Actuellement fermée, la le …. ne peut malheureusement ouvrir pour la saison touristique, l’implantation ne permettant pas de respecter les distanciations recommandées. Alltag (nicht nur) in Frankreich.

Meine Reiselust ist seit 8 Monaten verhagelt. Als ob Brotbacken, Kochen, Waschen, Radfahren und trautes Heim Ersatz für meine (mir derzeit einzig möglichen) Eintagesreisen sein könnten. Die Grenzen sind wieder offen. Mag nicht mehr warten. Kann nicht mehr warten. Werde nicht mehr warten. Mein persönliches Tageshoroskop frei nach Rilke: Wer jetzt nicht reist, reist nimmermehr. Montag ist zwar der ungeeignetste Wochentag für Ausreisen, aber der einzige, an dem ich die Betreuung von Frau L. spontan regeln kann. Allgemeine Richtung Doubs, planlos. Der Himmel weint vor Freude.
Scheibenwischen bis Besançon, dann runter von der Autobahn, bei Osselle an und über den Doubs. Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken. Doubsseidank. Die im 13. Jahrhundert entdeckten Grotten von Osselle sind wegen Covid noch geschlossen. Auch gut. Geführte Touren ohne Chance, dem Schwall von Wissen und Anekdoten angelernter Tourenführer entrinnen zu können, tue ich mir in meinem Leben nicht mehr an. Ein altes, in den USA erworbenes Trauma, unter dem ich heute mehr denn je leide.

Also lasse ich die ausgestopften Höhlenbären aus Kunstfell unbesichtigt im Pleistozän stehen und gondle über die Loue-Brücke in Quingy auf wenig befahrenen Landstrassen südwärts. In Voiteur weckt die Baumallee zum Schloss Saint Martin und eine interessante Aussenkonstruktion mein Interesse. Schlossherberge samt Aussenkonstruktion wegen Covid vorübergehend geschlossen.

Kurz vor Lons winkt eine Tafel zum Schloss Le Pin. Errichtet wurde die Burg im 13. Jahrhundert von Jean de Chalon, Herzog von Burgund und Seigneur d’Arlay. Unter Ludwig XI. wurde sie zerstört. Wiederaufbau im 15. Jahrhundert mit einem imposanten Bergfried. Schöner Blick auf die Umgebung. Schloss wegen Covid vorübergehend geschlossen.

Kurz darauf erreiche ich Lons-Le-Saunier. Noch rund 500 km vom Meer entfernt. Tiefe französische Provinz. Rund 17’000 Einwohner. Alles übersichtlich. Alles vorhanden, was eine Kleinstadt benötigt: Spital, Justizpalast, Gemüse- und Fischhändler, Kirchen & Kebab-Buden, das Geburtshaus des Lokalheiligen, hier Rouget de l’Isle.

Im 15. Jahrhundert stand hier eines der Tore der Stadtmauer von Lons-le-Saunier. Nach dem Anschluss der Franche-Comté an Frankreich, 1678, wurde das Stadttor durch einen vierstöckigen Glockenturm mit Uhr und Zifferblättern mit römischen Ziffern ersetzt. 1758 wurde der Turm versetzt und seitlich an der Ecke des Place Liberté wieder aufgebaut. Der Platz selber ist auf dem Gelände des zugeschütteten, mittelalterlichen Wallgrabens angelegt.

Die Rue de Commerce formt mit ihren 146 individuellen Arkaden ein geschlossenes, harmonisches und intaktes Bild. Das Leben unter den Arkaden wirkt am Montagmorgen noch verschlafen, scheint sich auf die Parkplätze davor zurückgezogen zu haben.

Einzelne der Arkadenpfeiler sind mit Fratzen (Maskaronen, Neid- oder Gaffköpfen) verziert. Die sollen mit bösem Blick Dämonen vertreiben und damit das Haus beschützen. Eine einmalige Investition, billiger als wiederkehrende Versicherungsprämien. Am obern Ende der Rue du Commerce steht das Geburtshaus von Rouget de l’Isle, dem Verfasser der Nationalhymne „Marseillaise“, das ein kleines Museum beherbergt. Montags geschlossen.

