
Nein, wir waren nicht am Frauenfelder hip-hop-open-air-festival. Viel mehr als hippiges Gehoppe interessierten mich die Bemühungen der Schweiz, die Energiewende doch noch zu schaffen. Angekündigt war die Energiewende nach Fukushima von den Damen im Bundesrat ja sehr schnell. Mit der Umsetzung scheint es jedoch 2 Jahre später zu harzen. In Warth, gleich hinter Frauenfeld, versucht man das Problem mit einem Turm aus Holzscheiten zu lösen. Der wurde im Auftrag des Thurgauer Kunstmuseums vom japanischen Künstler Tadashi Kawamata aus Oil of Thurgau (Thurgauer Holzscheiter, D: Scheite) kunstvoll hoch geschichtet.

Daselbst assen wir zu Mittag. Eingekesselt von lauter Assekuranzvertretern der Basler Versicherung, die hier an einer Tagung der Versicherungsvertreter zwei Tage Ferien vom Vertreten machten. Bei Wasser. Ganz im Gegensatz zu uns, die wir uns ein halbes Fläschchen Wein gönnten. Danach noch ein paar Schrittchen durch den Rosengarten an den ehemaligen Klausen der Kartäusermönche vorbei. Siehe auch meinen früheren Bericht über das Kloster Warth.


Nach dem essen ins nahegelegene Frauenfeld, der Hauptstadt des Thurgau, erbaut auf „unserer lieben Frau [Maria]“ geweihter Flur. Hier in einer Ansicht aus „Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen und Voelckeren, Chronick wirdiger thaaten Beschreybung“ (Stumpfsche Chronik, aus wiki). Heute sieht die „geweihte Flur“ jedoch eher „entweiht“ aus: Bild NZZ

Die Siedlung „frowinfelt“ entstand im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts in unmittelbarer Nachbarschaft zum Jahrzehnte zuvor erbauten Turm des Frauenfelder Schlosses. Ab 1286 ist Frauenfeld als Stadt bezeugt, die damals unter habsburgischer Landesherrschaft stand.

Während einer kurzen Periode der Reichsunmittelbarkeit des Thurgaus zwischen 1415 und 1442 stand Frauenfeld unter der Schirmherrschaft eines Reichslandvogts, danach gehörte es bis 1460 zu Österreich. 1460 wurde die Landgrafschaft Thurgau von den sieben eidgenössischen Orten Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus erobert und als „gemeine Herrschaft“ verwaltet. Ab 1504 residierte der von den Eidgenossen gewählte Thurgauer Landvogt in Frauenfeld.

Frauenfeld trat bis 1531 überwiegend zum reformierten Bekenntnis über. Ab 1720 wurden die Katholiken nicht mehr in städtischen Ämtern geduldet. Pfarrkirche der Stadt Frauenfeld war ursprünglich die Laurentiuskirche in Oberkirch. In der Stadt gab es nur die bei dem Stadtbrand 1771 abgebrannte St. Nikolauskapelle. Die heutige Kirche wurde 1904–06 erbaut und bestimmt mit neo-barockem Pomp die heutige Stadtsilhouette.
Von der eidgenössischen Tagsatzung genehmigt, der Thurgau war ja gemeine Herrschaft, wurde 1641 an der jetzigen Stelle die evangelische Kirche erbaut. Das Kirchenschiff und der obere Teil des Turmes wurden wegen Baufälligkeit 1927 abgebrochen und durch einen im Bauhaus-stil gehaltenen, langweiligen Neubau ersetzt. Das rot leuchtende Chorfenster stammt von unserem Lieblingsmaler, Augusto Giacometti (1877 – 1947) und zeigt den Weg Christi von der Geburt bis zur Erhöhung.

