
Im Kanton Freiburg hat sich ein alter Brauch bis heute erhalten, die Bénichon. Ursprünglich das jährliche Fest der Kirchenweihe, oft zusammenfallend mit dem Patronatsfest, sind daraus ab dem 15. Jhdt. durch Einbezug profaner Feierlichkeiten wie Erntedank, Alpabzug, Weinlese etc. beliebte Volksfeste entstanden. Im Kanton Freiburg finden sie zwischen September und Anfang Oktober, in der Bergregion im Anschluss an Alpabfahrten statt, im Kanton Jura als Fête de Saint-Martin am 11. November.
Der Hintergrund des Dankes für die Ernte, über die der Segen gesprochen wird, mag zwar meist gänzlich aus dem Bewusstsein verschwunden sein, dennoch lässt sich der Name des Volksfestes (bénir = segnen, Benedictio = Schlußsegen) immer noch daraus ableiten. In der Schweiz sind sie jedoch in reformierten, „genussfeindlichen“ Gegenden lange Zeit gänzlich verschwunden und erst in der Neuzeit als Chilbi, Kirmes wiederbelebt worden.
Zum Auftakt des üppigen Erntedankfestes wird in Freiburg eine Cuchaule, ein Zopfbrot mit Safran serviert. Dieses wird erst mit Butter, danach dick mit süss-saurem Senf, dem Moutarde de Bénichon bestrichen. Danach folgen deftige Speisen wie etwa Pot-au-feu mit karamellisierten Birnen, geräucherter Beinschinken, Speck, Würste und Bohnen, gefolgt von einem Lammgigot. Und das ist noch lange nicht alles.
Mit thanksgiving und Truthahn kann ich nicht viel anfangen, ein nordamerikanischer Brauch. Auch wenn ihn die Amerikaner auf die Pilgerväter zurückführen, wird er seine Wurzeln letztlich am selben Ort haben wie der freiburgische Moutarde de Bénichon und die Cuchaule. Deshalb nehme ich mir die Freiheit, meinen Senf und mein Brot auf den thanksgiving-Beistelltisch von femnerd zu stellen.
Moutarde de Bénichon
Der Senf enthält in allen recherchierten Rezepten wie etwa hier Senfmehl, Wein, Vin cuit (Trauben- oder Birnendicksaft), Gewürze, teilweise auch Honig und ist mit Mehl zu einer dickflüssigen Konfitüre abgebunden. Gefällt mir nicht ganz. Ich will mein eigenes Rezept. Darin habe ich weiche, mehlige Medjool-Datteln verkocht, damit ich mit weniger Mehl/Stärke auskomme. Zudem habe ich den Zuckeranteil kräftig reduziert. Andere Verdickungsmittel Johannisbrotmehl, Guakernmehl wären auch in Frage gekommen, hatte ich aber nicht.
Zutaten
ergibt ca. 4-500 g Senfkonfitüre
30 g Senfmehl (Colman’s)
0.5 dl Weisswein
2.5 dl Wasser
5 cm Zimtstange
1-2 Sternanis
1 Prise Nelkenpulver
1 Msp. Anissamen ganz
100 g Medjooldatteln, entsteint
50 g Kandiszucker
50 g Vin cuit aus Birnen (Birnendicksaft)
20 g Honig
15-20 g Speisestärke
Prise Salz
Zubereitung
(1) Senfmehl in einem verschliessbaren Glas mit Weisswein mischen und 24 Stunden im Kühlschrank stehen lassen.
(2) Tags darauf Datteln hacken und mit dem Wasser, Kandiszucker, Sternanis und den Gewürzen etwa 15 Minuten kochen, dann zugedeckt langsam erkalten lassen. Sternanis und Zimt herausfischen und den braunen Extrakt mit dem Stabmixer feinmixen. Durch ein Sieb passieren.
(3) Erneut erhitzen, etwas einkochen, dann den Vin cuit, den Honig und die Speisestärke zufügen, wiederum etwas einkochen und zuletzt das Senfpulver in Weisswein unterrühren. Von hier ab nur noch etwa 3 Minuten kochen und dann in Gläser abfüllen, die zuvor mit kochendem Wasser ausgegossen wurden. Haltbarkeit: wenn geöffnet, innert 10 Tagen verbrauchen.
Cuchaule
Bei der Cuchaule haben zwei Blogger aus meiner blogroll, Rosa von Rosas yummy-yums und Claude-Olivier 1001 Recettes erst kürzlich welche gebacken. In meinem Rezept halte ich mich jedoch an ein Familienrezept von Gérard Perriard , einem Greyerzer. Dessen Rezept liegt im Buttergehalt zwischen den Rezepten von Rosa und Claude-Olivier und liegt wegen seiner einfachen Zubereitung eher auf meinem Backniveau.
