
Es gibt kürzere Wege in den Jura. Doch kein Weg lohnt sich so sehr, wie der Umweg über das Restaurant Attisholz. Nach einem angenehmen Mittagessen fahren wir im Sommer meist über den Hausberg von Solothurn, den Weissenstein, in das Grandval nach Moutier. Von dort ist es nicht mehr weit bis ins Jurahäuschen.

In Attisholz sprudelten schon seit römischen Zeiten kalte Quellen. 1445 wurde ein Heilbad eingerichtet. Warmes Wasser wurde lange gesucht, aber nie gefunden. So wurde schon früh durch den Einbau zweier Tanzsäle -einer für den Adel, der andere für das gemeine Volk-, für Lustbarkeiten aller Art gesorgt, so dass sich die solothurnische Obrigkeit gezwungen sah, Verbote zu erlassen, die u.a. das Fluchen, „einandren sprützen“ sowie das Herumlaufen mit blosser Scham unter Strafe stellten. Der U-förmige Haupttrakt des Bades wurde 1749 erbaut. 1840 wurde das Haus von der Stadt Solothurn an Private versteigert. 1944 gelangte es in den Besitz der Zellulosefabrik Attisholz. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war kaltes Wasser nicht mehr beliebt, das Bad wurde geschlossen, nur noch das Restaurant weitergeführt. Doch mit der einstig stolzen Zellulosefabrik ging es Ende des 20. Jahrhunderts rapide abwärts. Erst wurden Hakle und Tela verkauft. Dann ging das Unternehmen an einen norwegischen Papierkonzern. 2008 kam das Aus. Dem jungen, aus Bayern stammenden Koch, Jörg Slaschek, gelang es im Jahre 2000, das Restaurant zu kaufen. Hier, im Edellokal le feu wird Spitzenküche (17 GM-Punkte) geboten. In der einfacheren Gaststube gibts aus derselben Küche vernünftige Portionen zu vernünftigen Preisen, sehr gut gekocht. Unser Lieblingsrestaurant.

Nach dem Essen gehts in Solothurn Oberdorf auf schmalem, unübersichtlichem Strässchen mit Steigungen von bis zu 22 % auf den Weissenstein. Wanderer dürfen etwa 2 Stunden mit hochrotem Kopf gegen den steilen Berg anrennen, denn das Sesselbähnli wird derzeit demontiert und durch eine neue Bahn ersetzt. Oben auf 1284 Meter ü.M. angekommen, gönnen wir Mäxle eine Verschnaufpause, uns einen Kaffee im Kurhaus sowie den Blick in neblige Fernen.


Vom Weissenstein gehts ebens stotzig nach Gänsbrunnen hinab. Da, wo der Weissensteintunnel der Solothurn-Moutier-Bahn mangels Berg wieder ans Tageslicht kommt. Am Bahnhöfli Gänsbrunnen steht seit Jahren ein merkwürdiger Bahnwagen mit Aulabestuhlung. Ein fahrbares Klassenzimmer für kleine Landschulen ? Nein ! Tunnelkino ! Während der Fahrt durch den Weissensteintunnel wird ein Kurzfilm gezeigt. Am andern Ende des Tunnels in Oberdorf (Solothurn) wartet ein Tunnelbeizli auf den Gast. Auf der Herfahrt von Oberdorf gibts einen Tunnelhalt, damit der Gast Wasser von der Tunnel eigenen Quelle für den Aperitiv zapfen kann. Alles nach ausgeklügeltem Fahrplan, schliesslich wird der Tunnel auch noch von normalen SBB-Regionalzügen befahren. Die Liebe des Schweizers zu seinen Bähnli.


