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I-53100 Siena e dintorni

4 Tage in der Maremma. Kurz. Viel zu kurz, dafür in vertrauter Umgebung. Geräumiges Häuschen, gasbeheizt, inmitten eines gepflegten Korkeichenparks. Die Wiesen sattgrün vom vergangenen Regen. Das Hinweisschild ausserhalb des Parks weckte meine Neugier, Nur mal ein wenig mit offenen Augen im Wald spazieren gehen.

Gefunden habe ich nach 2 Stunden viel Natur, doch weder Trüffel noch Pilze.

Am folgenden Tag hielten wir uns schadlos. Wie schon letztes Jahr im besternten Ristorante „Silene“ in Seggiano. Wiederum das vegetarische Menu in 7 Gängen. Die kleinfruchtige Seggiano-Olive begleitete uns fast durchs ganze Menu. Die Amuse bouches pflückt man sich direkt vom silberdrahtigen Bonsai-Olivenbaum.

Ein geschmacksintensiver Salat aus würzigen Blättern und Blüten. Blatt um Blatt andachtsvoll mit der Pinzette zu essen.

Frische Steinpilze, ganz einfach in der Pfanne sautiert.

Wiederum ausgezeichnet gegessen. Heimfahrt über Montepulciano. Am nächsten Tag erwartete uns Siena.

Dem Parkhaus entstiegen, fanden wir uns mitten in einem Volksfest, das die Contrada Onda (Wappenzeichen der Delphin, blau-weiss) in ihrem Quartier organisierte. Die Contrade repräsentieren als Bürgervereinigungen die Stadtteile Sienas. Die Bewohner einer Contrada werden in diese hineingeboren und gehören lebenslang dazu. Contrade kann man etwa mit unsern Zünften vergleichen, die führenden Mitglieder entstammten spezifischen Berufsgattungen. Auch die Religion mischte mit, insofern jede Contrada ihre eigene Vorzeigekirche hat. Früher stellte jede Contrada ein Kontingent Soldaten, die heute aber nur noch bei folkloristischen Anlässen zum Einsatz kommen. Seit dem 17. Jahrhundert organisiert die Stadt den Palio, ein Wettstreit unter den Contrade in Form eines Pferderennens.
Neben der Teilnahme am Palio widmen sich die Contrade heute der Pflege der Kultur und der Folklore . Daneben übernehmen sie auch Aufgaben im sozialen Bereich, bespielen Quartier-Treffpunkte und sorgen für die Pflege der Grünflächen des Quartiers.

Das kulinarische Angebot war uns jedoch zu einseitig.

In der ausgebuchten Taverna di San Giuseppe fanden wir ein ruhiges Plätzchen bei einem Teller Pasta…

… und durften am Nebentisch der Zerlegung eines Bistecca alla fiorentina teilhaftig werden.

Füsse vertreten auf der Piazza del campo.

und dem Dom von Siena, der Cattedrale di Santa Maria Assunta.

Seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts arbeiteten die Sieneser an einem Um- und Erweiterungsbau ihrer Kathedrale. 1265 holte die Dombauhütte Niccolò Pisano nach Siena und beauftragte ihn mit dem Bau einer Kanzel. Pisano war Bildhauer und Architekt und gilt heute als Begründer der modernen Skulptur, 

Die Kanzel ist eines der bedeutendsten Werke der Bildhauerkunst des Mittelalters. Ein Markstein am Beginn der Gotik in Italien, Erschaffen  in den Jahren 1266–1268.

Der Fussboden des Doms von Siena ist ein weltweit einzigartiges Kunstwerk, Bilder aus unterschiedlich farbigen Marmorintarsien, an dem seit dem 14. bis zum 19. Jahrhundert bedeutende Künstler gearbeitet haben. Er besteht aus mehr als sechzig Szenen und ist meist mit schützenden Holzfaserplatten zugedeckt, Vom 18. August, nach dem Palio dell’Assunta, bis Ende Oktober wird der Boden teilweise aufgedeckt. Hier nur 2 kleine Ausschnitte:

Massaker an den Unschuldigen
Die Szene wurde 1481 von Sieneser Künstlern gestaltet Das Massaker spielt sich vor einem hufeisenförmigen Portikus ab. Darin verfolgen König Herodes und seine Vasallen das Massaker mit spöttischem Gesichtsausdruck. Das Gesamtbild hier bei wiki commons.