Der Ort ist seit prähistorischen Zeiten besiedelt, die Gründung der Stadt geht auf mindestens 100 v. Chr. zurück; die Sequaner dominierten die Region bis zur römischen Eroberung. Die salzhaltigen Quellen wurden bereits zu römischen Zeiten ausgebeutet.
Ein Castrum wurde 1097 erwähnt; 1237 war es das Schloss von Jean de Chalon. Die Burg wurde wahrscheinlich gegen Ende des 14. Jahrhunderts umgebaut. Sie wurde 1510 durch einen Brand beschädigt und nach 1530 aufgegeben.
Im Juni 1637, während des Zehnjährigen Krieges, belagerten die Franzosen die Stadt. Der Verteidiger, Christophe de Raincourt, hielt bis zum 6. Juli durch. Als ihm Munition und Nahrungsmittel ausgingen, steckte er die Stadt in Brand. Von 1674 bis 1688 wurden die Gräben zugeschüttet und die Befestigungsanlagen zwischen 1716 und 1758 schrittweise abgerissen. Die Ruinen des Schlosses wurden 1735 für den Bau des Rathauses eingeebnet. Heute beherbergt Lons-le-Saunier die Präfektur des Departements Jura.
Nicht zu vergessen das Théâtre. Das Theater wurde an der Stelle des ehemaligen Stadtgrabens der ummauerten Stadt erbaut, wo die Kathedralkirche errichtet werden sollte und ist das zentrale Gebäude der Stadt. Ein imposanter Bau, errichtet 1845-1848, italienisch inspiriert, roter Plüsch-Empire-Rokoko-Jugendstil-Klassizismus. 1902-1903 nach einem Feuer im Stil der Opéra de Paris (Palais Garnier) umgebaut. Wegen Covid derzeit leider geschlossen. Zu den vollen Stunden wird man mit 2 Takten der Marseillaise beschallt.


Lons: eine Stadt ohne Kathedrale. Geplant aber nie gebaut. Die erste Erwähnung der Stadtkirche Saint-Désiré (Desiderius) in Lons stammt aus dem Jahr 1083. Zufällige Brände von 1510 und 1536 verursachten schwere Schäden. Bei der Einnahme der Stadt durch Truppen von Henri IV. wurde sie 1595 erneut niedergebrannt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde sie in mehreren Etappen wieder aufgebaut. Nach der französischen Revolution zog die Präfektur des Jura in den Gebäuden des hinter der Kirche liegenden Priorats ein und liess den Glockenturm bis Dachhöhe des Kirchenschiffs abtragen, 1878 wurde der Glockenturm wieder aufgebaut.

Der romanische Charakter lässt sich trotz vieler Umbauten noch gut ablesen. Unter dem Chor eine schöne, aber weitgehend leere Krypta aus dem 11. Jahhundert. Licht nach Verlassen bitte wieder abschalten.

In weiteren Prunkbauten wie etwa dem Hôtel Dieu (Headerbild) wäre eine alte Krankenhausapotheke zu besichtigen gewesen, gegenüber die hehre Kunst im Musée des Beaux-Arts, doch Montags sind diese Orte geschlossen. Auch die lokale Gerichtsbarkeit, untergebracht in einer ehemaligen Mädchenschule, scheint sich eines freien Montags zu erfreuen. Das Käsemuseum im Stammhaus von „La vache quit rit“ sowie das Kurhaus und die Thermalbäder Lédonia interessierten mich nicht. Verpasst hab ich die kleinen, bunten Winzerhäuschen an der Rue de Balerne hinter der Comédie.

Zeit für ein Café. Bester Chocolatier an Ort: Pelen. Maske überstülpen und ein Schächtelchen écureuils, Eichhörnchen (Nusscreme auf Nussbaiser, überzogen mit Marzipan), als Mitbringsel einpacken lassen. Das Café war Montagmorgen noch geschlossen.

Wirklich gute Restaurants sind rar. So einladend der Name Le grain de sel wirkt, der Aushang mit dem üblichen Programm: pièce de boeuf, pintade, filets de poisson, sättigt mich schon virtuell. Kein Hunger. Was hätte ich für einen Teller wie diesen hier hergegeben.