Nach Gänsbrunnen wird französich parliert. Bald sind wir in Moutier. (dt.: Münster). Gewiss keine Stadt, die man unbedingt besucht haben muss, aber da sie nun mal am Wege liegt 😉
Die Entwicklung von Moutier hängt eng mit dem ehemaligen Kloster Moutier-Grandval zusammen. Im Jahr 968 kam das Kloster an König Konrad von Burgund. Dessen Sohn glaubte an den Weltuntergang zur Jahrtausendwende und vermachte die Abtei 999 dem Hochstift von Basel. Der Bischof von Basel zeigte sich entsprechend hoch erfreut über diesen Machtzuwachs, hatte mit der Durchsetzung seiner Herrschaftsrechte jedoch seine liebe Mühe, u.a. weil der Weltuntergang ausblieb.

Das Kloster, 650 gegründet, war während des Hochmittelalters ein bedeutendes, religiöses Zentrum. 1079 wurde es in ein weltliches Chorherrenstift umgewandelt. Um das Kloster herum entwickelte sich der Ort Moutier, regiert von einem Probst unter der Oberlehensherrschaft des Bischofs. Die Chorherren wollten sich vom Bischof ihre Macht nicht beschneiden lassen und schlossen zu Beginn des 15. Jahrhunderts Burgrechte mit Basel und Solothurn, später auch mit Bern ab. Während der Reformation wurde Moutier reformiert, die nördliche Bezirke der Probstei blieben katholisch. Kirche und Klostergebäude in Moutier wurden zerstört. Das Kapitel des Klosters übersiedelte nach Delsberg. Danach traten die Chorherren ihre Herrschaftsrechte über das Münstertal an den Fürstbischof von Basel ab.
1797 wurde Moutier von französischen Truppen erobert und mit Frankreich vereinigt. 1801 wurde der Stift aufgehoben. Der Wiener Kongresses beendete 1815 die französische Herrschaft, der Ort fiel an den Kanton Bern.

Das Schloss wurde um die 1590 erbaut und diente den Pröbsten und Landvögten als Regierungssitz. Es war von einer Mauer und vier Türmen umgeben. 1630 brannte es teilweise, 1737 bis auf die Grundmauern ab. 1740 wurde es (finanziert durch die Chorherren in Delsberg) in seiner heutigen Form wiederaufgebaut. 1817 kaufte der Kanton Bern das Schloss und nutzte es als Sitz für seinen Landvogt von Moutier.



Die heutige Kirche stammt aus den Jahren 1858–63 und steht anstelle der Stiftskirche, die im 11. und 12. Jahrhundert erbaut, danach aber mehrfach abgebrannt und wieder aufgebaut wurde, bis sie nach den Reformationswirren definitiv zerfiel.

Sehr hübsch ist der Teller angerichtet! Und der Jugendstilsaal kann trotz des Nebels mit Atmosphäre punkten…
einen schönen Sonntag euch…
für einen Kaffee gehts auch mit Jugendstil.
Wenn du schreibst „Unser Lieblingsrestaurant“ werde ich hellhörig und eile mal zum Routenplaner 😉
liegt nicht gerade an eurer Tessinroute…
Ein Schlot – puh. Und ich dachte schon wieder mache ein Muezzin mit seinen weittönenden Gesängen Konkurrenz 😉
wenns bis Mekka klingen soll, müsst ihr euch in Graz schon die Ohren verstopfen.
Tunnelkino! Das ist ja mal was völlig Aussergewöhnliches! Eine tolle Idee! 🙂
Danke für den interessanten Ausflug und euch einen schönen Sonntag!
Herzliche Grüße,
Yushka
Danke, wünsch ich auch Euch ! Muss ausruhen.
Wir lernen: droht zum jeweiligen Jahrtausendwechsel der Weltuntergang, kann man durch beherztes Anpacken doch etwas Gutes mit der Substanz anfangen.
fraglich ist bloss, ob de Zugewinn bis zur nächsten Jahrtausendwende halten wird.
Wunderbare Erinnerungen lässt Du in mir aufsteigen. Nun hatte ich soeben eine „Retro-Tour“ durch meine heimat gemacht und darauf Moutier. Danke vielmals.
Heimat ? Moutier ? Du wirst mir immer rätselhafter 😉