
Heute ist der letzte Tag der Herbstmesse in Basel. Zeit für Basler Läckerlin, Läckerli, Läggerli, Leckerly, Leckerli. Das Wort „lecker“ gibts in der Schweiz nicht, wird niemals im Zusammenhang mit Essen verwendet. Unsere Gerichte mögen „fein“ oder „gut“, allenfalls „währschaft“ sein. Gegen „lecker“ hat der Durchschnittsschweizer eine vererbte Aversion. Davon ausgenommen sind nur die Leckerli. Die köstlichen Nürnberger Honiggebäcke schafften es Mitte des 17. Jahrhunderts irgendwie auf die Tische wohlhabender Familien in Schweizer Städten. In der föderalistischen Schweiz entwickelten sich die Rezepte unterschiedlich. Das älteste überlieferte Rezept der Basler Leckerli stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Daneben gibt es noch die Berner Leckerli sowie die bunten Sandelholz- oder sonstwie gefärbten Zürcher Marzipanleckerli.
Das Rezept aus unserem Basler Kochbuch, Ausgabe 1908, das dem ersten überlieferten Rezept nahe kommt, haben wir vor Jahren nachgebacken. Ohwehe. Der Teig war zäh wie Töpferton, die Leckerli hart wie Marmorstein und die Hände voller Druck- und Brandblasen. Muss nicht sein. Bei Gret Sicher haben wir letztes Jahr ihre fantastischen, zarten Leckerli gegessen. Zarte Leckerli sind zwar ein Widerspruch in sich. Egal. Sie hat uns ihr (modernes) Rezept überlassen. Danke. Wir haben sie nachgebacken: schlicht und ergreifend köstlich.
Zutaten
für 100 Leckerli:
750 g Weissmehl, mit Halbweissmehl würden sie noch etwas währschafter
300 g Zucker
300 g Haselnüsse ungeschält
200 g Mandeln geschält
150 g Zitronat in kleinsten Würfeln
150 g Orangeat in kleinsten Würfeln
400 g Birnel (Birnendicksaft)
350 g Schweizer Waldhonig (Leckerlifabriken nehmen den billigeren aus Südamerika)
ca. 1 dl Kirsch
1.5 Elf. gestr. ungesüsstes Kakaopulver
1.5 Kfl. gestr. Lebkuchengewürz
0.5 Kfl. Zimtpulver
1 grosse Prise Gewürznelkenpulver
3 Umdrehungen Salz
1/2 Beutel Backpulver
für die Glasur:
250 g Puderzucker
Etwas Kirsch Zitronensaft zum Anrühren des Puderzuckers.
Zubereitung
(1) Mandeln mit 5 Elf. Wasser in einer Glasschale in der Mikrowelle 600W/2 min behandeln (oder blanchieren), mit kaltem Wasser abschrecken, schälen, trocknen. Die Hälfte der Mandeln stifteln.
(2) Die Hälfte der Haselnüsse grob hacken (dritteln). Die verbleibenden Mandeln und Haselnüsse mahlen.
(3) Mehl, Nusspulver, Zucker, Backpulver und Gewürze in einer grossen Schüssel (wir mussten dazu 2 nehmen) sehr gut vormischen. Zitronat und Orangeat untermischen.
(4) Honig und Birnendicksaft im Wasserbad bei sanfter Temperatur verflüssigen und unter den Teig mischen. Mit Rührkelle geht das nicht mehr. Den Teig mit blossen Händen (Wegwerfhandschuhe anziehen) unter Zugabe von etwas Kirsch kneten bis er homogen durchfeuchtet ist und die Konsistenz von Töpferton hat. Mit Kirsch befeuchten wenn er zu trocken ist (Teig, nicht Hals). Vorteilhafterweise über Nacht stehen lassen.
(5) Etwa einen Drittel des Teiges abklauben und zwischen Backtrennfolie und Teighölzern etwa 8 mm dick zu einer rechteckigen Platte auswallen. Diese auf dem Backpapier und einem Blech etwa 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.
(6) Im gut vorgeheizten Ofen bei 200°C (Ober-/Unterhitze, Rille 1) ca. 18-20 Minuten ausbacken. Die gebackene, elastische Teigplatte mitsamt dem Backpapier noch heiss vom Blech auf ein Brett ziehen und sofort mit einem scharfen Messer (oder Pizzarad) in 3×5 cm grosse Rechtecke schneiden. Noch heiss mit der Glasur einpinseln. Auf einem Gitter abkühlen lassen.