Zutaten
500 g Weissmehl (Zopfmehl)
65 g Butter
1/2 Würfel Frischhefe, 21 g
3 dl Milch
70 g Zucker (Original 6 Elf.)
1 Tlf. Salz
125 mg Safran
1 Eigelb mit wenig Rahm verrührt als Glasur
Zubereitung
(1) Weissmehl sieben. Zerbröselte Hefe mit dem Zucker, der Butter (65 g) und dem Safranpulver in 32°C warmer Milch auflösen. 10 Minuten stehen lassen. Wenn die Milch einige Blasen zeigt,eine Delle in die Mehlspitze formen, das Salz rundum streuen und die Hefemilch in die Grube giessen.
(2) Erst mit einer Gabel, dann mit einer Hand Mehl und Milch zu einem Teig vermischen. Diesen auf einer gut bemehlten Unterlage 15 Minuten weiterkneten. Das habe ich natürlich meine K-maschine mit ihrem Aluminiumfinger machen lassen. Der Teig ist dann kompakt und weich zugleich.
(3) Mit einem Tuch locker zugedeckt für 60 Minuten ruhen lassen.
(4) Backofen auf 190°C vorheizen. Den Teig kurz kneten und zu einer Kugel formen (ca. 1 min.). Auf ein Backblech legen. Mit einem Messer carréförmig einritzen und mit etwas Eigelb glacieren. In das untere Drittel des Backofens einschieben und ca. 40 Minuten backen.
Anmerkung
Ein wunderbar handhabbarer und kinderleichter Teig, das Ergebnis schmeckt gut, fast wie ein Brioche. Dazu die köstliche, süsse Bénichonkonfitüre, mit ihrem Geschmack nach all den winterlichen Gewürzen, Honig, Vin cuit, Datteln, Kandis. Und der sanfte Senfzwick im Gaumen schmeckt wirklich witzig.
Scheckt die „Konfitüre“ auch zu Käse als Nachtisch? Das könnte ich mir gut vorstellen.
Freut mich, dass wir uns einig sind, was den Truthahn anbelangt :-); dein selbstgemachter Senf mit dem eigens entworfenen Etikett wird das ganze Buffet überstrahlen = Klasse!
gefällt mir jedenfalls besser als der turkey…Irgendwie fehlt da Käse zu der Konfitüre!!!
Schön, wenn es auch eigene Traditionen gibt und man nicht fraglos alles amerikanische übernimmt, wie Halloween, Thanksgiving und Co. !
Aber Truthahn schmeckt trotzdem gut 😉 .
Das steht auch schon lange auf meiner Nachback- und Nachkochliste.
Das Ettiket sieht ja sehr spanisch aus. 😉
Wow, that’s a great way to celebrate thanksgiving! Your Cuchaule and Moutarde De Bénichon look amazing! I’ll have to try making my own MDB as soon as I find some decent-priced Vin Cuit…
Cheers and eine schöne Wochenende,
Rosa
das würde ich jetzt glatt schon als Frühstück nehmen 😀
Da hätten wir wieder was nach meinem Geschmack … Die Bènichon klingt tatsächlich wie ein geeigneter Käsebegleiter und alles in allem auch wie ein schönes Mitbringsel in der beginnenden vorweihnachtlichen Besuchszeit (irgendwie macht man in den nächsten Wochen öfter die Runde bei nahen und fernen Bekannten als sonst).
Das ist doch mal was anderes als schnöde Marmelade … 🙂
Die Cuchaule sieht auch so aus, als müsste ich sie sofort adoptieren. Ich liebe Hefegebäck, danach kommt für mich lange nichts.
125 mg Safran, wieviel ist das ungefähr? (Du weißt, ich arbeite mit grobschlächtigen Waagen)
@Nathalie: zu Hartkäse finde ich sie zu süss. Zu Weichkäse vielleicht.
@Eva: Truthühner haben m.W. im Gegensatz zu den normalen Hühnern noch keine Lobby, die sich für anständige Aufzuchtbedingungen einsetzt.
@Bolli: ich werds mal probieren.
@sammelhamster: freilaufend aufgewachsen schon.
@zorra: eine Maria hilf aus Süddeutshland 🙂
@Rosa: vin cuit from pears is cheaper 🙂
@Marcie: dafür ist das gericht auch geeignet.
@Martina: ein kleines der käuflichen Tütchen. Gewicht steht drauf.
