
Derzeit fügt sich hier nichts mehr zusammen. Seit Wochen kriege ich keinen Reisebericht mehr auf die Reihe. Entweder wollte das Wetter nicht mitmachen, oder, wenn mal die Sonne schien, rief der Garten oder wir waren unpässlich. Und wenn wir endlich mal ausreisen konnten, taugen die Fotos nichts oder reichen für keinen Bericht aus. Bevor hier der Sommer ausbricht, will ich die in den letzten Wochen gesammelten Fragmente loswerden: Emmental. Kühe. Hörner. Schöner Wohnen. Käse. Reben. Garagenwein. Was sich halt so zusammenläppert.

Einer der wenigen Ausflüge galt der Lüderenalp (1144 m) im Emmental. Mitagessen im Gasthaus Bäregghöhe, einem kleinen, ehemaligen Jugendstil-Kurhaus mit schönem Ausblick auf das Emmental. Hier gibts einen der selten guten Hackbraten (handgehacktes Fleisch?, kaum Füllmaterial), gewürzt mit Kräutern aus dem hübschen Kräutergarten hinter dem Haus.

Danach fuhren wir auf einem engen Bergsträsschen den Gohlkrachen hoch bis zur Lüdernalp. Frau L. hatte allergrösste Aengste, dass wir auf Gegenverkehr treffen könnten. Aber wo ein Schweizer Postauto durchkommt, kommt auch ein Bayerischer Motorwagen durch und wo der die Hupe hat, weiss ich mittlerweile auch.


Hörner sind wichtig für das Sozialverhalten, die Rangordnung und die Körperpflege der Kuh und lassen sie zudem aussehen, wie eine Kuh aussehen soll. Doch: Kaum eine Kuh trägt in der Schweiz heute noch Hörner. Das habe mit der problemloseren Milchvieh-Haltung in Freilaufställen zu tun. Mit andern Worten: am lieben Geld. Dass auf den Milchverpackungen der Grossverteiler und der Werbung die Kühe aber fast ausschliesslich mit Hörnern abgebildet werden, hat auch mit dem lieben Geld zu tun. Einzelne Produzenten haben damit begonnen Hornkuhmilch und Hornkuhkäse gegen Aufpreis zu produzieren. Für uns wars eine Freude, wieder einmal eine dieser specie rara in natura zu sehen.

Schöneres Wetter erwischten wir auf der Wiederholung einer Reise ins Wallis. In Les Rossinières steht ein eigenartiges, altes, Holzchalet.

Das Grand Chalet ist eines der grössten historischen Holzhäuser in der Schweiz. Die mit Schnitzwerk reich verzierten Fassaden weisen insgesamt 113 Fenster auf ! Das Grand Chalet wurde 1754 von Zimmermeister Joseph Geneyne für den Käsehändler Jean-David Henchoz gebaut, der seine Schätze in den Kellern lagerte. Ein Käsebaron, der (im Gegensatz zu den Käseproduzenten) vom Handel mit Käse reich wurde. Später wurde das Grand Chalet als Hotel benutzt. 1976 wurde es vom Maler Balthasar Klossowski von Rola (genannt Balthus) gekauft, der dort bis ans Ende seiner Tage im Februar 2001 wohnte. Das Haus wird heute von der Balthus-Stiftung verwaltet.

Im Anstieg auf den Col des Mosses passiert man das kleine Dörfchen L’Étivaz. Dort empfiehlt sich anzuhalten und sich mit dem Käse aus der Region des pays d’enhaut einzudecken.
L’Etivaz AOC ist ein Hartkäse aus Rohmilch, der in gut Hundert Alpkäsereien in den Waadtländer Alpen von Mai bis Oktober aus Rohmilch über dem offenen Feuer in Handarbeit nach traditionellem Rezept hergestellt wird. Die Rohmilch wird direkt vor Ort verarbeitet.
Der L’Etivaz AOC hat einen ausgeprägten, würzig-fruchtigen Geschmack: „der bessere Greyerzer“. Jeder Laib schmeckt anders, abhängig von den Kräutern, die auf den Alpwiesen wachsen und dem Geschick des Senns. Hat man das Glück, einen gut geratenen Laib zu erwischen, kann man davon nicht genug mit nach Hause nehmen. Schmeckt besser als die meisten Greyerzer, die im Talgebiet erzeugt werden. Die Laibe wiegen zwischen 15 und 35 Kilogramm. Vom mi-salé, etwa 12 Monate gereift, nehmen wir viel mit. Vom rezenten bien-salé (24 Monate) etwas weniger.
Produktionsmenge: ca. 400 bis 430 Tonne während der Sommermonate.

