Kalbsleber als suuri Lääberli alla veneziana mit Polenta

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Saure Leber zum Frühstück ? Sowas gibts nur in Basel. Aus Anlass des Vogel Gryff. Dieser komische Vogel ist eine von drei heraldischen Kleinbasler Figuren. Nach ihm ist das im “minderen”, rechtsrheinischen Teil der Stadt Basel organisierte, traditionelle Fest der drei Ehrengesellschaften zum Rebhaus, zur Hären und zum Greifen benannt. Seit dem 17. Jahrhundert halten die drei ehrenwerten Gesellschaften ihr traditionelles, jährliches Festmahl gemeinsam ab, das Gryffemähli. Doch vor dem Mittagessen wird gefrühstückt, das Lääberli-z`Morge. Einige Beizen im Kleinbasel bieten das Gericht ab 8 Uhr in der Frühe an. Mehr über den höchsten Feiertag  im Kleinbasel kann man in meinem Bericht nachlesen.

Da ich weder Basler noch Gesellschafter bin, lädt mich auch niemand zu diesem Festmahl ein, das heuer Morgen Samstag stattfindet. Ein Grund, die sauren Leberli selber zu kochen. Nicht zum z`Morge, sondern zum z`Mittag, und vermutlich besser, als sie den ehrenwerten Gesellschaftern vorgesetzt werden. Aber die trinken eh soviel Weisswein dazu, dass sie das nicht mehr merken. Ich hab mich weniger von Suure Leberle aus dem Badischen leiten lassen (das Gericht wurde durch Köchinnen aus dem benachbarten Markgräflerland auch in Basel heimisch) als von der klassischen fegato alla veneziana. Ein wenig von hier, ein wenig aus Venezien und etwas aus der Emilia Romagna. Die Rösti hab ich durch eine Polenta ersetzt. Erst musste ich mir einen Metzger suchen, bei dem die Leber nicht Tag für Tag in der Auslage liegt, sondern bei dem sie nur an bestimmten Wochentagen erhältlich ist. Nur so kann sie frisch sein.

Bald ist wieder Basler Fasnacht. Am Morgestraich werden vor allem Mehlsuppe, Fastenwähen, Käse- und Zwiebelwähen gegessen.

Zutaten
für die Polenta (zwei Portionen):
200 g Bramata Maisgriess oder L.: Polenta rossa aus dem Tessin
1 Tlf. Salz
1 kleines Lorbeerblatt
25 ml Oivenöl
1 L Wasser
Gemüsebrühe und Käse sind hartgesottenen Polentafreunden zu wenig puristisch. Wasser genügt. Eine Tessiner Polenta braucht weder Brühe, noch Kreuzkümmel, weder Curry noch Käse.

für die Kalbsleber (eine Portion):
20 g Butter
1 Zwiebel, 100 g
1 dl Weisswein
3 grosse Salbeiblätter, in Streifen geschnitten, ohne Mittelrippe
200 g frisch-frische Kalbsleber, enthäutet, entnervt, in 8 mm dicke Streifen geschnitten
Erdnussöl zum Anbraten
Salz, Pfeffer
2 dl brauner Kalbsjus (mein konzentrierter Kalbsfond)
30 ml Aceto Balsamico, vom mittelteuren
3 Zweige glatte Petersilie, gehackt

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Den Fototeller hatte ich vermasselt. Das sind die Resten.

Zubereitung
für die Polenta:
(1) Wasser mit Olivenöl und den Gewürzen aufkochen, Mais unter Rühren hineinrieseln lassen. Ich habs ja gut, rühren tut der Flexihaken meines Maschinchens 40 Minuten lang im Intervall bei 95°C. Zwischendurch mit wenig Wasser ergänzen, damit die Polenta cremig-flüssig bleibt. Wer kein Maschinchen hat, stellt den Topf in den Ofen bei ca. 120°C und lässt den Brei dort zugedeckt quellen. Mais ist kein Risotto, der ständig gerührt werden will.

