Auf der Fahrt durch das Wallis fallen dem Betrachter die weithin sichtbaren Riesenantennen eines interkontinentalen Unternehmens für Telekommunikation auf. Mehr als das Geschwätz, das die Parabolantennen abhorchen, interessiert uns das darunterliegende Städtchen. Die Gegend von Leuk war schon in vorrömischer Zeit besiedelt. Nacheinander liessen sich hier Ligurer, Kelten, Römer, Burgunder und Franken nieder. Gegen die Jahrtausendwende kamen die Alemannen mit der deutschen Sprache hinzu. Im 6. Jahrhundert gehörte Leuk zum Krongut des Burgunderkönigs, der es der Abtei Saint-Maurice schenkte. 1138 gelangte Leuk in den Besitz des Bischofs von Sitten. 1256 erhielt der Flecken das Stadtrecht.
Der mächtige Turm gleich am Ortseingang war früher die Residenz der bischöflichen Lehensnehmer, der vidomnes. 1415 wurde der Turm bei Unruhen niedergebrannt, im 16. Jahrhundert von Bürgern wieder aufgebaut. Heute beherbergt er das Rathaus.

Die geistlichen Landesherren gewährten der jungen Stadt verbriefte Freiheiten und förderten damit deren Entwicklung. Dank der geschützten Lage im Knotenpunkt des West-Ost Verkehrs (Burgund-Simplon-Italien) und des Süd-Nord Verkehrs (Italien-Simplon-Gemmi-Basel) wurde der Ort bis ins späte Mittelalter ein wichtiger Handelsplatz. So wurde 1310 in Leuk eine Sust, eingerichtet. Daneben war die Landwirtschaft (Viehhaltung, Alpwirtschaft, Weinbau, Mühlen) eine wichtige Einkommensquelle des Ortes.

Der im Westen und Osten durch tiefe Schluchten, im Süden durch die Rhone natürlich geschützte Ort war wiederholt Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen: 1296 siegten die Bischofstreuen gegen den von Bern unterstützten Oberwalliser Adel. 1386 wurde Graf Amadeus VII. von Savoyen der Durchzug ins Oberwallis verwehrt. 1415 zerstörte das Landvolk Bischofsschloss und den Vitztumsturm (das heutige, spätgotische Rathaus). Während der Kämpfe gegen die Franzosen entging Leuk 1799 nach der Schlacht bei Pfyn nur knapp der Brandschatzung. Ebenso 2003, als ein irrer Brandstifter den Schutzwald oberhalb von Leuk anzündete und 300 Hektaren Wald verbrannten.
Das Bischofsschloss von Leuk wurde von bischöflichen Lehensträgern erbaut und diente zunächst als Wohnung des Meiers. Nach der teilweisen Zerstörung bei einem Volksaufstand wurde es nach der Wiederherstellung als Sommerresidenz der Bischöfe von Sitten genutzt. Nach dem neuzeitlichen Umbau durch den Schweizer Stararchitekten M. Botta dient es einer Stiftung für kulturelle Zwecke und wird für grosse Anlässe vermietet.
Leuk war das Zentrum der Reformation im Wallis mit Michael Mageran als Anführer. Unter ihm wurde die weltliche und kirchliche Macht des Bischofs von Sitten gebrochen. Als der Walliser Landrat 1604 den Verbleib bei der katholischen Konfession beschloss, zogen einzelne Familien ins protestantische Bern, der Grossteil aber kehrte zum alten Glauben zurück.


Parallel zu der Schwächung der weltlichen Gewalt der Bischöfe wuchs das Selbstbewusstseins der Bürger in den Walliser Zehnden (Bezirke). Im Städtchen Leuk entstanden verschiedene, schöne Burgerhäuser, Schösser und eine dazu passende Kirche. Als typisches Beispiel erwähne ich den Mayorshof. Andere sehenswerte Gebäude sind das Schloss de Werra (Zen Ruffinen-Loretan), das Schloss Zen-Ruffinen und das Schloss de Werra-Mageran (in Susten). Geld und Adel bleiben halt gerne unter sich. Das letzt genannte Schloss (Heute ist es ein Altersheim) musste vom völlig verschuldeten Besitzer, Baron Leo von Werra 1912 verkauft werden. Zwei seiner Kinder musste er zur Adoption freigeben. Der Knabe wurde von der Familie eines kinderlosen, preußischen Majors adoptiert und machte in der deutschen Luftwaffe als Kommandeur eines Jagdgeschwaders Karriere: Baron Franz von Werra. Während der Luftschlacht um England musste er notlanden und wurde gefangen gesetzt. Sein dritter Fluchtversuch (aus Kanada) gelang, sein Ende fand er bei einem Aufklärungsflug über der Nordsee 1941. Eigentümlich, wie die Fäden von Schicksal und Geschichte ineinander verknotet sind.