Der Berg der Weisheit
eine der schönsten Intarsienfelder wurde von Pinturicchio (1452-1513) erschaffen. Die allegorische Szene schildert den Weg zu Frieden, Tugend und Weisheit.

Auf einem steilen Pfad, der mit Steinen, kleinen Pflanzen und Tieren (Symbole der Laster) übersät ist, versucht eine Gruppe schiffbrüchiger Weiser, die Spitze des Hügels zu erreichen. Dort sitzt die Tugend und hält ein Buch und die Siegespalme, assistiert von Sokrates und Krates von Theben, der einen Korb voller Juwelen und Münzen ins Meer leert. Symbol des Verzichts auf das illusorische Glück des materiellen Reichtums.

Am Fuss des Hügels waltet eine wenig bekleidete, engelsgleiche Glücksgöttin über das Schicksal der Menschen. Einer ihrer Füsse steht auf einer Kugel, dem Symbol der Unbeständigkeit, der andere auf dem Boot mit gebrochenem Mast, von dem die Gruppe der Weisen auf dem Eiland der Tugend anlandete. In der Hand hält die Schöne ein Füllhorn als Symbol des Erfolgs.

Jaja, Tugend lässt sich theoretisch schon erreichen, aber nur wenn man sich darum bemüht. Nicht alle Diener Gottes auf Erden haben diese Botschaft verstanden. Das Gesamtbild ist bei wiki commons zu sehen.

Auf der Rückfahrt ins Korkeichenwaldhäuschen besuchten wir die verlassene Abtei von Galgano, etwa 35 km südwestlich von Siena. Der Ursprung des Klosters geht auf eine heute noch gut erhaltene Einsiedelei auf dem Hügel Montesiepi zurück, die vom Ritter Galgano Guidotti im 12. Jahrhundert gestiftet wurde.

Nach seinem Tod übernahmen Zisterzienser Mönche die Anlage auf dem Hügel, begannen um 1220 mit dem Bau der Abbazia di San Galgano in der darunter liegenden Ebene. Die Mönche von San Galgano gelangten sehr bald zu grossem Landbesitz. Das Kloster entwickelte sich schnell zur blühendsten Zisterzienserniederlassung der Toskana. Hungersnöte, Pestepidemien und Kriegswirren des 14. Jahrhundert leiteten den Abstieg des Klosters ein. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Abtei zur Kommende zurückgestuft.

Um 1550 verkaufte einer ihrer Verwalter die Bleidächer der Klosterkirche um sie in Kanonenkugeln umgiessen zu lassen. Ein kurzfristig einträgliches Geschäft, jedoch wenig nachhaltig. Die Kirche erlitt schwere, dauerhafte Schäden. Vom Regen, nicht von Kanonenkugeln.

Witterungsfeste Paare nutzen die Anlage dennoch zum Hochzeiten.

und dann war schon wieder Essenszeit. Zwischendurch immer wieder bescheiden, ohne Michelinsterne. Wir sind flexibel.

Quellen:

wiki: Pavimento del Duomo di Siena
wiki: Abbazia di San Galgano

I-58024 Massa Marittima

Der Regen begleitete uns auf der Fahrt in die Toskana. Zwischenhalt in Massa Marittima, einer kleinen Stadt auf einem Hügel inmitten der Maremma-Ebene. Der mächtige, vorwiegend spätromanische Dom an der zentralen Piazza Garibaldi ist dem heiligen Cerbone geweiht und wurde im 13./14. Jahrhundert erbaut. Arkadenbögen und schmale Säulen mit korinthischen Kapitellen gliedern die Aussenwände. Das etwas später entstandene obere Geschoss des Giebels zeigt bereits den Einfluss der Gotik. Die drei abschliessenden kitschigen, neo-gotischen Türmchen wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hinzugefügt. Links vom Dom der Bischofssitz.

Über den heiligen Cerbone, im 6. Jahrhundert Bischof im nahegelegenen Populonia, kursieren merkwürdige Legenden: vom Papst nach Rom zitiert, heilte er unterwegs einige Aussätzige, melkte Hirschkühe und begegnete Gänsen, mit denen er zu sprechen lernte. Er forderte sie als Zeugen auf, ihn nach Rom zu begleiten. Der Papst glaubte seinen Geschichten und sprach ihn, kraft seines Amtes, später heilig.