für die Kalbsleber:
(2) Die Kalbsleber unter fließendem Wasser abspülen und mit Küchenpapier trockentupfen. Evtl. noch vorhandene Silberhaut mit einem scharfen Küchenmesser abtrennen und die Kalbsleber in dünne Streifen schneiden. Mit Pfeffer würzen.
(3) Die Zwiebel schälen und in Streifen schneiden. In einer Pfanne 20 g frische Butter erhitzen und die Zwiebelstreifen darin auf mittlerer Temperatur glasig dünsten, aber nicht bräunen. Zwiebeln leicht salzen, Salbeistreifen zugeben und mit dem Weisswein angiessen und während ca. 15 Minuten offen weich dünsten. Die Flüssigkeit sollte dabei fast vollständig verkochen. Zwiebeln aus der Pfanne nehmen und im Ofen bei 70°C warmstellen.
(4) Eine grosse, schwere, gut eingebrannte Pfanne kräftig erhitzen, 1 Esslöffel Erdnussöl zugeben. Die Kalbsleberstreifen kurz auf höchster Stufe kräftig anbraten. Kurz heisst wirklich kurz, also etwa allseitig max. 40 Sekunden. Dann die Leber auf ein Sieb abschütten. Sieb auf eine Schüssel gestellt im Ofen bei 70°C warmhalten. Die Hitze unter der Pfanne tiefer stellen, mit Kalbsfond und Balsamico ablöschen, einreduzieren, die Zwiebeln und die Leber wieder zugeben,  umschwenken. Mit Salz und Pfeffer nachwürzen. Vom Herd auf ein Holzbrett ziehen, ca. 2 Minuten ziehen lassen. Mit den Kräutern bestreuen. So bleibt die Leber zart und beim Anschneiden innen leicht rosa.

Frau L. ass die Polenta ohne Leber mit abgezweigter Zwiebelschwitze und war damit zufrieden. Froh, dass sie keine Leber essen musste.

34 Kommentare zu „Kalbsleber als suuri Lääberli alla veneziana mit Polenta“

  1. So edel der Teller auch ausschaut und so gern ich Polenta verspeise – ich halte es mit Frau L. und lasse die Leber links liegen. Mein Vater allerdings würde sie mit Vergnügen essen – ob allerdings z’Morge???
    Herzliche Grüße in die Schweiz!

  2. Au i zell mi nit nit zu de Gligglige wo die Èèr hän, teil z‘ näh. Als Grossbasler scho grad gar nit. 😉
    He nu, mit dim feine Rezäpt ziesch mèèr als glyych. E gueti Ydee, i bi gedangglig scho am Kùmisieenle.

  3. Lääberli mit Röschti habe ich jeweils morgens um acht (nach der Nachtwache) in der Hasenburg gegessen. Eine der wenigen Beizen , die sie schon zum z’Morge zubereitet hat.
    Wenn ich gewusst hätte, dass es sie bei dir auch welche gibt!! 😄
    Maya

  4. Mir könnte man bereits zum Frühstück Leber servieren. Ich kann zu jeder Tageszeit alles essen. Nur den Weißwein müsste ich morgens nicht haben, das friert mich schon beim bloßen Gedanken.

  5. Ich schliesse mich Frau L an, die Polenta sieht zu gut aus, da braucht es puristisch gesehen keine Leberli dazu 🙂
    Gruessli
    Irene

  6. So eine Leber (gerade vom Kalb!) würde ich nie verschmähen, aber auch die Polenta sieht sehr gut aus und gar nicht gelb…und wieso ist der Fototeller vermasselt?

  7. Leber…. vielleicht sollte ich mal wieder einen Versuch wagen, das im doppelten Sinn gräuliche Lebergeschnetzelte der Freiburger Mensa liegt immerhin mehr als ein halbes Leben hinter mir- und davor aß ich die recht gerne. Würde allerdings Rösti oder Brägele dazu mögen, und einen grünen Salat.

  8. Also ich will die Leber unbedingt haben. Dafür lasse ich jedes Filet liegen. So köstlich in die Polenta gebettet ein Esstraum…nicht gerade zum Frühstück, aber um 9.30 ginge es schon 😉

  9. Ohh…ich will auch was von der Leber – saure Leber habe ich von früher zwar in nicht so guter Erinnerung (muss am billigen Brandweinessig gelegen haben…), aber so wie Du die machst, klingt es herrlich.

  10. Wunderbar, obwohl ich zugeben muss, ich mag etwas Käse in meiner Polenta :-)^, aber dafür spielt die Tageszeit keine Rolle!
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  11. Diese Polenta bin ich dir echt neidig. Wie habe ich die gesucht in Italien! Mein lieber Mann hat sich schon die Haare gerauft, weil ich in jeder Stadt in jeden Feinkostladen rein musste.
    Saure Leber essen wir in Wien auch. Deine Idee, den Zwiebel vorher weich zu dünsten, ist wunderbar! Das muss ich unbedingt beim nächsten Mal machen.