Anmerkung
Je grösser der Anteil gemahlener Nüsse, desto kompakter, aber auch zarter wird das Leckerli. Grob gehackte bzw. gestiftelte Nüsse machen den Teig lockerer, rustikaler im Biss. Das Gebiss darf entscheiden. Ich hätte den Teig auch flächendeckend in das Backpapierbelegte Backblech einwallen können. Das gäbe weniger Abschnitte. Die Leckerli nach dem Schneiden glasieren, sonst reisst die Glasur ein wie bei uns (im Rezept stehts korrekt). Eine dicke Glasur verwenden, damit sie schön weiss wird.
Basler Leckerli, egal ob Fabrikware, vom Grossverteiler oder Edelconfiseur sind erstaunlicherweise, wo immer man sie auch kauft, echt. Jedenfall sind sie auf den Packungen so angeschrieben. Meine sind unecht, dafür exklusiv 🙂

Ausgang zu den Berner Leckerli:
Mir läuft das Wasser förmlich im Munde zusammen. Hier in Asien (Urlaub) ist die Vorstellung von „Leckerli’s“ doch deutlich anders 🙂
Die werden nachgebacken – ob echt oder unecht! Ich verlasse mich da ganz und gar auf den guten Geschmack im Hause Lamiacucina! Danke fürs Rezept! 🙂
Dieses Rezept lass ich meinen Papa nicht lesen, sonst wird die Plätzle-Back-Liste noch länger! 😉
Unecht, vielleicht, aber so lecker aussehend! I’m keeping that recipe…
Grüsse,
Rosa
Deine Leckerli sehen zum Anbeißen aus. Sehr fein! Ich finde immer wieder die sprachlichen Unterschiede interessant. Dass man sich mit dem Wort „lecker“ daneben ausdrücken kann, war mir nicht bewußt. Und ich frage mich jetzt, ob die Kochzeitschrift „Lecker“ auch an Schweizer Kiosken liegt …
Gut, dass wenigstens einwas Leckeres in der Schweiz zu haben ist 😀 .
Egal ob echt oder unecht. Die Leckerli sehen köstlich aus. Immer her damit, auch vor dem Frühstück.
Weihnachten naht mit grossen Schritten……
Da bedien ich mich gerne. Was könnte man anstelle von Birnel nehmen? Durch Honig ersetzen?
@Airportibo: Hauptsache lecker 🙂
@Eva: da wird Herr D. mit Muskelkraft ranmüssen.
@Nathalie: Papas müssen essen was ihnen Tochter bäckt.
@Rosa: an all-year cookie.
@Claudia: die sprachlichen Unterschiede verwischen sich allmählich. In google kommt „lecker“ im Web mehr als 10’000’000 mal, in der Schweiz bereits 96’400 mal vor, also fast 1%. Aufliegen tut die „Lecker“ sicher, aber Verkaufsschlager kaum.
@Sammelhamster: Provokation ! :-))
@Sivie: dazu passen sie auch.
@Bolli: Leckerli sind längst zum Ganzjahresgebäck geworden.
@zorra: einfach durch flüssigen Honig ersetzen, ggf. brauchts noch einen Schluck Kirsch mehr. Der Birnenhonig gibt ihnen den leichten touch nach Luzerner Lebkuchen, drum unecht 🙂
Das Rezept von 1908 erinnert mich an jenes, welches in einem Kochbuch aus dem Jahre 1875 (Die vollständige Fastenküche, Anna Huber, ehemalige Pfarrersköchin) aufgeführt ist. Falls die Lebkuchen auch so steinhart wurden, kann man den Pfarrer noch im nachhinein bedauern -:).
Ich werde mich an die neue Version halten und eine Teilmenge backen. Vielen Dank für das Rezept.
Übrigens, „lecker“ für die Beschreibung einer Speise ist hier (Bayern, Oberpfalz) auch nicht üblich. Früher hätte das niemand gesagt, aber die jungen Leute werden dieses Wort wohl schon übernommen haben. – Hauptsache, es schmeckt.
da würde ich doch auch lieber diese unechten Leckerli nehmen 😉
Was könnte man denn statt Birnendicksaft verwenden? Ist das ein Dicksaft, den man zum Verdünnen für Getränke verwendet, so wie Himbeersaft?