Und ab ins Wallis, erst zu einem der schönsten Rebberge des Wallis: dem Colline de la Géronde in Sierre. Die Rebberge werden u.a. durch die Familie Rouvinez bewirtschaftet.
Hinter dem Hügel liegt die Industriezone von Sierre. Hässlich wie alle Industriezonen. Hier, in einer unscheinbaren Lagerhalle, entstehen die für mich aufregendsten Walliser Weine der letzten Jahre. Die Rebflächen der Domaine des Muses befinden sich in der Ebene von Granges. Der Önologe Robert Taramarcaz (ein überaus freundlicher, junger Mann) übernahm nach dem Studium an der Universität „de la Vigne et du Vin Jules Guyot“ in Dijon im Jahr 2002 das elterliche Weingut in Sierre. Inzwischen gehört er zu den am meisten ausgezeichneten Winzern des Wallis, belegte 2010 mit seinem Fendant den ersten Platz beim Grand Prix du Vin Suisse in der Kategorie bester Chasselas und wurde 2011 als Winzer des Jahres nominiert.
Seit die Weine von Robert Parker entdeckt wurden, sind sie nun auch ins Radar der internationalen Presse geraten. Hoffentlich legt sich das wieder. Die Weine sind nicht billig, aber immer noch bezahlbar. Ich habe meinen Jahresvorrat im Trockenen.

