
Unfroh ob des dräuenden Regenwetters begaben wir uns auf eine kleine Ausfahrt zur Ruine Frohburg im solothurnischen Jura. Die Burg, bzw. das, was von ihr übrig geblieben ist, beherrschte einen wichtigen Übergang des europäischen Handelswegnetzes, den Weg über den untern Hauenstein. Der verlief damals auf dem alten Römerpfad über das Erlimoos. Die Burg war Stammschloss der Frohburger, ein damals in der Region von Olten und Zofingen bedeutendes Adelsgeschlecht.
Die Frohburger besassen vom 10. bis ins 14. Jahrhundert grosse Ländereien zwischen Aare und Rhein, meist als Eigengut, teils als Lehen. Die Familie war im deutschen Reich hoch angesehen. Ihre frommen Mitglieder wurden Äbte, Domherren oder Bischof, die weniger frommen nahmen als Einflüsterer der deutschen Kaiser Einfluss auf die Reichspolitik oder nahmen an deren Italienfahrten und Kreuzzügen teil, trieben eine geschickte Heiratspolitik und führten einen feudalen Hofstaat.

Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jahrhunderts liessen sie zur Sicherung ihres Machtbereichs zahlreiche weitere Burgen errichten. Ausserdem gründeten sie die Städte Aarburg, Liestal, Olten, Waldenburg, Wiedlisbach, Falkenstein (Balsthal) und Zofingen. Ob Waldenburg errichteten die Frohburger das Kloster Schönthal.
Um 1250 spaltete sich die Familie in die Linien Neu-Homberg, Zofingen und Waldenburg. Die Familie büsste im 14. Jahhundert ihre Machtposition ein und musste ihre Besitzungen Stück um Stück verkaufen, den grössten Teil davon an ihre aufstrebenden Verwandten, die Habsburger. Die einzelnen Gebäude der Stammburg wurden mit der Zeit aufgegeben und zerfielen. Das grosse Erdbeben zu Basel, 1356, zerstörte dann die Burg endgültig. Ungefähr zur selben Zeit waren alle Zweige der Familie ausgestorben. Die Bauern der Umgebung bedienten sich fortan der Burg als Steinbruch.
Nachdem wir überprüft und bestätigt gefunden hatten, dass der Plan den Realitäten entspricht, konnten wir erleichtert wieder abzotteln.


Sogar in die einstmaligen Gemächer der Ritter bin ich (keuchend) hinaufgestiegen. Die berühmte Aussicht war heute getrübt, kein Lift, kein Dach, alles kaputt und ohnehin kein Komfort. Nein, hier bleiben wir nicht.
An einem Wirtshaus im nahen Olten steht, neben einer historisierenden Wandmalerei von 1906, die hehre, patriotische Inschrift (siehe Titelbild):
Der letzte Frohburger
Der Hochmuth seinen Meister fand
Die Herrenburg vom Boden schwand
Es schuf zu ewigem Bestand
Das Volk sein freies Vaterland.
Man kennt das ja. Solange die Herren an der Macht sind, getraut sich keiner zu muckeln. Kaum sind sie tot, wagen sich die Mutigsten hervor. Erst klauen sie Steine und 500 Jahre später feiern sie sich im Rathskeller als Bier trinkende Ritter der Tafelrunde, Sieger und Befreier des Vaterlandes. Was bei 8 Sorten Bier im Offenausschank auch kein Wunder ist. Der Legende nach wars aber ein Wunder: nämlich der Blitz, der den letzten Grafen erschlagen habe.
Deswegen trage ich bei Gewittern meine Rüstung nicht. Wieder interessant, auch wenn ich nicht aus dieser Gegend bin.
Ich frage mich – Bildungslücke – wie all die Ritter-/Grafen-/Fürstenfamilien zu ihren Ländereien kamen, wie die Aristokratie aus den Stammesgesellschaften entstanden ist. Hat sich einer vorgetan, ein paar Freunden gesagt, los, jetzt hauen wir die anderen zusammen und nehmen ihnen alles weg, ich sorge dann dafür, dass ihr alle immer zu essen habt und schöne Frauen kriegt? Ich muss mal ein paar Stunden googlen und lesen.
Das ist eine interessante Frage, auf die ich ohne nachzulesen auch keine Antwort weiss. Zur Zeit Karls des Grossen gehörte das ganze Gebiet der Schweiz zum fränkischen Grossreich und empfing von ihm, bzw. dessen Kanzlei, die Einteilung in Grafschaften.(Verwaltungseinheiten). Aber wie war das in den Anfängen ? … Das Volk bedurfte immer einer Führung durch Kräftige, Mächtige, Gescheite Anführer. Ob selbstgewählt oder von Aussen aufgezwungen. In den Waldstätten schuf das Volk den Staat, in Bern schuf sich der Staat das Volk. Ich gehe auch mal googeln 🙂
Im Prinzip eher so, dass ein territorialer Herrscher Teile seiner Herrschaft an Krieger übergab (Lehen, feudum), die dann aus diesem Teilterritorium ihren Unterhalt bestritten, nämlich durch Abgaben der nicht Bewaffneten = Bauern. Als Gegenleistung vertraten diese Krieger die Interessen des Herrschers, dh. leisteten Gefolgschaft. (Ganz sicher zuerst die, die sich schon als Haudraufe hervorgetan hatten…) Der Herrscher = Lehnsherr konnte allein nicht das gesamte Terrritorium kontinuierlich beherrschen. Lehnsnehmer = Adlige = Kriegerkaste. Das System entwickelte sich nach dem Untergang des Römischen Reiches im Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Wenn ich das mal so altklug sagen darf 😉 … und natürlich hat es sich im Verlauf des Mittelalters, das 1.000 Jahre währte, ausdifferenziert und verändert.
