
8. Oktober. Der Herbst schleicht ums Haus. Regen, Wind. Meine Basilikumstöcke warten auf den ersten Frost auf dem Fensterbrett. Unten herum sind die Blätter zum Teil schon abgefallen oder gelb verfärbt, oben herum hat es noch einige grüne Blättchen, wenn auch nur noch kleine. Ich hätte die Töpfe schon längst stutzen sollen, damit ich sie im Jura kompostieren kann.
Schade um die noch grünen Blättchen. Ich pflückte sie ab: 40 g. Das reicht nochmals für ein Gläschen Pesto ! Und ein Experiment. Frau Tanja Grandits empfahl unlängst in ihrer Kolumne einen Basilikum-Minze-Pesto: mit blanchierten Blättern. Schmeckt das überhaupt noch ? Das wollte ich ausprobieren.
Wer im Chemieunterricht aufgepasst, oder die Kommentare im Beitrag von Micha gelesen hat, kann weiterklicken, die andern dürfen 😉 -müssen muss niemand-, nachsitzen.
Jede/r mag das schon beobachtet haben: Frischgrüne Blätter von Basilikum auf heisse Spaghetti gelegt, verfärben sich in Sekundenschnelle braun. Basilikumpesto, an der Luft stehen gelassen, verfärbt sich langsam braun. Schuld sind die Polyphenole, eine Substanzgruppe, die an der Luft unter Einwirkung eines Enzyms, der Polyphenoloxidase, zu braunen Chinonen oxidieren. Das passiert auch in andern Nahrungsmitteln: Aepfel, Schwarztee, Kartoffeln, Auberginen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Die Polyphenole und das Enzym existieren friedlich im selben Blatt nebeneinander, jedoch an unterschiedlichen Stellen der Zelle. Aber nur solange, bis die Pflanzenzellen verletzt werden. Das passiert z.B. beim Hacken mit einem Messer oder durch das Platzen von Zellwänden nach Einwirken von Hitze. Dann mischen sich die beiden Stoffe und der Luftsauerstoff vollbringt den Rest: Die braune Farbe der Chinone überdeckt das Grün des Chlorophylls.
Wie kann man das Braunwerden von Basilikum-Pesto unterbinden ?
a) Pesto bis zm Gebrauch nicht erwärmen. Gekühltes Öl verwenden. Wer mit Mixer arbeitet: den Mixer intervallweise einsetzen.
b) die Basilikumblätter unter Öl zerreiben, damit der Luftsauerstoff ferngehalten wird. Im Glas mit Öl überdecken.
c) schon relativ moderate Wärme aktiviert das Enzym. Blanchieren der Blätter, ca. 5 Sek. lang in kochendem Wasser, zerstört das Enzym völlig. Das hat jedoch seinen Preis: der Geschmack bleibt teilweise im Kochwasser. Dabei wird auch die Chlorophyllase zerstört, ein anderes Enzym, das im Herbst das Chlorophyll abbaut, und die Blätter gelb erscheinen lässt.
d) In gekauftem Basilikumpesto werden andere Mittelchen verwendet: Ascorbinsäure (Vitamin C), um die Oxidation zu Chinon zu verhindern. Ferner Säureregulatoren wie Zitronensäure. Das Enzym arbeitet nicht gerne im sauren Milieu.
3 kleine Zweiglein hab ich in kochendes Wasser gehalten, danach in Eiswasser gekühlt und nach 5 Minuten fotografiert:
Links: 1 Sekunde in kochendes Wasser gehalten. Das reicht zum Aktivieren des Enzyms
Mitte: 2 Sekunden. Enzym teilweise zerstört.
Rechts: 5 Sekunden. Enzym völlig zerstört.
Meine 5 Sekunden lang blanchierten Basilikum-Blättlein hab ich zu Pesto verarbeitet. Schmeckt gut nach Basilikum, aber lange nicht so kraftvoll, wie mit unblanchierten Blättern. So gibt das halt einen Winterpesto 😉
Sehr schöne Versuchsreihe!
Deswegen kommt der Basilikum auf die Pizza bei uns zum Beispiel erst beim Servieren drauf. Alles andere lässt das schöne Aroma nahezu verpuffen … Und schön sieht es dann auch nicht mehr aus, siehe bei Dir oben 😉
Gruß,
Jens
Das machen alle pizzaioli so. Gilt auch für Rohschinken, wenn auch aus andern Gründen..
Einen Tod muss man immer sterben 😉
solange der Basilikum in gutem Olivenöl stirbt, darf er sich nicht beklagen.
Wenn ich sterbe, begrabt mich nicht an der Biegung des Flusses sondern in Olivenöl. (ganz ganz frei nach Dee Brown )
Ich staune dennoch über das Ergebnis deines Experiments: das Blatt, das am längsten in kochendes Wasser gehalten wurde, ist am grünsten!
Und wenn ich dein nun derart zubereitetes Pesto über heiße Pasta gebe, bleibt es *farbstabil*?