Wo war ich stehen geblieben ? Ach ja: Der Mayorshof (Landsitz von Werra) ist einer der repräsentativsten Bürgersitze in Leuk. Der Wohnturm stammt aus der Zeit der Jahrtausendwende (Romanik). Die verschiedenen Besitzer bauten vielfach an und um. Seinen Namen erhielt er vom Junker Johannes von Werra, Kriegshauptmann der Walliser Truppen und einflussreicher Würdenträger seiner Heimat, der ihn 1517 bis 1532 zu einem seinem Status angemessenen Adelssitz erweiterte.

Auch der Riegelbau, die zinnengeschmückten Ringmauer und das malerische Pfeffertürmchen stammen aus dieser Zeit.
Der letzte Ausbauschub fand 1626 unter Matthäus von Werra, Landvogt von Monthey und Hauptmann in französischen Diensten statt. Er erweiterte den Nordtakt und verpasste dem Bau ein burgartiges Aussehen.
Leuk besass schon im etwa im 7. Jahrhundert eine Kirche, die im 9. Jahrhundert durch einen grösseren Bau ersetzt wurde. Der romanische Glockenturm stammt aus dem 11.-12. Jahrhundert. Der heutige, spätgotische Bau aus dem 15. Jahrhundert.


Zum Schluss noch den hübschen Ausblick vom Leuker Bischofs-schloss in den Pfynwald, einen der grössten zusammenhängenden Föhrenwälder der Alpen.

Das Wappentier von Leuk ist der Greif, ein Fabelwesen aus Löwen und Adler, das die Herrschaft über Erde und Luft andeutet.
Quellen:
HLS Leuk
Swisscastles: Leuk
Wiki: Franz von Werra
Was schöne Bilder! Von allen Details greife ich mir folgendes raus: den Türsturz mit dem in Stein gehauenen Spitz – auch hier oft zu finden.
die Gotik war dannzumal in Europa weitverbreitet
Wieder sehr lesenswert und interessant, wie ja Deine Besuchsberichte immer sind. Sust musste ich Nachschlagen, oder Googlen eigentlich. Hier auch für andere Leser, da nicht so einfach zu finden (Wikipedia):
Eine Sust ist ein Güterumschlagplatz, der ein Lagerhaus mit Verwaltungsteil hat, das ebenfalls Sust genannt wird.
Zur Zeit des Säumerwesens mussten die transportierten Waren auf längeren Strecken mehrfach umgeladen werden. So waren die Säumer teilweise in Genossenschaften organisiert, die ein Transportmonopol auf bestimmten Strecken hatten. An den Enden dieser Strecken musste das Transportgut bei einer Sust umgeladen und an eine andere Genossenschaft übergeben werden.
Deshalb gabs Susten nicht nur im Gebirge, auch an Flüssen im Unterland. Die heutigen Transportlogistiker.
Wo sich die Römer an sonnigen Hügeln niederließen, da bauten sie auch gerne Wein an. Ich nehme an, ein paar Weinberge sind noch heute zu sehen?
Ja. Auch in Leuk. Wobei die Weine des benachbarten Varen und Salgesch heute bekannter sind.
Der Umbau des Bischofsschlosses durch Botta gefällt mir.. Der gläserne Ausguck macht sich aus der Ferne und aus der Nähe recht gut. Wenn Houdini es nicht schon erklärt hätte, hätte ich dich jetzt nach der Bedeutung von „Sust“ gefragt. Vielen Dank für so schöne Bilder!
Ich vermute, dass die gläsernbe Kupel nachts beleuchtet ist. Das sieht dann aus wie eine Kerze.
A beautiful and peaceful place! Perfect for relaxing…
Grüsse,
Rosa
May be, however, the gastronomy and Hostellery seems very underdeveloped hee.
Wat leuk! (Wie die Niederländer sagen …)
oder Leukoplast, wie die Beiersdorfer sagen 😉
Ich wohne in B.s Nachbarschaft, sage aber immer nur Pflaster. 🙂
Hahahaha, sehr gut
Das Leukoplast natürlich
Komplimänt zu dene (wiiderum) traumhaft scheene Helge. Wäres zwelf, so kennt me glad e Joohreskaländer druss mache. 🙂
Dr Tegscht derzue isch natyrlig nit minder interessant. Danggscheen !
einen Jahreskalender mit den schönsten Gerichten fände ich interessanter 😉
Apropos Wappe-Dier. D‘ Biirger vom Wallis mache drùm ume die 13 Stäärn gege drei „D“ us z‘ dyschle. Je eins fiir Dryybel, Dòmmaate und Daprikose …
Wann steigst Du auf Wikipedia um? die könnten all Dein Wissen noch brauchen…
Ich picke mir einen Burgunder heraus – der wird wohl am Abend geöffnet 😀
ich beziehe doch mein Wissen u.a. von wikipedia, da brauch ich nicht mehr umzusteigen 🙂
Fein, Fein. Burgunder, aus Oesterreich ?
Wird wohl aus Österreich sein, ja 😉
Wieder einmal ein sehr schöner Bericht. Nach Leuk bin ich noch nie gekommen, und so lerne ich die Schweiz auch ein wenig kennen.
Ausser dem Emmental gibts hier auch noch andere Täler 😉