Und was heißt denn bitte „währschafter“?
Früher haben die Leute halt gerne an Marmosteinen lange zu lutschen gehabt 😉
Lecker gibt es bei uns eigentlich auch nicht, aber die SAT-Schüsseln tragen es ins Land …… uuund „Ich bin ich, Don Quixote …“
@Charlotte: vielleicht lags an unentwickelter Backkunst, dass uns die echte Version steinhart wurde.
@Marcie: ein guter Entscheid 🙂
@Entegut: Honig, evtl. ncoh einen Schluck Kirsch. währschaft = bodenständig, urig.
@kulinaria: hält auch viel länger vor.
@the rufus: dass der singt, davon steht nichts bei Cervantes.
habe basler leckerli noch nie gegessen. das rezept klingt aber ausgesprochen fein und gut 🙂 ist abgespeichert und wird demnächst ausprobiert!!!!
Teilmenge der Basler Leckerli ruhen bereits in der Dose. Harte Knetarbeit für Männer wurde durch Frauenpower ersetzt (die Handgelenke lassen grüßen -:)). – Mit dem Schneiden (Pizzarad; ging prima) und Glasieren muß man sich wirklich beeilen, da die Oberfläche der Leckerli relativ schnell antrocknet. – Nun übe ich mich in Geduld und warte einige Tage zum Verzehr. Wenn sie so gut schmecken wie sie duften, hat alles geklappt.
Was die stein- und beinharte „echte“ Version aus dem alten Kochbuch anbelangt, so lag dies sicher nicht an unentwickelter Backkunst -:), sondern eher an der Vorgehensweise. Ich denke da nur an einen Versuch mit einem sog. Lagerteig (vor etlichen Jahren); das war auch nicht das Gelbe vom Ei (wird NICHT wiederholt).
Von den Nürnberger Lebkuchen hätte ich mehr machen sollen; sie sind einfach köstlich.
Wenn man Leckerli nicht selbst backt, wo kann man sie kaufen. Gibt es eine gute Marke ? Demnächst fahre ich durch die Schweiz, von Genf nach Sankt Gallen und hätte gerne welche mitgebracht.
@Charlotte: Du bäckst das alles nach ? Ich staune und Frau L. freuts.
@Vanille: In Basel gibt es 3-4 Confiserien, die gute Leckerli in Handarbeit herstellen, auch diese hier http://www.baslerleckerly.ch Das Läckerlihuus im Zürcher Hauptbahnhof liegt zwar an Deinem Reiseweg repräsentiert aber industrielle Fabrikleckerli.
Ich habe sogar auch in Tschechien schönes Artikel über die Basler Leckerli gelesen. Siehe http://www.gurmanka.cz und http://www.dolcevita.blog.cz vom 6.12.08 Es ist in tschechisch aber sehr interessant und mit vielen guten Informationen.
ich verstehe zwar nichts, aber auf den Bildern sehen sie perfekt aus.
Guten Tag,
ich liebe Baseler Leckerli, und diese sehen besonders köstlich aus. Ich kenne sie als festes Gebäck, aber zart stelle ich mir sie auch ganz köstlich vor. Eine Frage noch: Was ist denn Backtrennfolie? Da Du im Beitrag auch Backpapier erwähnst, ist sie die Folie offenbar etwas anderes?
Auch sonst ein sehr schöner Blog, den ich schon ein paarmal besucht und durchstöbert habe – ich verlinke Dich mal in meiner Blogroll.
Beste Grüße aus dem Bonheur goûteux
Claudia
die gekauften habe mehr Mehl drin anstelle von Honig. Deshalb sind sie hart. Backpapier und Backtrennpapier ist dasselbe. Verlinken tue ich schubweise, sobald ich Zeit habe.
Danke für die Hinweise! Das Rezept werde ich bestimmt noch vor Weihnachten ausprobieren, auch wenn ich hier in Berlin auf echten Schweizer Waldhonig (den ich aus den Wallis-Ferien kenne) wohl verzichten muss. Ich werde es ersatzweise mal mit Weißtanne versuchen.
Beste Grüße,
Claudia
Sehen besser als das Original aus! Super Rezept!