CH-3000 Bern: durch vordere und hintere Gassen

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Start: Glasbaldachin über dem Bahnhofsplatz

Bern ist immer eine Reise wert. Weil ich bei meinem letzten Besuch einen historischen Schinken entdeckt hatte, bei dem ich mir nicht sicher war, ob ich ihn nicht doch schon besitze, durfte ich die Reise nochmals antreten, um ihn endgültig in meinen Besitz zu überführen. Diesmal allein, ohne Frau L. Dafür mit Zeit, durchs historische Museum zu streifen, die vorderen und hinteren Gassen Berns abzutrampeln.

Zwischen dem Barockbau der Heiliggeistkirche und dem Burgerspital liegt der neue Tram-/Busbahnhof. Ein grosser, wellenförmiger Glasbaldachin, der einem zumindest bei regnerischem Wetter trocken lässt, wenn darob schon kein Auge trocken bleibt. Die Glasflächen scheinen häufig geputzt zu werden. Das Spiel der Spiegelungen war jedenfalls interessant zu beobachten. Der Platz verbindet den Bahnhof mit dem Eingang zur Altstadt. Ob das Dach einen Zusammenhang mit der ehemaligen Berner Gesetzgebung hat, nach welcher jeder Grundbesitzer einen überdachten, trockenen Durchgang durch die Stadt gewährleisten musste ? Dieses Gesetz ist übrigens der Grund dafür, warum Bern so viele gedeckte Laubengänge besitzt.

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Blick durch die Kreuzgasse zum Rathaus

Das Rathaus wurde 1406 bis 1415 im spätgotischen Stil erbaut. Spätere Umbauten führten zu einem etwas wilden Stilgemisch.

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Stotziger Treppenaufgang zum Rathaus

Am Rathaus vorbei in die Postgasse. Viel Kleingewerbe und Lädeli mit Krimskrams.

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Postgasse, Handwagen eines Tapezierergeschäftes

Die moderne Brunnenskulptur des verstorbenen Berner Künstlers Carlo E. Lischetti „Keine Brunnenfigur“: eine Rednerplattform mit Treppe, wird erst vom Besteiger einer Form zugeführt. Jeder darf hier Chindlifresser, Samson, Volkstribun oder Justitia darstellen. Kann schweigen oder reden. Der Künstler war auch Erfinder des immerwährenden Kalenders, der nur aus einem Blatt, „Heute“, besteht.

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Keine Brunnenfigur

Durch den Nydeggstalden stieg ich zur Aare hinab.

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Bärenpark, durch die Bogen der Nydeggbrücke betrachtet

Und wieder zurück durch die Junkerngasse. Der Erlacherhof gilt als Berns repräsentativster Patriziersitz. Er wurde 1745 bis 1752 für Hieronymus von Erlach errichtet. 1795 wurde der Erlacherhof von einem Grossmetzger gekauft. Nach dem Einmarsch der Franzosen war er Hauptquartier des französischen Generals Guillaume Brune. Heute ist er Sitz eines Teils der Stadtverwaltung.

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Junkerngasse mit Erlacherhof

Da an der Gerechtigkeitsgasse heute noch viel alter Adel und junges Geld zu wohnen pflegt, gibt ein Blick in die zur Abfuhr bereit gestellten, liegengebliebenen Abfälle einen Einblick in die Essensgewohnheiten der besseren Kreise.

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Pizzaschachteln an der Junkerngasse

Der Bau überdeckter Lauben brachte es mit sich, dass die Kellerabgänge vor die Laube, auf die Strasse zu liegen kamen. Heute sind in den Kellern oft Läden, Kleintheater, sogar kleine Restaurants untergebracht.

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Kellerabgang an der Junkerngasse

Pause an der Münstergasse. Mittagessen im Metzgerstübli. Gutes Tagesmenu. Danach ab zum Ziel des Tages, dem Historischen Museum. Das Historische Museum Bern wurde 1894, ursprünglich als „Landesmuseum“ errichtet. Im schlossartigen Baustil spiegeln sich Bauformen aus unterschiedlichen Epochen, die an die Zeit erinnern, aus der die wichtigsten Sammlungen des Hauses stammen.

Die beiden steinernen Bären bewachen seit langem die Torsäulen am Eingang in den Park des Historischen Museums am Helvetiaplatz. Früher zierten sie das Murtentor, eines der beiden Westeingänge nach Bern, das 1807 abgebrochen wurde.

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Einer der Bären vor dem Historischen Museim

Das Historische Museum Bern hat 2009 einen modernen Anbau mit Glasfassade erhalten. Unter dem Platz sind zusätzliche Ausstellungsräume und Depots untergebracht.