Seit 1712 wurden in Frauenfeld mehrmals Tagsatzungen abgehalten (in regelmässigem Wechsel mit Baden), von 1742 bis 1797 tagten die Eidgenossen schliesslich ständig hier.
In den Jahren 1771 und 1788 wurde die Stadt von verheerenden Feuerbrünsten heimgesucht, bei denen die meisten alten Häuser zerstört wurden. Das heutige Stadtbild wird daher durch spätbarocke und klassizistische Repräsentationsbauten geprägt, die teils durch die an den Tagsatzungen teilnehmenden Stände erbaut wurden (Luzerner Haus, Berner Haus).




Sehr schmucke! Und das alles bei Kaiserwetter und hoffentlich bei bester Stimmung!
( Gell, die heutigen Autos sind große Fotoverschandler)
Es war wie immer eine Freude, bei eurem Sonntagsausflug mitgenommen zu werden. Und hippiges Gehoppe hat mir überhaupt nicht gefehlt 🙂
Ein schöner Ausflug anlässlich der Energiewende! So lerne ich immer wieder eine kleines Stück der Schweiz kennen – und das ganz, ohne mit meinem Auto dorthin zu fahren und Fotomotive verschandeln zu müssen.
Dangge fir dä interessanti Biitrag vo Frauefäld !
Dr erscht Helge het mi sofort an‘ s Pantheon erinneret. Als glaine Unterschied het uns hingege e grossi Pfütze im Inneruum begriesst.
Ein schöner Sonntagsausflug mit schönen Fotos. Autos versuche ich auf Fotos meistens herauszuschneiden, was bei Deinem letzten Foto ja leider nicht möglich war, zumal sich auch noch ein Bus von links ins Bild drängen will 😉
Kawamatas Turm würde uns auch in unserem Garten gut gefallen. Abgesehen von der künstlerischen Ästhetik wäre er willkommenes Futter für unseren Specksteinofen.
Optisch sagenhaft, das erste Foto.
Aber auch ansonsten wieder ein wunderbarer Sonntagsspaziergang mit euch – danke dafür!
Ein japanischer „Kunstturm“? Bei uns hieß bzw. heißt das immer noch „Finne“. Das muss der Künstler mal auf einer Deutschlandreise entdeckt haben. Vgl. auch meinen Beitrag http://anglogermantranslations.wordpress.com/2013/02/03/schone-finnen-gibts-die-noch/
Danke!
Thanks for the virtual tour and the wonderful pictures! Those monastery gardens are beautiful…
Grüsse,
Rosa
Wieder ein wunderbarer Beitrag zum Reiseführer hier auf der Seite… Danke!
Eine ganze Stadt mit Holz vor der Hütt’n 😉
@Micha: nur fremde Autos stören, das eigene nie, denn das steht im Parkhaus 😉
@vilmoskörte: neuerdings kann man mit google streetview sogar auf Wanderungen gehen. Dann setze ich mich auch nur noch aufs Sofa.
@Basler Dybli: wir haben in Basel ja mehr als einen Kuppelbau: die Markthalle und das Pantheon Automuseum in Muttenz, die beiden Salzdome in Riburg..
@Bonjour Alsace: In Frauenfeld gibt es kaum Fussgängerzonen, die übrigen Strassen sind verkehrsdurchbraust. Parkflächen vor historischen Bauten sind mein grosses Aergernis.
@mlocuc: die langen Scheiter müssten aber erst zersägt werden 😉
@anglogermantranslations: von „Finne“ hab ich noch nie gehört, nicht mal wiki weiss Bescheid. Runde Holztürme (Holzmieten) gibt es auf dem Land auf Bauernhöfen noch da und dort zu sehen, der Kunstturm ist hingegen innen hohl, brauchte zu dessen Erstellung die Begleitung eines Statik-Ingenieurs und eine Baubewlligung.
@Rosa Mayland: the medicinal herb garden are quite pretty.
@richensa: langsam läppert sich da einiges zusammen, aber es gibt noch viel.
@bee: und das auf einem Feld, das flach ist wie ein Bügelbrett.