Die Mehlregale der Grossverteiler sind leer. Leergehamstert. Mit einer Ausnahme: Zopfmehl ist meist noch erhältlich. Weil Zopf meist nur für Sonntag gebacken wird? Seis drum. Mein Ferdinand isst auch Zopfmehl. Und ich backe statt Brot etwas anderes. Toétché (auch Totché oder Touétché) ist ein einfacher, pikanter Rahmkuchen, der im Schweizer Jura sonntags, zum Apéro, oft auch als Dessert, besonders aber zu St. Martin, dann zum „Gâteau du St. Martin“ erhoben, auf den Tisch kommt. Ein typisches jurassisches Bäuerinnenrezept, in Bauernfamilien selber gebacken, in Bäckereien meist auf das Wochenende hin angeboten, in pikanter, wie auch süsser Version. Der dicke Teig ist ein Hefezopfteig, der Belag besteht aus einer dünnen Schicht Sauerrahm/Rahmguss, alle Zutaten stammen aus der Region. In den 50er Jahren belegte ein Bäcker aus St. Ursanne seine Version zusätzlich mit Tête de Moine-Käse und Schnittlauch und brachte seine Ableitung unter dem Namen Gâteau du Cloitre erfolgreich unter die Leute. Gegessen wird er oft zu Salat oder zu Charcuterie. Der Name Toétché wird auf eine gebrauchssprachliche Verdrehung der französischen „Tarte“ zurückgeführt. Im französischen Sundgau gibt es denn auch ähnliche Kuchen, die sich nobel „Tarte à la crème“ nennen.
Ich hab den Originalteig mit meinem Ferdinand (lievito madre) und Eigelb in Richtung Brioche geändert (wenig Zucker, mehr Butter, ohne Rapsöl). Die Füllung lasse ich original beim Sauerrahmguss. Tante Betty meint, sie mit Safran aufdonnern zu müssen. Nein, das macht kaum eine Bauernfrau im Jura.
Gâteau du cloître

Zutaten und Zubereitung
Mittagessen für 4 Personen mit Salat
Hefeteig:
200 g Zopfmehl (Weissmehl mit 10% Dinkel)
100 g aktive Mutterhefe (20 g Mutterhefe mit 40g Zopfmehl und 40g Wasser aktiviert)
8 g Frischhefe
10 g Zucker
2 Eigelb
50 g Butter, geschmolzen, lauwarm
ca. 0.7 dl Milch
4 g Salz
1 Ei mit 1 EL Rahm schaumig geschlagen zum Bestreichen und für den Guss *
Guss:
2- 2.5 dl Crème fraîche
* Restei vom Bestreichen des Kuchenrandes
Muskatnuss, Pfeffer, Salz
Belag:
1/4 Tête de Moîne
Schnittlauch
(1) alle Zutaten für den Teig (ausser Salz) in der Rührschüssel der Küchenmaschine total 20 Minuten auf Stufe 1-2 kneten. Das Salz nach der halben Knetzeit unterstreuen. Anschliessend 2 Stunden zugedeckt an einem warmen Ort der Küche aufs doppelte Volumen gehen lassen.
(2) Teig zwischen Backpapier rund 3mm dick auswallen, Teig mit Backpapier auf ein rundes Blech von 26-28cm Durchmesser bringen (siehe Hinweis unten). Den Rand von Hand hochdrücken. Boden stupfen. Boden mit geöffneten Tête de Moine- Rosetten belegen, den Kuchen mit Backpapier zudecken und nochmals 1 Stunde gehen lassen.
(3) Ofen auf 200°C O/U-hitze) aufheizen.
(4) Kuchenrand mit dem schaumig geschlagenen Ei bestreichen.
(5) Zutaten für den Guss aufmixen und leicht würzen. Kuchen damit in dünner Schicht ausgiessen.
(6) 15-20 Minuten backen bei 200°C U/O zweitunterste Rille.
Hinweis: Bei der Wiederholung nahm ich vom Teig 200 g ab für ein 16cm Blech. Den restlichen Teig verbuk ich zu Brioches.
Bauernrezepte verwenden Zopfteig. Mit ca. 15 g Frischhefe auf 250 g Mehl, mit meiner Mutterhefe reduzierte ich die Frischhefe mal aufs geratewohl auf die Hälfte. Immer noch ein fast explosives Gemisch. Was mich ja freut. Durch den Einsatz von Briocheteig wird der Kuchenboden noch luftiger und feiner als mit Zopfteig. Die paar gebratenen Speckwürfel waren nur Restenverwertung. Und wer in der norddeutschen Tiefebene keinen Tête de Moîne findet, probierts mit einigen Teelöffeln Vacherin Mont d’or oder dünnen Scheiben Fontina. Ein einfacher und doch so toller Kuchen. Kommt auf die Bistrokarte. Obwohl ich derzeit kein Bistro eröffnen darf.