Beeindruckende Paläste weltlicher Machthaber gruppieren sich um die Kathedrale. Zu Recht zählt die dreieckige Piazza Garibaldi mit den historischen Travertin-Fassaden zu den schönsten urbanen Plätzen in der Toskana. Im Sommer belebt, Ende Oktober im Nieselregen: ausgestorben.

Rechts vom Dom der ehemalige Regierungspalast der weltlichen Herrscher, 1225 erbaut, als Massa Marittima zur freien Stadt wurde. An der Fassade sind die Wappen der sienesischen Stadtvögte sowie das schwarzweiße Stadtwappen angebracht. 

Neben weiteren repräsentativen Palazzi fällt der Palazzo Comunale, das Rathaus mit Zwillingsfenstern und Wappen auf. Ehemals war es das Wohnhaus der Machthaber, zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut. Links daneben der noch ältere Gefängnisturm, der Torre del Bargello. Kirche und Kommune in beständiger Konkurrenz (und ständigem Streit).

Neben uns zwei einsamen Touristen kurven zwei ehrwürdige Schwestern um den Dom. Bibeltexte lesend, wie ich vorschnell vermutete. Irrtum: Handy.

Kleiner Rundgang durch die Altstadt mit Blick auf den Campanile.

Zeit für das Mittagessen. Oben in der Altstadt des nahe gelegenen Suvereto, gegenüber dem Rathausturm, findet man nach kurzem Fussmarsch die Osteria l’Ciocio.

Für uns zwei vorzügliche, leichte Primi:

Tortello di melanzane, ein Auberginentörtchen, wechselweise gefüllt mit gebackenen Auberginen, confierten Tomaten, Peperoni und Pecorino, gewürzt mit Basilikumpesto.

Gnocchetti di ricotta e pecorino su passatino di ceci e tartufo nero. Ricottagnocchi in Kichererbsenpassata mit schwarzen Trüffeln.

Wir sind in der Toskana angekommen!

und in Bezug aufs Dessert gleich wieder weg ins unverbindlich Internationale:

Für Frau H. eine Tiramisu-Dekonstruktion „Tiramisu 3-D“. Für mich Semisfera di cioccolato bianco mit Himbeerglasur und Passionsfruchtfüllung.

Quellen:
wiki

I-5800 Toskana (3)

Bevor das Jahr zu Ende geht, nutze ich die ruhige Zeit, in der kein vernünftiger Mensch am PC sitzt, um meinen letzten Toskanabericht loszuwerden: Der Spätherbsttag begann mit stürmischem Regen. Wir retteten uns in die Berge. Genauer an die Flanke des Monte Amiata, einem längst erloschenen Vulkan. Unser sturmfester Regenschirm aus Karbonfasergestänge erlitt dabei Totalschaden. Hier, in einem kleinen Dorf, Seggiano, im Ortsteil Pescina bietet Roberto Rossi seit vielen Jahren Sterneküche aus dem eigenen (grossen) Garten. Gewürzt mit Olivenöl, das auf dem Anwesen aus den kleinen Seggiano-Oliven hergestellt wird.

Wir leisteten uns das vegetarische Menu „Diario dei nostri orti“ für 115 € p.P.
Der erste Gang wunderschön beschrieben: La gallina ha fatto un uovo fritto in un cesto di foglie e fiori

Danach:

Zuppetta di castagne
(Kastaniensuppe mit Rosmarin -ohne Bild-)

Tortello soffice di patate, finto ragù
(Weicher Kartoffeltortello, Randenragout -ohne Bild-)

Risotto di Carnaroli alle gemme di abete bianco del Monte Amiata
(Carnaroli-Risotto mit Weisstannen-Sprossen, eine absolute Köstlichkeit)

Tartelletta di frolla, erbette aromatiche, stracciatella
(Mürbeteig-Törtchen, aromatische Kräuter, Stracciatella)

Umwerfend auch der „Fleischgang“, der aussah wie ein Stück Guancialespeck:
Lingotto di melanzane, caramello di more ed erba cola
(ein bissfester aber durchgegarter Auberginenblock mit Brombeer-Karamell, gewürzt mit Colablättern)

Die Goldfolie wäre nicht nötig gewesen.

