Guarda liegt im Unterengadin auf einer sonnigen Terrasse, nordseitig hoch über dem Inntal. 164 Einwohner. Hier stehen rund 70, teils prächtige, sgraffito-geschmückte Engadinerhäuser aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Der Ort ist nahezu autofrei, das Ortsbild gut erhalten, Guarda zählt zu den architektonisch wertvollsten Dörfern der Schweiz und steht unter nationalem Schutz. Heute ist Guarda jedoch zunehmend vom Aussterben bedroht; immer mehr Bewohner suchen ihr Auskommen in grösseren Ortschaften oder Städten. Von etwas Landwirtschaft und etwas Tourismus mögen nur noch Wenige zu überleben.
Das Dorf ist in der Schweiz vor allem bekannt durch die Bildergeschichte des „Schellenursli“. Hin und wieder sieht man Touristen, die verstohlen das Buch konsultieren, um die Häuser in der Geschichte mit der Realität zu vergleichen. Die Geschichte spielt im Dorf und handelt vom Brauch des „Chalandamarz“, der alljährlich am 1. März durchgeführt wird. In einem Umzug durchs Dorf vertreiben die Kinder mit Kuhglockengeläut den Winter. Ursli, die Hauptperson der Geschichte, erhält bei der Verteilung der Glocken nur ein kleines Geissenglöckchen und wird deshalb von den andern Buben gehänselt und darf nur am Ende des Zuges mitlaufen. Am Tag vor Chalandamarz erinnert er sich, dass in der sommerlichen Alphütte der Eltern noch eine grosse Kuhglocke hängt. Durch tiefen Schnee watet er in die verschneite Maiensäss hinauf. Indessen wird es dunkel, der kleine Ursli wird vermisst, das ganze Dorf sucht ihn besorgt, aber erfolglos. Am nächsten Tag kehrt er mit der schweren Glocke ins Dorf zurück, alle sind erleichtert. Da er nun die grösste Glocke hat, darf er den Umzug anführen.

Kaffeepause im herrlich altmodischen Hotel Meisser.

Eine der Inschriften besagt auf deutsch übersetzt: Wir errichten schöne Häuser und wissen, dass wir nicht ewig bleiben; an den Ort, wo wir für immer zu bleiben hingehen, denken wir aber nur selten.
Was haben die Menschen schon Schönes hervorgebracht. Lieblingsdetail: die gepflasterten wege hoch zu den breiten Türen. Was das angeht, empfinde ich unsere Kultur als absteigend. Ich schließe mich einfach mal dem Betrachtungswinkel der Samtpfote an.
Guarda- was für ein Traumort ! Und den Schellenursli, den hab ich vor 100 Jahren in Berlin kennengelernt, wo er in der Buchhandlung, in der ich arbeitete, das am meisten verkaufte Bilderbuch war. Vielen Dank für die Erinnerung.
In dieser Familie laut vorgelesen und herumgezeigt wurde dieser wunderbare Ausflug ins Dorf vom Schellenursli – Wolf war vor Jahren mit seiner Mutter schon einmal einige Tage dort und hat den Bericht mit besonderem Interesse verfolgt. Danke, dass Du uns immer wieder auf virtuelle Ausflüge in die Ferne mitnimmst. Bei uns gibt es heute zu Frühstück einen Schweizer Sonntagsstuten… Herzliche Grüsse!
Eine wunderschöne und aufschlussreiche Schilderung!
Einen schönen Sonntag!
Das Schellenurslidorf – wunderbar!
Als helvetiaphile (gibt es dieses Wort?) regelmäßige Schweizbesucher in früheren Jahren haben wir diese Bücher in einem Heimatwerk erstanden und mit Begeisterung allen unseren 4 Jungs vorgelesen. Sehr schön, diese Wiederbegegnung fast vor Ort nach vielen Jahren!
Was für ein Wunder, dass es solche Orte heute noch wirklich gibt! Und es ist sehr schade, dass die Landflucht vielen als einzige Überlebensperspektive erscheint…
Ein wundervolles Dorf. Mir ist Guarda Val ein Begriff, auch wenn ich (leider) bisher noch nie dort war. Weisst Du noch, welcher Schweizer Spitzenkoch dort früher gekocht hatte? War das Roland Jöhri?
Wunderscheeni (kaländerwürdigi) Helge mit passendem Begleittegscht. Mi Komplimänt !
P.S. S‘ Foteli mit‘ em Dachhaas isch dir bsunders guet glunge.
Splendid houses and region! A pity Engadin is so far away from Geneva…
Cheers,
Rosa
Seltsam, dass man die heilen, ruhigen Heimatbilder fast unwillkürlich mit einem Schmerz ansieht, weil man ahnt, dass sich eben jenes Leben von dort zurückgezogen hat, das andererseits wir auch beschwerlicher finden.
@Micha: wer unten ansteht, empfindet den Blick auf die alte Kultur als aufsteigend. Eine Illusion.
@Buchfink: mit dem Buch bin auch ich aufgewachsen. Eines der schönsten Kinderbücher.
@Sugarprincess: Unter Stuten versteht man hier zwar anderes, aber ich weiss was Du meinst 🙂 Nun kommt dann leider bald die Winterszeit, in der es mehr selten Ausreisen geben wird.
@Pecoraro-Schneide: Danke gleichfalls.
@mlocuc: Der Schellenursli macht den Kleinen Mut, sich durchzusetzen.
@evazins: Ruhesuchenden kann der Ort empfohlen werden.
Sabine: Guarda Val liegt in Sporz auf der Lenzerheide. Ein nettes Hotel, dessen Räume in die Gaden einer ehemaligen Maiensäss eingebaut sind. Dort herrscht Betrieb bei 15 Gault-Millau Punkten. Roland Jöhri beendete seine Karriere in Champfèr im Talvo. Karl-Heinz Schuhmair ? Guarda liegt hingegen im Unterengadin.
@Basler Dybli: das Holzbrett scharf, der Dachhase unscharf. Pech gehabt.
@Rosa Mayland: we need another tunnel between Brig and St. Moritz 😉
@bee: Immerhin gibts noch einen Lebensmittelladen, wo sich die älteren Menschen eindecken können.
Da wird einem angenehm warm – das zweite Bild erinnert mich irgendwie an die Fliesen in meiner Sauna 🙂
Sehr gute Fotos, ideals Licht, warme Töne!
Heimweh kommt auf, ein bisschen, Ferien aber genügen mir.
Robert, wieder ein wunderbarer Reisebericht… Ich lese Deine kleinen Reportagen mit wachsender Begeisterung! Wenn das Fernweh danach nicht so schlimm wäre…
Wunderschöne Ansichten! 🙂
Du machst immer so Lust auf die Schweiz!
Danke für die schönen Fotos und dass du Wiener Enten dazu bringst, wieder einmal ein ein bissi zu quaken. 😉
Danke für die schönen Bilder. Ich liebe die Schweiz mit seinen alten Dörfern. Es wird Zeit mal wieder hinzufahren!
@Rufus: das macht der Marmor.
@Houdini: ich will Dich damit ja nicht plagen, oder doch…. ein wenig ?
@moni-ffm: Zuhause ist es am Schönsten. Definitiv.
@entegut: Postkarten, unfrankierte.
@Turbohausfrau: Jeder hat seine Zeiten, in denen er kleinlaut wird oder einfach schweigen will.
@Ulla: bald liegt Schnee.