In love with lovage (1): Felchen an Liebstöckel-Zitronensauce

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In love with lovage.
Liebstöckel ist eine der wenigen Pflanzen, die bei mir im Juragärtchen trotz garstigem Frühling willig und pfleglos gedeihen. Winterhart, Schneegraupelresistent, selbstverbreitend, mannshoch wachsend und sooo würzig ! Eine gewisse, entfernte Geschmacksähnlichkeit mit Maggiwürze hat ihm den Namen “Maggikraut” eingebrockt. Zu Unrecht. Maggiwürze enthält keinen Liebstöckel. Leider wird er meist unterschätzt. Bei uns kommt er in den Salat, hin und wieder in eine Sauce. Damit hat es sich. Eigentlich schade. Das muss ich unbedingt ändern.

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Hier mit einer exquisiten Sauce, die ich beim Schweizer Spitzenkoch Benoit Violier aus Crissier gefunden habe. Dominiert von Liebstöckel, Ingwer und Zitronen aus Menton. Hab ich richtig gelesen ? Une botte de  livèche: ein ganzer Bund Liebstöckel muss da rein ? Konnte ich mir nicht vorstellen, deshalb wollte ich sie probieren. Statt zu Seehecht aus dem Baskenlande halt zu den für mich einfacher beschaffbaren Fischen aus einem Schweizersee. Zudem war meine Zitrone aus Sorrent statt aus Menton. Den Teller wollte ich nach dem Foto des grossen Meisters auslegen. Als ob ich ein Garten-Modell an eine Gartenbauausstellung abliefern müsste. Die heutigen Köche machen das offenbar so. Hohe Auslegekunst mit der Pinzette. Nichts für mich, ich warf die Zutaten entnervt auf den Teller, das muss genügen.

Voilà, hier meine Filets de féra du lac léman aux herbes fraîches et citron de Sorrente. Klingt wenigstens ebenso gut wie Dos de merlu du Pays Basque aux herbes fraîches et citron de Menton !

Zutaten
für 2 Personen berechnet
Felchen:
2 Felchenfilets, 380 g
Zucker, Salz, Pfeffer, Olivenöl
Liebstöckel

Sauce citron/livèche:
25 g Schalotten, geschält, gehackt
10 g Ingwer, fein gehackt
50 gr Champignons de Paris, in Scheiben geschnitten
½ Bund Liebstöckel, fein geschnitten
schwarzer Pfeffer, grob gemahlen
1 dl Weisswein
1 dl Rahm
10 g Butter
1 gelbe Zitrone
1 Limette

Sauce aux herbes fraîches:
in den Bildern des grossen Meisters ist noch eine dunkelgrüne Sauce erkennbar. Im Rezept steht aber davon nichts. Ich hatte noch ein halbes Glas mit meiner salsa verde. Die hab ich mit feingeschnittenem Liebstöckel und Zitronenabrieb aufgepeppt. Geht.

Gemüse:
alles was im Kühlschrank grüne Socken anhat:
2 Stangen Staudensellerie
1 Handvoll dicke Bohnen, enthülst, geschält
1 weisse Frühlingszwiebel, Zwiebel und Röhrchen
10 cm Lauch mit Grün
1 kleine Zucchetti
Dampf, Salz, Olivenöl

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Zubereitung
Felchenfilets:
(1) Die beiden Filets in 6-8 schöne Stücke schneiden.
(2) Pfeffer, Salz, Zucker und feinstgeschnittener Liebstöckel in einer Schüssel mischen. Mit dieser Gewürzmischung die Filets bestreuen. Mit Olivenöl beträufeln. 2-3 Stunden zugedeckt im Kühlschrank marinieren.
(3) Dann Ofen für die Filets auf 220° Umluft – Grill aufheizen.

Sauce citron/livèche:
(4) Schalotten und Champignons in der Butter dünsten. Die Hälfte des Liebstöckels sowie den Ingwer zugeben. Mit dem Wein ablöschen und sehr stark reduzieren.
(5) Rahm zugeben und 5 Minuten auf kleinem Feuer etwas einköcheln.
(6) Den Rest des Liebstöckels zugeben, vom Feuer ziehen und 10 Minuten ziehen lassen.
(7) Durch ein feines Sieb passieren. Würzen, warm halten.

Gemüse:
(8) Gemüse im Dampfsieb auf den Punkt garen und nach Bedarf klein schneiden. Zucchetti in Olivenöl anbraten. Mit Salz würzen.

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Finish:
(9) Ein Kuchenblech mit Backpapier auslegen, mit dem Marinade-Öl einfetten, die marinierten Fischfilets mit der Fleischseite auf das Blech legen. Im vorgeheizten Ofen 4-5 Minuten grillen.
Teller mit den Gemüsen auslegen. Kräuter-Salsa verde in Tupfen verteilen.
In die Zitronen-Liebstöckelsauce im letzten Moment je einen Spritzer gelbe Zitrone und Limette sowie je einen Reiber der Schalen geben und mischen.

Eine äusserst charmante Sauce zum liebhaben ! Ich hab sie auch schon zu Kalbssteak serviert.

23 Kommentare zu „In love with lovage (1): Felchen an Liebstöckel-Zitronensauce“

  1. Unser Liebtöckel ist auch stets riesig. Und kommt außer in meine Gewürzpaste nicht in viel hinein. Es ist ein sehr intensives Kraut, das schnell sehr hervorschmeckt. Allein eine Sauce mit Liebstöckel hätte ich vermutlich nie gemacht – und gerade deshalb (und mit deinem erhobenen Daumen) finde ich das Rezept spannend.

