Gefühlte Tausendmal sind wir hier schon durchgefahren. Wer nicht über Schnellstrassen an den Bodensee will, den führt der Weg über diese einspurige Holzbrücke. Die schon vor 1324 bestehende Thurbrücke wurde mehrmals verändert und 1799 im Krieg zerstört. 1814 entstand eine gedeckte, zweijochige Holzbrücke. Da die Signalampel vor der Brücke auf Rot stand, entschloss ich mich, der Wärme und dem lockenden Bodensee zum Trotz, einmal richtig anzuhalten und nachzusehen, ob es ausser dem Schwimmbad noch anderes zu sehen gibt.

Als kyburgisches Erbe gelangte Andelfingen im 13. Jahrhundert in habsburgischen Besitz. Das Habsburgische Urbar verzeichnet u.a. zwei Mühlen, einen Meierhof, zwei Kehlhöfe (Hofgüter, die einem Kloster zinspflichtig waren), ein Wirtshaus sowie das Fischereirecht in der Thur. Viel scheint sich hier seither nicht verändert zu haben. Ein paar Häuslein mehr, ein paar Fische weniger. Doch was ist denn das ? Sieht aus wie ein Schloss ? Tatsächlich. Ein Schloss.



Die Söhne des Habsburger Kaisers Albrecht verpfändeten Andelfingen 1377 den Herren von Landenberg. 1434 verkauften die Landenberger Andelfingen an Zürich. 1488 erwarb Zürich Zoll und Brücke. 1482 wurde die auf einem Hügelvorsprung gelegene Burg Andelfingen zum Sitz der Landvögte. 1614 wurde ein neues Landvogteischloss gebaut, das später, 1780 – 1782, durch das heutige Schloss, ersetzt wurde. 1832 wurde es an Baron Johann Heinrich von Sulzer-Wart (der Gründer des Industriekonzerns) verkauft, dessen letzte Erbin es der Gemeinde schenkte, die es bis 1999 als Altersheim nutzte. Heute wird es teilweise wieder als Amtssitz genutzt und für Anlässe vermietet.

Am Pförtnerhaus vorbei geht es in den öffentlich zugänglichen, grossen, schattenspendenden Schlosspark aus dem 18. Jahrhundert, den man hier nicht vermuten würde.
Daselbst ist auch ein Kräutergarten und das im ehemaligen Tuffsteinbruch rauschende Mühlebächlein zu bewundern. Sonst kann man sich kurz halten: Von der unter der heutigen Kirche vermuteten Vorgängerkirche aus dem 8. Jahrhundert ist leider nichts mehr zu sehen.


Kurz vor der Brücke an der Ampel steht eine alte Mühle, im Garten davor scharrende Hühner. In der 1306 erstmals urkundlich erwähnten Haldenmühle wird mit alten Maschinen und Transmissionen bis heute Mehl hergestellt. Seit zehn Generationen, also seit rund 300 Jahren, ist die Mühle im Besitz der Familie Arbenz. Der 70-jährige Kaspar Arbenz, der die Mühle ohne Angestellte betreibt, wird wohl der Letzte sein, der sich in Andelfingen noch mit der Herstellung von Mehl befasst.



Hier kauften wir Mehl und, da die im Hof scharrenden Hühner so gesund aussahen, frische Eier.
Quellen:
Andelfingen, Historisches Lexikon der Schweiz
Schloss Andelfingen
Den Laubengang finde ich besonders schön. Und klar, die Mühle. Es lohnt sich wohl doch, anzuhalten, selbst wenn angeblich nur ein Schwimmbad lockt!
Zur Neu-Alt-Gotisch-Hässlichen Kirche: Weisst du, warum das Dach mit verschieden-farbigen Ziegeln gedeckt ist? (Damit es nicht hineinregnet!). Dies war stets unsere Scherzfrage zur Andelfinger Kirche, die man von der Bahn aus übrigens zweimal sieht.
Du kommst immer näher an meinen Geburtsort: ob dem Rheinfall. Zu selbigem auch noch ein Kommentar zu deinem Beitrag vom August letzten Jahres: Neuhauser gehen gar niemals in der Hochsaison zum Rheinfall, das wäre wegen den Massentouris ein Reinfall. Und für die „Rheinfallbeleuchtung“ (grosses Feuerwerk am 1. August) hatten wir stets einen Logenplatz (= unser Wohnzimmerfenster!).
Keinheimwehhabend aber michgerndaranerinnernd,
FEL!X
Die schönsten Dinge entdeckt man tatsächlich oft völlig unverhofft. Von einem solch schönen Laubengang habe ich immer für unseren Garten geträumt. Angelegt ist er schon, doch irgendwie wird das nichts mit dem Zuwachsen.
Another wonderful place! Perfect for taking pictures and spending a relaxed day out…
Cheers,
Rosa
Wieder eine elegische Landpartie, bei der ich sozusagen auf dem Beifahrersitz mitschauen und -lesen durfte… danke sehr!
Manche Orte erfordern Menschenkenntnis. Was man zuerst sieht, muss nicht immer das Beste sein 😉
@Micha: das ist auch meine Erfahrung. Überall gibt es etwas zu entdecken.
@felix: den kannte ic nicht ! wir sind öfters in dieser Gegend, da Frau L. ihre Jugend in Schaffhausen verbrachte. Das Heimweh abstreifen 😉
@Ti saluto Ticino: Du musst nur die richtigen Pflanzen setzen. Mit Basilikum wird das nichts !
@Rosa Mayland: yeah, this was one of the hottest days over here.
@richensa: nun wirds leider eine Pause mit Ausreisen geben.
@bee: der Gedanke ist interessant und liegt auf der Hand: Orte werde von Menschen geschaffen, die wiederum die darin lebenden Menschen formen..
Der Laubengang – mein heutiger Favorit bei dir! 🙂
meiner auch, mir entwischte ein Ah vor Begeisterung
So schön können rote Ampeln sein 😉
@Eva:
@Tina:
Ganz hinten im Laubengang ist es aber ganz dunkel !
@Gottfried: früher oder später schalten alle wieder auf grün.
Da hast Du mich auf eine gute Idee gebracht – ich werde noch schnell ein paar Basilikum-Stöcke setzen. 😉 Warte nur, bald gibt es ein Foto von meinem Laubengang
auf den Blog bin ich bei der Suche nach Rezepten gestossen und freue mich über Anregungen. Dass es als Dreingabe auch noch wunderbare Berichte aus dem schweizerisch-deutschen Grenzgebiet gibt, habe ich erst später bemerkt. Am Hochrhein aufgewachsen lebe ich schon lange nicht mehr dort, besuche die Region aber immer wieder gerne. Wunderbare Fotos, die die Lust wecken, mal wieder alte Freunde zu besuchen.
@Sabine: da bin ich aber gespannt, was das geben soll.
@Sara: nicht nur aus dem schweizerisch-deutschen Grenzgebiet, aber es liegt uns für Tagesausflüge einfach nahe.