Danach: (ohne Bild)

Meringata,, sorbetto al limone, olio extra vergine di oliva und Piccola pasticceria di fine pasto (Petit fours)

Trotz anfänglich etwas distanziertem Personal war das ein unglaublich tolles Erlebnis. Jederzeit wieder.

In Seggiano gibt es noch den „Giardino di Daniel Spoerri“, wo auf 16 ha über hundert Skulpturen und Installationen von rund 50 verschiedenen Künstlern zu sehen sind. Die Anlage ist jedoch ab Spätherbst geschlossen. Ob in diesem Ofen neben Hexen (siehe Ofentüre) auch Pizzen gebacken werden, war nicht in Erfahrung zu bringen.

Zu den weiteren (wenigen) „Attraktionen“ von Seggiano gehört der Olivo nel Cisternone, eine wissenschaftliche Einrichtung, die den grössten mit Aeroponik-Technologie versorgten Baum der Welt beherbergt.

Der Olivenbaum befindet sich oben auf einer ehemaligen, in die Stadtmauer eingelassenen Wasser-Zisterne: Stamm und Laub sind von außen sichtbar, während die Wurzeln beim Eintritt in die Zisterne aufgehängt und sichtbar sind. Sensoren entscheiden, ob und wann die Pflanze hungrig ist, dann werden die Wurzeln mit Nährstoffdampf besprüht.

Tags darauf ein Besuch in Grosseto, Zentrum der Maremma, Hauptstadt der Provinz Grosseto. Die Altstadt rundum umgeben von dem imposanten Mauerwerk der Medici aus dem 16. Jahrhundert.

Am Piazza Dante rechts der neogotische Palazzo Aldobrandeschi

links der Dom. Die nach dem Schutzpatron von Grosseto benannte Kathedrale San Lorenzo ist das wichtigste Gebäude der Stadt.

Wichtiger war uns ein Besuch in der kleinen, modernen Markthalle fuori mura. Ein kleines, ausgesuchtes Angebot, jedoch nicht zu vergleichen mit dem im Gewerbegebiet liegenden Ipercoop, in welchem man gut den ganzen Tag verbringen könnte.

Fine

I-5800 Toskana (2)

Von unserem Maremma-Häuschen aus liegt Siena eine Fahrstunde entfernt. In Siena haben viele Läden auch Sonntags offen. Ein Tag, an dem auch einheimische Touristen sich in der Stadt vergnügen wollen. Die Piazza del Campo ist halbrund und leicht abschüssig. Am tiefsten Punkt stehen der Turm und der Palazzo Pubblico, das Rathaus. Der Turm des Palazzo Pubblico, der Torre del Mangia, wurde zwischen 1325 und 1344 errichtet, ist ohne Blitzableiter stattliche 87 Meter hoch und steht fest auf einem aus Ziegelsteinen erbauten Sockel.

Im Hof des Rathauses wendet sich der Blick automatisch in den Himmel.

Der kleine Rundgang zum Dom und bis zum Palazzo Salimbeni zeigt deutlich, wie hügelig die Stadt liegt.

Palazzo Salimbeni, Erbaut wurde der Palazzo ursprünglich als Festung von der damals mächtigen Seneser Familie der Salimbeni im 12. Jahrhundert. Aufgrund mehrerer Versuche, die Macht in der Stadt an sich zu reißen sowie ihrer guelfischen (Papstfreundlichen) Gesinnung wurde die Familie 1419 aus der (Kaiserfreundlichen) Stadt verbannt und all ihre Güter von Stadt und Republik konfisziert. Heute ist es der Hauptsitz der Bank Monte dei Paschi di Siena, die älteste noch existierende Bank der Welt.

Die Suche nach einem ruhigen Plätzchen für das Mittagessen zog sich etwas hin, die einen Lokale waren Sonntags geschlossen, andere zu touristisch, trotzdem wurden wir fündig: im Mugolone, einem altehrwürdigen Restaurant, inzwischen aber in Küche, Angebot und Lokal völlig modernisiert. Hier nur 2 Bilder der primi:

vegetarisch für Frau H.: Spinat-Ricotta Gnudi mit Pecorinosauce

für mich: Pici mit Entenragout.

