Aspromonte (5): Vecchia Rughedi, das tote Dorf

Heute gehts in die Mitte des rauen, trockenen Aspromonte. Letzter Blick zurück auf die Burgruine von Bova. Tief unten am Meer Bova Marina, Bahnstation und Meerbad.

Aetna mit Wildbirne. In der Ferne glänzt der Schnee am Nordhang des Aetna. In der (sehr tiefen) Tiefe das Kieselbett des Fiumara Amendolea.

Vorbei an Pinienprozessionsspinnern samt zugehörigem Wäldchen.

Grossblütige Scheinkrokusse (Romulea bulbocodium) begleiten uns.

Aetna mit Kuhschädel.

Aetna mit Badewanne. Der Vulkan erfindet sich immer wieder neu. An der nahen Bergflanke klebend sieht man das grekanische Dörfchen Gallicianò.

Nach 500 Metern hinauf folgt ein Abstieg über 700 Meter auf Maultierpfaden, das tote Dorf Rughedi ist schon aus der Ferne sichtbar. Eingezwängt auf einem schmalen Felssporn zwischen der Fiumara Amendolea und einem kleineren Nebenarm.

von Süden aus erfolgt der Zugang mit einer weiteren Bachüberquerung.

Vecchio Rughedi liegt abgelegen und schwer zugänglich inmitten des Aspromonte. Erdrutsche im Zusammenhang mit dem bei Schneeschmelze und Unwettern häufig auftretenden Hochwasser der Fiumara zerstörten das Dorf 1972 teilweise. Frühere Abholzungen begünstigten Erosionen in dem geologisch instabilen Gebiet. Die Provinzregierung beschloss, die Bewohner aus Sicherheitsgründen zu evakuieren und baute Nähe Meer eine Ersatzsiedlung, Nuovo Rughedi, oberhalb Melito di Porto Salva. Doch aus aus einem alten Bergler wird kein junger Fischer. Einzelne Bewohner begannen ihre Behausungen mit Beton und Backsteinen zu renovieren, bis 1973 erneute Unwetter das begonnene Werk zerstörten und das Dorf auf Anordnung der Provinzregierung endgültig geräumt und aufgegeben werden musste. Heute sind die meisten der Häuser zerfallen. Zuerst fällt das Dach in sich zusammen, dann übernimmt die Natur.

Die steil ansteigende Hauptgasse des Ortes wirkt unheimlich, besonders wenn der Wind offene Türen und Fensterläden zuschlägt. Die 1972 von Bewohnern begonnenen Renovationsarbeiten wirken auf den Betrachter meist planlos und architektonisch seltsam.

Blick in eine offene Küche mit Abwaschbecken und vier Keramikplatten.

Ob die Spülung noch funktioniert?

Nur der Vorplatz der Kirche lädt zu kurzer Rast ein.

Als eines der wenigen Häuser verfügt die Kirche noch über ein Dach. Der Taufstein, ohnehin von zweifelhaft künstlerischem Wert, wird dennoch keine Kindstaufe mehr erleben.

Auf der Schotterstreckenheimfahrt nach Bova passieren wir eigenartige, durch Erosion entstandene, geologische Felsformationen: Caldaie del latte, Milchtopf. Sie gleichen den in der griechischen Antike verwendeten, henkellosen, kugelförmige Töpfen, sog. Ollae.

Gleich daneben die Rocca del Drago (Rokka du Traku), nicht dem ET-Film von Steven Spielberg entsprungen, doch -angeblich- von der Natur geformt.

Abends in der Cooperativa zu Bova u.a. Fideja mit Sugo sowie Capuccio (Weisskohl).

Wird fortgesetzt.

16 Kommentare zu „Aspromonte (5): Vecchia Rughedi, das tote Dorf“

  1. Eigenartig, wie das Dorf angelegt wurde, und erstaunlich, dass es auf der Krete doch nicht genügend geschützt war. Interessant. Ich wünsche eine gute Zeit.

  2. Spektakuläre Fotos und Wegbeschreibungen. Und zum Schluß das gute, einfache Essen, so sollte es sein, das wirkliche Glück. LG Sunni

  3. vor 50 Jahren haben wir den Ätna bei Nacht bestiegen, dann auf den Sonnenaufgang gewartet, den riesigen Schatten des Ätna in der Ebene bewundert, wie im Höhlengleichnis …

  4. Wunderschöne Beschreibungen Ihrer Reise! Man bekommt sofort Sehnsucht, selbst dorthin zu fahren. Ich freue mich über jeden Ihrer Beiträge. Sie haben eine einzigartige Art sich auszudrücken und Menschen in der Seele zu berühren. Auch die Berichte über Wegkräuter, Ihr neues Leben und „einfache“ Gerichte finde ich einfach wunderbar und außergewöhnlich. Großes Lob!

    1. Danke. Der Blog ist für mich eine Art Tagebuch, von dem ich mich gerne erinnern lasse. Umso schöner, Eindrücke mit andern Menschen teilen zu dürfen.

  5. In solch eine interessante Gegend kommt man doch als ‚Individualtourist‘ gar nicht, noch dazu mit einer sachkundigen Begleitung! Wir werden im Spätsommer nicht so weit nach Italien hinein reisen, uns soll wie im Vorjahr der wandernde Blick auf den Monte Rosa genügen.

  6. Leider ist die Kommentarfunktion bei einem Rezept bereits geschlossen, damit erdreiste ich mich hier zu kommentieren:

    Ich kehre jedes Jahr wieder zu dem Rezept für Spargel mit Holunderblüte und Mandelhollandaise zurück. Es ist das einzige Spargelgericht, das ich brauche (innerlicher Zwang), um zufrieden die Saison zu Ende gehen zu sehen.
    Vielen Dank!

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.