  2. Zurück aus dem wunderbaren und immerhin zweitägig sonnigen Rheingau finde ich hier den Restekoch, ein Kalbsepigramm und eine charmante Sauce vor! Das sind ja edle Entwicklungen: Von den Resten bis hin zur hohen Schwyzer Kochkunst mit Pinzette. Ich bleibe dran! Herzliche Grüße (die nun wieder aus dem total verregneten Hoffenheim)!

  3. Deine Präsentation gefällt mir tausendmal besser als die „hohe Auslegekunst“ des Meisters!

  4. Klingt köstlich, aber an welcher Stelle und in welcher Form kommt die Zitrone an die Sauce: am Ende die Schale, oder der Saft schon beim Reduzieren oder erst zum Abschmecken? Besten Dank für die Aufklärung.

  5. Ach Liebstöckel, wieso habe ich eigentlich alles Mögliche im Garten, aber den nicht?

  6. Ich will ja keinem Koch zu nahe treten, aber wer seine Teller mit dem Präparierbesteck drapiert, möchte nur, dass der Gast auch damit isst.

  7. Liebstöckel gehört seit jeher zu meinen Lieblingsgewürzen. Zum Glück, denn bei mir auf über 900 müM braucht es zur Zeit schon sehr robuste Pflanzen, denen bei dieser Kälte die Lust zum Wachsen nicht vergeht. Schön, dass es auch andere gibt, die dieses Kraut nicht zur reinen Salatsaucenpflanze degradieren. 🙂

  8. mir gefällt deine anrichte!

    seine ist mir schon zu ordentlich 😉 und unnatürlich.
    trotzdem hut ab vor beiden krationen.

    nebei,
    ich würde bei beiden mehr als einen teller wollen/mögen 😉

  9. Ueber Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Trotzdem frage ich mich, wie jemand, und erst noch ein Profi, dazu kommt, runde Teller mit einer quadratischen Senke auszuwählen, um Fisch pinzettenreich zu arrangieren. Da bekomme ich Mitleid mit dem armen Fisch, posthum sozusagen.

  10. @Micha: Liebstöckel dominiert tatsächlich schnell. In dieser Sauce eines Meisterkochs ordnet er sich jedoch brav unter und harmoniert gut mit den Ztrusaromen. Das gefällt mir gut daran.

    @Sugarprincess: ah, wieder zurück vom trauten tête-à-tête. Die Kinder werden sich freuen.

    @Eva: der kann schon was, bin ja froh, dass die Sauce so einfach herzustellen war.

    @Gustav: steht alles unter Finish (9) . Zitronen/und Limettensaft und die Abriebe erst unmittelbar vor dem Anrichten und nur zum Abschmecken (nicht die ganzen Zitronen 😉

    @Rosa Mayland: its taste is somewhere between parsley, celery and coriander.

    @magentratzerl: nun weisst Du, was Du als Nächstes pflanzen musst 😉

    @Heike: mit leichter Hand hingeworfen, im Wortsinn 😉

    @bee: die Pinzette hält die Materialkosten gering. Treibt jedoch die Personalkosten in die Höhe.

    @fiirvogu: den Basilikum muss ich bereits ersetzen, verfault. Ganz anders der Liebstöckel. Der gedeiht. Essen wir halt auch den Insalata caprese mit Liebstöckel.

    @Albino Tuosto: ich hab die Sauce nur nachgekocht, weil sie einfach und 1:1 nachzukochen ist. Was dieser Koch sonst kocht, ist unerreichbar für mich.

    @Bea Wyler: die Senke verhindert offenbar das Verrutschen des Gesamtkunstwerks beim Auftragen 😉 Oder es ist wie in der Mode. Jede Saison muss neues Geschirr her und die Geschirrfabriken freuts. Mein eckiger Teller existiert übrigens nur in einem einzigen Exemplar für den Blog. Frau L. musste ab unserm alten Arzberggeschirr aus den sechziger Jahren essen.

    @lieberlecker: ich habe das Gericht zweimal gekocht. Das erstemal mit Fleisch. Dort habe ich das Gemüse drapiert, hier nur gestreut.
    in love with Liebstöckel 2013 05 17_0317

  11. Ich habe heute morgen diese Sauce sofort gemacht. Der Reiz war sooo gross. Fisch und Steak hatte ich zwar nicht im Haus!Aber, sie war so herrlich, dass ich sie ganz alleine – vor dem offiziellen Mittagessen – mit einem Stk. Brot vertilgt habe. Für 2 Personen würde das bei mir knapp werden.
    Wunderbar!!! Danke

  12. Diese Sauce klingt sehr fein! Leider ist Liebstöckl eine der wenigen Pflanzen, die bei mir auf Balkonien nicht so gern wachsen mag. Ständig bin ich im Kampf gegen Läuse und die Pflanze wird nicht hoch und kräftig, wie sie sonst überall wächst. Scheint wohl tiefgründigen Boden zu brauchen.

  13. @Verena: zu Brot 🙂 ohne einkochen würde sie zu dünn. Um den Fisch in der Sauce schwimmen zu lassen, müsste man die Mengen mindestens verdoppeln.

    @Turbohausfrau: der Pflanztopf sollte in de Grösse auch für eine Birke taugen 😉

    @Rufus: für Dich hats ja die Fleischversion im Kommentar.

  14. Liebstöckel mag ich auch sehr gerne und es schaut so aus als ob mein Stöckle angegangen sei- da freu ich mich schon auf Kartoffelsalat mit Liebstöckel drin. Die Sauce würde mir auch gefallen, – wodurch könnte man denn die Chanpignons ersetzen?

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