Der nächste Tag begann in Wolken, wiederum eine Stunde Fahrt bis Montalcino. Der Ort war über Jahrhunderte ein Spielball der Mächte aus Siena und Florenz. Siena gewährte den Bürgern aus Montalcino die Seneser Staatsbürgerschaft, errichtete 1361 die Festung Fortezza und verstärkte die Stadtmauern. Im Zentrum der neoklassisch erneuerte Duomo. Berühmt ist der Ort heute durch den Weinbau. Der Brunello di Montalcino ist einer der teuersten Spitzenweine Italiens.  

Pienza, zwischen Montalcino und Montepulciano gelegen, ist Geburtsort von Aeneas Silvius Piccolomini, Spross einer verbannten Sieneser Familie. 1431–1449 nahm er als Begleiter eines Kardinals am Konzil zu Basel teil. 1458 wurde Piccolomini zum Papst unter dem Namen Pius II (1405-1464) gewählt. Der Basler Rat verband seine Glückwünsche zur Wahl mit der Bitte nach einer Universitätsgründung. Von einer Uni versprachen sich die Basler geistiges Streben und gleichzeitig Profit. Der Bitte wurde gnädig stattgegeben, die vom Papst erhofften Fundationsgüter zur Finanzierung der Uni wurden jedoch nie übertragen.

1459 begann Pius als Pontifex Maximus mit dem Ausbau seines Geburtsortes zu einer (winzigen) Stadt. Das von einem Florentiner Architekten verwirklichte Projekt kam den städtebaulichen Schönheits- Idealen der Renaissance sehr nahe. Schön der asymetrische Hauptplatz, elegant der Knick in der Hauptstrasse, dem Corso Il Rosselino, der verhindert, dass man von einem Stadttor zum andern hindurchblicken kann.

Mit einem Kilo Pecorino gings weiter nach Montepulciano.

Der Palazzo Tarugi und der Palazzo del Capitano del Popolo sind zwei von mehreren grossen und markanten Renaissancepalästen auf dem Hauptplatz, der Piazza Grande. Auch dieser Ort ist vornehmlich durch den Weinbau bekannt.

Kleines Mittagessen im „Le logge di vignola“.

Gut war das “Gran Fritto Toscano”: Gemüse in Tempurateig frittiert mit süss-saurer Dip-Sauce.

Die Pici mit schwarzem Knoblauch, Fonduta aus Schafskäse, Brösel, Thymian und Pfeffer, wurden etwas befremdlich aufgetragen: In einer Schweinsblase.

Viel Zeit blieb uns nicht mehr, uns in Montepulciano umzusehen. Blick ins alte Jugendstil Caffè Poliziano.

Hunde und eine Einladung zu einem Nachtessen warteten auf uns „zuhause“.

I-58100 Toskana (1)

Seit 3 Jahrzehnten wollte ich noch einmal in die Toskana reisen. Doch es kam, aus bekannten Gründen, nie mehr dazu. Bis sich uns Ende Oktober unerwartet, am Schluss der Quitten- und Nussernte, ein freies Zeitfenster von 2 Wochen öffnete. Frau H.: Wollen wir? Klar wollte ich. Mit 2 alten, blinden und tauben Hunden im Gepäck brachen wir kurzerhand auf. Dem aufkommenden Regenwetter zum Trotz. Der erste Kaffee in einem Autogrill liess alle Wetterprognosen vergessen. Wetter ist weder gut noch schlecht. Es ist einfach.

Der Hunde wegen plante ich einen Zwischenhalt in einem Gutshaus in der Emilia-Romagna, kurz vor Parma. Hier müssen wir nochmals hin. Parma besuchen. Unbedingt.

Die nahe gelegene Pizzeria wirkte wenig einladend, so fuhren wir ein paar Kilometer nach Castell’Arquato. Eine kleine Gemeinde in der Emilia-Romagna mit einem mittelalterlichen Kern. Bekannt durch das Schloss, das 1416 bis 1470 durch die Familie Visconti genutzt wurde. Bekannt? wir kannten es überhaupt nicht. Später gelangte das Kastell in den Besitz der Mailänder Sforza. Mit dem Einmarsch der Franzosen in Italien im Jahr 1499 kam Castell’Arquato unter deren Herrschaft und wurde zunächst von Grossmarschall Pierre de Rohan verwaltet. Nach dem Ende der französischen Herrschaft wurde das Dorf Teil des Kirchenstaates und ging 1512 wieder an die Sforza über. Die Macht der Sforza-Dynastie endete erst 1707, als das Gebiet von Arquato Teil des Herzogtums Parma und Piacenza wurde, dessen Geschichte bis zur Einigung Italiens andauerte.