Wurde das Ergebnis denn durch die Doppelblindprobe verifiziert?
Der Basilikum wusste nicht, ob ich ihn eine oder mehrere Sekunden ins kochende Wasser eintauche.
Sehr anschaulich, vor allem der Versuch mit den unterschiedlichen Blanchierzeiten! Wenn ich Basilikumpesto als Pastasauce mache, nehme ich die rohen Blätter und mixe das Pesto während die Pasta kocht. Wenn ich ein sanftes, schön grünes Pesto (ohne Käse) zu einem Fischgericht oder Gemüse haben möchte, blanchiere ich die Blätter und nehme Basilikumöl zum Mixen.
die Idee mit dem Basilikumöl und den eingemixten, blanchierten Blättern finde ich gut. Merke ich mir.
Was spricht denn gegen deine erwähnte Ascorbinsäure.
Ich benutze die seit über 25 Jahren auch bei meinem eigenen Pesto, wenn ich im Sommer zuviel Basilikum habe, und mehrere Gläser abfülle.
Auch geschmacklich ist das unproblematisch und passend.
Und vom Gesundheitswert ist es ja nicht negativ.
Gar nichts. Ich wollte nur mal was probieren, das auch für E-Nummern-Allergiker verträglich wäre.
Sehr interessant und aufschlussreich.
Ich werde doch eher beim Pesto mit unblanchierten Blättern bleiben.
Generationen machen ihren pesto mit nicht blanchierten Blättern und leben gut damit.
Einmal mehr etwas gelernt bei dieser interessante Ausführung über grüne (oder eben braune) Farbe bei Basilikum. Ich habe -ebenfalls von Tanja Grandits- ein Rezept zur Herstellung von Basilikumöl mit blanchierten gehackten Blättern ausprobiert und dann aus dem „abgetropften Basilikummus“ einen hervorragenden geschmackvollen Pesto gemacht weil es mich einfach reute die herrlich duftende grüne Masse zu kompostieren. Damit hab ich gefühlsmässig „s’Weggli und dr Batze“ erhalten !
also erst das Basilikumöl, anschliessend noch einen pesto ? Ist da der Geschmack nicht in erster Linie im Öl ?
Würde ein Dampfgarer hier helfen? Wasser wäre ja dann vorhanden, die Aromen würden nicht ausgeschwemmt werden.
Ich glaube nicht. Die Wärmeübertragung im Dampfgarer ist langsamer als in Flüssigkeit. Deshalb vermute ich, dass die Blätter im Dampf braun werden.
Man hätte vielleicht das Blanchierwasser stark einreduzieren können und zum Peto geben. 😉
die ätherischen Öle sind wasserdampfflüchtig. Wasser würde auch die Haltbarkeit herabsetzen.
Mir wurden vor Jahren zwei unterschiedliche Tricks verraten, die für den Erhalt der schönen grünen Farbe beim Pesto beitragen könnten. In Prà, dem Vorort von Genua, von wo das beste Basilikum herkommt, verriet mir der Besitzer einer Basilikumplantage, man solle gleich zu Beginn der Verarbeitung grobes Salz zu den Blättern hinzufügen. In einer Versuchsküche bei Parma schummelten die Köche ein paar kleine Eiswürfel beim Mixen unter die Basilikumblättern.
Letzteres mache ich nie, aber das mit dem groben Salz beherzige ich seit Jahren. Warum auch immer, mein Pesto bleibt auch nach Tagen schön grün.
Saluti
Ariane
Von beiden Tricks habe ich schon gehört. Für die Wirkung des Salzes habe ich keine Erklärung. Der Eiszusatz wirkt wie mein kaltes Oel.
Ein ganz ganz übler Trick ist der Einsatz von Petersilie. Ist aber gar nicht so einfach die nicht geschmacksrelevante Mindestmenge zur Färbung zu erwischen…
wenn ich das richtig verstehe, mit Petersilienchlorophyll den Gilb bzw. das Braun zu überdecken ?
Eine ähnliche Erfahrung habe ich mit Brunnenkresse gemacht. Ein Kressesüppchen blanchiert = Spinatsuppe.
Besser kurz vor’m Servieren reinblitzen.
Die scharfen ätherischen Oele der Brunnkresse sind schnell weg.
Habe in Chemie immer geschlafen. Oder gefehlt. Schöner Tipp. Irgendwann zieh ich einfach bei euch ein. Und lebe fortan sorglos versorgt. Ich sagte das schon mehrfach, oder?
und den Herrn Peppinello lassen wir kochen 🙂
Jugend forscht… man lernt nieeee aus 🙂
Vielen Dank für die sehr aufschlussreiche Testreihe. Die Blanchier-Erfahrung kann ich bestätigen. Deshalb verwende ich in der Regel Vitamin C. Wenn man ganz ohne Pülverchen auskommen möchte müsste aber doch auch jede andere Säure funktionieren, wie z.B. Limettensaft. Oder?