Promontogno
In karolingischer Zeit gehörte das Bergell zum churrätischen Ministerium Bergallia. 960 schenkte Otto I der Grosse, derselbe, der in Magedeburg begraben liegt, das Bergell dem Bistum Chur. Das Tal war schon seit Römerzeiten durch eine Passstrasse mit dem Norden verbunden. Der Septimerpass (2310 m) war früher neben dem Grossen St. Bernhard und dem Brenner einer der wichtigsten Alpenübergänge. Vorteilhaft war seine direkte Nord-Süd-Verbindung und die günstige Topographie, die einen einfachen Wegbau zuliessen. Der Besitz der gesamten Septimerroute von Chur bis Chiavenna einschliesslich der damit verbundenen Zolleinnahmen bildete über Jahrhunderte hinweg die Machtbasis des Churer Bischofs. Über den Pass zogen Händler und Heere, Könige und Kaiser, 961 Otto der Grosse und 1164 Friedrich Barbarossa. Mit der Öffnung der Viamala 1473 verlor der Septimerpass an Bedeutung und vergandete wieder zum Saumpfad. Projekte für eine Strasse über und eine Bahn unter dem Septimer wurden nie realisiert.
Mit der Reformation im 16. Jahrhundert wurde die italienische Sprache im Bergell zur Hauptsprache erklärt. Die Zeit der Bündner Wirren und des dreissigjährigen Krieges mit spanischen und französischen Truppen auf Bergeller Boden waren eine schwere Prüfung für die Einwohner. Im Bergell leben heute noch rund 1600 Einwohner.
Talweiden
In Promontogno steht das wunderliche Hotel Bregaglia, inmitten alter Bäume und dem geliebten Entenweiher vor dem Eingang. Ein Kleinod der „Belle Epoque“, renoviert, aber ohne jeden neuzeitlichen Komfort. Wir haben uns ein paar Zimmer zeigen lassen, sehr schön, alles aus dem Jahre 1887. Das Bergell ist ein Tal für Menschen, die leise Töne lieben. Wer die sucht, wird sie hier finden und immer wieder gerne hierher zurückkehren. Hier haben wir es uns denn auch gut gehen lassen. Die junge Köchin überrascht mit einfachen, aber guten Speisen.
Ergebnis der Entenzählung und Vergleich mit Vorjahr: vollzählig !
Das Valposchiavo, ein nördlich gelegenes Seitental des Veltlins, beginnt auf dem Berninapass (2328 m) und endet an der Grenze zu Italien, vor Tirano, auf rund 550 m. Diese Jahr sind wir wieder einmal mit der Berninabahn bis Tirano und zurück gefahren. Im Bummelzug, damit die Fahrt länger dauert und ich die Aussicht nicht mit einem Wagen voller Japaner teilen muss 😉 In Poschiavo (hier mein Bericht aus 2007) sind wir für einen Zwischenhalt ausgestiegen, Mittagessen im Ristorante Albrici. Manfriguli, ein mit Käse gefülltes Buchweizenomelett.
Poschiavo, Plazza da Cumün mit Hotel Albrici
Plazza da Cumün
ehemaliger Wehrturm im Rathaus
Die Geschichte des Puschlavs war lange Zeit eng verknüpft mit dem Los des südlichen Nachbarn. Sowohl die Besiedlung wie die Romanisierung und Christianisierung erfolgten von Süden her.
Im 13. Jahrhundert ein Lehen des Churer Bischofs, gelangte das Dorf 1350 unter mailändische Herrschaft, im Gegensatz zum Veltlin gelang aber dem Puschlav im ausgehenden Mittelalter die gewaltsame Befreiung von der Feudalherrschaft und 1494 die Orientierung nach Norden als freies, unabhängiges Hochgericht des Dreibündenstaates.
Die Religionswirren nach der 1547 eingeführten Reformation brachten dem Tal langandauernde Konflikte und Spannungen. Nach der turbulenten Phase der Bündner Wirren im Dreissigjährigen Krieg nahm Poschiavo eine eher ruhige Entwicklung, die sich vor allem auf den Passverkehr und die Landwirtschaft stützte. Die Französische Revolution hinterliess nochmals deutliche Spuren.
Das Veltlin löste sich aus dem Untertanenverhältnis zu den Drei Bünden und wandte sich endgültig Italien zu. 1803 trat das Puschlav mit dem neuen Kanton Graubünden in die Schweizerische Eidgenossenschaft ein.
Die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen des Puschlavs blieben allerdings noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts hauptsächlich auf das Veltlin ausgerichtet. Mit dem Bau von Berninabahn und Kraftwerken 1904-12 wurde das Tal aus seiner Abgeschiedenheit befreit.
Oratorio Sant'Anna mit Beinhaus und Totenschädeln im Portikus
Im 17. bis 19. Jahrhundert wanderten viele Puschlaver aus Armutsgründen aus, bevorzugt nach Spanien, Portugal und Frankreich, wo sie häufig als Zuckerbäcker tätig waren. in Madrid, Barcelona und Porto wurden legendäre Confiserien und Restaurants von Puschlaver Familien geführt. Einige brachten es zu beträchtlichem Wohlstand. Die heimatverbundenen unter ihnen kehrten nach einigen Jahren in der Fremde wieder in ihre Heimat zurück. Mit Stolz stellten die Erfolgreichsten zu Hause ihren Reichtum zur Schau, indem sie am südlichen Dorfrand von Poschiavo prächtige Villen erstellen liessen.
Die Palazzi bilden einen Strassenzug herrschaftlicher Villen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts am ehemals südlichen Ortsrand von Poschiavo, der auch Spaniolenviertel genannt wird.
Poschiavo, Via di Palaz
Die Palazzi liegen in einer 120 m langen Reihe drei- bis vierstöckiger Giebelhäusern an der Nordseite der Via di Palaz. Die bunten Fassaden der neoklassistischen Häuser sind alle nach Süden ausgerichtet und verfügen auf der anderen Strassenseite über Gemüsegärten.
Danach Fortsetzung der Fahrt nach Tirano. Die Berninabahn gilt als höchste Adhäsionsbahn der Alpen und – mit bis zu sieben Prozent Gefälle – als eine der steilsten Adhäsionsbahnen der Welt. 1910 konnte sie auf ihrer gesamten Länge zwischen St. Moritz und Tirano eingeweiht werden. Sie wurde von Anfang an elektrisch mit Gleichstrom betrieben. Seit dem Winter 1913/14 wird der Bahnbetrieb auch im Winter aufrecht erhalten. Die Berninabahn wurde gemeinsam mit der Albulabahn 2008 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Fahrt durch Kastanienhaine bei Brusio
Unterhalb von Brusio besitzt die Bahn als letzten Höhepunkt einen Kreisviadukt, der alleine der Höhengewinnung, bzw. der Höhenvernichtung dient.
Kreisviadukt Brusio
Auf dem Viadukt
Mein Traum, einmal im Winter die tiefverschneite Landschaft der Bernina zu befahren.