Im Verlauf des steilen Aufstiegs war es dunkel geworden. Das wenige, das wir noch sehen konnten, versprach viel. Bis zum Kastell schafften wir es nicht mehr. Dunkelheit, Hunger und fehlende Ortskenntnis waren stärker.

Nach Prüfung der ausgehängten Speisekarten entschieden wir uns für das Ristorante del Volpone, sicher das beste Haus am Ort. Im Bild zu sehen sind hinten: Cestinetto di pasta brisé, julienne di verdurine e fonduta di fontina (ein Teigkörbchen mit Gemüsejulienne und Fonduta), im Vordergrund: Ravioli ripieni di patate (klingt und schmeckt einfach besser als Kartoffelravioli). Danach folgte als zweites primo Pisarei e fasö (Bohnen und Pasta), zu einem köstlichen Carmignano. Für mich gabs noch Guancialini di maiale brasati (geschmorte Schweinsbäggli).

Anderntags eine Regenfahrt über La Spezia bis Lucca, noch so eine alte Liebe. Die Altstadt liegt innerhalb eines Stadtmauerrings aus dem 17. Jahrhundert. Der grösste Platz misst über über 3000 m² und ist in Ellipsenform, denn die Randbebauung ist auf den Grundmauern eines römischen Amphitheaters erstellt.

Im Vorübergehen nickten wir Giacomo Puccini freundlich zu. Danke für die Mimi und die Floria Tosca, für die Lauretta und die Manon. Zudem durfte ich feststellen, dass es das Buca di Sant’Antonio immer noch gibt wobei wir schlussendlich mangels Hunger in einer Touristenklitsche ein schnelles Sandwich assen.

Bei der Weiterfahrt in die Maremma nahm sich Frau H. den italienischen Autorennfahrer Alberto Ascari zum Vorbild. So langten wir bald in unserem Agriturismohaus in der Maremma an, auf dem Areal eines Landgutes mitten in einem (noch genutzten) Korkeichenwald gelegen. Die Hunde freuten sich aufs Essen.

Frau H. freute sich an den efeublättrigen Alpenveilchen (Cyclamen hederifolium), die im lichten Eichenwald noch blühten.

Und ich freute mich auf den Einblick in das Laboratorio der Hausherrin Diletta (nicht im Bild), die hier die Gemüse und Früchte ihres Gartens in einer modernen, perfekt eingerichteten Kleinst-Manufaktur in Gläser abfüllt bzw. abfüllen lässt und nebenbei noch Pasta herstellt, die sie lokal an Freunde und Bekannte verkauft.

Mit den von ihr erhaltenen Pasta und Tomaten war unsere erste Mahlzeit vorbestimmt: Fettucine alla crudaiola. Nudeln mit nur kurz erwärmten, rohen Tomaten und Basilikum.

Nachts verzog sich der Regen. Der erste Besuch galt Castiglione della Pescaia. Der Markt war enttäuschend, mehr Lumpen als Gemüse und Obst, das alte Städtchen ist hingegen hübsch.

Gleich neben dem Ort, Richtung Grosseto, wanderten wir durch das Naturschutzgebiet Diaccia Botrona mit seinen beeindruckenden Schirmpinien.

Und da wir schon mal da waren, schlichen wir uns durch die Büsche an den Strand zum Barfusslaufen.

Für das Mittagessen fuhren wir in die Berge: nach Roccatederighi in die einfache Locanda Da Nada. Sehr gute acciughe sotto pesto (Sardellen mit Petersilienpesto), Tortelli alla maremmana (grosse Tortelloni mit Ricotta und Spinat gefüllt). Im Hauptgang statt Fleisch die patate della nonna: dicke knusprige Kartoffelchips. Eine Reise wert.

Im Headerbild sind übrigens Schweine der seit über 1000 Jahren in der Toskana gezüchteten Rasse Cinta Senese zu sehen. Daraus wird toskanischer Schinken hergestellt.