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Ziel: Historisches Museum Bern, Spiegelung im Anbau

Wer kann es mir verdenken, dass ich nach soviel Bären zwei Mandelbärli nach Hause brachte.

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Mandelbärli, eine Art Muffin, nichts für mich.

15 Kommentare zu „CH-3000 Bern: durch vordere und hintere Gassen“

  1. Dangge fir dä witeri scheeni Bricht vo Bärn won‘ i mit grossem Interässe gläse ha. Dr Brunne ohni Figur han‘ i nit kennt. Mi ehemalige Arbetswäg het mi hingege 5 x in dr Wuche an de feine, verschiedene Mandelbärli verbi gfiehrt. Meh muess‘ i glaub nit sage …

  2. Diese Kellereingänge finden sich auch vor so manchem Kaufmannshaus in den Hansestädten, namentlich in der Lübecker Altstadt, wo ebenfalls eine gewisse Raumnot herrschte: die Grundstücke in den Gruben, den abschüssigen Straßen auf die Hafenseite hinab, waren begehrt und daher verhältnismäßig eng geschnitten, so dass man schräge Türen oder Bodenluken im Straßenpflaster anbringen musste. Immerhin hatte es den Vorteil, dass Fässer und Ballen nur die Straße hinauf transportiert werden mussten – was aber ab einer gewissen Steigung auch nicht so einfach war.

  3. In Bern war ich noch nie, lieber Robert, aber ich freue mich über die schönen Einblicke, danke dir dafür! Und sooooooooo viele Bären, allüberall! 🙂 süß…

  4. Also dieser Beitrag ist sensationell, aber es ist soviel drinnen – man kann gar nicht alles kommentieren.. Die Rednerplattform, „Heute“, das Foto der Pizzaschachteln …

    Eine Frage habe ich aber zum historischen Schinken: wird der dann bei Dir auch im Keller hängen, so wie die historischen Weine, die keiner aufmacht und man daher nicht weiß, warum 100-tausende Euro die Besitzer wechseln für eine Flasche, von der man nicht weiß, wie der Inhalt schmeckt 😉

  5. Einmal mehr: Wunderschöne ‚Föteli‘ aus Bern, wo mein beständiger berufliche Werdegang (rund 35 Jahre) begann.
    Interessieren täte mich aber schon, wie der „historische Schinken“ aussieht…
    Herzliche Grüsse
    Chris

  6. Bern, die Schöne!

    Da muss ich wieder hin! Spätestens im Sommer, für Berner Rosen und Berner Landfrauen…

  7. @Basler Dybli: soso, Mandelbärli….

    @Nathalie: der Künstler verkaufte früher verschlossenen Briefumschläge für einen Franken fünfzig. Sie enthielten einen Franken und ein Fünfzigrappenstück.

    @bee: technische Lösungen pflegen mancherorts ähnlich auszusehen.

    @Rosa: und nicht weit von Genf.

    @Elisabeth: süsse Mandelbären hats noch viele 😉

    @the rufus: nein, mit dem Schinken, einem Buch, kann ich Dinge beschweren. Das Buch wiegt etwa 3.3 kg.

    @Chris: Der Schinken heisst „Berns goldene Zeit“. Das 18. Jhdt. neu entdeckt. Der vierte Band einer Serie.

    @twocents: Berner Landfrauen, wie z.B. Michelle Hunziker, sind auch gar hübsch anzusehen.

    @Emilys daugther: ich mag die Stadt.

    1. mit Alufolie innenbeschichtete Pizzakartons gehören in den Hauskehricht und nicht in die Altpapiersammlung. Das steht so im Berner Abfallhandbuch !

  8. Das Mandelbärli hätt‘ ich schon genommen 😉 Interessante vielseitige Impressionen. Aber wo ist der ‚Kindlifresser‘? An ihn muss sich immer denken, wenn ich ‚Bern‘ höre. Unser damals kleiner Sohn hatte Angst 😉

    1. @april
      Es gibt den Kindlifresserbrunnen – den findet man auf dem Kornhausplatz, ganz nahe des Zytglogge-Turms (logischerweise vor dem Kornhaus) 😉
      @robert
      … die Mandelbärli sind immer noch besser als die grausligen Berner Lebkuchen

  9. @april:
    Hier hat es ein (schlechtes) Bild vom Chindlifresser.

    @coriandre: das stimmt. Frau L. ist Lebkuchengeschädigt, hat jahrelang die ihr zugedachten Lebkuchen in Aepfel umtauschen müssen.

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