  12. @Sugarprincess: Väter essen eben alles. Das sind sie so gewohnt.

    @Basler Dybli: wir gehören eher zu den Bären, statt Lääberli gibts dann halt Couscous. 😉

    @Frau A. vom Bodensee: keine schlechte Adresse für Kalbsleber. Und nicht weit vom Spittel 😉

    @Wilde Henne: die Frauen haben hier seit ein paar Jahren ihren Bärentag, mit welchem sie die verkrusteten Gesellschaftsbrüder hochnehmen. Da wird dann eher Lindenblütentee getrunken.

    @Irene: wenn schon keine Leber dazu soll, dann brate ich die Polenta an.

    @evazins: die roten Körner sind innen hell statt gelb. Wenn man diesen Mais anbrät, wird er etwas dunkler. Vermasselt ? sieh selbst : furchtbar.

    @Rosa Mayland: every day would be too much for me.

    @ninivepisces: Je unbeliebter ein Gericht, desto mehr muss man darauf anwenden, dann wird was daraus.

    @tomatenblüte: eingebettet in Polenta, diese Vorstellung hatte ich auch, das Resultat ist nur etwas verunglückt, siehe bei evazins.

    @magentratzerl: grau und sauer, ich kann mich auch erinnern.

    @Claudia: jetzt fehlen nur noch die Kutteln.

    @lieberlecker: normalerweise tue ich auch Käse rein. Hier wollte ich die edle Leber herausstellen.

    @Kormoranflug: nach Immanuel Kant sind es Pinguine, welche Lebern fressen. Aber die sind ja auch schwarz, wenigstens teilweise 😉

    @Turbohausfrau: wenn Du Geduld hast und mir deine Adresse mailst, besorge ich Dir im Frühling aus dem Tessin eine Packung.

  13. Was für ein Morgen-Streich 😉

    Leider scheint die Leber hier inzwischen so rar zu sein, dass man auch bei Bestellung nicht immer frische Ware bekommt. Abgepackte Rinderleber liegt von Zeit zu Zeit in der Kühltheke. Da liegt sie auch gut, besser jedenfalls als in meinem Kühlschrank.

  14. Ich wollte schon gerade schreiben, dass Du immer so kritisch mit Dir bist… bis ich mir das Foto angeschaut habe… naja, das aktuelle Foto im Post sieht tatsächlich „ein bisschen“ besser aus 😉
    Grandios, diese Leber wird es demnächst geben – für mich mit Polenta, für den Signore mit Rösti.

  15. @bee: Früher war das anders. Heute fristet Leber ein unscheinbares Dasein in einem Schälchen in der hintersten Ecke der Theke, wenn überhaupt.

    @Kochbuch für M&M: Lammleber hab ich noch nie gegessen. Nur Gitzileber, und die ist auch gut.

    @Sabine: mit gelbem Bramata-Mais würde das Gericht besser aussehen.

  16. Ich glaube, ich kenne saure Leber geschmacklich gar nicht (saure Nierchen dagegen schon). Letztere könnte ich morgens nicht essen, den Rösti schon eher. Den Herren, die dieses Gedeck mit Weißwein runterspülen, geht es da wohl ähnlich. Schade eigentlich um den schönen Wein.
    Ich finde, den Kommentar, dass Du den Fototeller vermasselt hast, hätte es nicht gebraucht. 😉

  17. @Claudia: für Kutteln weiss ich einen Metzger im Appenzellerland. Gottseidank liegt da noch Schnee.

    @Hesting: saure Nierchen kenne ich dafür nicht. Ein wenig Schadenfreude darf schon sein über den missglückten Teller.

    @entegut: weiss ich nicht. Rognons de veau à la moutarde hab ich schon mal gegessen.

  18. 1:1 nochekocht mit Reelääbere. Derzue e puristischs Risotto statt Polänte.
    Zem Abgneile guet ! Danggerscheen fir das feine Rezäpt.

  19. Pingback: Küchenjunge
  20. @Ulimengo:
    nichts ist übrig, und bis zur nächsten Leber wird es wieder etwas dauern.

    @Basler Dybli: Wildleber hab ich noch nie gegessen.

    @Turbohausfrau: gerne geschehen ! fool for food hat sich kürzlich in einem Beitrag auch mit Polenta rossa befasst.

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