Frühsommer-Potpourri… und ich bin gerne mitgekommen. Natur, Tier, Kultur und Essen – was kann man auch mehr wollen?!
Schönen Sonntag euch!
Wunderschöner Sonntags-Blogbeitraege! Ich liebe diese Natur, bin fasziniert von deinen Fotos….wie gerne würde ich diese Orte/Lanschaften einmal selbst aufsuchen, aber das könnte ich ja nur alleine tun….
Ich werde mich also weiterhin sehr gerne von dir virtuell dahin mitnehmen lassen – danke dafür!
Ihr seid ja ordentlich rumgekommen diesen “ Sommer“ ……wie schön! Es liest sich auch sehr entspannt am Sonntagmorgen auf dem Sofa mit um mich herumrasenden eigenen und Gastkindern. Und lernen tu ich ja auch immer was bei dir…..von Kühen mit Hörnern, Holzhäusern mit vielen Fenstern und Käse. Perfekt :-)! Ein wunderschönen Sonntag dir und Frau L dann noch :-)! Anne
Ach, was für ein wundervoller Sonntag! Gleich sooo viele Sonntagsausflüge in einem Beitrag. Und dann auch noch Weintipp…. juchhuuu
Oh, wie schön! Herrliche Bilder! Aus Hoffenheim erreichen euch die besten Wünsche für strahlendes Ausflugswetter!
E interessants Zämmesetzspiil vo glungene Helge und Tegscht.
P.S. Ganz in dr Nöchi vo de Bääse hät‘ s e feine Kaffi gää … 😉
Einen Jahresvorrat an Trockenem, dazu Käse von noch nicht auf cw-Wert gezüchteten Kühen – mehr kriegt auch ein gestandener Zauberlehrling nicht hin. Bis auf die Besen 😉
Endlich wieder eine der schönen Ausflugsgeschichten; ich mag besonders die Fotos mit bewölkter Aussicht, das macht so ein spezielles Licht. Und die Farbe des Weins, den möcht man gleich kosten, der frühen Stunde ungeachtet. Schönen Sonntag!
Bin auch gerne mitgereits, denn ich liebe das Wallis und all die anderen Schmankerl, die du hier im Vorbeifahren vorgestellt hast!
Ein schöner Sonntagmorgen – Danke!
Ich frage mich nur, wo sich die Pellkartoffeln versteckt haben? Oder hätten die den Bildaufbau getört?
Beautiful landscapes, chalets, cows and cheese! I’d love to visit the canton of Emmental and l’Étivaz.
Grüsse,
Rosa
Ach, was für schöne Fotos. Da kommt „Reiselust“ auf. Und was die Hörner der Kühe angeht, einer der Gründe weshalb ich „Demeter“ Produkte kaufe. Liebe Grüsse und einen schönen Sonntag, Inge
Ein wunderschönes Chalet! Mußte ich mir gleich in meine zukünftigen Reisepläne eintragen. Cari Saluti, Giovanni
Auch ohne Rezepte sind die Fotos wie immer ein Genuss! Am besten gefällt mir natürlich das Bild mit den Boviseinheiten …
In den letzten Jahren hielt ich mich regelmäßig in einem schweizerischen Bergdorf auf, in unmittelbarer Nähe zu einem Demester-Bauernhof. Als ich zum ersten Mal kam, erklärte mir der Bauer stolz: „Meine Kühe haben Hörner!“ Ich, ursprüngliches Landkind, ganz verblüfft: „Aber jede Kuh hat doch Hörner.“ Er grinste breit. Und tatsächlich, seitdem habe ich in der ganzen Schweiz kein gehörntes Rindvieh mehr erblickt. Nur auf besagter Demeter-Weide. Meine Kuhfotosammlung ist dann wohl eine Rarität?
Ach was, Hexen…
Bitte mach‘ aus „Emmental. Kühe. Hörner. Schöner Wohnen. Käse. Reben. Garagenwein“ EINEN Beitrag 😀
@Micha: Danke gleichfalls. Und kaum ist es heiss geworden, liegen wir wie die toten Fliegen herum und kommen wieder nicht zum Ausreisen.
@Eva: Das sage ich mir auch immer, diesen Ort musst Du mal alleine besuchen, mit Zeit zum fotografieren. Zu zweit hat aber auch was für sich.
@Überall & Nirgendwo: entspannt auf dem Sofa sitzend, an einem Sonntagmorgen ? Du hast es schön 😉 Ich war um dieselbe Zeit am Kochen.
@Sabine: mein Liebling ist der Petite Arvine. In den nach einzelnen Musen benannten Süssweinen ist Taramarcaz auch stark.
@Sugarprincess: Danke an die Schlossprinzessin zu Hoffenheim. Sonntags machen wir keine Ausreisen, da darf es ruhig regnen 😉
@Basler Dybli: in Basel haben am Sonntag doch alle Cafés geschlossen 😉
@bee: um die paar Weincartons in den Keller zu schleppen, wäre ein fleissiger Besen angenehm gewesen. Aber wie heisst man die wieder aufhören ?
@Poliander: nur wenn die Sonne scheint, gibts Schatten. Und im Zwielicht geraten mir die Fotos selten.
@Ulla: wenns nur nicht so weit weg wäre.
@mlocuc: die Kartoffeln waren noch im Topf. Diese toll schmeckende, rotschalige Sorte hat etwas länger als erwartet.
@Rosa Mayland: Genf grenzt ans Waadtland.
@Inge: eigentlich sollte auch Biomilch von gehörntem Vieh stammen. Aber es gibt Ausnahmeregelungen. Und die Laufstallhaltung ist bei den Landwirten gar beliebt, weil Aufwand sparend.
@Giovanni: schöne Bergstrecke für deinen roten Alfa.
@anglogermantranslations: ich meine mal gelesen zu haben, dass 90% der Schweizer Rinder hornlos sind. Das reicht für die gehörnten nicht, um als Rarität durchzugehen.
@Rufus: männliche Zauberer gucken immer so dämonisch. Ich hab die Zauberinnen lieber. https://lamiacucina.files.wordpress.com/2009/01/befana-fur-alte2.jpg
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte! wie mach ich, dass der Kleister klebt ?
Was für ein wunderbarer Sonntagsbericht! Am meisten gefreut habe ich mich über die Bilder vom „Grand Chalet“. Ich besitze ein Buch „Alpen-Interieurs“ aus dem Jahr 1998, darin sind auch Innenaufnahmen vom Grand Chalet, eingerichtet mit erlesenen ländlichen Antiquitäten und natürlich mit Gemälden des großen Meisters, den ich ganz besonders schätze. Aber Deine Außenaufnahmen des Gebäudes sind wesentlich schöner als im Bildband.
Wie immer verleiten deine Fotos dazu, dass man sofort die Koffer packen und in die Schweiz reisen möchte!
Aber habt ihr wirklich Eichhörner statt Eichhörnchen? Das klingt in der Größe so wie Einhörner und macht mir irgendwie Angst …
Und was geschieht mit all den abgenommenen Hörnern? Exportiert man sie pulversiert in die Heimat der Nashörner und verhökert sie dort als Potenzmittel? Falls noch nicht, wäre das noch eine tierschützende Geschäftsidee.
@Buchfink: Ins Innere kommt man nur mit Büchern. Das Aussenfoto war schon schwierig, da rundum alles vermauert ist. Privatbesitz eben.
@anglogermantranslations: Verätzung mit Lauge oder Abbrennen mit einem Brennstab bei ganz jungen Kälbern, teils mit oder ohne Betäubung. Grauslich. Dann gibts auch hornfreie Züchtungen.