Erfreulich: ich hab das Autofahren nicht verlernt. Fortsetzung folgt.
Quellen:
Michelin, Grüner Führer, Burgund, Jura
Wikipédia: Lons-le-Saunier (französisch)
Danke für die sonntägliche Lesefreude. Alles Liebe für Sie und Ihre Frau 🌹
Danke fürs Mitlesen. Ist ja nicht selbstverständlich, dass eine Flusslandschaft überhaupt jemanden interessiert.
Thank you for such a cheering blog, Robert – I’m glad you enjoyed your day! I enjoy your photography as well as your recipes – please keep them coming.
Erica
as long as anyone is still reading this, I will continue to write 🙂
Etwas knapp nebeneinander die Stühle in der Kirche 😉 aber der Stadtpark-Hansi am Kaffee ist super!
mann kann sich ja einen Stuhl nehmen und draussen an die Sonne stellen. Ist eh gesünder.
Lieber Robert,
schön, dass du die Reise ein wenig fortsetzen konntest und uns virtuell mitgenommen hast.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. 😊
Und klar: das Autofahren verlernst du nicht!😉😀
Einen schönen Sonntag für euch.
Liebe Grüße
Eva
500 km geben noch einiges zu tun 🙂 Die Fahrtüchtigkeit hat nach 3 Monaten Corona schon etwas gelitten, aber stellt sich mit Übung rasch wieder ein. Meine Reaktionsgeschwindigkeit ist immer noch rascher als jene der Franzosen.
Danke Dir fürs mitnehmen, ich dachte immer die Restaurants in Frankreich sind gut und bauen auf historischen Familienrezepte auf. Beim nächsten Ausflug musst Du ein Picknick- Essen mitnehmen. Geht mir wenn ich von Berlin nach Brandenburg reise auch oft so.
Ich hab immer Schokostengel dabei. Essen wie Gott in Frankreich gilt nur für die Spitzenküche. Das Durchschnittsessen ist in Frankreich weniger gut als in der Schweiz.
Oh, wie schön. Ein Tag zum Luftholen. Und außerdem, trotz aller Montagsschließung, doch Eindrücke, die bleiben. Und die Eichhörnchen. Autofahren verlernt man nicht, das ist wie Schwimmen oder Radfahren, wo allein die alten Knochen hinderlich werden könnten. Wunderbar, dass Sie sich aufgemacht haben. Weiter so, egal ob montags oder doch mal an einem anderen Tag, vielleicht längerfristig organisiert. Herzliche Grüße für Sie und Ihre Frau, Sunni
Danke für ihre lieben Grüsse. Planung ist schwierig: das Wetter muss stimmen, ich muss gut geschlafen haben, eine Spitexhilfe muss für einen ganzen Tag spontan verfügbar sein. Dinge, die nicht immer gleichzeitig zusammenpassen.
Ich weiß, ich weiß. Trotz aller Dinge: Es wird gehen. Anpacken, machen. Nicht warten….Alles Liebe!
bin wieder laufend am Ball. Nächster Termin: Do, 29. Juli 🙂 Liebe Grüsse zurück!
viele weitere so schöne ausfahrten und eine schöne woche wünscht 🐝👑🐶(earl)
Ja, liebe Sabina, nun heisst es mit dem Hundele all Stundele Gassi gehn. Versteht er überhaupt Deutsch oder sprichst du englisch mit ihm? 🙂
denkste, lieber robert, die züchterin hat die welpen bereits aufs hundeklo trainiert und ich trainiere weiter. trotzdem gehen wir raus, auch aus dem grossen garten. schlussendlich soll earl (mehrsprachig und handzeichen mit der zeit) mal beim pilze suchen helfen. aber im moment ist er noch klein, geht aber ab donnerstag in die welpenschule🤓
Burgundertrüffel gar? Aber kein Lagotto. Dazu würde Earl nicht passen.
Mußte ich gleich Rilke nachschlagen👍. Wer jetzt nicht reist ..usw.Waren deshalb kürzlich am Kaiserstuhl radeln und essen und Wein trinken 😉
oooh. Da war ich schon soo lange nicht mehr!