Danke, Poliander, So ähnlich meine ich das im Geschichtsunterricht vor langer Zeit auch gehört zu haben. Wie immer auch die Macht verteilt ist, so ist sie doch bestrebt, einen gewissen Grad an Sicherheit für den Gang des Lebens seiner Untertanen zu schaffen. Bleibt noch die Frage, wie die Herrscher an die Macht gekommen sind.
Lieber Herr P., ich könnte ihnen Schilder, wie das ehemalige Feudalsystem in China und/oder Thailand funktionierte und weshalb, weiss aber auch dort resp. hier nicht, wie es entstanden ist.
… schildern … Lästige Autokorrektur im iPad, sorry.
@ Houdini: Vielleicht war ja als Frage eher „Warum?“ gemeint, bezogen auf die Entstehung des Lehnswesens? Nun ja, den Zerfall des Römischen Reiches, die Völkerwanderung, die Reste des römischen Herrschaftsystems, die Gepflogenheiten germanischer Gefolgschaft und weitere Bedingungen und Umstände, die am Ende das Feudalsystem als politische und ökonomische Form von Herrschaftsausübung und Gesellschaftsorganisation hervorbrachten, in einem Blogkommentar zusammenzufassen, da braucht es in der Tat eine Person, deren Denkerinnenstirn und Schreibhand trefflicher ausgestattet und vernetzt sind als die meinen. Ich bitte um Pardon.
Selbst ein heiterer Name schützt nicht vor dem Untergang…
Mit den Mutigen verhält sich es hier in der Gegend übrigens ähnlich: im Nachhinein kämpften nahezu alle in der résistence. Wäre real eine gute Sache gewesen – und die bleibts verklärt ebenso.
Schönen Sonntag euch beiden!
der Mensch ist und bleibt sich überall der Selbe 😉 Auch euch wünsche ich einen geruhsamen Sonntag, mit Zitronenravioli, mmmh.
Wie man aus der Geschichte sieht, alles schon mal dagewesen, es ändert sich gar nicht so viel. Auch Euch einen schönen Sonntag.
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Daran wird sich auch künftig nichts änderen. Der Mensch will aus der Geschichte nicht lernen.
Es isch e Wiili här, sit‘ i s‘ letscht Mol in Trimbach gsi bi. Dass dèrt e Burg mit dère interessante Gschicht stoht, isch mr bis jetzt entgange. Danggscheen fir di läsenswärte Bricht !
P.S. Immer am Donnschtig zoobe fidet vom Friehlig bis Herbscht e grosses Motorradträffe bim Restaurant «Isebähnli» statt. Mit em „Mäxli“ fahrsch denn am Beschte iiber dr anderi Hauestai. 😉
die letzten 400 Meter auf die Frohburg müssen zu Fuss erklommen werden. Wenigstens hats da ein Restaurant ;-). Abends fahren wir kaum mehr aus, und die Strassenverkehrsordnung gilt doch auch für Töffler ? 😉
Eigentlig scho. Aber au do git‘ s Söttigi und Anderi. Leider !
P.S. Ha mr hyt grad als‘ Erschts e Wurscht-Chäs-Salat gmacht. Göttlich 🙂
Nicht schlecht, nach all den Reiswochen. Ich trinke eben ein kleines, halbes Bier. Auch göttlich ohne Wurstsalat.
Hallo Dybli, bisch also wieder guet dihei acho, nemi aa. Freu Di am Sommer i de Schwiiz. Gruss, Erich
Beautiful ruins and peaceful place!
Grüsse,
Rosa
as long as the nuclear power plant works satisfactorily. Otherwise: we will rest in peace.
Interessante Geschichte! Aber eigentlich wolltest Du bloß verschweigen, dass Ihr Machu Picchu angesehen habt – von wegen Atom-Kühlturm. Das ist doch irgendwas für die Raumschiffe der „Götter“…
Der Fussmarsch aufFrohburg erschien Frau L. wie das Erklimmen von Macchu Picchu.
Als Immobilienmakler hätte ich die Behausung natürlich mit Frischluftfaktor 10 angegeben. Kein Fensterputzen! Tolle Aussicht! Nachhaltiges Bauen! Vollständige Grundstücksbegrünung! Und ein Treppengeländer gab’s ja auch 😉
Dass die Küche vom Mieter gestellt werden muss, ist ja in Deutschland üblich 😉