Wieder ein wunderbarer Bericht, bei Dir ja ueblich. Vorrat an Senfpulver ist noch vorhanden. Bald kann ich wieder, falls meine Fluege auch bestreikt werden halt etwas spaeter.
Toller Senf! Alle Lieblingsgewürze drin *g* Frau Mama und ich mögen solche „Marmeladen“, die man gut zu herzhaften Sachen wie Käse essen kann, sehr gerne 🙂 Sollte vielleicht zu Weihnachten beim nächsten Heimatbesuch ausprobiert werden!
Das nenne ich eine schöne und interessante Kombination zum Erntedank (ich mag’s auch lieber „heimisch“).
Zur Cuchaule: ich habe die 3 Rezepte interessehalber verglichen, komme mit dem Buttergewicht jetzt aber etwas durcheinander…
Falls es sich beim 3. Rezept (Gérard Perriard) um „Das Festliche Brot zur Greyerzer Alpauffahrt“ handeln sollte, so werden auf 1 kg Mehl 130 g Butter verwendet. In Ihrem Rezept sind zwar 65 g angegeben, unter „Zubereitung“ jedoch in Klammern 130 g vermerkt. – Tatsächlich die doppelte Menge an Butter? Dann würde das Brot wirklich briocheartig schmecken. – Das wäre auch ein schönes Osterbrot (dann mit Rosinen).
@Martina: soviel ich mich erinnern kann, enthält ein Safrandöschen 0,1 g.
Hält der Allerheiligenstritzel denn länger, wenn er eine andere Form hat? 😉
Ich esse keine Tiere, die mir nicht gefallen – so viel zu Truthahn.
Halleluja sag ich, das Etikett ist wunderschön!
@rufus: Ich dachte das wären Osterpinzen in einer anderen Form.
tsse…Thanksgiving…..wenn ich das hier lese…(pot-au-feu…Lamm….) läuft mir wieder mal das Wasser im Mund zusammen…Damit kann der Niederrhein nicht konkurriren….und der Ami schon gar nicht.
@Houdini: Jetzt wo Du schon vietnamesische Nudelsuppen in Landessprache bestellen kannst, wirst Du nicht verhungern, falls gestreikt wird.
@Anikó: eher Konfitüre als Senf.
@Charlotte: unter Zubereitung ist mir durch copy/paste die Originalmenge durchgeschlüpft, 65g, wie bei den Zutaten angegeben, ist richtig. Die halbe Menge des Originals. Habs korrigiert. Zudem war der link auf Perriard falsch. Danke für den Hinweis.
@the rufus: idealerweise müsste er kugelrund sein, damit die Oberfläche klein beibt. Das gibt eine Lagerfähigkeitsverlängerung von mindestens einem Tag 🙂
@entegut: sowas sagt man nicht, das singt man. Notenmaterial liegt in der nächsten Kirche auf oder bei rufus.
@peppinella: ich wäre auch lieber an eine der vielen sagre e feste in Italien eingeladen.
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Vielen Dank für die Info bezügl. der Buttermenge.
Nun habe ich mir das „Original“ von Gérard Perriard auch noch angesehen. Das „festliche Brot…“, welches ich über den vormaligen Link gefunden hatte, ist tatsächlich das gleiche Rezept, nur ohne Namensangabe (hatte mich schon gewundert) und die Backtemperatur ist dort niedriger angegeben.
Noch ein schönes Wochenende.
Hallo, danke für das Zwinkern. Ihre Cuchaule sehen sehr gut aus. Mit freudlichen Grüssen
Ich konnte nicht widerstehen und habe mir gestern die Cuchaule (1 Laibchen) gemacht. Die Vorgehensweise fand ich zwar etwas ungewöhnlich, doch alles klappte bestens. Optisch und geschmacklich eine wahre Freude. – Wird wiederholt.
Oh, diese Cuchaule… sie überstrahlt alles, sogar das heilige Etikett vom süßen Senf. Gefällt mir!
@Charlotte: schön, geht ja auch mit FruchtKonfitüre. Mein zweites Laibchen wurde beschlagnahmt für Weihnacht als Brioche-ersatz.
@Jutta: versündige Dich nicht 🙂
Auch wenn Sie mit Thanksgiving nicht viel anfangen können, wollen Sie vielleicht mal einen Blick auf mein Haferflockenbrot werfen, ein Rezept von den Amishen, bei dem das Brot u.a. mit Honig gebacken wird, und das ich heute extra zu Thanksgiving veröffentlicht habe.
@hubschrauber: das werd ich gleich tun.